Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Irak: Chronik wichtiger Ereignisse

April 2006

Samstag, 1. April, bis Sonntag, 2. April
  • Am 1. April hatte erstmals ein Parlamentarier aus Dschaafaris schiitischem Lager im Interesse der nationalen Einheit den Verzicht des Regierungschefs auf das Amt gefordert. Bisher hatten sich insbesondere Kurden und Sunniten gegen eine Wiederwahl Dschaafaris ausgesprochen. Im neuen irakischen Sicherheitsrat soll dem Ministerpräsidenten einer seiner Stellvertreter zur Seite stehen. Die irakische Führung einigte sich damit offenbar auf einen Kompromiss. Die Schiiten wollten zuvor den Regierungschef als Chef des Ausschusses, die Sunniten dagegen einen der stellvertretenden Ministerpräsidenten, vorzugsweise einen Sunniten.
  • Beim Abschuss eines US-Hubschraubers südlich von Bagdad sind nach Angaben des US-Militärs vom 2. April vermutlich die beiden Piloten ums Leben gekommen. Es werde noch nach ihnen gesucht, teilte das US-Militär in Bagdad mit. Der Hubschrauber sei am 1. April bei einem Patrouillenflug abgestürzt. Militärisch Verantwortliche hielten "feindlichen Beschuss" für die Ursache. Am Abend des 1. April hatte sich eine radikalislamische irakische Gruppierung, die Armee von El Raschidin, im Internet zu dem Anschlag bekannt.
  • US-Außenministerin Condoleezza Rice und ihr britischer Kollege Jack Straw sind zu einem nicht angekündigten Besuch in Bagdad eingetroffen. Die beiden Politiker drängten bei einem Gespräch mit Präsident Dschalal Talabani und Regierungschef Ibrahim Dschaafari auf die rasche Bildung einer irakischen Regierung. Seit der Parlamentswahl im vergangenen Dezember ziehen sich die Verhandlungen zur Bildung einer "Regierung der nationalen Einheit" hin.
  • Bei neuer Gewalt im Irak wurden mindestens neuen Menschen getötet. Sechs von ihnen starben bei der Explosion in einem Wohnhaus. Die Polizei vermutet, dass dabei ein Sprengsatz unbeabsichtigt detonierte.
    Die US-Armee gab am 2. April den Tod von vier ihrer Soldaten bekannt. Zwei von ihnen seien am Samstagabend bei der Explosion einer Bombe im Zentrum von Bagdad getötet worden.
  • Beim Abschuss eines US-Hubschraubers südlich von Bagdad sind nach Angaben des US-Militärs vom 2. April vermutlich die beiden Piloten ums Leben gekommen. Es werde noch nach ihnen gesucht, teilte das US-Militär in Bagdad mit. Der Hubschrauber sei am 1. April bei einem Patrouillenflug abgestürzt. Militärisch Verantwortliche hielten "feindlichen Beschuss" für die Ursache. Am Abend des 1. April hatte sich eine radikalislamische irakische Gruppierung, die Armee von El Raschidin, im Internet zu dem Anschlag bekannt.
  • Der Jordanier Abu Mussab el Sarkawi steht nach Angaben eines Kenners der internen El-Kaida-Strukturen nicht mehr an der Spitze des Netzwerks von Osama bin Laden im Irak. Der Iraker Raschid el Bagdadi habe ihn vor zwei Wochen als El-Kaida-Führer im Zweistromland abgelöst, sagte Hudayfa Assam der Nachrichtenagentur AFP am 2. April in der jordanischen Hauptstadt Amman. Der Sohn des verstorbenen Abdallah Assam, einem als "Emir der Mudschaheddin" bekannter El-Kaida-Vordenker, fügte hinzu, das "Oberkommando des Widerstands im Irak" habe Sarkawi aufgefordert, auf sein politisches Amt zu verzichten und sich auf den militärischen Aspekt konzentrieren. Grund dafür seien "mehrere vom Widerstand innerhalb und außerhalb des Irak angeprangerte Fehler" Sarkawis gewesen, durch die ein "negatives Bild des Widerstands" entstanden sei.
  • US-Außenministerin Condoleezza Rice und ihr britischer Kollege Jack Straw haben bei ihren Gesprächen zur Regierungsbildung im Irak keinen Durchbruch erzielt. Vor ihrer Abreise aus Bagdad am 3. April erhöhten die beiden Politiker den Druck auf die irakischen Parteien. Rice drängte die Iraker, sich rasch auf eine "starke, einigende Regierung" zu verständigen. Angesichts der Gewalt könne sich das Land kein "politisches Vakuum" leisten, warnte Straw. Beide Politiker hatten sich nach ihrem überraschenden Eintreffen in Bagdad am 2. April in einer Serie von Gesprächen mit schiitischen, sunnitischen und kurdischen Politikern bemüht, knapp vier Monate nach der Parlamentswahl die Regierungsbildung zu beschleunigen. Straw machte keinen Hehl aus seiner Ungeduld: "Wir erkennen an, dass Koalitionsgespräche Zeit brauchen, aber das hier ist einfach zuviel", sagte er. Den Vorwurf der Einmischung wies er unter Verweis auf die mehr als 2.000 im Irak getöteten Soldaten aus den USA und Großbritannien zurück. Straw und Rice wahrten Distanz zum derzeitigen Amtsinhaber Ibrahim el Dschaafari. Der künftige Regierungschef müsse ein Politiker sein, "der Stabilität durchsetzen kann und sich den Herausforderungen für das irakische Volk stellt", sagte Rice. Sie sehe es allerdings nicht als ihre Verantwortung an, "zu entscheiden, wer der nächste Ministerpräsident des Irak wird". Rice und Straw betonten ferner die Notwendigkeit, die Milizen unter Kontrolle zu bringen. "In einer Demokratie sind bewaffnete Milizen nicht akzeptabel", sagte Rice.
