Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Irak: Chronik wichtiger Ereignisse

Juli 2006

Samstag, 1. Juli, bis Sonntag, 2. Juli
  • Bei einem Bombenanschlag im Irak sind am 1. Juli mindestens 45 Menschen ums Leben gekommen und 41 verletzt worden, wie die Behörden mitteilten. Der Sprengsatz war in einem geparkten Auto auf einem Markt im schiitischen Stadtteil Sadr City versteckt worden. Rund ein Dutzend weitere Fahrzeuge wurden bei der Explosion zerstört, 22 Geschäfte und Marktstände gingen in Flammen auf, wie die Polizei mitteilte.
  • Bewaffnete entführten am 1. Juli in Bagdad eine sunnitische Abgeordnete des Parlaments und ihre Leibwächter. Der sunnitische Abgeordnete Mohammed al Daeni sagte, Tajsir Maschhadani sei mit drei Fahrzeugen aus der östlichen Provinz Dijala nach Bagdad gekommen, um am Sonntag an der Parlamentssitzung teilzunehmen. Ihr Konvoi sei von Bewaffnete mit mindestens sieben Fahrzeugen gestoppt worden.
  • In seiner zweiten Tonbandbotschaft binnen zwei Tagen hat Terroristenführer Osama bin Laden den Schiiten im Irak einen "Völkermord" an den Sunniten vorgeworfen und mit Vergeltung gedroht. "Die unbewaffneten Moslems im Zweistromland erleiden eine Völkermordkampagne", hinter der "neidische und verräterische Banden" steckten, sagte die Stimme in der Aufzeichnung, die am 2. Juli im Internet veröffentlicht und bin Laden zugeschrieben wurde. Knapp einen Monat nach dem Tod des Terroristenführers Abu Mussab el Sarkawi im Irak beklagte dessen Frau "Verrat" an ihrem Mann. Um die Lage im Irak zu stabilisieren, müssten als erstes "die bewaffneten Kreuzfahrer" mit Gewalt vertrieben und dann die Anführer der schiitischen Parteien bestraft werden, hieß es in der Aufnahme, die Bin Laden zugeschrieben wurde. Die Regierung irakische Regierung von Nuri el Maliki bezeichnete er als "verbrecherisch und abtrünnig". Die Parteien hätten die irakische Bevölkerung "angelogen, indem sie gesagt haben, dass die Beteiligung am politischen Prozess das Mittel ist, um die Besatzer zu vertreiben".
  • Bei einem Autobombenanschlag sind im Irak mindestens zwei Menschen getötet und sieben weitere verletzt worden. Der Sprengsatz ging am Morgen des 2. Juli im Karrada-Viertel im Zentrum der irakischen Hauptstadt Bagdad hoch, wie die Sicherheitskräfte mitteilten. Die Opfer seien allesamt Zivilisten.
  • Papst Benedikt XVI. hat am 2. Juli zu einer friedlichen Koexistenz der Völker im Irak und im Heiligen Land aufgerufen. Er sei zunehmend besorgt über die Gewalt in diesen Gebieten, sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche in seiner wöchentlichen Rede auf dem Petersplatz in Rom. Nötig seien Gerechtigkeit und ein ernsthaftes, glaubwürdiges Streben nach Frieden, erklärte der Papst.
  • Zwei Rebellengruppen im Irak haben am 5. Juli dem Versöhnungsplan der Regierung eine Absage erteilt. Ein Sprecher des Islamischen Heeres sagte dem Fernsehsender Al Dschasira, die Iraker behielten sich das Recht vor, die Besatzer zu bekämpfen. Einem Plan, der zur Einstellung der Gewalt aufrufe, könne man nicht zustimmen. Wenn die Amerikaner es ernst meinten, sei man zu Verhandlungen bereit, allerdings nur als gleichberechtigter Gesprächspartner, sagte der Sprecher Ibrahim al Schammari weiter. Auch ein Sprecher der Revolutionären Brigade 1920 wies die Initiative von Ministerpräsident Nuri al-Maliki zurück. Der Regierungschef habe in seinem Plan die Besatzung nicht erwähnt, sagte der Sprecher. Daher sei eine Zustimmung unmöglich. Die Regierung sei nur eine Marionette der Vereinigten Staaten. Al-Maliki hatte vor einer Woche seinen 24 Punkte umfassenden Plan vorgestellt, der auch eine Amnestie für Aufständische vorsieht, die der Gewalt abschwören.
Montag, 3. Juli, bis Sonntag, 9. Juli
  • Bei einem Autobombenanschlag sind im Irak am 3. Juli mindestens fünf Menschen getötet und 28 weitere verletzt worden. Der Sprengsatz ging am Morgen in Mossul hoch, wie aus Sicherheitskreisen verlautete. Der Anschlag habe einer Polizeipatrouille gegolten. Unter den Toten seien vier Zivilisten und ein Polizist. Das mit dem Sprengsatz präparierte Auto habe im Viertel El Dschasair am Straßenrand gestanden.
  • In Mahmudija starben bei einem Anschlag am 3. Juli weitere sieben Menschen, zahlreiche Iraker wurden verletzt.
  • Aufständische haben im Irak zwei amerikanische Soldaten getötet. Wie das US-Militärkommando am 3. Juli mitteilte, starb einer von ihnen bei einem Angriff in der westlichen Anbar-Provinz. Ein zweiter Soldat kam ums Leben, als nördlich von Bagdad ein Sprengsatz neben seinem Fahrzeug explodierte.
    Wie die Armee erst am 3. Juli mitteilte, hatten US-Soldaten am Wochenende im Zentrum von Bagdad einen Aufständischen getötet und 15 Verdächtige gefangen genommen, nachdem die Soldaten unter Beschuss geraten waren.
  • Im Irak sind am 3. Juli die Leichen von insgesamt elf Mordopfern entdeckt worden. In Makdadija nordöstlich von Bagdad lagen fünf getötete irakische Soldaten auf der Straße. Die Leichen von zwei weiteren Soldaten und vier nicht identifizierten Menschen wurden in anderen Landesteilen gefunden. Ein ehemaliger US-Soldat ist wegen Mordes an vier Mitgliedern einer irakischen Familie angeklagt worden. Steven Green soll zusammen mit drei Kameraden eines der weiblichen Opfer zuvor vergewaltigt haben, wie das US-Justizministerium am 3. Juli mitteilte. Laut Anklage drangen die vier Soldaten in ein Haus nahe der Stadt Mahmudija südlich von Bagdad ein und erschossen einen Mann, eine Frau und ein Mädchen. Anschließend soll Green an der Vergewaltigung einer weiteren Frau beteiligt gewesen sein und diese dann ebenfalls erschossen haben. Green war am Freitag festgenommen worden.
