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Irak: Chronik wichtiger Ereignisse

Oktober 2006


Sonntag, 1. Oktober, bis Sonntag, 8. Oktober
  • Das irakische Fernsehen hat am 1.Okt. das erste Mal Video-Aufnahmen des Anführers des irakischen Ablegers des Terrornetzwerks El Kaida gezeigt. In dem wenige Minuten langen Video erklärt Abu Hamsa el Muhadscher, wie Sprengsätze hergestellt werden. Der nationale Sicherheitsberater Mowaffak Rubai kommentierte die Ausstrahlung des Videos und sagte, es sei vor kurzem in der Ortschaft Jussufijeh, 25 Kilometer südlich von Bagdad, bei einer Razzia beschlagnahmt worden. Muhadscher ist der Nachfolger von Abu Mussab el Sarkawi, der im Juni von US-Truppen im Irak getötet wurde.
  • Das US-Militär im Irak hat angeblich einen geplanten schweren Anschlag auf das besonders gesicherte Regierungsviertel in Bagdad vereitelt. Im Anwesen des sunnitischen Spitzenpolitikers Adnan al-Dulaimi nahmen US-Soldaten einen der mutmaßlichen Attentäter, einen Leibwächter des Politikers, fest. Das teilte das US-Militärkommando am 1. Okt. mit. Die irakische Regierung verhängte daraufhin eine 36-stündige komplette Ausgangssperre über die irakische Hauptstadt, die erst am Morgen endete.
  • Trotz neuerlicher Kritik am amerikanischen Vorgehen im Irak denkt US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld nach eigenen Worten nicht an Rücktritt. Präsident George W. Bush habe ihn vor einigen Tagen persönlich angerufen, um ihm sein Vertrauen auszusprechen, sagte Rumsfeld am 1. Okt. vor Journalisten. Bushs Berater Dan Bartlett bestätigte im Fernsehsender ABC, der Präsident stehe hinter seinem Verteidigungsminister. Wenig überrascht zeigte sich Rumsfeld über Berichte, wonach der Stabschef des Weißen Hauses, Andrew Card, einen Wechsel an der Spitze des Pentagons vorgeschlagen haben soll. Der Journalist Bob Woodward schreibt in seinem kürzlich erschienenen Buch "State of Denial", Card habe Bush zwei Mal zu überreden versucht, Rumsfeld zu entlassen. Es sei die Aufgabe des Stabschefs, solche Überlegungen anzustellen, sagte Rumsfeld.
    Bush und Rumsfeld sehen sich wegen des Irak-Krieges wachsender Kritik ausgesetzt. Angeheizt wurde die Debatte durch die Veröffentlichung eines Geheimdienstberichtes, wonach die Offensive im Irak die Terrorgefahr weltweit erhöht habe.
  • Zur Eindämmung der Gewalt zwischen Sunniten und Schiiten im Irak hat Ministerpräsident Nuri al-Maliki einen einen neuen Plan vorgestellt. Demnach sollen in jedem Stadtbezirk von Bagdad örtliche Ausschüsse gebildet werden, die unter anderem die Bemühungen der Sicherheitskräfte um Ruhe und Ordnung überwachen sollen. Noch zwei weitere Ausschüsse sollen die Suche nach Frieden beratend unterstützen, wie Al-Maliki am 2. Okt. nach einem Treffen mit führenden sunnitischen und schiitischen Regierungsmitgliedern bekannt gab. "Wir haben den Beschluss gefasst, den sektiererischen Hass ein für alle Mal zu beenden", betonte der Regierungschef, der selbst zur schiitischen Glaubensgemeinschaft gehört. Den Ausschüssen sollen nach seinen Worten Repräsentanten aller Parteien, religiösen Gruppen und Volksgruppen sowie der Sicherheitskräfte vertreten sein. Neben dem Ausschuss zur Überwachung der Sicherheitskräfte vor Ort soll ein zentrales Gremium in ähnlicher Zusammensetzung mit dem Kommando der Streitkräfte zusammenarbeiten. Ebenso soll es einen Ausschuss für die Medien geben. Punkt vier des Plans besteht laut Al-Maliki darin, dass sich sämtliche Parteien einmal im Monat treffen, um Fortschritte zu überprüfen.
  • Bei neuen Gewalttaten sind erst am 2. Okt. wieder mindestens 20 Menschen ums Leben gekommen. Außerdem wurden 14 Angestellte von Computerläden entführt.
  • Bei einer Reihe von Angriffen in Bagdad und im Westirak sind sechs US-Soldaten getötet worden. Wie die US-Armee mitteilte, starb am 2. Okt. ein Soldat im Südwesten der Hauptstadt, als seine Patrouille unter Beschuss geriet. Zwei weitere Soldaten wurden am selben Tag bei Angriffen im Norden Bagdads tödlich getroffen. Bereits am 1. Okt. erlag ein Soldat den Verletzungen, die er bei der Explosion einer Bombe im Westen der Hauptstadt erlitten hatte. Zwei weitere Soldaten starben nach Gefechten in der westirakischen Unruheprovinz El Anbar, die als Hochburg sunnitischer Rebellen gilt.
    Nach einer auf Pentagon-Angaben beruhenden Zählung der Nachrichtenagentur AFP erhöhte sich damit die Zahl der im Irak getöteten US-Soldaten seit dem Eimarsch der US-Armee im März 2003 auf 2718.
  • Im Irak streiten Sunniten und Schiiten über einen neuen Plan von Ministerpräsident Nuri al-Maliki zur Eindämmung der Gewalt. Danach sollen in jedem Stadtbezirk von Bagdad örtliche Ausschüsse gebildet werden, die unter anderem die Bemühungen der Sicherheitskräfte um Ruhe und Ordnung überwachen sollen. Die Parteispitzen wollten am 3. Okt. die Einzelheiten des Plans ausarbeiteten, stritten aber bereits über die Formulierungen. Die schiitischen Parteien erklärten, der neue Plan solle sich auf die Bekämpfung des "Terrorismus" konzentrieren, also auf die Aufständischen. Die Sunniten forderten dagegen, es müsse um die Bekämpfung der "Gewalt" im allgemeinen gehen, was auch schiitische Milizen einschließen würde.
  • Bei Angriffen von Rebellen im Großraum Bagdad wurden nach US-Militärangaben vom 3. Okt. neun amerikanische Soldaten getötet. Vier seien Angriffen mit Kleinfeuerwaffen zum Opfer gefallen, vier weitere seien bei einem Bombenanschlag auf ihre Patrouille nordwestlich von Bagdad ums Leben gekommen, erklärten die Streitkräfte. Der neunte Soldat sei getötet worden, als sein Fahrzeug von einem Sprengsatz getroffen worden sei.
  • Bei einem Selbstmordanschlag auf einem Fischmarkt in Bagdad wurden am 3. Okt. nach Polizeiangaben zwei Menschen getötet und 19 verletzt.
    Andere Anschläge kosteten mindestens sieben weitere Menschen im Irak das Leben.
  • Rund 5.000 verletzte Soldaten aus Großbritannien können derzeit nicht in ihre Einsatzgebiete Irak und Afghanistan zurück, weil sie in ihrer Heimat auf eine angemessene Behandlung in Krankenhäusern warten. Der "Daily Telegraph" (Ausgabe vom 4. Okt.) zitiert den Militärzt Peter Golding, wonach Patienten sogar nach Schottland oder Deutschland geschickt würden, weil die lokalen Krankenhäuser nicht gut genug ausgestattet seien. Eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums in London wollte die Anzahl der zu behandelnden Soldaten nicht kommentieren. Sie sagte jedoch, dass jeder verletzte Soldat die bestmögliche Versorgung bekomme.
  • Fast die Hälfte der US-Soldaten klagt nach der Rückkehr aus dem Irak oder aus Afghanistan über mangelhafte Ausrüstung und schlechte Planung. 42 Prozent der Heimkehrer halten die militärische Ausrüstung der US-Truppen in den beiden Einsatzländern für unzureichend, wie aus einer am 4. Okt. in Washington vorgestellten Umfrage der Veteranengruppe VoteVets.org hervorgeht. 35 Prozent der Befragten gaben an, in Fahrzeugen ohne Panzerung unterwegs gewesen zu sein. Viele der Veteranen beklagten zudem, dass ihr Einsatz im Irak oder in Afghanistan länger gedauert habe als ursprünglich vorgesehen. Insgesamt 63 Prozent der Befragten stimmten der Aussage zu, dass sich die US-Armee mit den beiden Einsätzen übernommen habe.
  • Bei einer Serie von Explosionen in einem überwiegend von Christen bewohnten Viertel Bagdads sind am 4. Okt. 16 Menschen getötet und 87 verletzt worden. Nach Polizeiangaben detonierten in dem Einkaufsviertel innerhalb von zehn Minuten eine Autobombe und zwei Bomben am Straßenrand. Unter den Opfern waren Passanten und 15 Polizisten. Ein nahe gelegenes Gebäude stürzte teilweise ein, mehrere Autos wurden zerstört, wie ein Polizeisprecher sagte. Ein Augenzeuge erklärte, zunächst sei eine Bombe detoniert. Als Umstehende dann nach Opfern gesucht hätten, habe es eine zweite Explosion gegeben. Um eine größere Wirkung zu erzielen, gehen Aufständische im Irak verstärkt nach diesem Muster vor.
    Bei weiteren Anschlägen im Irak kamen am 4. Okt. fünf Menschen ums Leben. Ein Anschlag auf einen Konvoi mit dem Industrieminister in Neu-Bagdad kostete drei Polizisten das Leben, der Minister blieb nach Polizeiangaben unverletzt. In Bakuba wurden bei einem Anschlag auf eine Polizeipatrouille zwei Beamte getötet. In der Nähe von Bakuba durchsuchten irakische Sicherheitskräfte am frühen Morgen Häuser in zwei Dörfern. 41 Verdächtige wurden festgenommen, Waffen und Munition beschlagnahmt.
  • Die US-Streitkräfte gaben am 4. Okt. den Tod von zwei weiteren US-Soldaten im Irak bekannt. Einer der beiden sei am 3. Okt. bei Kämpfen im Norden des Landes ums Leben gekommen, der andere bei einem Angriff auf seine Patrouille in Bagdad.
  • Der neue Chef des El-Kaida-Netzwerks im Irak, Abu Hamsa el Muhadscher, ist offenbar tot. Das berichtete der Fernsehsender El Arabija am 5. Okt.
    Die US-Armee hat die Tötung des irakischen El-Kaida-Chefs Abu Hamsa el Muhadscher dementiert. Das teilte ein Sprecher der US-Streitkräfte am 5. Okt. in Bagdad mit.
  • Im Irak sind in den vergangenen zwei Jahren nach US-Angaben etwa 4.000 Polizisten im Dienst getötet worden. Weitere 8.000 Polizisten seien bei der Ausübung ihrer Pflichten verletzt worden, sagte der Leiter des US-Trainingsteams für die irakische Polizei, Generalmajor Joseph Peterson. Trotzdem würden jeden Tag neue Bewerber in den Dienst treten. Angestrebt werde für die irakische Polizei eine Stärke von 188.000 Mann. Davon seien bereits 132.000 Beamte im Einsatz.