  • Bei neuen Gewalttaten im Irak kamen seit Sonntagabend (2. April) mindestens 27 Menschen ums Leben. Unter den Opfern waren sechs Mitglieder einer irakischen Familie, die am 3. April in Basra im Süden Iraks von Unbekannten auf einem Markt erschossen wurden. Bei einem Bombenanschlag in der Nähe einer schiitischen Moschee in dem Bagdader Stadtteil El Schaab wurden nach Angaben des Innenministeriums zehn Menschen getötet und 30 verletzt. Der Sprengsatz explodierte, als Gläubige nach dem Abendgebet das Gotteshaus verließen.
Montag, 3. April, bis Sonntag, 9. April
  • Nach fast drei Monaten in irakischer Geiselhaft ist die US-Journalistin Jill Caroll am 3. April in ihre Heimat zurückgekehrt. "Endlich habe ich das Gefühl, dass ich wieder am Leben bin", sagte die 28-Jährige einem Kollegen, der sie auf dem Heimflug von Frankfurt nach Boston begleitete. "Es geht mir so gut."
  • Bei Autobombenanschlägen sind am 5. April in Bagdad drei Zivilisten ums Leben gekommen. Weitere 18 Menschen wurden laut Polizei verletzt, als zwei Sprengsätze vor einem Schnellrestaurant im Westen der Stadt und auf dem Beirut-Platz in der Innenstadt explodierten. Nach Angaben von Augenzeugen detonierte ein dritter Sprengsatz vor der Zentrale einer der Mobilfunkfirma.
  • Eine Gruppe von Entführern ermordete sieben Angehörige einer Familie aus der sunnitischen Rebellenhochburg Falludscha.
  • US-Soldaten erschossen bei einer Razzia einen mutmaßlichen Terroristen und nahmen neun Verdächtige gefangen.
  • Eine Rebellenorganisation veröffentlichte am 5. April ein Video im Internet, das die Schändung der Leiche eines US-Soldaten in der Nähe von Bagdad zeigt. Bei dem Toten, hieß es, handele es sich um einen von zwei Piloten eines US-Militärhubschraubers, den Rebellen am 1. April nahe Jussefijah südlich von Bagdad abgeschossen hätten.
  • "Ich bin voll und ganz verantwortlich für jedes Dokument, das meine Unterschrift trägt", sagte Saddam Hussein am 5. April vor dem Sondertribunal in Bagdad. Er reagierte damit auf den im Prozess vorgebrachten Vorwurf, in dem schiitischen Dorf Dudschail seien nach einem fehlgeschlagenen Attentat auf ihn auch Obstgärten zerstört worden. In dem Verfahren gegen Saddam geht es um die Tötung von mehr als 140 Menschen im Jahr 1982 und die Repressionen gegen das Dorf. - Beobachter erwarten, dass bald ein Urteil gefällt wird. Dann könnte ein zweites Verfahren gegen Saddam wegen der Angriffe auf die Kurden in den 80er Jahren beginnen.
  • Im Prozess gegen den gestürzten Staatschef Saddam Hussein nahm die Verteidigung am 5. April einen früheren Richter erneut ins Kreuzverhör. Awad al Bandar sagte aus, er habe 1984 in einem Verfahren 148 Schiiten zum Tode verurteilt, die an einem versuchten Mordanschlag auf den damaligen Präsidenten beteiligt gewesen sein sollen. Die Angeklagten hätten Geständnisse abgelegt und einen fairen Prozess erhalten. Bandar räumten jedoch ein, dass für alle Angeklagten nur ein Anwalt zur Verfügung gestanden habe, den das Gericht bestimmt habe. Die Verteidigung legte handgeschriebene Dokumente vor, bei denen es sich nach Angaben der Anwälte um Geständnisse handelte. Die Staatsanwaltschaft verwies darauf, dass einige der Angeklagten damals minderjährig waren. Bandar erklärte die Personalausweise für gefälscht.
  • Ein Autobombenanschlag in der Stadt Nadschaf kostete vier Menschen das Leben. Weitere 30 wurden verletzt, als der Sprengsatz am 5. April rund 300 Meter von einem Heiligenschrein entfernt detonierte. Der Schrein ist einer der wichtigsten für die Schiiten weltweit, dort befindet sich unter anderem das Grab des Schwiegersohns des Propheten Mohammed, Imam Ali.