  • Mit einem letzten demonstrativen Mahl vor dem Weißen Haus haben am 3. Juli mehrere Dutzend Friedensaktivisten den Beginn eines landesweiten Hungerstreiks für eine Rückkehr der US-Truppen aus dem Irak eingeläutet, den auch eine Reihe von Hollywoodstars unterstützt. Vor dem Zaun des Amtssitzes von US-Präsident George W. Bush breiteten sie ein rosa Tuch aus und verzehrten gemeinsam die von der Gruppe "Essen statt Bomben" gelieferte Mahlzeit aus Reis, schwarzen Bohnen und Linsen. An dem letzten Mahl beteiligten sich unter anderem die prominente Aktivistin Cindy Sheehan, die frühere Offizierin Ann Wright und die bekannte Umweltschützerin Diane Wilson. An dem pünktlich zum amerikanischen Unabhängigkeitstag beginnenden Hungerstreik wollten sich nach Angaben der Organisatoren mehr als 3000 Menschen in den USA und 17 weiteren Ländern beteiligen, unter ihnen auch die Schauspieler Sean Penn, Susan Sarandon und Danny Glover sowie die Schriftstellerin Alice Walker. Die meisten planen, sich nach 24-stündigem Fasten abzuwechseln, andere wollten bis zum Ende der Aktion nichts mehr essen.
  • Der stellvertretende irakische Energieminister Raed al Hares ist am 4. Juli entführt, nach mehreren Stunden aber wieder freigelassen worden. Mit ihm wurden elf Leibwächter verschleppt, wie die Polizei mitteilte. Bewaffnete in Tarnuniformen hätten den Konvoi des schiitischen Politikers im Bagdader Stadtteil Talbija angehalten. Zusammen mit ihren Geiseln seien die Täter in neun Geländewagen geflüchtet. Das Energieministerium gab am Abend die Freilassung des Politikers bekannt, nannte aber keine Einzelheiten.
  • Mehrere Anschläge haben am 5. Juli im Irak mindestens acht Menschen das Leben gekostet. In Mossul wurden ein Polizist und eine Zivilperson bei der Explosion einer Autobombe getötet, vier Personen wurden verletzt. Ziel des Anschlags war eine Polizeipatrouille.
  • In einem Busdepot im Zentrum von Bagdad riss am 5. Juli die Explosion einer Bombe zwei Menschen in den Tod, zehn weitere wurden verletzt. Die Busse bringen in erster Linie Fahrgäste in das schiitische Viertel Sadr City. Im Stadtteil Dora wurde ein Angestellter der dortigen Raffinerie erschossen. Ein Mitarbeiter des Innenministeriums erlitt schwere Verletzungen, als Bewaffnete das Feuer auf seinen Wagen eröffneten.
  • Im Südwesten der Hauptstadt schossen am 5. Juli Unbekannte aus einem fahrenden Auto heraus auf eine schiitische Familie. Ein zwölfjähriger Junge kam ums Leben, sein Bruder und zwei weitere Angehörige wurden verwundet.
    Im Osten von Bagdad wurde ein Zivilist bei einem Bombenanschlag auf eine Polizeipatrouille getötet, vier Menschen erlitten Verletzungen.
    Auf einem Basar in der Innenstadt explodierte ein in einer Tasche versteckter Sprengsatz. Sieben Menschen wurden verletzt.
  • In Kirkuk im Nordirak wurden am 5. Juli Angestellte eines privaten Sicherheitsdienstes zum Ziel eines Anschlags. Der Sprengsatz war am Straßenrand versteckt. Ein Mensch kam ums Leben, drei weitere wurden verletzt.
  • In der Stadt Ramadi durchsuchten irakische und amerikanische Soldaten ein Krankenhaus. Das Gebäude sei von Aufständischen als Unterschlupf genutzt worden, erklärten die Streitkräfte am 5. Juli. Von dort aus seien auch Anschläge ausgeführt und koordiniert worden.
  • Nach Vergewaltigungs- und Mordvorwürfen gegen einen US-Soldaten im Irak strebt die Regierung in Bagdad eine eigene unabhängige Untersuchung an. Die Immunität, die die Koalitionstruppen gegenüber der irakischen Strafverfolgung genössen, müsse auf den Prüfstand, erklärte Ministerpräsident Nuri al-Maliki am 5. Juli bei einem Besuch in Kuwait. Der Irak fordere eigene Ermittlungen oder zumindest eine Beteiligung an den Untersuchungen der Koalitionsstreitkräfte.
  • Für seinen Plan zur nationalen Versöhnung hat der irakische Regierungschef Nuri el Maliki nach eigenen Angaben die Unterstützung von Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Kuwait bekommen. Zum Abschluss seines Besuchs der drei Golfstaaten sagte Maliki am 5. Juli in Kuwait-Stadt, die jeweiligen sunnitischen Monarchien könnten auch ihren Einfluss auf die Sunniten im Irak geltend machen.
  • Bei einem Autobombenanschlag in der irakischen Pilgerstadt Kufa sind am 6. Juli zwölf Menschen getötet worden. Unter den Todesopfern waren auch acht Iraner, teilte die Gesundheitsbehörde der Provinz Nadschaf mit. Nach Angaben der Gesundheitsbehörden wurden auch vier Iraker getötet. 37 Menschen seien verletzt worden, darunter 22 Iraner, als die Bombe in der Nähe eines Kleinbuses explodierte. Der Ort in der irakischen Provinz Nadschaf ist eine beliebte schiitische Pilgerstätte. Bislang war es in der Stadt weitgehend ruhig.
  • In Bagdad wurden vom 5. auf den 6. Juli binnen 24 Stunden 35 Leichen gefunden. Im Irak werden Tag für Tag Leichen von erschossenen oder enthaupteten Menschen gefunden.
  • Im Süden Bagdads wurden am 6. Juli eine Frau und ein Mann bei einem Granatenangriff auf eine Polizeiwache getötet. Ein ehemaliger Richter wurde von Unbekannten am Steuer seines Wagens getötet.
  • In der Region Kirkuk starben am 6. Juli sechs Menschen bei Gewalttaten.