  • In mehr als 200 US-Städten haben am 5. Okt. tausende von Menschen gegen Präsident George W. Bush demonstriert. Der von der Organisation World Can't Wait (Die Welt kann nicht warten) veranstaltete Protesttag wendete sich gegen fast alle Politikbereiche vom Krieg im Irak bis zur Terrorismusbekämpfung und dem Treibhauseffekt. Vor dem Weißen Haus in Washington hielten rund 500 Demonstranten gelbes Band hoch und zeigten der Regierung so die "gelbe Karte". "Wir drehen den Spieß um und bringen eine Massenbewegung des Widerstands zur Vertreibung des Bush-Regimes nach vorne", sagte Organisator Travis Morales. In Seattle trugen 800 Demonstranten Spruchbänder mit Aufschriften wie: «Wir können nicht bis 2008 warten.» Bushs Amtszeit läuft bis 2008, im kommenden Monat steht bei der Wahl der 435 Abgeordneten des Repräsentantenhauses die Mehrheit seiner Republikaner auf dem Spiel. Zudem werden 33 der 100 Senatoren gewählt. In New York trugen mehrere tausend Demonstranten Spruchbänder wie "Dieser Krieg sollte vorbei sein" und "Vertreibt das Bush-Regime". Eine Demonstrantin, die 82-jährige Lydia Sugarman aus Manhattan sagte, mit Demonstrationen und Protesten seine die Bürgerrechte erkämpft worden. "Wenn wir nicht protestieren würden, wären wir keine Amerikaner!"
  • Bei einem überraschenden Besuch im Nordirak hat US-Außenministerin Condoleezza Rice am 6. Okt. die irakischen Kurden aufgerufen, zur Stabilisierung des Vielvölkerstaats beizutragen. "Den Kurden wird es gewiss besser gehen, wenn auch Bagdad und seine Umgebung stabil und demokratisch sind", sagte Rice am Freitag nach einem Gespräch mit dem kurdischen Regionalpräsidenten Massud Barsani in Erbil. Bei ihren Beratungen in der autonomen Kurdenregion sei es um den "nationalen Aussöhnungsprozess und die Vision eines einigen, demokratischen Irak" gegangen. Die US-Außenministerin reiste wegen technischer Probleme an ihrem Flugzeug mit etwa zwei Stunden Verspätung Richtung London ab, wo sie am Abend an Beratungen mit ihren Kollegen aus den Ländern der so genannten Sechser-Gruppe über das iranische Atomprogramm teilnehmen wollte.
  • Bei einem Selbstmordanschlag sind am 7. Okt. im Nordirak mehr als ein Dutzend Menschen getötet worden. Der Täter raste in der Stadt Tal Afar mit seinem mit Sprengstoff beladenen Wagen in einen Kontrollpunkt der Polizei hinein, wie die Behörden mitteilten. Vier Polizisten und zehn Zivilpersonen kamen dabei ums Leben, 13 weitere Menschen erlitten Verletzungen. Landesweit kostete die Gewalt mindesten 25 Menschen das Leben.
    In Mossul wurde eine Frau erschossen, die zu Fuß mit ihrem fünfjährigen Sohn unterwegs war. Der Junge blieb unversehrt, wie ein Polizeisprecher sagte.
    Nahe Sindschar, rund 150 Kilometer nordwestlich von Mossul, kamen zwei Menschen bei einem Angriff auf ihr Auto ums Leben, eine dritte Person erlitt nach Polizeiangaben Verletzungen.
    Beim Einschlag einer Mörsergranate auf ihr Haus in Iskandarija, rund 50 Kilometer südlich von Bagdad, wurden zwei Menschen getötet und vier verletzt.
    In einer von Schiiten geführten Bäckerei in Bagdad erschossen Bewaffnete zwei Mitarbeiter. Ein dritter Mann wurde laut Polizei verletzt, die Angreifer flüchteten in einem Auto. Im Westen der Hauptstadt wurde am Abend des 6. Okt. auch ein früherer irakischer Volleyball-Nationalspieler getötet. Er wurde in seinem Geschäft erschossen.
    In Bagdad wurden zudem auch weitere Tote entdeckt, die zuvor gefoltert wurden. Sie wurden offenbar Opfer der Gewalt zwischen den Milizen der Sunniten und Schiiten.
    Bei Razzien in der Provinz Dijala töteten irakische Sicherheitskräfte nach Regierungsangaben zwei mutmaßliche Al-Kaida-Mitglieder. Rund 40 Verdächtige wurden festgenommen.
    Bei Kämpfen im Nordirak wurde erneut ein US-Soldat getötet, wie die Streitkräfte am 7. Okt. mitteilten. Der Soldat starb demnach am 6. Okt. in der Nähe von Beidschi.
  • Bei Gefechten mit einer schiitischen Miliz im Irak haben Sicherheitskräfte 30 Aufständische getötet. Die Gefechte hätten sich in der Nacht zum 8. Okt. ereignet, als eine Patrouille von irakischen und US-Soldaten in der Stadt Diwanijah südlich von Bagdad das Haus eines schiitischen Befehlshabers habe durchsuchen wollen, teilte die US-Armee mit. Es handelte sich demnach um das Haus von Kifah el Greiti, einen der Kommandeure der schiitischen Mehdi-Armee, die den radikalen Schiiten-Chef Moktada Sadr unterstützt. Ein gesuchter Milizionär sei bei dem Einsatz festgenommen worden, teilte die US-Armee weiter mit, ohne dessen Namen zu nennen. Er stehe unter dem Verdacht, Ende August mehrere irakische Soldaten getötet zu haben.
  • Eine irakische Untergrundgruppe hat in einer Internet-Botschaft Spekulationen über den Tod des Anführers von Al Kaida im Irak, Abu Ajjub al Masri, zurückgewiesen. Al Masri sei bei bester Gesundheit, hieß es in der am 8. Okt. auf einer Web-Site verbreiteten Erklärung des Mudschahedin-Schura-Rats, einer Dachorganisation mehrerer Untergrundgruppen, der auch Al Kaida im Irak angehört.
  • Der frühere republikanische US-Außenminister James Baker arbeitet gemeinsam mit Demokraten an Alternativen zur Irak-Politik von Präsident George W. Bush. Das Komitee prüfe verschiedene andere Optionen, sagte Baker am 8. Okt. dem Fernsehsender ABC. Die Ergebnisse würden jedoch nicht vor den Kongresswahlen am 7. November veröffentlicht. Immer mehr führende republikanische Politiker sind mit Bushs Kurs im Irak unzufrieden. Bush solle seine strikte Haltung in dem Konflikt überdenken, erklärte Baker. Er stimme mit dem Präsidenten jedoch darin überein, dass ein rascher Abzug der US-Truppen dem Irak schaden würde. Ohne die Stationierung amerikanischer Soldaten werde der Irak in den schlimmsten Bürgerkrieg abstürzen, den man sich vorstellen könne, sagte der ehemalige Außenminister. In die Auseinandersetzungen würden darüber hinaus die Türkei, der Iran und Syrien sowie weitere Länder verwickelt. Sein Komitee sei der Ansicht, dass es zwischen der derzeitigen Politik Bushs und einem überstürzten Truppenabzug weitere Möglichkeiten gebe.
Montag, 9. Oktober, bis Sonntag, 15. Oktober
  • Der Einsatz australischer Soldaten im Irak stößt bei der Bevölkerung des Landes immer mehr auf Ablehnung. Bei einer am 9. Okt. veröffentlichten Umfrage plädierten 59 Prozent für einen Truppenabzug und nur 36 Prozent für einen Verbleib. Bei der Erhebung von AC Nielsen für die Zeitung "Sydney Morning Herald" zeigte sich auch, dass die oppositionelle Labour Party nicht zuletzt wegen ihrer Ablehnung des Irak-Engagements um zwei Prozentpunkte auf 54 Prozent zulegen konnte. Die Mitte-rechts-Koalition von Ministerpräsident John Howard kann demnach nur mit der Zustimmung von 46 Prozent der 1.408 Befragten rechnen. Howard ist in der Irak-Politik einer der engsten Verbündeten von US-Präsident George W. Bush. Zurzeit sind noch 1.300 australische Soldaten im Irak stationiert, zu Beginn des Krieges im März 2003 waren es 2.000. In Australien finden Ende kommenden Jahres Parlamentswahlen statt.
  • Der amerikanische Präsident George W. Bush hätte die Milliarden für den Irak-Krieg nach Ansicht des früheren Vizepräsidenten Al Gore in Klimaschutz und Energieforschung investieren sollen. Auf diese Weise wären die Vereinigten Staaten unabhängiger vom Erdöl und damit sicherer geworden, sagte Gore in einem Gespräch mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Ausgabe vom 10. Okt.). "Das wäre besser gewesen, als ein Land anzugreifen, das uns gar nicht attackiert hat." Gore stellte am 9. Okt. in Berlin den Dokumentarfilm "Eine unbequeme Wahrheit" vor.
  • In der US Army dienen so viele Männer und Frauen wie zuletzt vor einem Jahrzehnt. Trotz des Irak-Krieges schrieben sich im Haushaltsjahr 2006 mehr als 80.000 Menschen als Rekruten ein, womit das US-Heer nach eigenen Angaben vom Montag seine Planungen übererfüllte. Der aktiven Truppe gehören nun 505.000 Soldaten an. Das ist der höchste Stand seit 1995. (AFP, 10. Okt.)
  • Die Polizei in Bagdad hat innerhalb von 24 Stunden erneut 60 Leichen geborgen. Die Opfer wurden vor ihrem Tod offenbar gefoltert, wie ein Polizeisprecher am 10. Okt. mitteilte. Die Männer im Alter zwischen 20 und 50 Jahren waren an Händen und Füßen gefesselt und wiesen zahlreiche Einschüsse auf. Übergriffe von Todesschwadronen haben in den vergangenen Monaten im Irak bereits tausende Menschen das Leben gekostet.
  • In Amara südöstlich der Hauptstadt wurde nach Polizeiangaben am 10.Okt. ein ehemaliges Mitglied der Baath-Partei des gestürzten Präsidenten Saddam Hussein getötet.
    In Mossul erschossen Bewaffnete aus einem fahrenden Auto heraus einen irakischen Polizisten, bei einem weiteren Angriff kam eine Zivilperson ums Leben. Landesweit wurden mindestens acht Menschen bei Anschlägen getötet.
  • In Bagdad entführten Unbekannte einen Fußball-Schiedsrichter. Hasim Hussein habe am Abend des 9. Okt. das Schaab-Stadion im Nordosten der Hauptstadt verlassen, als er verschleppt wurde, wie ein Polizeisprecher am 10. Okt. erklärte. Die Kidnapper hätten umgerechnet 160.000 Euro Lösegeld gefordert, sagte der Leiter der irakischen Schiedsrichtervereinigung, Tarik Ahmed, der Zeitung "Aschark al Ausat". Ende September war ein bekannter irakischer Fußballspieler entführt worden, über sein Schicksal ist seitdem nichts bekannt. Im Juli war der irakische Fußball-Nationaltrainer wegen Todesdrohungen gegen seine Familie zurückgetreten. Am 6. Okt. hatten Bewaffnete einen ehemaligen Volleyball-Nationalspieler getötet.