  • Bei einem Anschlag auf eine Polizeistreife wurde am 5. April im Westen Bagdads ein irakischer Polizist getötet. Wie ein Polizeisprecher mitteilte, wurden fünf weitere Beamte verletzt, als der am Straßenrand versteckte Sprengsatz gezündet wurde. Ein weiterer detonierte, als eine zweite Polizeistreife am Tatort eintraf. Dabei wurden zwei Polizisten verletzt.
  • Nördlich der Hauptstadt war am 5. April eine Patrouille der irakischen Streitkräfte in Bakuba Ziel eines Anschlags, bei dem ein Soldat ums Leben kam. In der nordirakischen Stadt Kirkuk wurde ein Polizist in der Nähe seiner Wohnung am Mittwochabend erschossen, hieß es weiter.
  • Premier Al-Dschaafari will sich den Rückzugsforderungen im eigenen Land, aber auch seitens der USA und Großbritanniens, nicht beugen. Seine Nominierung sei auf demokratischem Weg erfolgt, sagte er dem britischen Guardian. "Wir müssen den Willen des irakischen Volkes respektieren", zitierte ihn das Blatt am 5. April. Die Kritik von US-Außenministerin Condoleezza Rice und ihrem britischen Kollegen Jack Straw kommentierte er, "jeder sollte sich an die demokratischen Mechanismen halten, unabhängig davon, ob er mit der Person einverstanden ist".
  • Eine Gruppe von Entführern tötete in Falludscha sieben Angehörige einer Familie. Unter den Opfern, die am 5. April zu Grabe getragen wurden, waren zwei Jungen im Alter von zwölf 14 Jahren.
  • Bei Autobombenanschlägen in Bagdad kamen am 5. April drei irakische Zivilisten ums Leben. Weitere 18 Menschen wurden verletzt, als zwei Sprengsätze vor einem Schnellrestaurant und auf dem Beirut-Platz in der Innenstadt explodierten.
  • In Südirak wurde am 5. April ein sunnitischer Hochschullehrer wenige Stunden nach seiner Entführung ermordet aufgefunden.
  • Mit Abscheu hat die US-Armee auf die Veröffentlichung von Videoaufnahmen im Internet reagiert, die angeblich die Schändung der Leiche eines US-Soldaten im Irak zeigen. "Wir sind empört, dass jemand ein derart verabscheuungswürdiges Video drehen und veröffentlichen konnte", sagte US-Oberstleutnant Jonathan Withington am 5. April. Ob die Aufnahmen tatsächlich die Leiche eines US-Soldaten zeigen, sei noch nicht erwiesen.
  • US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hat sich öffentlich von selbstkritischen Äußerungen seiner Kabinettskollegin Condoleezza Rice zur Irak-Politik distanziert. Zur Aussage der Außenministerin, die USA hätten im Irak "tausende" taktische Fehler begangen, sagte Rumsfeld in einem Interview am 6. April: "Um ganz ehrlich zu sein, ich weiß nicht, wovon sie geredet hat." Dem Lokalsender WDAY in North Dakota sagte Rumsfeld weiter: "Wenn jemand von taktischen Fehlern spricht, glaube ich, liegt das an mangelndem Verständnis von Krieg, so wie ich ihn verstehe." Keine Militärstrategie sei starr festgelegt. Nach dem "Kontakt mit dem Feind" würden Taktiken, Techniken und Vorgehen vielmehr laufend geändert. Rice selbst hatte ihr erstaunliches Eingeständnis nachträglich zu relativieren versucht. Die US-Regierung habe Fehler gemacht, es sei aber sicher kein Fehler gewesen, den irakischen Machthaber Saddam Hussein zu stürzen, sagte Rice am vergangenen Samstag [1. April] dem britischen Rundfunksender BBC.
  • Irakische Soldaten haben nach US-Angaben den Drahtzieher im Entführungsfall der italienischen Journalisten Giuliana Sgrena festgenommen. Mohammed Hila Hammad Obeidi, auch bekannt als Abu Ajman, sei Anfang März im Südirak gefasst worden, erklärten die amerikanischen Streitkräfte am 6. April. DNA-Tests hätten die Identität des Verdächtigen bestätigt. Obeidi soll die Gruppe "Geheimes Islamisches Heer" in der Provinz Babil südlich von Bagdad angeführt haben. Ihm werden enge Kontakte zum jordanischen Terroristen Abu Mussab al Sarkawi nachgesagt, dem Führer der Al Qaeda im Irak.
  • Bei einem dreifachen Selbstmordanschlag auf eine Moschee in der irakischen Hauptstadt Bagdad sind mindestens 69 Menschen ums Leben gekommen. Mindestens 130 weitere Menschen wurden verletzt, als sich drei Selbstmordattentäter am 7. April nach dem Freitagsgebet unter die Menge mischten und in die Luft sprengten, berichtete der staatliche Fernsehsender Irakia unter Berufung auf das Gesundheitsministerium. Die Attentäter waren offenbar in einen abgesperrten Bereich gelangt, der den Gläubigen Schutz bieten sollte. Der Fernsehsender rief die Bevölkerung zum Blutspenden auf. Auf den Bildern war zu sehen, wie entsetzte Menschen durcheinanderliefen und die Toten und Verletzten in Decken davontrugen oder sie mit Lieferwagen wegbrachten. Sogar in Schubkarren wurden Verletzte abtransportiert.