  • Die irakische Regierung will die Immunität für ausländische Soldaten im Land überprüfen. Dies kündigte Ministerpräsident Nuri el Maliki am 6. Juli in Bagdad an. Eine weitere Möglichkeit sei die Beteiligung von Irakern an den Ermittlungen gegen ausländische Truppen im Land. In der Vergangenheit waren verstärkt Mord- und Vergewaltigungsvorwürfe gegenüber US-Soldaten laut geworden. Das irakische Volk könne diese "brutalen Verbrechen nicht mehr länger tolerieren", sagte Maliki. Die US-Justiz hatte am 3. Juli Anklage gegen den ehemaligen Soldaten Steven Green erhoben, der im März nahe der Stadt Mahmudija eine junge Irakerin vergewaltigt und sie später - ebenso wie drei weitere Mitglieder ihrer Familie, darunter ein fünfjähriges Mädchen - getötet haben soll. Sollte Green wegen Mordes verurteilt werden, droht dem 21-Jährigen die Todesstrafe.
    Der wegen Vergewaltigung und mehrfachen Mordes an irakischen Zivilisten angeklagter früherer US-Soldat hat auf nicht schuldig plädiert. Der 21-jährige Steven Green erschien am 6. Juli vor einem Bundesgericht in Louisville im US-Bundesstaat Kentucky, seine Stellungnahme wurde von seinem Pflichtverteidiger verlesen. Green soll Mitte März eine etwa 25 Jahre alte Irakerin vergewaltigt und erschossen sowie drei Mitglieder ihrer Familie getötet haben.
  • Der russische Präsident Wladimir Putin hat sich seine Machtbefugnisse in der Terrorismusbekämpfung erweitern lassen. Künftig kann der Präsident ohne Rücksprache Sondereinsatzkräfte ins Ausland entsenden, wie das russische Oberhaus am 7. Juli einstimmig beschloss. Putin hatte Ende Juni gefordert, Geheimdienstbeamte in den Irak zu schicken, um die Verantwortlichen für den Tod von vier russischen Diplomaten zu "liquidieren".
  • Bei einer Serie von Anschlägen auf sunnitische und schiitische Gläubige während der Freitagsgebete sind am 7. Juli im Irak erneut mindestens 17 Menschen getötet und mehr als 50 verletzt worden. Die Anschläge richteten sich gegen vier sunnitische Moscheen im Großraum von Bagdad sowie ein schiitisches Gotteshaus in der nordirakischen Stadt Sindschar.
    In Bagdad wurde außerdem ein sunnitischer Geistlicher entführt, wie der Leiter der für sunnitische Moscheen und Heiligtümer zuständigen Behörde, Ahmed Abdul Ghafur al Samaraie, sagte. In einer Predigt forderte er die Regierung auf, die schiitischen Milizen aufzulösen, die für viele Bluttaten gegen Sunniten verantwortlich gemacht werden. Seit dem Sturz Saddam Husseins im April 2003 seien 181 sunnitische Imame getötet worden, sagte Al Samaraie.
  • Die USA wollen bis Ende des Jahres in der Hälfte der 18 irakischen Provinzen die Kontrolle der Sicherheit an die Iraker übergeben. Der Militärvertreter Kurt Chichowski sagte am 7. Juli in einer Videokonferenz im Irak, die US-geführten Koalitionsstreitkräfte wollten weiterhin eine Beobachterrolle übernehmen und Sicherheitskräfte ausbilden, doch die Verantwortlichkeit für die Sicherheit werde an die Iraker übergeben. Dies solle "hoffentlich bis Ende des Jahres für annähernd die Hälfte der Provinzen geschehen". Die erste Region soll demnach die südliche Provinz Muthana sein, wo sich derzeit 1.400 Soldaten der US-geführten Koalitionstruppen aufhalten.
  • Ranghohe Mitglieder des United States Marine Corps, das als Elitestreitkraft der US-Armee gilt, haben einem Zeitungsbericht zufolge bei der Untersuchung eines mutmaßlichen Massakers im Irak geschlampt. Generalleutnant Peter Chiarelli, der zweithöchste US-Kommandeur im Irak, sei zu dem Schluss gekommen, dass zwei Offiziere der "Marines" ihre Pflichten verletzt hätten, berichtete die US-Tageszeitung "New York Times" ("NYT") am 8. Juli unter Berufung auf zwei Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums in Washington. Generalmajor Richard Huck, der im Irak eine Division kommandiert, und Oberst Stephen Davis hätten Widersprüche und Ungenauigkeiten in einem ersten Bericht nicht untersucht.
  • Bei Kämpfen im Westirak wurden nach amerikanischen Angaben am 8. Juli drei US-Marineinfanteristen getötet. Das Gefecht habe in der überwiegend sunnitisch bewohnten Provinz Anbar stattgefunden, teilten die US-Streitkräfte am 9. Juli in Bagdad mit.
  • Ein Massaker von vermutlich schiitischen Milizionären an Sunniten hat die Spannungen im Irak am Sonntag drastisch verschärft. Mindestens 41 Menschen wurden dabei getötet. Die Bewaffneten stoppten nach Angaben der Polizei und von Augenzeugen im berüchtigten Bagdader Stadtteil Dschihad Fahrzeuge oder griffen Fußgänger von der Straße auf. Wer anhand seines Namens als Sunnit identifiziert werden konnte, wurde erschossen. Es handele sich offenbar um einen Racheakt für einen Autobombenanschlag auf eine schiitische Moschee am Tag zuvor, bei dem es zwei Tote gab. Irakische und US-Truppen riegelten das Gebiet ab. In verschiedenen Straßen wurden zunächst 41 Leichen entdeckt. Nach weiteren Opfern wurde noch gesucht, wie Polizeisprecher Maitham Abdul Rassak mitteilte. Die US-Truppen verhängten per Lautsprecherdurchsagen ein zweitägiges Ausgehverbot in dem Stadtteil, wie Augenzeugen berichteten. Der stellvertretende irakische Ministerpräsident Salam Sikam Ali al Subaie, ein Sunnit, machte die irakischen Sicherheitskräfte für dieses "hässliche Massaker" verantwortlich. Es wird vermutet, dass die Sicherheitskräfte von schiitischen Milizionären unterwandert sind, die für die jüngste Welle der Gewalt verantwortlich sind.
  • Die Pipeline vom Nordirak zum türkischen Hafen Ceyhan wurde für Reparaturarbeiten geschlossen, wie Ölminister Hussein al Schahristani am 9. Juli mitteilte. Die Öllieferungen würden in zwei bis drei Tagen wieder aufgenommen, erklärte er.
  • Im Zusammenhang mit dem grausamen Tod einer irakischen Familie in Muhmadija sind drei weitere US-Soldaten der Vergewaltigung und des Mordes beschuldigt worden. Nach Angaben der US-Streitkräfte vom 9. Juli gehören die Männer der früheren Einheit des Exsoldaten Steven Green an, der bereits in der vergangenen Woche in den USA wegen Verdachts auf Mord und Vergewaltigung inhaftiert wurde. Green soll gemeinsam mit weiteren Soldaten eine junge Irakerin vergewaltigt und getötet haben. Schon vorher soll er drei Mitglieder ihrer Familie erschossen haben. Ein fünfter Angehöriger der Einheit wird der Pflichtvernachlässigung beschuldigt. Ihm werde vorgeworfen, dass er das Verbrechen nicht gemeldet habe, erklärten die US-Streitkräfte im Irak. Alle vier beschuldigten Soldaten müssten sich einer Anhörung vor einem Militärgericht stellen. Eine solche Anhörung dient dazu, festzustellen, ob genug Beweise für einen Prozess vorliegen.