  • Im Prozess gegen Saddam Hussein schnitt der Vorsitzende Richter Mohammed Oreibi al Chalifa dem Angeklagten am 10. Okt. das Wort ab und ließ ihn aus dem Gerichtssaal führen. Saddam Hussein muss sich wegen der Ermordung zehntausender Kurden in den 80er Jahren vor Gericht verantworten. Seine Anwälte boykottieren den Prozess.
  • Der Plan der irakischen Regierung zur Eindämmung der Gewalt durch Extremisten von Sunniten und Schiiten nimmt Gestalt an. In einem ersten Schritt sollen in Kürze alle Kontrollposten in Bagdad zu gleichen Teilen mit schiitischen und sunnitischen Angehörigen der Sicherheitskräfte besetzt werden, wie Abgeordnete am 10.Okt. mitteilten. Die Vereinbarung zur Besetzung der Kontrollposten zeigt, wie tief das Misstrauen zwischen Sunniten und Schiiten sitzt. Der Abgeordnete Hassan al Schimmari von der schiitischen Partei Fadila erklärte, wenn zugleich Schiiten und Sunniten im Einsatz seien, könnten sie sich gegenseitig kontrollieren und darauf achten, dass keine Bewaffneten der jeweils anderen Gruppe durchgelassen würden, um Anschläge zu verüben. Die Sunniten werfen den vor allem von den Schiiten kontrollierten Sicherheitskräften vor, Anschläge zu dulden oder auch daran beteiligt zu sein.
  • Ein von den britischen Streitkräften im Irak getöteter Mann war der führende Al-Kaida-Terrorist Omar al Faruk, der im vergangenen Jahr aus einem amerikanischen Hochsicherheitsgefängnis in Afghanistan entkommen konnte. Das erklärten am 10. Okt. die US-Streitkräfte. Seine Identität sei durch DNA-Tests bestätigt worden. Al Faruk wurde am 25. September in Basra getötet. Britische Soldaten hatten ihn festnehmen wollen, erschossen ihn dann aber, als er das Feuer eröffnete. Al Faruk soll früher der Führer der Al Kaida in Südostasien gewesen sein. Er kam vor drei Monaten in den Irak.
  • Der anhaltenden Gewalt im Irak sind fünf weitere amerikanische Soldaten zum Opfer gefallen. Dabei handelte es sich um drei Marineinfanteristen sowie zwei weitere Soldaten, wie die US-Streitkräfte am frühen Morgen des 11. Okt. mitteilten. Die Marineinfanteristen seien bereits am 9. Okt. bei Kämpfen mit Aufständischen in der Provinz Anbar westlich von Bagdad ums Leben gekommen. Die beiden anderen Soldaten seien in Bagdad und in Tikrit getötet worden.
  • Aufständische haben in Bagdad ein Munitionslager der US-Streitkräfte beschossen und einen Großbrand ausgelöst. Eine Serie von Explosionen erschütterte die Umgebung im Umkreis von mehreren Kilometern, die Druckwelle beschädigte mehrere Gebäude. Menschen kamen nach ersten Erkenntnissen aber nicht zu Schaden. Ein Sprecher des Stützpunktes Falcon erklärte am 11. Okt., von einem nahe gelegenen Wohngebiet aus seien Granaten abgefeuert worden. Es gebe Hinweise darauf, dass Zivilpersonen mit Kontakten zu einer Miliz für den Angriff vom Dienstagabend verantwortlich seien, sagte Stützpunkt-Sprecher Jonathan Withington. Einzelheiten nannte er nicht.
  • Mehr als 600.000 irakische Zivilisten sind seit dem Einmarsch der USA im März 2003 gewaltsam zu Tode gekommen. Direkte und indirekte Folgen der Besatzung eingerechnet sollen von März 2003 bis Juli dieses Jahres sogar 655.000 Menschen gestorben sein, zitiert das Wissenschaftsmagazin "The Lancet" britische Experten und irakische Forscher. Die irakische Regierung wies die Zahlen als "übertrieben" zurück. US-Präsident George W. Bush nannte sie "nicht glaubwürdig". (Hier geht es zu einem Bericht über die Studie: Bilanz des Schreckens.)
  • Bewaffnete haben am 12. Okt. die Räume eines sunnitischen Fernsehsenders in Bagdad überfallen und acht Menschen getötet. Bei den Opfern handelt es sich nach Polizeiangaben um vier Wachleute und vier Techniker. Ein weiterer Angestellter wurde verletzt. Die Täter seien in sechs Autos vorgefahren, schnell in das Gebäude eingedrungen und hätten geschossen. Anschließend seien sie geflüchtet. Der Satellitensender Schaabija im Südosten der irakischen Hauptstadt nahm seinen Betrieb erst in diesem Jahr auf.
  • In der Nähe einer schiitischen Moschee im Nordosten Bagdads detonierte am 12. Okt. eine Bombe, gefolgt von einer weiteren zwei Minuten später. Nach Polizeiangaben wurden vier Menschen verletzt, die sich am Ort der ersten Detonation versammelt hatten.
  • In Diwanija 130 Kilometer südlich der Hauptstadt drangen Bewaffnete in eine Polizeistation ein, töteten einen Polizisten und befreiten zehn Gefangene. Die Tat ereignete sich nach Polizeiangaben bereits am Abend des 11. Okt.
  • Ein US-Fallschirmjäger, der aus Protest gegen den Irak-Krieg seine Einheit verließ, ist zu drei Monaten Haft verurteilt worden. Der 24-jährige Feldwebel entging einer härteren Verurteilung wegen Fahnenflucht, indem er sich am 12. Okt. vor dem Kriegsgericht in Fort Bragg des unerlaubten Entfernens von der Truppe für schuldig bekannte. Ricky Clousing wird zudem degradiert und wegen schlechter Führung aus dem Heer entlassen. Clousings Anwalt David Miner sagte, sein Mandant bedauere seine Entscheidung nicht, im Juni vergangenen Jahres nach einer fünfmonatigen Stationierung im Irak seine Kaserne in North Carolina verlassen zu haben. "Er hatte erkannt, dass der Irak-Krieg unmoralisch und illegal war", erklärte Miner.
  • Wegen der zahlreichen Anschläge rechnet das irakische Innenministerium derzeit den Verlust von 25 Polizisten pro Tag in seine Planungen ein. In diesem Jahr werde davon ausgegangen, dass durchschnittlich jeden Tag zehn Polizisten getötet und 15 weitere so schwer verletzt würden, dass sie nicht mehr arbeiten könnten, sagte ein US-Sicherheitsberater für das Innenministerium in Bagdad, Gerald Burke, am 12. Okt. vor einem Ausschuss demokratischer Senatoren in Washington. Ein großer Teil des heutigen Ausmaßes der Gewalt im Irak liege darin begründet, dass unmittelbar nach dem US-Einmarsch im März 2003 zu wenig für die Durchsetzung von Recht und Ordnung getan worden sei.
  • In einem von der britischen Tageszeitung "Daily Mail" am 12. Okt. online verbreiteten Interview sagte der britische Generalstabschef, General Sir Richard Dannatt: "Unsere Anwesenheit dort verschlimmert die Sicherheitsprobleme nur." Das Vorhaben der Regierung, eine freie Demokratie im Irak zu errichten, sei "naiv" und nicht zu erreichen. Der Einsatz verschärft nach Ansicht Dannatts nicht nur die Probleme im Irak. "Ich will nicht sagen, dass die Probleme, die wir in der ganzen Welt erfahren, durch unsere Anwesenheit im Irak ausgelöst werden, aber zweifelsfrei werden sie durch unsere Präsenz verschärft", sagte Dannatt, der erst im August zum neuen Armeechef ernannt worden war. Ausländer seien im Irak willkommen, wenn sie eingeladen sind. "Aber wir wurden nicht eingeladen. 2003 haben wir denen doch die Tür eingetreten", sagte der General.
    Ein Regierungssprecher in London sagte in der Nacht zum 13. Okt., dass die Präsenz der mehr als 7.000 britischen Soldaten dem "ausdrücklichen Wunsch" der irakischen Regierung entspreche. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums hatte zuvor gesagt: "Wir verfolgen im Irak eine klare Strategie: Wir sind mit unseren internationalen Partnern unter einem klaren Uno-Mandat dort, um die demokratisch gewählte Regierung des Irak zu unterstützen".
    Anders sieht dagegen nach Dannatts Einschätzung die Situation in Afghanistan aus: "In Afghanistan ist unser Status ein vollkommen anderer, da wir dort auf Einladung von Präsident Hamid Karsais Regierung sind. Ich bin optimistisch, dass wir es dort richtig hinbekommen werden." Außerdem gebe es moralische und logistische Gründe, sich auf die Mission in Afghanistan zu konzentrieren: "Unsere Truppen sind bis an die Grenze ihrer Belastbarkeit im Einsatz. Wir haben nur ein einziges Reservebataillon. Fast jeder wird irgendwann entweder in den Irak oder nach Afghanistan geschickt."
    Britische Kriegsgegner begrüßten die Äußerungen des Armeechefs. Die Initiative "Stop The War" lud Dannatt ein, an den nächsten Anti-Kriegs-Demonstration teilzunehmen und als Redner aufzutreten. (Quelle: FTD-online, 13.10.2006)
  • Nach seiner Forderung eines baldigen Abzugs der britischen Armee aus dem Irak hat sich der britische Generalstabschef Richard Dannatt am 13. Okt. bemüht, seine Äußerungen zu entschärfen. "Wir werden im Irak bleiben, bis unsere Arbeit beendet ist", erklärte er in London. Zuvor war er in der "Daily Mail" mit der Forderung zitiert worden, die britischen Soldaten sollten "irgendwann demnächst" aus dem Irak abziehen. Der Wiederaufbau sei schlecht vorbereitet gewesen. Premierminister Tony Blair stellte sich dennoch hinter Dannatt. Dieser habe die "volle Unterstützung" des Regierungschefs, sagte Blairs Sprecher.