  • Der Untersuchungsausschuss des Bundestages zu den Geheimdienstaktivitäten im Irak und im Anti-Terror-Kampf hat sich in Berlin konstituiert. Zum Vorsitzenden wurde der CDU-Abgeordnete Siegfried Kauder bestellt. In der ersten Sitzung am 7. April gab es einen Disput innerhalb der Opposition über die Besetzung des Stellvertreters des Ausschusses. Der Posten ging schließlich an die SPD. Das Gremium wird nach der Osterpause in den Sitzungswochen voraussichtlich jeden Donnerstag tagen.
    Die FDP reklamierte den Posten des Ausschuss-Stellvertreters. Dies zähle zu den Minderheitenrechten, sagte FDP-Obmann Max Stadler. Der Ausschuss-Stellverteter ist besonders beim so genannten Vorsitzenden-Verfahren von Bedeutung. Dieses wird angewandt, wenn die Bundesregierung angeforderte vertrauliche Akten aus bestimmten Gründen nicht an alle Mitglieder des Ausschusses herausgeben will. Kauder teilte mit, dass der Stellvertreter-Posten an die SPD gehen müsse. Als Stellvertreter wurde Michael Hartmann bestellt. Die SPD signalisierte jedoch, dass sie sich, falls das Vorsitzenden-Verfahren zur Anwendung komme, offen gegenüber der Opposition zeigen werde.
    Der Bundestag hatte am Vormittag den Untersuchungsausschuss zu den Geheimdienstaktivitäten im Irak und im Anti-Terror-Kampf eingesetzt. Das Parlament hatte die Einsetzung des ersten Untersuchungsausschusses der 16. Legislaturperiode mit großer Mehrheit beschlossen.
  • US-Präsident George W. Bush ist wegen des angeblichen Missbrauchs von Geheimdienstinformationen unter Druck geraten. Bush habe Dokumente für die Medien freigeben lassen, um die öffentliche Meinung zum Irak-Krieg zu beeinflussen, heißt es in der Aussage des angeklagten Ex-Regierungsberaters Lewis Libby. Der Präsident genehmigte demnach in den ersten Monaten des Irak-Kriegs persönlich, geheime nachrichtendienstliche Daten preiszugeben. Libby soll berechtigt gewesen sein, mit der Weitergabe dieser Daten an Journalisten den Feldzug im Irak zu verteidigen. Wie es in Gerichtsakten heißt, die in Washington veröffentlicht wurden, gab der Ex-Stabschef von Vizepräsident Dick Cheney zu Protokoll, dass Bush die Verbreitung "bestimmter Informationen" aus einem Geheimdienstbericht von Oktober 2002 genehmigt habe. In dem Geheimdienstbericht ging es unter anderem um die angeblichen Massenvernichtungswaffen im Irak. Der Präsident soll laut Libby die Erlaubnis zur Weitergabe der Geheimdienstdaten Mitte 2003 gegeben haben - also zu einem Zeitpunkt, als Bushs Regierung in wachsende Schwierigkeiten geriet, den Einmarsch im Irak vor der heimischen Öffentlichkeit zu rechtfertigen.
    Die demokratische Opposition zeigte sich empört über die neuen Enthüllungen. "Jetzt wissen wir, dass der Präsident die Weitergabe von Informationen erlaubt hat, allein für einen politischen Vorteil", sagte der Chef der demokratischen Partei, Howard Dean. Das zeige einmal mehr, dass Bush seine Partei über die Sicherheit des Landes stelle.
  • Die Zahl der Todesopfer des Anschlages auf eine schiitische Moschee am 7. April stieg bis zum 9. April auf 90.
  • Bei Anschlägen kamen am Wochenende vom 8. und 9. April elf Menschen ums Leben.
  • In Ramadi westlich von Bagdadf schlugen US-Marineinfanteristen am 8. April einen Angriff sunnitischer Aufständischer zurück. Dabei sollen bis zu 50 Angreifer getötet worden sein.
  • Am 9. April töteten US-Soldaten bei einer „Razzia“ nahe Bagdad acht mutmaßliche Aufständische.
  • Der irakische Vize-Innenminister Hussein Ali Kamal sagte am 8. April im BBC, im Irak herrsche ein „unerklärter Bürgerkrieg“. Ähnlich äußerte sich der ägyptische Präsident Hosnu Mubarak. Er warnte im arabischen Nachrichtensender al-Arabija davor, dass sich der Bürgerkrieg auf die ganze Region ausweiten könne. „Wenn die Amerikaner jetzt abzögen, wäre das eine Katastrophe“. Dann würde sich der Krieg durch die Intervention Irans und anderer Länder verschlimmern. Im Irak, in Bahrain, Kuwait, im Libanon und in Saudi-Arabien lebten sehr viele Schiiten, die in erster Linie Teheran gegenüber loyal seien.