  • Drei im Irak verschleppte Ägypter sind am 9. Juli freigelassen und nach Kuwait gebracht worden, wie der kuwaitische Fernsehsender AlRai meldete. Die ägyptische Botschaft in Kuwait habe sich um die Freilassung der drei bemüht, hieß es. Sie waren dem Sender zufolge in der südirakischen Stadt Basra gefangen gehalten worden. Die drei arbeiten für eine ägyptische Firma. Zu den Entführern machte AlRai keine Angaben.
Montag, 10. Juli, bis Sonntag, 16. Juli
  • Beim Prozess gegen den gestürzten irakischen Staatschef Saddam Hussein und sieben Mitangeklagte hat es einen neuen Eklat gegeben. Ein Großteil der Anwälte boykottierte am 10. Juli die Schlussplädoyers der Verteidigung, um gegen die Ermordung von Saddam Husseins Anwalt Chamis al Obeidi im vergangenen Monat zu protestieren. Der frühere Machthaber selbst teilte dem Gericht schriftlich mit, er werde keine Abschlusserklärung abgeben, da es sich um einen illegalen Prozess handele. Jeder habe Angst um sein Leben, sagte Verteidiger Nadschib al Nueimi per Telefon aus Katar. Die Anwälte würden erst in den Gerichtssaal zurückkehren, wenn ihre Sicherheit gewährleistet sei. Der oberste Richter Rauf Abdel Rahman wies die Forderungen zurück und erklärte, das Gericht habe Ersatzanwälte eingesetzt.
    Bei der Sitzung am 10. Juli traten jedoch nur die nachrangigen Angeklagten Ali Dajih und Mohammed Asawi mit ihren Verteidigern auf. Beide wiesen alle gegen sie erhobenen Anschuldigungen zurück. Nach ihrer Abschlusserklärung wurde der Prozess auf den 11. Juli vertagt.
  • Die Terrororganisation El Kaida hat am 11. Juli ein Video mit den Leichen der beiden im Irak entführten und getöteten US-Soldaten Kristian Menchaca und Thomas Tucker im Internet veröffentlicht. Der Film werde aus Rache für das 15-jährige Mädchen veröffentlicht, das von einem US-Soldaten der gleichen Division vergewaltigt und mit ihrer Familie getötet worden war, hieß es in einem Vorspann der El-Kaida-geführten Gruppe Mudschahedin El Schura. Die verstümmelten Toten würden "zur Freude der Gläubigen" gezeigt.
  • Die Sicherheitslage im Irak ist weiter so angespannt, dass es keinen Zeitplan für den Abzug der US-Truppen gibt. Wie US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld am 12. Juli während des Fluges von Afghanistan nach Irak sagte, ist die irakische Regierung noch nicht in der Lage, über kritische Sicherheitsfragen zu entscheiden, von denen die Einleitung eines amerikanischen Truppenabzugs abhängt. Die irakische Regierung bemühe sich derzeit, Sunniten und Schiiten zu versöhnen und ihre politische Basis zu vergrößern, sagte Rumsfeld bei einem unangekündigten Besuch auf einem US-Stützpunkt nördlich von Bagdad.
  • Bei einem Selbstmordanschlag in Bagdad wurden am 12. Juli in einem Restaurant sieben Menschen getötet und 31 verletzt, wie die Polizei mitteilte. Im Norden der Stadt griffen Aufständische eine Bushaltestelle an und entführten mindestens 17 Menschen. Nach Angaben eines schiitischen Abgeordneten wurden bei dem Angriff 50 bis 60 Schiiten entführt.
  • Der ehemalige irakische Staatschef Saddam Hussein hat einen weiteren Hungerstreik begonnen. Saddam und drei weitere ehemalige Führungsmitglieder seines Regimes protestierten gegen ihre Behandlung durch das Sondertribunal und den ihrer Meinung nach mangelhaften Schutz ihrer Verteidiger, berichtete der US- Nachrichtensender CNN am 12. Juli unter Berufung auf die US-Armee in Bagdad. Danach lehnt der 69-Jährige seit dem 7. Juli alle Mahlzeiten ab und trinkt nur noch Kaffee mit Zucker sowie Wasser mit Nährstoffzusätzen. Es handelt sich um den dritten Hungerstreik, den Saddam und andere Angeklagte seit Beginn ihres Verfahrens unternommen haben.
  • Wenige Stunden nach der Entführung von bis zu 80 Schiiten in Mokdadija nördlich von Bagdad hat die irakische Armee die Leichen von 22 Entführten gefunden. Die Leichen wurden nach Militärangaben unweit der Bushaltestelle von Mokdadija entdeckt, wo die Schiiten entführt worden waren. "Es handelt sich um Schiiten, die am selben Morgen entführt wurden", sagte ein Armeesprecher. Die Getöteten waren alle erschossen worden. Die Entführung in Mokdadija wurde von der Vereinten Irakischen Allianz, einem Zusammenschluss schiitischer Parteien, auch im Parlament angesprochen. Es sei ein "trauriger Schlag" gegen die Sicherheitspolitik der Regierung, dass die Schiiten entführt wurden, sagte der Abgeordnete Dschalal Eddin el Saghir. Er bezichtigte die Polizei in dem mehrheitlich von Sunniten bewohnten Gebiet um Mokdadija der Komplizenschaft. Der Abgeordnete verwies darauf, dass die Polizei sich kurz vor der Entführung aus dem Bereich zurückgezogen habe.
  • Die irakischen Sicherheitskräfte haben am 13. Juli die Kontrolle in der relativ friedlichen Provinz Muthanna im Süden des Landes von den internationalen Truppen übernommen. "Dies ist ein bedeutender Tag in der irakischen Geschichte", sagte Ministerpräsident Nuri Al-Maliki während des feierlichen Akts in der Provinzhauptstadt Samawa.
    Die japanischen Streitkräfte hatten in der vergangenen Woche mit dem Abzug ihrer etwa 600 Soldaten aus Samawa begonnen, die im Rahmen einer humanitären Mission im Einsatz waren.