  • Die britische Armee unterstützt ihren obersten General nach dessen Kritik am Irak-Einsatz. Ranghohe Offiziere sprachen Armeechef Sir Richard Dannatt "ernsthafte Unterstützung" aus, schreibt die britische Zeitung "The Times" am 14. Okt. Es sei an der Zeit gewesen, dass ein Vorgesetzter seine Stimme für die Soldaten erhebt, berichtet das Blatt weiter. Dannatt hatte am Vortag mit kritischen Äußerungen zum Irak-Einsatz der britischen Armee eine neue Debatte über den Abzug der Truppen seines Landes ausgelöst. Die Anwesenheit britischer Soldaten im Irak sei nicht die Ursache für die Sicherheitsprobleme Großbritanniens, verschlimmere sie aber, sagte der Chef des Generalstabs der Zeitung "Daily Mail". Die Soldaten sollten "irgendwann recht bald" abgezogen werden. In einem BBC-Interview erklärte er später: "Irgendwann recht bald" meine "dann, wenn die Aufgaben erledigt seien". Premierminister Tony Blair sagte, er stimme Dannatt "in jedem Wort" zu - bezog sich dabei aber auf das BBC-Interview und nicht den Zeitungsbericht. Dannatts Ansicht über einen Truppenabzug sei exakt das, was alle sagen, so der Premier weiter. "Unsere Strategie ist es, aus dem Irak abzuziehen, sobald die Aufgabe erledigt ist."
  • Neue Gewalt hat am 14. Okt. im Irak mindestens 13 Menschen das Leben gekostet. Unter den Toten war eine vierköpfige schiitische Familie in Mahmudija, deren Wohnhaus am frühen Morgen von unbekannten Uniformierten gestürmt wurde, wie ein Sprecher der irakischen Streitkräfte mitteilte.
    Sieben weitere Menschen kamen nach Polizeiangaben bei einem Granatenangriff auf ein Dorf nahe Bakuba ums Leben, fünf wurden verletzt.
    Im Raschid-Viertel von Bagdad detonierten gegen Mittag auf einem Parkplatz zwei Bomben. Ein Mensch wurde getötet, vier weitere wurden verletzt, wie ein Polizeisprecher sagte. Autos und ein nahe gelegenes Gebäude gingen in Flammen auf.
    In Diwanija erschossen Bewaffnete nach Polizeiangaben einen Lehrer.
    Im Süden Bagdads wurde ein irakischer Fernsehmitarbeiter am Abend des 13. Okt. aus einem fahrenden Auto heraus erschossen. Nach Polizeiangaben unterhielt sich der Mann in der Nähe seines Hauses im Stadtviertel Dora mit einem Freund, als die Schüsse fielen. Raed Kais al Schammari arbeitete als Techniker für den Sender Al Irakija. Erst am 12. Okt. waren in den Büros eines anderen Fernsehsenders in Bagdad elf Menschen getötet worden.
  • Ein britischer Untersuchungsrichter hat US-Soldaten für den Tod eines britischen TV-Reporters zu Beginn des Irak-Krieges verantwortlich gemacht. Die Soldaten hätten Vorschriften missachtet, sagte Richter Andrew Walker zum Abschluss seiner Ermittlungen in Oxford am 13. Okt. Jetzt sollen britische Justizbehörden ein Strafverfahren einleiten, berichtete die BBC am 13. Okt. Der 50-jährige Fernsehreporter Terry Lloyd war zu Beginn des Irak-Krieges im März 2003 für den TV-Sender ITN unterwegs. Er wurde zunächst nahe der südirakischen Stadt Basra von einer irakischen Schusswaffe an der Schulter verwundet und anschließend in einem Kleinbus transportiert. Dort wurde er von einer amerikanischen Kugel im Kopf getroffen und getötet. Das Zivilfahrzeug habe keine Gefahr dargestellt, erklärte Richter Walker. Für ihn bestehe kein Zweifel, dass die Amerikaner feuerten, als der Kleinbus anhielt, um Überlebende aufzunehmen. "Das war kein versehentlicher Beschuss eigener Truppen oder Kreuzfeuer, das war eine jämmerliche, vorsätzliche und rachsüchtige Tat", klagte Lyn Lloyd, die Witwe des Reporters. Der britischen Journalistenverband und die Witwe sprachen von einem "Kriegsverbrechen". Das US-Verteidigungsministerium erklärte hingegen, die Soldaten hätten die Einsatzregeln befolgt. Dies habe eine eigene Untersuchung des Pentagons gezeigt.
  • Nördlich von Bagdad entdeckte die Polizei sieben enthauptete Leichen. Nach Polizeiangaben handelte es sich bei dem Verbrechen in Duluija offenbar um einen Racheakt für die Entführung von drei Sunniten durch eine schiitische Miliz am vergangenen Mittwoch. Diese drei Männer wurden getötet, ihre Leichen verbrannt. Unter den am Abend des 13. Okt. entdeckten sieben Leichen waren auch die von drei Bauarbeitern, die am Vortag gemeinsam mit 14 Kollegen auf dem Heimweg in die überwiegend von Schiiten bewohnte Stadt Balad entführt worden waren. Die ebenfalls enthaupteten Leichen der anderen 14 Männer waren bereits zuvor gefunden worden.
  • Ein irakischstämmiger US-Bürger ist im Irak wegen der Entführung von drei rumänischen Journalisten zum Tode verurteilt worden. Ein Sprecher der US-Botschaft in Bagdad teilte am 14. Okt. mit, das zentrale Strafgericht in der irakischen Hauptstadt habe ihn zusammen mit fünf Irakern zum Tod durch den Strang verurteilt. Der 53-jährige Mohamed Munaf hatte als Führer der Journalisten gearbeitet und war im März vergangenenen Jahres zusammen mit ihnen entführt worden. Nach 55 Tagen wurden die vier von rumänischen Soldaten aus ihrer Geiselhaft befreit. Die irakische Justiz wirft Munaf Komplizenschaft mit den Entführern vor. Demnach wollte er sich aus Rumänien absetzen, wo er damals gelebt hatte, weil dort gegen ihn ermittelt wurde. Für seine Flucht habe er das erhoffte Lösegeld verwenden wollen. Die rumänische Regierung reagierte überrascht auf die Verurteilung. Bukarest sei weder über den Prozessbeginn noch über die Anklagepunkte gegen Munaf informiert gewesen, sagte ein Vertreter des Justizministeriums. Die rumänischen Justizbehörden hätten seit langem versucht, Munaf zu befragen, hätten aber keine Antwort aus Bagdad erhalten.
  • Im Irak sind bei Kämpfen in den letzten Tagen zwei US-Soldaten getötet worden. Wie die US-Armee am 15.Okt. mitteilte, starb in der Hauptstadt Bagdad am 13. Okt. ein Soldat bei der Explosion eines an einer Straße versteckten Sprengsatzes. In der Unruheprovinz Anbar erlag ein Soldat am 14. okt. seinen bei Kämpfen mit Aufständischen in Falludscha erlittenen Verletzungen. Seit Beginn des Monats wurden im Irak mehr als 45 US-Soldaten getötet.
  • "Die Gefahr beginnt direkt vor der Haustür", sagt Joel Campagna, der das Nahost-Büro des Komitees für den Schutz von Journalisten (CPJ) leitet. Für ihn steht fest, welcher Ort auf der Welt für seine Zunft derzeit der gefährlichste ist: der Irak. Seit der US-Invasion im März 2003 kamen dort mindestens 86 Reporter, Fotografen, Kameraleute oder Techniker ums Leben. Westliche Journalisten sind zum Ziel von Aufständischen geworden, weil sie den ausländischen Truppen zugerechnet werden. Ihre irakischen Kollegen leben noch gefährlicher. Scharfschützen, Bomben am Straßenrand, Entführungen, Morde - die Liste der Bedrohungen im Irak ist lang. Die einheimischen Journalisten müssen zusätzlich damit rechnen, dass ihre Familie wegen eines missliebigen Artikels in Gefahr schwebt oder dass sie verhaftet werden, weil man sie mit der Gewalt in Verbindung bringt, über die sie berichten. (AP, 15.Okt.)
  • Vergeltungsschläge zwischen Sunniten und Schiiten haben nördlich von Bagdad Dutzende Menschen in den Tod gerissen. Auslöser war die Entführung und Enthauptung von 17 Bauarbeitern schiitischen Glaubens aus Balad. Mutmaßliche schiitische Milizen gingen daraufhin gezielt gegen die sunnitischen Einwohner vor. Bis zum Mittag des 15. Okt. wurden 46 Leichen geborgen, was die Gesamtzahl der Toten in diesem Konflikt binnen drei Tagen auf 63 brachte. Die Enthaupteten waren am 13. Okt. in Duluija östlich von Balad aufgefunden worden. Ihr Tod war offenbar ein Racheakt für die Entführung von drei Sunniten durch eine schiitische Miliz am 11. Okt. Diese drei Männer wurden getötet und ihre Leichen verbrannt. In der Nacht zum 15. Okt. zogen dann bewaffnete Schiiten durch Balad, ständig waren Schüsse zu hören. Die Polizei verlegte zusätzliche Einheiten in die Stadt und verhängte ein Ausgehverbot. Zuvor hatte ein Sprecher des Innenministeriums erklärt, die Behörde gehe gezielt gegen Mitarbeiter vor, die der Mitgliedschaft in gewalttätigen schiitischen Milizen verdächtigt würden. Es seien schon 3.000 Angestellte wegen Menschenrechtsverletzungen oder Korruption entlassen worden, und mehrere Polizeikommandeure würden in Kürze ausgetauscht. Der Polizeitruppe des schiitisch dominierten Innenministeriums ist wiederholt vorgeworfen worden, der Gewalt von Schiiten tatenlos zuzusehen, während sunnitische Aufständische gnadenlos verfolgt würden.
  • Eine Staatssekretärin im Innenministerium, Hala Schakir, entging am 15. Okt. knapp einem Anschlag mit einer am Straßenrand versteckten Bombe. Sieben andere Menschen wurden jedoch getötet - drei Leibwächter und vier Passanten, wie die Polizei mitteilte. Der Anschlag ereignete sich im östlichen Bagdader Stadtteil Mustansirija. Die US-Streitkräfte meldeten derweil den Tod von fünf ihrer Soldaten bei Kämpfen mit Aufständischen oder Bombenexplosionen.
  • In der nordirakischen Stadt Mossul wurden ein Ehepaar und seine beiden Söhne von Bewaffneten getötet, die am 15. Okt. in ihr Haus eindrangen. Das gleiche Schicksal hatte zuvor bereits eine vierköpfige schiitische Familie in Mahmudija südlich von Bagdad erlitten. Zehn Menschen fielen am 15. Okt. mehreren Selbstmordanschlägen in Kirkuk zum Opfer, darunter auch zwei Mädchen, vor deren Schule sich ein Attentäter in die Luft sprengte. Sieben Personen kamen bei einem Granatenangriff auf ein Dorf nahe Bakuba ums Leben, fünf weitere wurden verletzt.
  • Angesichts der wachsenden Gewalt im Irak haben zwei führende Senatoren von US-Präsident George W. Bushs Republikanischer Partei am 15. Okt. eine neue Strategie der USA gefordert. Es sei Zeit für einen Kurswechsel in der Irak-Politik, sagte Senator Chuck Hagel aus Nebraska im Nachrichtensender CNN. Und sein Kollege John Warner sagte im CBS-Fernsehen, die USA müssten über alle Optionen neu nachdenken. Ein überstürzter Rückzug komme allerdings nicht in Frage. Ein solcher Schritt würde den Irak in den Bürgerkrieg stürzten und alle Nachbarländer destabilisieren, meinte Warner.