    Der britische Außenminister Jack Straw widersprach Mubarak. Zwar sei die Lage sehr ernst, sagte er am 9. April im BBC-Fernsehen, den Terroristen von Al-Kaida und der Anhänger der Baath-Partei sei es aber nicht gelungen einen Bürgerkrieg anzuzetteln, vor allem weil sich die schiitische Volksgruppe merklich zurückhalte.
    Auch Iraks kurdischer Präsident Dschalal Talabani, der schiitische Regierungschef Ibrahim Dschaafari und der sunnitische Übergangspräsident des Parlaments, Adnan Patschatschi, wandten sich in einer gemeinsamen Erklärung gegen Mubaraks Äußerungen.
  • Am 9. April bildeten die Spitzen der schiitischen Vereinigten Irakischen Allianz (stärkster Fraktionsblock im Parlament) eine Kommission, die sich mit Dschaafaris umstrittener Kandidatur für eine weitere Amtszeit als Regierungschef befassen soll.
  • Die US-Streitkräfte ließen es zu, dass im Irak Gefangene „verschwinden“, sagte die Beauftragte für Menschenrechte der britischen Regierung, Ann Clwyd, der Sonntagszeitung „The Observer“ (9. April). Es gäbe keine Hinweise, wo viele der von den Koalitionstruppen festgenommenen Iraker geblieben seien. Ann Clwyd rief die irakischen Regierung auf, eine Untersuchung zu den Vorwürfen einzuleiten, wonach Gefangene gefoltert würden.
  • Am 9. April bestätigte das Auswärtige Amt die Existenz eines Videos, auf dem die am 24. Januar entführten deutschen Ingenieure René Bräunlich und Thomas Nitzschke zu sehen sind. Darin bitten sie um Hilfe: „Wir halten das nicht länger aus.“ Auf einem Schriftband wird ein „letztes Ultimatum für die deutsche Agenten“ ausgesprochen – allerdings ohne Frist.
Montag, 10. April, bis Sonntag, 16. April
  • Nach den Kurden gab am 10. April auch die größte sunnitische Gruppierung im Parlament bekannt, dass sie Dschaafari als Ministerpräsidenten auf keinen Fall unterstützen werde.
  • Die US-Armee teilte mit, amerikanische Soldaten hätten am 10. April in der Nähe der Stadt Balad eine „bewaffnete Terroristin“ getötet. Drei weitere Verdächtige seien bei dem Sturm auf zwei von den Extremisten als Versteck genutzte Häuser verletzt worden.
  • Die Washington Post berichtete am 10. April, eine Kampagne zur Ergreifung des Al-Kaida-Führers Zarkawi im Irak habe dessen Bedeutung womöglich übertrieben. Die Zeitung zitierte einen Oberst aus einem Sitzungsprotokoll vom vergangenen Sommer mit folgenden Worten: „Die langfristige Bedrohung sind nicht Zarquawi oder religiöse Extremisten, sondern die ehemaligen Regimeangehörigen und ihre Freunde.“
  • Schiitische Politiker drohten am 11. April, dass sie andere Nominierungen zum Ministerpräsidenten blockieren würde, falls Dschaafari scheitern sollte. Zugleich zeichnete sich aber auch wachsender Widerstand im schiitischen Bündnis gegen Dschaafari ab. Ein Sprecher der kelinen Fadhila-Partei, die vor allem in Basra stark ist, stellte z.B. in Aussicht, einen anderen Kandidaten vorzuschlagen. Hinter Dschaafari stehen offenbar nur seine eigene Daawa-Partei und die politische Gruppierung des Predigers Muqtada Sadr. Nach einem Bericht der FAZ (12. April) rückt auch der „Oberste Rat der Islamischen Revolution im Irak“ (Sciri) von Dschaafari ab.
  • Die irakische Polizei fand am 11. April bei Mussajib die Leichen von elf Männern, die gefoltert und dann ermordet worden waren. Bei weiteren Gewealttaten kamen am 11. April sieben Menschen ums Leben.
  • Der sunnitische Rat der Religionsgelehrten in Irak hat am 12. April Truppen des Innenministeriums beschuldigt, in Bagdad 68 Gefangene gefoltert und dann getötet zu haben. Ihre Leichen seien am 11. April gefunden worden. Unter den Opfern befänden sich auch vier Christen.
  • Der Alterspräsident des irakischen Parlaments, Padschadschi, kündigte für nächsten Montag (17. April) eine Parlamentssitzung an, bei der ein Ausweg aus der Regierungskrise gefunden werden solle.
  • Bei der Explosion einer Autobombe in der Nähe einer schiitischen Moschee sind am 12. April mindestens 20 Menschen ums Leben gekommen. Die Bombe explodierte nach Polizeiangaben in einem Dorf nahe der Stadt Bakuba, 60 km nordöstlich von Bagdad. Zum Zeitpunkt der Explosion strömten die Gläubigen in die Moschee.
  • Bei weiteren Anschlägen am 12. April starben mindestens zehn Menschen.
  • In Tel Afar hat die irakische Armee 71 mutmaßliche Terroristen festgenommen.
  • Bei der Explosion einer Autobombe auf einem Markt in Tadschi im Norden Bagdads starben am 13. April 15 Menschen. 31 weitere Iraker wurden nach Angaben des Innenministeriums verletzt.