  • Ein Selbstmordattentäter raste am 13. Juli in der irakischen Stadt Abu Sayda auf einem Motorrad in ein Verwaltungsgebäude und sprengte sich dort in die Luft. Sechs Polizisten wurden mit in den Tod gerissen. Der Ratsvorsitzende und zwei weitere Menschen wurden verletzt, hieß es in Sicherheitskreisen.
  • Im Norden des Landes griffen Aufständische am 13. Juli eine Polizeistreife in der Nähe einer Ölgesellschaft an. Dabei kamen drei Polizisten ums Leben, acht weitere wurden verletzt.
  • US-Soldaten töteten nach eigenen Angaben am 13. Juli einen mutmaßlichen Terroristen und nahmen 21 weitere fest.
  • Am Nachmittag des 13. Juli stürzte im Südwesten von Bagdad ein amerikanischer Hubschrauber ab. Die beiden Piloten hätten überlebt, hieß es in Militärkreisen. Die Ursache des Absturzes wurde zunächst nicht bekannt.
  • Zusätzlich zu den schon bereit gestellten Mitteln von 290 Milliarden Dollar könnte der Irak-Krieg den USA bis zum Jahre 2016 nochmal bis zu 400 Milliarden Dollar kosten. Die US-Haushaltsbehörde CBO geht in ihren Berechnungen von zwei Szenarien aus: Bei einem Ende des Einsatzes im Jahre 2009 und bei einer Reduzierung der Truppenstärke von heute rund 190.000 auf 140.000 im kommenden Jahr und einem weiteren deutlichen Rückzug in den folgenden Jahren kostet der Einsatz demnach zusätzlich 202 Milliarden Dollar. (AFP, 14. Juli)
  • Die frühere CIA-Agentin Valerie Plame hat wegen ihrer Enttarnung Klage gegen US-Vizepräsident Dick Cheney eingereicht. Die Klage vor dem Bundesgericht in Washington richte sich auch gegen Cheneys früheren Stabschef Lewis Libby und den früheren Präsidentenberater Karl Rove, erklärten Plame und ihr Ehemann, der frühere US-Botschafter Joseph Wilson. Das Ehepaar wirft den Regierungsmitarbeitern vor, Plames Identität an die Presse verraten zu haben. Sie hätten Wilson damit für seine Kritik an der Irak-Politik der US-Regierung bestrafen wollen. Wilson hatte vor dem Irak-Krieg öffentlich die Argumentation der US-Regierung in Frage gestellt, wonach der Irak im afrikanischen Staat Niger Uran zum Bau einer Atombombe erwerben wollte. Die Enttarnung von CIA-Agenten wird in den USA als Verbrechen geahndet. Die US-Justiz versucht seit Dezember 2003 herauszufinden, wer der Presse die Identität Plames verraten hat. In der Geheimdienstaffäre ist bislang nur Cheneys früherer Stabschef Libby angeklagt. Er ist wegen Falschaussage, Behinderung der Justiz und Meineid angeklagt. Ihm drohen bis zu 30 Jahre Haft. (AFP, 14. Juli)
  • Bei mehreren Anschlägen im Irak sind am 14. Juli mindestens 20 Menschen getötet worden. In der Nähe der nordirakischen Stadt Kirkuk überfielen Aufständische eine Kontrollstelle der Armee und erschossen nach Polizeiangaben 13 Soldaten.
    Bei einem Bombenanschlag auf eine sunnitische Moschee in Bagdad wurden sieben Menschen getötet und fünf verletzt.
  • Die schiitischen Geistlichen verurteilten in ihren Freitagsgebeten am 14. Juli die israelischen Luftangriffe auf Libanon. Mehrere tausend Menschen demonstrierten im schiitischen Stadtteil Sadr gegen Israel. Zu Protesten kam es auch in den Städten Kut und Amarah südöstlich von Bagdad.
  • Der Chef des irakischen Olympischen Komitees und mindestens 30 Mitarbeiter sind in Bagdad verschleppt worden, wie die Polizei am 15. Juli berichtete. Die Angreifer hätten die Büros in einem Kulturzentrum der irakischen Hauptstadt gestürmt und Ahmed al Hidschija sowie seine Mitarbeiter entführt, sagte Polizeisprecher Thair Mahmud. Die Bewaffneten hätten Polizeiuniformen getragen.
  • US-Präsident George W. Bush hat es bei seinem russischen Kollegen Wladimir Putin mit einer ausgefallenen Lektion in Sachen Demokratie versucht. Natürlich sei es falsch zu "erwarten, dass Russland genauso aussieht wie die USA", begann Bush am 15. Juli nach einem Treffen mit Putin in St. Petersburg vor Journalisten seine Erörterungen. Er habe Putin gegenüber aber über sein Bestreben gesprochen "institutionelle Veränderungen in einigen Teilen der Welt zu fördern, wie im Irak, wo es eine freie Presse und Religionsfreiheit gibt, und ich habe ihm gesagt, viele Menschen in meinem Land würden gerne sehen, dass Russland das Gleiche macht". Darauf erwiderte Putin unter dem Gelächter der Journalisten trocken: "Ich sage Ihnen ganz ehrlich, so eine Demokratie wie im Irak wollen wir ganz bestimmt nicht."
    Einen Tag nach der Entführung des Chefs des irakischen Nationalen Olympischen Komitees, Ahmed al Hija, und etwa 30 seiner Kollegen gibt es noch immer keine Nachricht von den Entführern. Etwa 60 Angreifer in Uniform hatten eine NOK-Sitzung gestürmt und einen Leibwächter von Al Hija erschossen. Das Motiv der Entführung ist unklar.
  • Bei einem neuen Selbstmordanschlag im Irak sind am 16. Juli mindestens 23 Menschen getötet worden. Der Attentäter hatte sich nach ersten Berichten in einem Café in einer Stadt 180 Kilometer nördlich in die Luft gesprengt. Bei den Opfern handle es sich um Zivilisten. Zuvor waren bei mehreren Anschlägen nach Polizeiangaben mindestens 35 Menschen ums Leben gekommen.
  • Im Süden von Bagdad starb am 16. Juli ein US-Soldat bei einem Bombenanschlag. Das teilte die US-Armee mit, ohne Einzelheiten zu nennen. Damit erhöht sich die Zahl der getöteten US-Militärs und dazugehörigen Personals seit dem Einmarsch im Irak auf 2.546.
Montag, 17. Juli, bis Sonntag, 23. Juli
  • Bei einem Anschlag auf einen Marktplatz südlich von Bagdad sind am 17. Juli mindestens 48 Menschen getötet worden. Mindestens 46 weitere wurden nach Angaben aus irakischen Sicherheitskreisen in der Stadt Mahmudijah verletzt, als die Angreifer eine Autobombe zündeten und anschließend das Feuer auf die Menschen eröffneten. Bis zu einhundert Bewaffnete schossen mit Maschinenpistolen aus mehreren Autos heraus auf die Menge. Unter den Opfern waren nach Klinikangaben viele Frauen und Kinder.