Montag, 16. Oktober, bis Sonntag, 22. Oktober
  • In Balad nördlich von Bagdad wurden auch am 16. Okt. wieder sunnitische Einwohner ermordet, wie ein Augenzeuge berichtete.
  • Bei der Explosion einer Autobombe in der irakischen Stadt Sauira sind mindestens zehn Menschen getötet und 15 weitere verletzt worden. Wie die Polizei am 16. Okt. mitteilte, detonierte der Sprengsatz am Morgen in einem vor einer Bank geparkten Auto. Sauira liegt 60 Kilometer südöstlich von Bagdad. In der ländlichen Region gibt es regelmäßig gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Sunniten und Schiiten.
  • Der irakische Ministerpräsident Nuri el Maliki will die für die Gewalt in seinem Land verantwortlich gemachten Freischärler erst später entwaffnen. Die Entwaffnung der Milizen werde "Ende des Jahres oder Anfang kommenden Jahres" beginnen, sagte Maliki der Zeitung "USA Today" vom 16. Okt. Sie werde einige Zeit dauern. Der Regierungschef sprach sich zugleich gegen einen großen Einsatz in der schiitischen Stadt Sadr City östlich von Bagdad aus, wo die Miliz der Mahdi-Armee stark vertreten ist. Bei mehreren Anschlägen im Irak starben fast dreißig Menschen.
  • 20 Menschen wurden bei zwei Autobombenanschlägen auf eine Beerdigungsgesellschaft in Bagdad in den Tod gerissen, wie ein Polizeisprecher am 16. Okt. mitteilte. Ein Selbstmordattentäter fuhr einen mit Sprengstoff beladenen Wagen in das Zelt einer Trauergemeinschaft im östlichen Stadtviertel Ur, wenig später detonierte in einem in der Nähe geparkten Auto eine zweite Bombe.
  • Vor seinem Haus in der Hauptstadt erschossen Unbekannte den Bruder des Generalstaatsanwalts im Prozess gegen den gestürzten irakischen Präsidenten Saddam Hussein.
  • US-Präsident George W. Bush hat Vorschläge zur Unterteilung des Irak in drei autonome Regionen für Kurden, Schiiten und Sunniten zurückgewiesen. Dies würde auf "noch größere Unordnung als jetzt" hinauslaufen, sagte Bush am 16. Okt. dem TV-Sender Fox News. Gäbe es drei autonome Regionen, so würde dies unter anderem Probleme zwischen den Kurden, der Türkei und Syrien heraufbeschwören, fügte Bush hinzu. Das irakische Parlament hatte in der vergangenen Woche ein Föderalimsus-Gesetz verabschiedet, mit dem nach Ablauf von 18 Monaten der Zusammenschluss mehrerer Regionen ermöglicht wird.
  • Bei einem Raketenangriff auf ein Wohnviertel im Zentrum von Bagdad sind am 17. Okt. drei Menschen getötet worden. Durch die Explosion im Viertel El Karrada seien ein Polizist und zwei Zivilisten umgekommen, hieß es aus dem Innenministerium. Sieben weitere Menschen seien verletzt worden. Erst am Vortag waren bei Gewalttaten im Irak mindestens 50 Menschen getötet worden.
  • Der Prozess gegen den früheren irakischen Staatspräsidenten Saddam Hussein wurde am 17. Okt. in Anwesenheit des Hauptangeklagten fortgesetzt, wie Journalisten berichteten.
  • Bombenanschläge und Überfälle haben im Irak erneut neun amerikanische Soldaten das Leben gekostet. Die US-Streitkräfte erklärten am 18. Okt., vier Soldaten seien getötet worden, als ihr Fahrzeug am 17. Okt. von einem Sprengsatz getroffen worden sei. Drei Soldaten seien bei Gefechten in der Provinz Dijala östlich von Bagdad ums Leben gekommen. Ein anderer Soldat wurde den Angaben zufolge getötet, als seine Patrouille in Nordbagdad von Aufständischen angegriffen wurde. Ein Marineinfanterist erlag am 17. Okt. seinen Verletzungen, die er bei Gefechten in der Provinz Anbar erlitten hatte. Die Zahl der getöteten US-Soldaten im Irak seit Anfang Oktober stieg damit auf 67.
  • Großbritannien will seine im Irak stationierten Truppen schrittweise abziehen. Premierminister Tony Blair sagte am 18. Okt. in London, seine Regierung wolle die Soldaten nach und nach abziehen, wenn die irakischen Truppen die Sicherheitsaufgaben selbst erfüllen könnten. Es dürfe nicht die Gefahr bestehen, vom Helfer zum Hindernis zu werden. Der britische Kommandeur Ed Butler kritisierte derweil die britische Strategie in Afghanistan und warnte vor Selbstgefälligkeit. "Wenn wir nicht wachsam bleiben und uns nicht weiter engagieren, besteht die Gefahr, dass sie (die radikalislamischen Taliban) kommendes Jahr vermehrt zurückkommen", sagte er vor Journalisten.
  • Die Slowakei wird ihre rund 100 Soldaten bis zum Februar nächsten Jahres aus dem Irak zurückziehen. Das kündigte Ministerpräsident Robert Fico am 18. Okt. vor Journalisten an. Sechs Soldaten sollen allerdings im Hauptquartier der von den USA geführten Koalitionstruppen bleiben. Weitere fünf Offiziere bleiben im Rahmen der NATO-Mission zur Ausbildung der irakischen Streitkräfte im Irak, wie der Ministerpräsident mitteilte. Die slowakischen Soldaten sind in Hilla stationiert, das in dem unter polnischem Kommando stehenden Sektor liegt.
  • Acht Soldaten der US-Armee müssen sich wegen Mordes während ihres Einsatzes im Irak vor einem Kriegsgericht verantworten. Vier der Angeklagten wird nach Angaben der US-Armee vom 18. Okt. zur Last gelegt, am 12. März in einer irakischen Stadt nahe Bagdad ein 14-jähriges Mädchen vergewaltigt zu haben. Danach sollen sie das Mädchen, dessen Eltern und die fünfjährige Schwester ermordet haben. Die Vorwürfe gegen zwei der Soldaten wiegen so schwer, dass gegen sie die Todesstrafe verhängt werden könnte, gab die Armee bekannt. Die vier Angeklagten gehörten der renommierten 101. Luftlandebrigade an.
  • Die USA wollen möglicherweise mehrere Reserveeinheiten der Marineinfanteristen zu einem zweiten Einsatz im Irak heranziehen. Verteidigungsminister Donald Rumsfeld habe der Erstellung eines entsprechenden Plans zugestimmt, erklärte ein Militärsprecher am 18. Okt. in Washington. Zunächst hatte es geheißen, Rumsfeld habe dem Plan bereits zugestimmt, dies korrigierte der Sprecher jedoch später. Es wäre das erste Mal, dass Kampfbataillone der Reserveeinheiten - jeweils mehrere hundert Soldaten - ein weiteres Mal in den Irak geschickt werden. Andere Einheiten haben bereits mehrere Einsätze hinter sich.
  • Dreieinhalb Jahre nach dem Einmarsch in den Irak hat US-Präsident George W. Bush erstmals eine Parallele zum Vietnam-Krieg gezogen. Bush antwortete auf die Frage, ob er die Einschätzung eines "New York Times"-Kolumnisten teile, wonach die Gewalt der Aufständischen im Irak die "dschihadistische Entsprechung" der Tet-Offensive im Vietnam-Krieg 1968 sei: "Er könnte Recht haben." Die von vietnamesichen Widerstandskämpfern gestartete Tet-Offensive war ein Wendepunkt des Krieges in Vietnam gewesen, der in den Rückzug der US-Truppen im Jahr 1973 gemündet hatte.
    Das Weiße Haus bekräftigte nach Bushs Äußerung umgehend, es gebe keinen Plan, trotz der stark gestiegenen Verluste die Strategie im Irak zu überdenken. Bush habe bei seiner Äußerung in einem Interview mit ABC News auf "die Propaganda während der Tet-Offensive" Bezug genommen, sagte seine Sprecherin Dana Perino. "Und der Präsident hat etwas wiederholt, was er zuvor gesagt hat: Dass der Feind unseren Willen erschüttern will." Bush glaube, "dass das amerikanische Volk versteht, wie wichtig es ist, den Feind zu schlagen, der entschlossen ist, unschuldige und freiheitsliebende Menschen zu töten". (AFP, 19. Okt.)
  • Bei einem Selbstmordattentat in der Nähe der irakischen Stadt Baakuba sind am 19. Okt. mindestens 17 Menschen ums Leben gekommen. 37 weitere Menschen seien verletzt worden, teilten die örtliche Polizei und Ärzte mit. Die Bombe sei auf einem belebten Marktplatz in der Stadt Chalis, rund 25 Kilometer nördlich von Baakuba, explodiert. Die überwiegend von Schiiten bewohnte Stadt Chalis liegt in der Provinz Dijala, in der es häufig zu Angriffen von Schiiten auf Sunniten kommt.
  • Fast 755.000 Iraker haben nach Angaben der Vereinten Nationen seit Beginn des Kriegs 2003 ihre Häuser verlassen müssen - mehr als die Hälfte von ihnen seit Beginn der neuen Gewaltwelle Anfang des Jahres. Zudem seien Zehntausende in die Nachbarländer geflohen, erklärte das UN-Flüchtlingshilfswerk am 20. Okt. in Genf. Mindestens 40.000 Iraker strömten derzeit jeden Monat nach Syrien. Die meisten Menschen wurden laut UNHCR in der Region um die Hauptstadt Bagdad vertrieben.
  • Im offenen Widerstand gegen die Regierung in Bagdad hat die schiitische Mahdi-Miliz am 20. Okt. die Herrschaft in der südirakischen Stadt Amara übernommen. Anhänger des radikalen Predigers Muktada al Sadr stürmten am Morgen nach Augenzeugenberichten drei Polizeistationen und zündeten Sprengsätze, die die Gebäude in Schutt und Asche legten. Ministerpräsident Nuri al Maliki entsandte eine Delegation aus ranghohen Beamten des Innenministeriums nach Amara. Diese traf einem Sprecher zufolge am Nachmittag am Stadtrand ein. Irakische Soldaten und Polizisten bezogen nach britischen Militärangaben rund um Amara Stellung, um die Stadt mit 750.000 Einwohnern zurückzuerobern.
  • Die irakische Regierung hat einem UN-Memo zufolge eine Statistik über die Zahl der Gewaltopfer in der Zivilbevölkerung zurückgehalten. Das Büro von Ministerpräsident Nuri al-Maliki habe dem Gesundheitsministerium untersagt, die Daten zu veröffentlichen, hieß es in dem am 20. Okt. bekannt gewordenen internen Schreiben. Der Statistik zufolge würden im Irak jeden Tag 100 Zivilpersonen bei Anschlägen und anderen Gewalttaten getötet. Al-Maliki haben dem Ministerium zwei Mal angewiesen, die Zahlen nicht an die Vereinten Nationen weiterzugeben, schrieb der Irak-Gesandte der UN, Ashraf Qazi, in dem Memo. Ein Sprecher des Regierungschefs habe gegenüber der UN-Mission im Irak erklärt, die Statistik sei übertrieben. Zuvor habe Al-Maliki allerdings während eines Besuchs in London die Zahlen bestätigt.