  • Am Karfreitag (14. April) starben in Bakuba vier Menschen, als nach dem Gebet Sprengsätze vor zwei sunnitischen Moscheen explodierten.
  • In Basra fand die Polizei am 14. April die Leichen von elf Mitarbeitern einer Baufirma, die am Vortag entführt worden waren.
  • Bei einer Attacke auf einen Polizeikonvoi starben am 14. April sechs Beamte, Dutzende weitere Polizisten wurden entführt. Zehn Polizisten wurden nach Angaben der Polizei verletzt, als die Extremisten den Konvoi angriffen, der auf dem Weg von Bagdad nach Nadschaf war.
  • Der sunnitische Rat der Religionsgelehrten erklärte am 14. April, Beamte einer Sondereinheit des Innenministeriums seien in Bagdad in das Haus von Scheich Abdel Karim al-Dulaimi eingedrungen und hätten den sunnitischen Prediger erschossen. Die Einheit habe sich auf "ethnische Säuberungen" spezialisiert. Unter Berufung auf eine Quelle im Verteidigungsministerium berichtete der Rat, irakische Soldaten hätten eine Todesschwadron gestellt, die gerade dabei war, die Hinrichtung von 20 Menschen vorzubereiten.
  • Für die Freilassung der beiden in Irak entführten Deutschen erwarten die Kidnapper laut Berichten ein Lösegeld von zwölf Millionen US-Dollar (9,9 Millionen Euro). Davon gehe der Krisenstab des Auswärtigen Amtes aus, berichtete das Magazin Focus am 14. April unter Berufung auf Berliner Sicherheitskreise. Dem Bericht zufolge schließe die Bundesregierung nach der Analyse des jüngsten Videos nicht aus, dass die gekidnappten René Bräunlich und Thomas Nitzschke an eine schwerkriminelle Gruppe "weiterverkauft" wurden. Die mehrfach geänderten politischen Forderungen der Geiselnehmer sollten den kriminellen Hintergrund der Entführung kaschieren.
  • Die US-Armee hat bei einer Razzia im Irak fünf Aufständische und eine Zivilistin getötet. Die Einheit sei in der Nacht zum 16. April von einem Haus in der Stadt Jusifija aus beschossen worden, in dem sie einen Verdächtigen habe festnehmen wollen, teilte die Armee mit. Die Soldaten hätten daraufhin zurückgeschossen. Dabei seien fünf "Terroristen" und eine Frau getötet worden. Drei der Männer hätten Sprengstoffgürtel getragen. Drei weitere Frauen und ein Kind seien verletzt worden. Unter den fünf Festgenommenen sei auch der Gesuchte.
  • In der Nähe einer schiitischen Moschee südlich von Bagdad explodierte am 16. April eine Bombe und tötete mindestens zehn Menschen. Die Detonation ereignete sich auf einem Markt in Mahmudija, rund 30 Kilometer südlich der irakischen Hauptstadt. In Mahmudija leben sowohl Schiiten als auch Sunniten.
Montag, 17. April, bis Sonntag, 23. April
  • Bei einem Überfall auf eine Polizeiwache in der irakischen Hauptstadt Bagdad sind am 17. April ein Mensch getötet und sieben weitere verletzt worden. Unbekannte hätten den Posten im sunnitischen Viertel Adhamijah im Morgengrauen mit Schusswaffen angegriffen, sagte ein Sprecher der Sicherheitskräfte. Der Schusswechsel zwischen den Angreifern und den Polizisten habe mehrere Stunden gedauert. Die Streitkräfte erlitten nach eigenen Angaben keine Verluste und planten Razzien auf der Suche nach den Angreifern.
  • In Bagdad und Bakuba explodierten am 17. April mehrere Bomben. Dabei wurden mindestens zwei Menschen getötet und mehr als 15 verletzt.
  • In Basra wurden drei Mitarbeiter eines staatlichen Elektrizitätswerks auf dem Weg zur Arbeit entführt. Der Polizeichef der Stadt, Muschtak Chasim, erklärte, außerdem sei die Leiche eines drei Tage zuvor verschleppten Polizisten in der Nähe der iranischen Grenze gefunden worden.
  • In Bagdad wurden die Leichen von drei gefesselten Männern entdeckt. Bei einem der Opfer handelte es sich um Taha al Mutlak, den Bruder eines bekannten sunnitischen Politikers. Er war vor knapp drei Wochen verschleppt worden.
  • In der Nähe von Basra griffen bewaffnete Männer einen Konvoi des stellvertretenden Kulturministers an. Niemand wurde verletzt.