  • Die Türkei hat mit einem Einmarsch ihrer Armee in den Norden des Nachbarlands Irak gedroht. Regierungssprecher Cemil Cicek sagte nach einer Kabinettssitzung am 17. Juli in Ankara, die Türkei werde ihre völkerrechtlichen Vollmachten auf diesem Gebiet "voll ausschöpfen". Die USA und der Irak seien verpflichtet, etwas gegen die Präsenz der kurdischen Rebellen von der PKK auf irakischem Boden zu unternehmen, sagte Cicek. Die Botschafter der USA und des Irak in Ankara wurden ins türkische Außenministerium einbestellt. Amerikaner und Iraker müssten dafür sorgen, dass der "Aufruhr" der PKK im Norden Iraks beendet werde. Nach Ansicht der Türkei wäre eine Militärintervention im Irak durch das Recht auf Selbstverteidigung gedeckt.
  • Japan hat den Abzug seiner Truppen aus dem Irak abgeschlossen. Die Soldaten schlossen ihren Dienst im Irak ab, ohne während des Einsatzes "einen einzigen Schuss abgegeben oder ihre Waffen auf einen Menschen gerichtet zu haben", wie der japanische Ministerpräsident Junichiro Koizumi am 17. Juli nach dem G-8-Gipfeltreffen im russischen St. Petersburg sagte. Eine letzte Gruppe von rund 220 Soldaten sei mit einem Transportflugzeug von der irakischen Provinz Muthanna nach Kuwait gebracht worden, meldete die japanische Nachrichtenagentur Kyodo News.
  • Im Irak geht die Serie heftiger Anschläge unvermindert weiter: Bei der Explosion einer Autobombe in der Schiitenstadt Kufa wurden am 18. Juli mindestens 54 Menschen getötet. Weitere 91 Menschen wurden verletzt. Der Attentäter zündete den Sprengsatz offenbar in der Nähe der Großen Moschee. Augenzeugen zufolge traf die Bombe eine Gruppe von Tagelöhnern.
    Am 6. Juli waren in Kufa schon einmal zwölf Menschen bei einem Anschlag gestorben. Die Stadt liegt in der Nähe des schiitischen Pilgerortes Nadschaf, rund 160 Kilometer südlich der Hauptstadt Bagdad.
  • In Basra starben am 18. Juli bei Gefechten mit britischen Soldaten nach Angaben von Augenzeugen fünf Milizionäre der Gruppe von Schiitenführer Muktada Al-Sadr.
    Neun Menschen, darunter sechs Polizisten, wurden bei einem Sprengstoffanschlag auf eine Polizeipatrouille getötet.
  • Im Irak fallen immer mehr Unschuldige der brutalen Gewalt zum Opfer: Allein in den vergangenen beiden Monaten wurden fast 6.000 Zivilisten getötet. Laut einem Bericht der UN-Mission für den Irak steigt die Zahl der getöteten Zivilisten, Folter und Kidnapping bleiben verbreitet. Seit Beginn des Irak-Kriegs starben rund 50.000 Menschen, hieß es in dem UN-Bericht unter Berufung auf das irakische Gesundheitsministerium.
  • Iran hat seine Zustimmung zu einem möglichen türkischen Militäreinsatz im Nordirak signalisiert. Sein Land sei bereit, den Kampf des Nachbarn Türkei gegen Terroristen zu unterstützen, sagte der iranische Botschafter in Ankara, Firuz Devletabadi, nach einem Bericht der Zeitung türkischen "Zaman" vom 19. Juli. Wenn die Türkei im Nordirak einmarschieren sollte, um dort gegen Stützpunkte der Kurdenrebellen von der PKK vorzugehen, werde das die iranische Regierung nicht beunruhigen, sagte der Botschafter. Iranische Streitkräfte hatten im Frühjahr Stellungen der PKK im Norden des Irak beschossen und damit eine Großoffensive der türkischen Armee gegen die kurdischen Rebellen unterstützt.
  • Unbekannte haben am 19. Juli im Norden von Bagdad mehr als zwanzig Mitarbeiter einer sunnitischen Einrichtung entführt. Die Angestellten seien nach der Arbeit auf dem Heimweg gewesen, als bewaffnete Männer ihren Bus angehalten und sie verschleppt hätten, sagte ein leitender Mitarbeiter der Organisation. Hinter der Entführung vom Vortag steckten "Freischärler", sagte er und spielte damit offenbar eine Vergeltungsaktion schiitischer Milizen an.
  • Bei neuen Anschlägen und Überfällen starben am 19. Juli mindestens 19 Menschen, unter ihnen ein irakischer Polizeigeneral. Der Mann hatte im Innenministerium gearbeitet und war vor seinem Haus im Westen von Bagdad erschossen worden, wie es in Sicherheitskreisen hieß. In der Nähe der Technischen Universität in der Innenstadt explodierte eine Autobombe und verletzte drei Polizisten. Als Umstehende und Sicherheitskräfte am Tatort zusammenliefen, ereigneten sich zwei weitere Explosionen, dabei starben fünf Menschen.
  • Bei der Detonation einer Autobombe in der Innenstadt von Bagdad hat es am 20. Juli nach Angaben von Augenzeugen Tote und Verletzte gegeben. Genaue Zahlen sind noch nicht bekannt. Der Sprengsatz explodierte auf der Zufahrtsstraße zu dem größten Großmarkt der irakischen Hauptstadt. Mehrere Geschäfte und Autos wurden durch die Wucht der Explosion schwer beschädigt.
  • Bei einem Autobombenanschlag im nordirakischen Kirkuk sind am 20. Juli fünf Zivilisten getötet und 14 weitere verletzt worden. Der mit Sprengstoff präparierte Wagen sei vor einem Eisladen im Stadtzentrum geparkt gewesen und explodiert, als eine Polizeipatrouille vorbeigefahren sei, sagte ein Polizeivertreter der Nachrichtenagentur AFP. Damit wurden bei Anschlägen und Angriffen im Irak am 20. Juli mindestens 15 Menschen getötet.
  • Bei Anschlägen und Kämpfen sind im Irak am 22. Juli mindestens 13 Menschen getötet worden - darunter ein amerikanischer Soldat. Drei Polizisten kamen in Bakuba ums Leben, als neben ihrem Konvoi eine Bombe explodierte. Der US-Soldat kam in Bagdad ums Leben, als unter seinem Fahrzeug ein Sprengsatz hochging. Das irakische Militär tötete in der Nähe der Großstadt Mossul drei Aufständische. In Samarra schlug ein Anschlag auf den Vorsitzenden des Stadtrats fehl. Der Attentäter war Leibwächter des Politikers.