  • Sunnitische und schiitische Geistliche aus dem Irak haben bei einem Treffen in Mekka einen Friedensappell unterzeichnet. Das "Vergießen muslimischen Blutes" sei verboten, heißt es in dem Papier, wie der Fernsehsender El Arabija am 20. Okt. berichtete. "Mit Blick auf die Unabhängigkeit des Iraks und seine territoriale Integrität" müssten Sunniten und Schiiten zusammenarbeiten. Gefordert wird unter anderem die Freilassung aller "unschuldig Festgehaltenen" und der Respekt vor den jeweiligen Heiligtümern. In dem "Dokument von Mekka", das insgesamt zehn Punkte enthält, werden Koran-Verse und Aussprüche des Propheten Mohammed zitiert.
  • Vor dem Hintergrund der zunehmenden Gewalt im Irak will US-Präsident George W. Bush am 21. Okt. mit führenden US-Militärs die Lage erörtern. An den Beratungen sollen nach Angaben des Weißen Hauses der Befehlshaber des US-Einsatzes im Irak, George Casey, und der Kommandant der US-Streitkräfte im Nahen Osten, John Abizaid, teilnehmen. Abizaid wurde nach Washington zitiert, um persönlich Bericht zu erstatten. Bushs Sprecher Tony Snow betonte, die Besprechung sei seit Wochen geplant gewesen; ihr Termin habe nichts mit der derzeitigen Eskalation der Lage im Irak zu tun.
  • n der irakischen Hauptstadt Bagdad sind am Morgen des 21. Okt. vier Menschen bei einem Selbstmordanschlag ums Leben gekommen. Der Attentäter zündete den Sprengsatz in einem Bus in der Innenstadt und verletzte weitere 15 Menschen, wie es im irakischen Innenministerium hieß. In den vergangenen Wochen, während des islamischen Fastenmonats Ramadan, war Zahl der Gewalttaten im Irak angestiegen.
  • Bei einem Granatenanschlag auf einen Markt in der irakischen Stadt Mahmudijah südlich von Bagdad sind am 21. Okt. nach Polizeiangaben mindestens 18 Menschen getötet worden. Mehr als 50 weitere Personen wurden verletzt. Dem Granatenbeschuss vorausgegangen war die Explosion einer an einem Fahrrad befestigten Bombe, wie ein Militärsprecher mitteilte. Danach seien mindestens zwölf Granaten auf den Markt abgefeuert worden.
  • Die USA wollen dem Irak einem Zeitungsbericht zufolge einen Zeitplan vorgeben, in dem die interreligiöse Gewalt unter Kontrolle gebracht und die Sicherheitslage verbessert werden soll. Der Plan sehe Strafen vor, falls die Regierung in Bagdad die Vorgaben nicht erfülle, berichtete die "New York Times" am 21. Okt. unter Berufung auf hochrangige US-Vertreter auf ihrer Internetseite. Der Plan solle dem irakischen Ministerpräsidenten Nuri el Maliki bis zum Ende des Jahres vorliegen. Ein Rückzug der US-Truppen sei darin aber nicht vorgesehen.
  • Umfrage:
    Eine Mehrheit der US-Bürger hält den 2003 erfolgten Einmarsch im Irak für einen Fehler. In einer vom Magazin "Newsweek" am 22. Okt. veröffentlichten Umfrage gaben dies 54 Prozent der Befragten an, nur 39 Prozent bewerten die Entscheidung von US-Präsident George W. Bush als richtig. Fast zwei Drittel der US-Bürger (65 Prozent) glauben, dass die Vereinigten Staaten ihren Kampf für Sicherheit und Demokratie im Irak verlieren. Weiter gaben 31 Prozent der Befragten an, die Lage im Irak werde ihre Entscheidung bei den Kongresswahlen am 7. November beeinflussen. Für 18 Prozent ist die Wirtschaft das wichtigste Thema, für 16 Prozent die Gesundheitsversorgung. 13 Prozent gaben an, der Terrorismus beeinflusse ihre Wahlentscheidung am stärksten. Der Umfrage zufolge wollen 55 Prozent, dass die Demokraten nach der Wahl über die Mehrheit im Kongress verfügen, nur 32 Prozent sprachen sich dafür aus, dass die Republikaner die Mehrheit behalten. Die Popularität Bushs befindet sich den Angaben zufolge weiter auf einem Tiefstand. Lediglich 35 Prozent der Befragten waren mit seinem Tun zufrieden, 57 Prozent missbilligen es. Für die Umfrage wurden am 19. und 20. Okt. tausend US-Bürger befragt.
  • Die neue US-Botschaft der Superlative in Bagdad ist ein Geheimprojekt, das in einer hermetisch abgeriegelten Sicherheitszone entsteht. Trotzdem ist über den Komplex, der eine Fläche von 80 Fußballfeldern umfasst und zu dem unter anderem Parkanlagen und ein Schwimmbad gehören, schon einiges an die Öffentlichkeit gedrungen. Er liegt in der so genannten Grünen Zone, in der auch die Parlaments- und Kabinettssitzungen der Iraker sowie der Prozess gegen Ex-Machthaber Saddam Hussein stattfinden. Auch Saddams Palast, den die Amerikaner zu ihrer Behelfsbotschaft gemacht haben, ist nicht weit von dem neuen Komplex entfernt. Da ein Großteil der rund 5500 Menschen, die dort arbeiten sollen, wegen des Anschlagrisikos nie oder nur selten aus der Sicherheitszone herauskommen und auch auf dem Gelände schlafen, gehören zu der Botschaft große Apartmenthäuser und Freizeiteinrichtungen. Ein Amerikanischer Club, Parkanlagen und ein Einkaufszentrum sollen das Gefühl, eingesperrt zu sein, vertreiben. Mit einer eigenen Wasserversorgung, einem Elektrizitäts- und einem Klärwerk machen sich die Amerikaner zudem vom Rest der Stadt unabhängig, in der die Stromversorgung dreieinhalb Jahre nach dem Krieg immer noch miserabel ist. (dpa, 22. Okt.)
  • Bei einem Rebellenangriff sind am 22. Okt. im Irak mindestens fünfzehn Polizeirekruten getötet und 24 weitere verletzt worden. Die Angreifer hätten die beiden Busse der unbewaffneten Polizeianwärter an einer Straßensperre in der Region Djala gestoppt und das Feuer eröffnet, sagte der Provinzpolizeichef, General Ghassan el Bawi, der Nachrichtenagentur AFP. Die Rekruten seien auf dem Weg von Bagdad zu einem Ausbildungszentrum bei Baakuba gewesen. Ein Vertreter des Innenministeriums sagte, die Busse seien durch eine Bombe am Straßenrand gestoppt worden; die Mehreit der Rekruten sei jedoch erschossen worden. Mehrere Businsassen würden zudem vermisst. Zahlreiche der zurückgelassenen Leichen seien als Sprengfallen präpariert gewesen.
  • Bei Kampfeinsätzen im Irak sind in Bagdad vier US-Soldaten getötet worden. Wie die US-Armee am 23. Okt. mitteilte, erschossen "terroristische Angreifer" drei Soldaten einer Patrouille. Der vierte Soldat starb während eines Streifengangs durch die Explosion eines Sprengsatzes. Die Vorfälle ereigneten sich am 22. Okt. in verschiedenen Vierteln der irakischen Hauptstadt. Erst am Vortag waren landesweit fünf US-Soldaten getötet worden.
  • Prinz Philip hat den britischen Truppen im Irak einen Überraschungsbesuch abgestattet. Der Gemahl von Königin Elizabeth II. besuchte am 22. Okt. die im südirakischen Basra stationierten Truppen, wie der Buckingham Palast mitteilte. Er habe Soldaten der Queen's Royal Hussars getroffen und ihnen gesagt, dass sie "sagenhafte Arbeit" leisteten. Zu Hause verfolge jeder, was in diesem Teil der Welt vor sich gehe und hege große Sympathie für diejenigen, die "ihr Bestes tun, um das Leben für die Einheimischen zivilisiert und erträglich zu machen", sagte Prinz Philip, der einen Kampfanzug trug
Montag, 23. Oktober, bis Sonntag, 29. Oktober
  • Der stellvertretende irakische Ministerpräsident Barham Saleh hat angesichts der prekären Sicherheitslage um eine fortdauernde Stationierung ausländischer Soldaten gebeten. Es gebe keinen Grund für einen Abzug der Koalitionstruppen, sagte Saleh am 23. Okt. vor einem Treffen mit dem britischen Premierminister Tony Blair in London. Die Diskussion über die Lage im Irak habe in den USA und in Europa einen pessimistischen, «miesmachenden» Ton bekommen, kritisierte der stellvertretende Regierungschef. Bis zum Jahresende könnten irakische Sicherheitskräfte sieben oder acht der 18 Provinzen kontrollieren, sagte Saleh. Bis sich die Situation eingependelt habe, müssten jedoch weiterhin ausländische Soldaten im Irak bleiben.
  • Im Irak ist ein US-Soldat vermisst gemeldet worden. Der Soldat wurde gegen 19.30 Uhr in der irakischen Hauptstadt Bagdad vermisst gemeldet, wie die US-Armee am 23. Okt. mitteilte. Die Koalitionstruppen und die irakischen Sicherheitskräfte hätten "sofort reagiert" und nach ihm zu suchen begonnen.
  • In der 250 Kilometer nördlich von Bagdad gelegenen Stadt Kirkuk wurden am 24. Okt. bei einem fehlgeschlagenen Attentat auf den Polizeichef der Stadt fünf Kinder und ein Leibwächter verletzt. Die Angreifer brachten einen Sprengsatz zur Explosion, als der Konvoi von General Turhan Jussif vorbeifuhr.
    Bei zwei weiteren Angriffen auf die Sicherheitskräfte in Kirkuk wurde ein Soldat getötet, drei weitere Menschen erlitten Verletzungen.
  • Der Nachrichtensender Al-Arabija berichtete am 24. Okt. über heftige Gefechte zwischen Aufständischen und US-Soldaten in der westirakischen Rebellenhochburg Ramadi. Das US-Militärkommando meldete derweil, die Verantwortung für die Kontrolle des nördlichen Stadtgebietes sei den irakischen Sicherheitskräften übergeben worden.
  • Die Iraker sollten nach den Worten von US-General George Casey in 12 bis 18 Monaten in der Lage sein, mit nur geringer amerikanischer Unterstützung selbst für ihre Sicherheit sorgen. Die USA sollten seiner Meinung nach weiter versuchen, die Zahl der amerikanischen Soldaten in dem Land zu reduzieren, sagte der Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte im Irak am 24. Okt. Falls nötig, würde er aber auch nicht zögern, mehr Truppen anzufordern. US-Botschafter Zalmay Khalilzad sagte, die irakische Regierung habe zugestimmt, einen Zeitplan für Fortschritte bis Ende des Jahres auszuarbeiten. Die USA müssten ihre Anstrengungen verdoppeln, um im Irak zum Erfolg zu kommen.