  • Im Prozess gegen den gestürzten Staatschef Saddam Hussein trug die Anklage am 17. April ein graphologisches Gutachten vor. Mehrere Experten hätten bestätigt, dass es sich bei den Unterschriften auf mehreren Dokumenten im Zusammenhang mit der Verfolgung von Schiiten in Dudschail um die von Saddam Hussein handele, erklärte die Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung zog den Bericht in Zweifel und forderte ein Gutachten von "Experten, die nicht Mitarbeiter des Innenministeriums sind", wie Verteidiger Chalil al Dulaimi sagte. Das Gericht vertagte sich auf Mittwoch, um den Experten mehr Zeit für die Begutachtung der Dokumente zu geben. Mit den Unterschriften gab Saddam Hussein Belohnungen für Geheimdienstagenten frei, die an der Operation in Dudschail mitgearbeitet hatten. Damals waren nach einem vereitelten Anschlag auf den Präsidenten 148 Schiiten zum Tode verurteilt und hingerichtet worden.
  • Die ursprünglich für den 17. April geplante Sitzung des irakischen Parlaments ist verschoben worden. Beobachter schlossen daraus, dass der seit Wochen andauernde Streit um die Besetzung des Ministerpräsidentenamtes weiterhin ungelöst ist. Das 275-köpfige Parlament sollte eigentlich den Prozess der Regierungsbildung vorantreiben. Vertreter der Schiiten sagten allerdings, so lange sich alle Parteien nicht auf einen neuen Ministerpräsidenten und die Besetzung anderer wichtiger Ämter geeinigt hätten, habe eine Parlamentssitzung keinen Sinn.
  • Drei Jahre nach der Invasion im Irak ist US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld zunehmend unter Beschuss. Der frühere NATO-Befehlshaber Wesley Clark schloss sich den Rücktrittsforderungen an den Pentagonchef an: "Ich denke, Minister Rumsfeld hat keine gute Arbeit geleistet. Er sollte gehen", sagte Clark laut Rundfunkmeldungen vom 17. April. Zuvor hatten sich sechs pensionierte Generäle für eine Demission Rumsfelds ausgesprochen. Clark warf Rumsfeld und US-Vizepräsident Dick Cheney vor, sie hätten die USA im Irak in einen Krieg verwickelt, der mit dem Kampf gegen den Terrorismus "nichts zu tun" gehabt habe. "Sie haben zum Krieg gerufen, bevor die diplomatischen Bemühungen am Ende waren", fügte Clark hinzu. "Das war ein tragischer Fehler, eine stragetische Fehlleistung." Es sei an der Zeit für eine neue Führung im Pentagon. Zu den sechs Generälen, die Rumsfelds Rücktritt gefordert hatten, zählt der pensionierte Generalmajor John Batiste, früher Kommandeur der 1. Infanteriedivision im Irak.
  • Auch nach der demonstrativen Rückendeckung von US-Präsident George W. Bush für Donald Rumsfeld reißt die Kritik an dem Verteidigungsminister nicht ab. Der demokratische Senator Dick Durbin sprach sich am 18. April für eine symbolische Vertrauensabstimmung zur Amtsführung des Pentagon-Chefs aus. Die Oppositionspartei prüfe einen entsprechenden Schritt für die nächste Parlamentssitzung in der kommenden Woche, sagte der Senator von Illinois, der sich ebenfalls für ein Rücktritt Rumsfelds ausgesprochen hat.
  • Ein Bombenanschlag in einem Café in Bagdad hat am 18. April mindestens sieben Menschen das Leben gekostet. Mehr als 20 wurden nach Angaben der Polizei verletzt. Der Sprengsatz sei unter einem Sofa im Eingangsbereich des Cafés im östlichen Stadtviertel Suleich versteckt gewesen. Bei den Toten handelt es sich den Angaben zufolge um drei Polizisten und vier Zivilpersonen. Das Café wird häufig von Polizisten besucht.
  • Aus dem Norden der irakischen Hauptstadt, wo es am 17. April zu heftigen Gefechten zwischen Sicherheitskräften und bewaffneten Angreifern kam, wurden einzelne Zusammenstöße gemeldet. Soldaten errichteten Straßensperren und Kontrollposten in dem hauptsächlich von Sunniten bewohnten Viertel Asamija. Zahlreiche Geschäfte waren geschlossen, die meisten Bewohner trauten sich nicht aus ihren Häusern.
  • Im Westen Bagdads entging eine Polizeipatrouille am 18. April einem Anschlag. Ein Autofahrer wurde bei der Explosion verletzt, wie die Sicherheitskräfte mitteilten.
  • Im Bagdader Stadtviertel Dora entdeckte die Polizei am 18. April zwei Leichen. Die Opfer wiesen Kopfschüsse auf. In derselben Gegend im Süden Bagdads waren am Tag davor zwölf weitere Leichen gefunden worden.
  • Im Irak sind nach Angaben von regierungsunabhängigen Organisationen seit Anfang des Jahres fast 20.000 Bürger entführt worden. Mehr als 12.000 Männer, fast 5000 Frauen und rund 2300 Kinder wurden gekidnappt, wie am 19. April Scheich Dschalal Hasnawi sagte, Vorsitzender des Netzwerkes "Irak ohne Gewalt", ein Zusammenschluss von 125 Nichtregierungsorganisationen. Er stellte in der heiligen schiitischen Stadt Kerbela einen Bericht über die Gewalt im Irak vor. Danach wurden seit Anfang des Jahres fast 3500 Gewaltakte registriert. Eine Totenzahl gibt der Bericht nicht an, verletzt wurden den Angaben zufolge 15.500 Zivilisten.