  • Bei zwei Autobombenanschlägen sind am 23. Juli mehr als 40 Menschen getötet und mehr als einhundert weitere verletzt worden. Mindestens 26 Menschen wurden in der Hauptstadt Bagdad in den Tod gerissen, als im Schiitenviertel Dschamila im Nordosten ein Sprengsatz detonierte, wie die Polizei mitteilte. Mindestens 60 weitere Menschen wurden verletzt. In der nordirakischen Stadt Kirkuk wurden bei einem Anschlag mindestens 15 Menschen getötet und etwa 50 weitere verletzt.
    Den Angaben zufolge ereignete sich der Anschlag in Bagdad in der Nähe einer Polizeistation und eines Marktes. Über dem Anschlagsort stieg dichter Rauch auf; der Lärm der Detonation war auch aus großer Entfernung zu hören. An dem Ort versammeln sich täglich zahlreiche Iraker auf der Suche nach Arbeit. Deshalb wurde erwartet, dass die Zahl der Opfer weiter ansteigt. Nach Polizeiangaben explodierte in Kirkuk eine Autobombe vor einem Gerichtsgebäude.
  • Auch nach dem Folterskandal von Abu Ghraib sind nach Angaben von Menschenrechtlern im Irak Gefangene in US-Haft misshandelt worden. Mit Wissen der Armeeführung seien Iraker zwischen 2003 und 2005 schwer geschlagen, am Schlaf gehindert oder extremen Temperaturen ausgesetzt worden, heißt es in einem Bericht der Organisation Human Rights Watch, der am 23. Juli vorgestellt wurde. Die Verantwortlichen der Armee hätten die Folter nicht nur toleriert, sondern dazu ermuntert. "Den Soldaten wurde gesagt, dass die Genfer Konventionen keine Gültigkeit hätten und bei der Befragung die Anwendung von Gewalt zulässig sei, um Gefangene zum Sprechen zu bringen", sagte der Autor der Studie, John Sifton. Für die Studie wurden Angehörige der US-Armee befragt.
Montag, 24. Juli, bis Sonntag, 30. Juli
  • Bei Anschlägen im Irak sind am 24. Juli zehn Menschen getötet und 35 weitere verletzt worden. In Mossul 370 Kilometer nördlich von Bagdad wurden nach Angaben aus Sicherheitskreisen bei einer Autobombenexplosion fünf irakische Soldaten getötet und vier weitere verletzt. Sie seien hinter einer US-Patrouille gefahren, die von der Explosion nicht getroffen wurde.
    In der sunnitischen Stadt Samarra nördlich von Bagdad sprengte sich ein Selbstmordattentäter in seinem Wagen an einem Kontrollpunkt der Polizei in die Luft. Der Mann riss einen Zivilisten mit in den Tod; 17 Menschen, darunter sechs Kinder, wurden verletzt. Weitere Tote wurden aus Bagdad und der Unruhestadt Baakuba gemeldet.
  • Mit der Heimkehr der letzten Soldaten hat Japan am 25. Juli seine Irak-Mission endgültig abgeschlossen. In einem Charterflugzeug landeten in Tokio 280 Soldaten, die zuvor in der irakischen Provinz Muthanna stationiert waren. Für die japanische Armee war es der erste Einsatz in einem Kriegsgebiet seit dem Zweiten Weltkrieg. Die Mission hatte im Januar 2004 begonnen. Aufgabe der japanischen Soldaten war Hilfe bei der Wasserversorgung und der Gesundheitsfürsorge im Irak. Während des gesamtzen Einsatzes gaben sie nach Regierungsangaben keinen einzigen Schuss ab. Da die japanische Verfassung Kampfeinsätze verbietet, mussten die Japaner von britischen und australischen Truppen geschützt werden.
  • Bewaffnete haben in der Nacht zum 25. Juli eine Polizeieinheit in Bagdad überfallen und sechs Sicherheitskräfte erschossen. 30 Polizisten wurden bei dem halbstündigen Gefecht nahe dem Westufer des Tigris nördlich der stark gesicherten Grünen Zone verletzt, wie die Polizei mitteilte. Bei der Explosion von zwei Bomben in den Straßen der Haupstadt kamen in der Nacht ein Polizist und ein Zivilist ums Leben.
  • Unbekannte Bewaffnete entführten in der Nähe der nordirakischen Stadt Bakuba fünf Landarbeiter, folterten und erschossen sie. Die Leichen der fünf Landarbeiter wurden am 25. Juli von der Polizei bei Bakuba, 60 Kilometer nördlich von Bagdad, gefunden. Sie wiesen Spuren von Folterungen auf, verlautete aus Polizeikreisen.
  • Im Kampf gegen die Aufständischen im Irak wollen die USA mehr Truppen aus anderen Landesteilen nach Bagdad verlegen. Das sagte US-Präsident George W. Bush nach einem Gespräch mit dem irakischen Regierungschefs Nuri al-Maliki am 25. Juli in Washington. Die USA würden weiter an der Seite des Iraks stehen, versicherte Bush dem Gast in einer gemeinsamen Pressekonferenz. In der Nähe der nordirakischen Stadt Bakuba entführten unbekannte Bewaffnete heute fünf Landarbeiter, folterten und erschossen sie.
  • Die Familien mehrerer im Irak gefallener britischer Soldaten haben einen wichtigen juristischen Sieg gegen die Regierung in London errungen. Das Berufungsgericht in London befugte mit seiner Entscheidung am Mittwoch die Familien von vier Soldaten, eine unabhängige Untersuchung zu den Gründen für die Teilnahme Großbritanniens an der US-geführten Invasion im Irak zu beantragen, meldete AFP am 26. Juli. Die Angehörigen der Kriegsopfer hatten der Regierung von Premierminister Tony Blair vorgeworfen, die Entsendung von britischen Truppen in den Irak mit einer "Serie von Lügen" begründet zu haben.
  • Im Zentrum von Bagdad sind am 26. Juli 17 Menschen aus einem Wohnhaus entführt worden. Laut Augenzeugen trugen die Kidnapper Uniformen, fuhren mit Polizeifahrzeugen vor und täuschten eine Razzia vor. Die Aktion in dem mehrheitlich von Schiiten bewohnten Stadtteil Karrade erfolgte am helllichten Tag. Über das Schicksal der Verschleppten, darunter auch Frauen und Kinder, wurde nichts bekannt. Im Irak tauchen nicht zur Armee gehörende Kämpfer und Kriminelle immer wieder in den Uniformen von Polizei und Militär auf.