  • Im Westirak haben Aufständische zwei amerikanische Soldaten getötet. Das US-Militärkommando in Falludscha teilte am 24. Okt. mit, die beiden Marineinfanteristen seien am 23. Okt. bei einem Angriff in der Anbar-Provinz ums Leben gekommen. Am Wochenende waren neun US-Soldaten im Irak getötet worden.
  • Ein seit dem 23. Okt. in Bagdad vermisster US-Soldat ist nach Militärangaben entführt worden. Maskierte Männer hätten den Soldaten irakischer Herkunft bei einem nicht genehmigten Verwandtenbesuch überfallen, berichtete CNN. Kurz darauf hätten sich die Entführer bei den Verwandten telefonisch gemeldet. (dpa, 25. Okt.)
  • Angesichts der anhaltenden Gewalt im Irak hat US-Präsident George W. Bush Schwierigkeiten bei dem Einsatz eingeräumt. Die gegenwärtige Lage bereite ihm "ernsthafte Sorgen", sagte Bush am 25. Okt. auf einer Pressekonferenz in Washington. Einen grundsätzlichen Kurswechsel schloss Bush aus. Die taktischen Grundlagen des Einsatzes würden allerdings ständig neu angepasst, sagte der Präsident. "Unsere Ziele sind unverändert, aber wir sind flexibel bei den Methoden." Bush sagte, dass seit Monatsbeginn 93 US-Soldaten im Irak getötet worden seien. Dies sei die höchste Zahl seit Oktober 2005.
  • Mit ungewöhnlich scharfen Worten hat der frühere UN-Waffeninspekteur Hans Blix die amerikanische Irak-Politik kritisiert. Das Vorgehen Washingtons komme einem "reinen Versagen" gleich, sagte Blix am 25. Okt. der dänischen Tageszeitung "Politiken". Dem Land gehe es nun schlechter als unter der Diktatur Saddam Husseins. Die Situation im Irak wäre besser, wenn es nie zum Krieg gekommen sei, sagte Blix weiter. "Saddam wäre noch im Amt. OK, das ist negativ, und es wäre für das irakische Volk keine Freude gewesen. Aber was wir bekommen haben, ist ohne Zweifel schlechter." Weder ein Rückzug der US-Truppen noch ihr Verbleib im Irak wären derzeit gute Optionen, erklärte der frühere UN-Chefinspekteur. "Wenn die Amerikaner abziehen, besteht das Risiko, dass sie ein Land im Bürgerkrieg zurücklassen. Gleichzeitig sieht es aber nicht danach aus, als könnten die USA zur Stabilisierung der Lage beitragen, indem sie dort bleiben." Blix leitete vor Beginn des US-geführten Kriegs 2003 die UN-Waffeninspektionen im Irak.
  • Amerikanische und irakische Soldaten suchten am 25. Okt. im Bagdader Stadtteil Sadr City nach einem Milizenführer. Der Gesuchte stehe im Verdacht, schiitische Todesschwadronen angeführt zu haben, erklärten die Streitkräfte. Die Soldaten seien während der Razzia angegriffen wurden und hätten aus der Luft Unterstützung von einem US-Kampfflugzeug erhalten. Nach Angaben der Polizei wurden dabei mindestens vier Menschen getötet und 18 weitere verletzt. Ob der Gesuchte festgenommen werden konnte, wurde nicht mitgeteilt.
  • Die britische Armeeführung erwägt einem Medienbericht zufolge bei anhaltend erkennbaren Erfolgen der Militärmission im Irak die britische Truppenstärke in dem Land Anfang kommenden Jahres zu halbieren. Ranghohe Offiziere sagten der Zeitung "Daily Telegraph" (Ausgabe vom 26. Okt.), die Entscheidung hänge vom Erfolg der "Operation Sindbad" ab. Der vor etwa einem Monat gestartete Einsatz im Süden habe das Ziel, die Hafenstadt Basra wiederaufzubauen und sicherer zu machen. Die auf mehrere Monate angelegte Mission müsse weiter erfolgreich sein.
  • Bei Kämpfen mit Aufständischen in der irakischen Unruheprovinz El Anbar sind fünf US-Soldaten getötet worden. Die Angehörigen der Marineinfanterie seien ihren bei den Kämpfen am 25. Okt. erlittenen Verletzungen erlegen, teilte die US-Armee am 26. Okt. mit. Damit steigt die Zahl der seit Anfang Oktober im Irak getöteten US-Soldaten auf 96.
  • In der südirakischen Stadt Muradija nahe Baakuba wurden am 26. Okt. fünf irakische Polizisten bei einer Razzia getötet, als in einem Haus verborgene Aufständische das Feuer auf sie eröffneten. Neun Menschen wurden nach Polizeiangaben verletzt.
  • Im Militärverfahren um die Tötung eines irakischen Zivilisten hat sich ein Marineinfanterist der US-Armee schuldig bekannt. Der Gefreite John Jodka gab bei einer Anhörung am 26. Okt. auf dem kalifornischen Stützpunkt Camp Pendleton zu, sich der schweren Körperverletzung und der Vertuschung einer Straftat schuldig gemacht zu haben. Dafür drohen ihm bis zu 15 Jahre Haft. Der junge Mann schilderte dem Gericht den Hergang der Ereignisse, die im April dieses Jahres zum Tod des 52-jährigen Haschim Ibrahim Awad in der Stadt Hamdania führten. Der Kommandeur seiner Einheit, Feldwebel Lawrence Hutchins, habe ihn und andere Marineinfanteristen aufgefordert, sich seinem Plan anzuschließen, einen ihm bekannten Aufständischen zu entführen und zu töten. Als es so weit gewesen sei, seien sie in die Dunkelheit gelaufen und hätten auf eine Person geschossen, die kaum zu erkennen gewesen sei. Dann habe sich herausgestellt, dass sie den Falschen getötet hätten. Nach einem ersten Geständnis in dem Fall wurde am 20. Okt. der Hauptgefreite Melson Bacos zu zehn Jahren Haft verurteilt. Die Strafe wurde auf ein Jahr reduziert, weil der 21 Jahre alte Angeklagte sich bereit erklärt hatte, gegen Mitangeklagte auszusagen. Das Urteil gegen Jodka soll am 15. November gesprochen werden.
  • Bei schweren Gefechten zwischen der irakischen Polizei und Aufständischen sind in Bakuba nördlich von Bagdad nach US-Militärangaben vom 27. Okt. mindestens 43 Menschen getötet worden. Unter den Toten seien 24 irakische Polizisten. Auch US-Truppen griffen später in die Kämpfe ein. Es waren die heftigsten Gefechte zwischen Rebellen und irakischen Sicherheitskräften seit Tagen. Die Aufständischen, offenbar Anhänger des gestürzten Staatschefs Saddam Hussein, griffen den Angaben zufolge bereits am Morgen des 26. Okt. eine in Bakuba stationierte Polizeieinheit an. Die Polizisten hätten die Schüsse erwidert und seien dabei von US-Truppen unterstützt worden. Neben den 24 Polizisten seien auch 18 Aufständische und eine irakische Zivilperson getötet worden, teilten die US-Streitkräfte mit. 27 der Angreifer seien gefangen genommen worden.
    Das irakische Innenministerium schilderte den Sachverhalt etwas anders als die US-Streitkräfte. Demnach wurden zwölf Polizisten und 19 Aufständische getötet. Auch sei die Polizei von den Rebellen nicht überrascht worden, sondern habe selbst angegriffen. Ein Sprecher des Bagdader Innenministeriums, Brigadegeneral Abdel Karim Chalaf, machte die Aufständischen auch für einen Überfall auf Polizeirekruten am 23. Okt. verantwortlich, bei dem mindestens 15 Menschen getötet und 25 verletzt worden waren.
  • Bei einem Angriff auf einen mit Schiiten besetzten Lieferwagen wurden am 27. Okt. laut Polizeiangaben rund 20 Kilometer östlich von Bakuba vier Menschen getötet und fünf weitere verletzt. Die Schiiten befanden sich auf der Rückfahrt von einer Beerdigung.
  • Nach Meinungsverschiedenheiten über einen Zeitplan für den Irak haben die irakische Regierung und die US-Botschaft in Bagdad eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht. In der ungewöhnlichen gemeinsamen Stellungnahme erklärten sich die beiden Länder am 27. Okt. einig über die Verwirklichung konkreter Ziele, um aus dem Irak einen "demokratischen, stabilen" Staat zu machen. Die Vereinigten Staaten seien "voll und ganz bereit", der irakischen Regierung beim Erreichen der Ziele zu helfen, die diese sich in einem Zeitplan setze. Am 25. Okt. hatte sich Iraks Ministerpräsident Nuri el Maliki verärgert über Berichte gezeigt, seine Regierung habe einem Zeitplan der USA für das Land zugestimmt.
  • Nach dem Disput zwischen den Regierungen in Washington und Bagdad über einem Zeitplan für die Befriedung des Landes hat der irakische Ministerpräsident Nuri el Maliki die politische Eigenständigkeit seiner Regierung betont. "Ich halte mich für einen Freund der Vereinigten Staaten, aber ich bin nicht Amerikas Mann im Irak", sagte Maliki nach Angaben seines Mitarbeiters Hassen Sunaid vom 28. Okt. bei einem Gespräch mit dem US-Botschafter im Irak, Zalmay Khalilzad. "Ich bin vom Volk und vom Parlament gewählt", sagte Maliki dem US-Botschafter. Sicherheitspläne müssten mit ihm abgestimmt werden, und Entscheidungen dürften nicht einseitig gefällt werden.
  • In der irakischen Krisenregion El Anbar starb ein US-Marinesoldat nach einer Auseinandersetzung mit Aufständischen. (AFP, 28. Okt.)
  • Bei neuer Gewalt im Irak sind am 28. Okt. mindestens neun Menschen getötet und 16 verletzt worden. Bei Al-Chales, rund 60 Kilometer nordöstlich von Bagdad, beschossen Unbekannte einen Bus, der Trauergäste von einer Beerdigung im Bagdader Stadtteil Sadr City zurückbrachte. Fünf Menschen starben, ebenso viele erlitten Verletzungen.
    Im Osten der Hauptstadt detonierte ein Sprengsatz und riss einen Iraker in den Tod, sechs weitere wurden verletzt.
    Im Süden Bagdads starben drei Menschen, als mehrere Granaten einschlugen.