  • Bei einem kombinierten Bomben- und Granatenangriff auf ein Geschäftsviertel in Bagdad sind am 27. Juli mindestens 31 Zivilisten getötet worden. Zunächst explodierte in dem schiitischen Viertel Karrada eine starke Autobombe, wie die Sicherheitsbehörden mitteilten. Danach hätten die Attentäter Granaten und Schrapnell-Geschosse auf den Platz gefeuert, wo die Menschen in Panik umherliefen. Mindestens 115 Menschen wurden verletzt. Wie ein AFP-Reporter berichtete, befanden sich zahlreiche Frauen und Kinder unter den Opfern. Mehrere umliegende Gebäude wurden durch die massive Explosion zerstört. Das schiitische Viertel Karrada galt als relativ ruhig und blieb bislang weitgehend von Gewalt verschont. Es war einer der wenigen Bagdader Stadtteile, in dem Schiiten und Sunniten noch Seite an Seite ihre Einkäufe tätigten. Die Granaten wurden nach Polizeiangaben kurz nach der Explosion vom sunnitischen Viertel El Dura über den Tigris hinweg auf Karrada abgefeuert.
  • US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hat den Irak-Einsatz von rund 3.500 Soldaten um 120 Tage verlängert. Das teilte das Pentagon am 27. Juli mit. Damit reagieren die USA auf die zunehmende Gewalt in der irakischen Hauptstadt Bagdad. Die betroffene Brigade, die in Alaska stationierte 172. Stryker Brigade, hatte bereits Vorbereitungen für den Abzug getroffen. Das Verteidigungsministerium in Washington benannte zudem vier weitere Brigaden mit insgesamt rund 25.000 Soldaten, die Ende des Jahres oder Anfang 2007 in den Irak gehen sollen. Die Verlängerung des Einsatzes kann als Hinweis darauf verstanden werden, dass die US-Kommandeure im Irak ihre Pläne zu einem schrittweisen Truppenabbau für das laufende Jahr revidieren.
  • Die UNO und der Irak haben eine Kooperation zum Wiederaufbau des Landes vereinbart. In Absprache mit der Weltbank solle der Irak in den kommenden fünf Jahren Hilfe von der internationalen Gemeinschaft erhalten, um in dieser Zeit seine Wirtschaft wiederaufzubauen und in Regional- und Globalstrukturen einzubinden, erklärten die UNO und der irakische Ministerpräsident Nuri el Maliki am 27. Juli in New York. Die Einzelheiten des Vertrages sollten noch ausgearbeitet werden.
  • Im Irak sind am 29. Juli mindestens elf Menschen bei Anschlägen ums Leben gekommen. Vier Menschen wurden in der nordirakischen Stadt Kirkuk bei einer Autobombenexplosion getötet, 16 wurden verletzt, wie die Polizei mitteilte. In der Unruhestadt Baakuba töteten bewaffnete Männer drei Zivilisten und einen Polizisten. In Samarra nördlich von Bagdad wurde ein Mann erschossen. In Nassirijah im Süden des Landes starb ein Lehrer durch Kugeln, der früher Anhänger der Baath-Partei von Saddam Hussein war. In Tikrit starb eine Frau durch eine Rakete, eine weitere wurde verletzt. In Bagdad fand die Polizei zwölf Tote, wahrscheinlich Opfer schiitischer oder sunnitischer Todesschwadronen. Einige der Körper hatten Folterspuren.
  • Bei Anschlägen und US-Angriffen im Irak sind am Wochenende zusätzlich mindestens 16 Menschen getötet worden. Fünf Iraker starben, als ihr Kleinbus in der Nähe von Mahmudija, 35 Kilometer südlich von Bagdad, auf einen Sprengsatz fuhr. Elf weitere Insassen seien verletzt worden, berichteten Augenzeugen.
    Bei einem ähnlichen Anschlag auf einen Autobus in der Nähe von Mahawil, 80 Kilometer südlich von Bagdad, wurden der Fahrer und ein Fahrgast getötet und zehn verletzt.
    In der Nähe von Ramadi, 110 Kilometer westlich von Bagdad, starben vier Iraker und vier wurden verletzt, als US-Kampfflugzeuge drei Häuser eines Dorfes bombardierten. In Falludscha, 40 Kilometer östlich von Ramadi, kam am selben Tag ein Polizist ums Leben, als ein Sprengsatz neben einer Polizeistreife detonierte.
  • In der teils von Aufständischen kontrollierten Provinz Anbar sind vier US- Marineinfanteristen getötet worden. Das teilte das US-Militärkommando am 30. Juli in Bagdad mit. Zu den Verlusten nach "feindlichen Aktivitäten", die sich am Vortag ereignet hätten, machte das US-Militär keine weiteren Angaben. Zuletzt waren in Anbar am 27. Juli vier US- Soldaten ums Leben gekommen.
Montag, 31. Juli
  • In der Innenstadt von Bagdad haben am 31. Juli Entführer 26 Angestellte aus ihren Büroräumen verschleppt. Die Geiselnehmer fuhren am hellichten Tage mit 15 Geländewagen im Stadtzentrum vor und holten die Mitarbeiter der US-irakischen Handelskammer von ihren Arbeitsplätzen, wie es im Innenministerium hieß. Die Täter trugen demnach Polizeiuniform. Ein Wachman aus einem gegenüberliegenden Gebäude berichtete, die Entführer hätten auch 15 Mitarbeiter einer benachbarten Telefonfirma entführt. Irakische Geschäftsleute im US-Exil hatten die Handelskammer im Jahr 2003 gegründet, um die Wirtschaftsbeziehungen mit den Vereinigten Staaten zu fördern. In Bagdad arbeiten rund sechzig Menschen in der Handelskammer, die auch Büros in Los Angeles, Amman und Erbil im irakischen Kurdengebiet hat. Auch wenn die Entführten alle Iraker seien, hätten die Täter die Handelskammer vermutlich als amerikanische Einrichtung betrachtet, hieß es bei der Polizei.
  • In Bagdad töteten am 31. Juli Unbekannte drei Menschen. Zwei Bauarbeiter starben bei einem Angriff in der Innenstadt, zwei weitere wurden nach Krankenhausangaben verletzt.
    In Jarmuk im Westen Bagdads wurde ein irakischer Geheimdienstmitarbeiter in seinem Wagen erschossen.
    In der nordirakischen Ölstadt Mossul rammte ein Selbstmordattentäter mit seinem sprengstoffbeladenen Fahrzeug einen Beobachtungsposten der irakischen Armee, wie das Militär mitteilte; dabei starben vier Soldaten.


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