  • Im Irak sind am 28. Okt. elf irakische Soldaten verschleppt worden. Wie ein Armeesprecher mitteilte, wurde ihr Bus an einer von Rebellen errichteten Straßensperre gestoppt. Alle Insassen samt Fahrer mussten den Angaben zufolge aussteigen. Seither fehle von ihnen jede Spur. Die in Zivil gekleideten Soldaten hätten Urlaub gehabt und seien auf dem Weg nach Kirkuk gewesen. Unter ihnen seien Kurden und Turkmenen. Der Vorfall ereignete sich dem Sprecher zufolge bei Chalis nahe der Rebellenhochburg Baakuba, etwa 80 Kilometer nördlich von Bagdad. Kirkuk liegt noch rund 170 Kilometer nördlicher.
  • Amerikanische Soldaten haben im Irak nach eigenen Angaben 17 mutmaßliche Aufständische getötet. Das US-Militärkommando in Bagdad teilte am 29. Okt. mit, Piloten der Luftwaffe hätten an einer Hauptstraße nördlich von Bagdad "Terroristen" beobachtet. Bei einem ersten Luftangriff seien vier Verdächtige getötet worden. Ein zweiter Angriff der Amerikaner, an dem auch Bodentruppen beteiligt gewesen seien, hätten mit dem Tod von schätzungsweise 13 weiteren "Terroristen" geendet. US-Soldaten seien nicht verletzt worden.
  • Im Irak sind am 29. Okt. 17 Polizeiausbilder und ihre beiden Übersetzer verschleppt und ermordet worden. Wie aus Polizeikreisen in Basra verlautete, wurden die Leichen der Getöteten wenige Stunden später gefunden. Die Polizisten und ihre Dolmetscher waren demnach in einem Bus zwischen der Polizeischule in Tschajba und der zwölf Kilometer entfernten Stadt Basra unterwegs, als sie in der Ortschaft El Kibla von Bewaffneten gestoppt und gezwungen worden seien, aus dem Bus auszusteigen. Die Ausbilder hätten mit der irakischen Polizei und der britischen Armee zusammengearbeitet.
Montag, 30. Oktober, bis Dienstag, 31. Oktober
  • Die Zahl der im Oktober im Irak getöteten US-Soldaten ist laut AP auf 100 gestiegen (AFP nennt die Zahl 101). Nur drei andere Monate seit Kriegsbeginn im März 2003 waren für die amerikanischen Streitkräfte verlustreicher. Jüngstes Opfer der Kampfhandlungen war ein Marineinfanterist, wie am 30. Okt. mitgeteilt wurde. Er erlag nach Militärangaben den Verletzungen, die er sich am 29. Okt. während eines Gefechts zugezogen hatte.
    Die hohe Opferzahl hat in den USA eine zunehmende Anti-Kriegs-Stimmung ausgelöst. Umfragen zufolge ist eine deutliche Mehrheit mittlerweile unzufrieden mit der Irak-Politik von Präsident George W. Bush.
    Der bislang verlustreichste Monat für die US-Streitkräfte im Irak war November 2004. Damals kamen 137 amerikanische Soldaten ums Leben.
  • Ein irakischer Wissenschaftler ist am 30. Okt. einem Mordanschlag zum Opfer gefallen. Drei Männer erschossen Essam el Rawi vor seinem Haus in Bagdad, wie ein Polizeisprecher mitteilte. El Rawi war Mitglied der Vereinigung Muslimischer Gelehrter im Irak, einer einflussreichen sunnitischen Organisation, die Kontakte zu Aufständischen haben soll. Der Geologieprofessor war auf dem Weg zur Universität, als die Attentäter auf ihn schossen. Dabei kam auch ein Leibwächter ums Leben, ein zweiter wurde verletzt.
  • Der Prozess gegen Saddam Hussein wegen Gräueltaten an Kurden ist am 30. Okt. nach zehntägiger Unterbrechung fortgesetzt worden. Dem ehemaligen irakischen Staatschef und sechs Mitangeklagten werden Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur Last gelegt. Saddam Hussein und ein weiterer Angeklagter stehen außerdem unter der Anklage des Völkermords. Erstmals seit dem 24. September nahmen auch Saddam Husseins Anwälte wieder an dem Prozess teil.
  • Die britische Organisation War on Want hat die Regierung von Tony Blair zu Maßnahmen gegen im Irak tätige private Sicherheitsfirmen und Söldner aufgefordert. John Hilary, zuständig für Kampagnen bei der linksgerichteten Organisation, erklärte am 30.Okt., die Regierung müsse gegen die Menschenrechtsverstöße der "vollständig außerhalb des Gesetzes" operierenden Söldnerarmeen vorgehen. Dazu gehöre auch das Schießen auf irakische Zivilisten. Außerdem müsse untersagt werden, dass sich Söldner an Kampfhandlungen der regulären Truppen beteiligen oder diese unterstützen. In einem Konflikt wie dem im Irak habe die Unterscheidung zwischen Kampfbeteiligung oder Kampfunterstützung keinen Sinn, heißt es in einem von War on Want am Montag vorgelegten Bericht. Vor allem in Kampfsituationen gebe es häufig keinen "erkennbaren Unterschied" zwischen Soldaten und Söldnern.
  • Bei einem Anschlag im Bagdader Armenviertel Sadr City wurden am 30. Okt. 33 Menschen getötet und 59 verletzt. Nach Angaben der Polizei wurde auf einem Markt ein Sprengsatz gezündet, auf dem Tagelöhner auf Arbeit warteten.
  • Die Zahl der im Irak stationierten US-Soldaten hat im Oktober einen neuen Höchststand erreicht. Nach Angaben des Pentagons vom 30. Okt. sind derzeit 150.000 US-Soldaten in dem Land, so viele wie seit den Parlamentswahlen im Januar nicht mehr. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums begründete die Truppenvergrößerung mit dem "sich überschneidenden" Auswechseln von Einheiten. Die US-Armee hatte im Oktober mit mehr als hundert Toten im Irak den verlustreichsten Monat seit mehr als anderthalb Jahren hinnehmen müssen. Zudem gibt es in Washington Befürchtungen, dass das Terrornetzwerk El Kaida die Anschläge im Land verstärken wird, um das Ergebnis der Kongresswahlen in den USA zu beeinflussen. Im Januar waren zeitweise 160.000 US-Soldaten im Irak gewesen.
  • Der irakische Präsident Dschalal Talabani hat vor einem Rückzug der US-Truppen aus seinem Land gewarnt. Ein "sofortiger Rückzug" hätte "katastrophale Auswirkungen", sagte Talabani der französischen Zeitung "Le Figaro" (Ausgabe vom 31. Okt.). An einen Abzug könne erst gedacht werden, "wenn die irakischen Sicherheitskräfte bereit sind, alleine die Herausforderung der Aufrechterhaltung der Ordnung zu stemmen". Bis dahin könne sich die Diskussion nicht auf einen Zeitplan für den US-Abzug konzentrieren, "sondern auf die Ziele für die irakischen Streitkräfte" bei der Aufgabe, die Sicherheit in den Regionen des Iraks aus eigener Kraft zu garantieren.
  • Premierminister Tony Blair droht die Einsetzung einer Untersuchungskommission zur Beteiligung Großbritanniens am Irak-Krieg. Das Unterhaus sollte am 31. Okt. über einen Antrag der schottischen und walisischen Nationalisten-Parteien abstimmen, wonach eine Kommission umgehend untersuchen soll, wie es zur britischen Beteiligung an dem Krieg kam. Blair lehnt eine Untersuchung ab, solange britische Truppen im Irak stationiert sind. Einige Abgeordnete aus Blairs Labour-Partei, die gegen die Teilnahme an der US-geführten Irak-Invasion im März 2003 waren, könnten dem Antrag der Opposition nach Medienberichten jedoch zustimmen. Die Labour-Partei verfügt im Unterhaus in London über eine Mehrheit von 62 Sitzen.
  • Die Regierung von Premierminister Tony Blair ist einem Untersuchungsausschuss zur britischen Beteiligung am Irak-Krieg mit knapper Mehrheit entgangen: Das Unterhaus lehnte einen Antrag der schottischen und walisischen Oppositionsparteien am 31. Okt. mit 298 zu 273 Stimmen ab, also mit einer Mehrheit von 25 Stimmen. In einer hitzigen Diskussion vor der Abstimmung sagte Außenministerin Margaret Beckett, eine Niederlage der Regierung könne als Schwäche ausgelegt werden und die britischen Soldaten im Irak in Gefahr bringen.
  • Aus Protest gegen eine Sicherheitsoffensive der irakischen und amerikanischen Streitkräfte haben schiitische Milizionäre am 31. Okt. Teile des Bagdader Armenviertels Sadr City abgeriegelt. Die Aktion werde so lange fortgesetzt, "«bis die Belagerung aufgehoben wird", erklärte ein Sprecher der Mahdi-Miliz des radikalen Geistlichen Muktada al Sadr. Der irakische Ministerpräsident Nuri al-Maliki ordnete noch am Dienstag die Aufhebung von Kontrollposten an, die die Streitkräfte in der vergangenen Woche bei der Suche nach einem vermissten US-Militärmitarbeiter um Sadr City errichtet hatten. Alle Absperrungen und Kontrollposten um Sadr City und in anderen Teilen Bagdads müssten bis zum Nachmittag aufgehoben werden, erklärte Al-Maliki. Solche Maßnahmen sollten nur in den Nachtstunden oder im Notfall gelten. Gemeinsame Sicherheitsaktionen mit den US-Streitkräften würden aber fortgesetzt.
  • Vier Monate nach der Tötung des El-Kaida-Führers im Irak, Abu Mussab el Sarkawi, hat die irakische Armee dessen persönlichen Fotografen gefasst. Chaled el Hajani sei vor vier Tagen in der Stadt Baakuba festgenommen worden, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Ibrahim Schaker, am 31. Okt. in Bagdad. Dabei seien wichtige Dokumente und Videos sichergestellt worden. Das etwa 60 Kilometer nördlich von Bagdad gelegene Baakuba gilt als Hochburg der sunnitischen Aufständischen. Sarkawi war im Juni bei einem US-Luftangriff umgekommen.
  • Bei einer Massenentführung im Irak sind rund 40 Menschen verschleppt worden, meldete dpa am 31. Okt. Laut Polizei errichteten Extremisten 40 Kilometer nördlich von Bagdad Straßensperren. Sie stoppten Autos und Minibusse, die auf dem Weg nach Balad und Dudschail waren. Alle Schiiten seien von den Kidnappern verschleppt worden. Angehörige anderer Konfessionen ließen die Extremisten sofort wieder frei. Ähnliche Überfälle hatte es in der gleichen Region bereits mehrfach gegeben. Dabei wurden die Entführungsopfer später ermordet.
  • US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hat am 31. Okt. einen Plan zur weiteren Aufstockung der irakischen Sicherheitskräfte gebilligt. Vor Reportern in Washington nannte Rumsfeld aber keine genaue Zahlen. Nach Empfehlungen des Oberkommandierenden der multinationalen Truppen im Irak, US-General George Casey, soll die Zahl der irakischen Sicherheitskräfte auf mehr als 325.000 steigen, deren Ausbildung zudem beschleunigt werden soll. Seines Wissens sei auch die irakische Regierung mit dem Plan einverstanden, sagte Rumsfeld.


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