  • Mehr als vier Monate nach der Parlamentswahl im Irak soll die lang erwartete Parlamentssitzung zur Besetzung der Spitzenämter nun am 21. April stattfinden. Das Treffen sei für den Nachmittag (14.00 Uhr MESZ) einberufen worden, teilte das Büro des amtierenden Parlamentspräsidenten Adnan Patschatschi am 19. April mit. Die Parlamentssitzung - erst die zweite überhaupt seit der Wahl am 15. Dezember - sollte ursprünglich am Montag stattfinden. Wegen anhaltenden Streits um die Besetzung wichtiger Regierungsposten wurde sie jedoch verschoben. Eine Annäherung in dem Streit ist allerdings seither nicht festzustellen.
  • Im Rahmen eines größeren Personalumbaus im Weißen Haus hat der Sprecher von US-Präsident George W. Bush seinen Rückritt erklärt. Dies sei ein "guter Moment", um Abschied zu nehmen, da sich das Weiße Haus in einer "Übergangsphase" befinde, sagte Präsidentensprecher Scott McClellan am 19. April in Washington. Sein Nachfolger wurde von Bush zunächst noch nicht benannt. Nach US-Medienberichten soll auch der einflussreiche Präsidentenberater Karl Rove künftig eine weniger zentrale Rolle im Weißen Haus spielen. Mit dem Umbau seines Mitarbeiterteams reagiert Bush offenbar auf seine in den vergangenen Monaten drastisch gesunkenen Umfragewerte, die vor allem auf den Irak-Krieg, aber auch auf innenpolitische Schwierigkeiten zurückzuführen sind.
  • Im Streit um die Regierungsbildung im Irak deutet sich ein Kompromiss an. So soll der umstrittene Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten, Ibrahim al-Dschafari, unter Umständen bereit sein, auf den Posten zu verzichten. Entsprechend äußerte sich der Vizechef der schiitischen Dawa-Partei, Dschawad al-Malki. Er sagte am 20. April, dass die Schiiten dafür von den Kurden und Sunniten, die Al-Dschafari ablehnen, andere personelle Zugeständnisse erwarten. Der noch amtierende Übergangspremier Al-Dschafari ist Chef der Dawa-Partei.
  • "Jetzt endlich sieht es so aus, dass wahrscheinlich ein Ass sticht und sie freikommen", war aus westlichen Geheimdienstkreisen am 20. April in Bagdad zu erfahren. Es geht um die beiden deutschen Ingenieure, die am 24. Januar in der nordirakischen Stadt Beidschi gekidnappt worden waren. Über das "Wie, Wann und Wo" einer möglichen Freilassung wird nach wie vor nichts mitgeteilt. Berlin hüllt sich weiter in Schweigen. Die Geheimdienstler sprechen von "Pekuniärem", das zum Freikommen der beiden Männer führen könnte. Das Wort "Lösegeld" wird vermieden. (ddp)
  • Der umstrittene Ministerpräsident Ibrahim al Dschaafari erklärte sich bereit, die Nominierung des künftigen Regierungschefs seiner Dawa-Partei zu überlassen, wie Parteisprecher Dschawad al Maliki am 20. April mitteilte. Eine für den Nachmittag geplante Parlamentssitzung wurde daraufhin auf Samstag verschoben, um den Schiiten Zeit für weitere Beratungen zu gewähren. Die Mehrheit der Schiitischen Allianz sei inzwischen gegen eine Nominierung Al Dschaafaris, sagte der Abgeordnete Bassem Scharif. Noch am Vortag hatte Al Dschaafari betont, er werde an seinem Amt festhalten. Parteisprecher Al Maliki betonte nunmehr, der Regierungschef werde zwar nicht zurücktreten, aber "er klebt nicht mehr an diesem Posten".
  • Der anhaltenden Gewalt fielen am 20. April mindestens neun Menschen zum Opfer. In Süden von Bagdad wurden zwei Kämpfer der Al-Sadr-Miliz erschossen, wie die Polizei mitteilte. Im nahe gelegenen Stadtteil Dora überfielen Bewaffnete eine Bäckerei und töteten zwei schiitische Arbeiter. In Kerbela wurde ein früherer Offizier der Sicherheitsgarde des gestürzten Staatschefs Saddam Hussein erschossen. In Chalis, 80 Kilometer nördlich der Hauptstadt, riss ein am Straßenrand versteckter Sprengsatz zwei Polizisten und eine Zivilperson in den Tod, in Bakuba kam ein weiterer Polizist bei einer Bombenexplosion ums Leben. Im südlichen Bagdader Stadtteil Saidija griffen Bewaffnete eine sunnitische Moschee an. Bei dem einstündigen Feuergefecht am frühen Morgen des 20. April wurde laut Polizeiangaben niemand verletzt, es entstand jedoch Sachschaden an der Moschee und mehreren umliegenden Häusern.
  • In New York hat am 20. April ein Prozess gegen 18 Großmütter begonnen, die sich als Protest gegen den Irak-Krieg freiwillig zur Armee melden wollten. Die Damen zwischen 50 und 91 Jahren plädierten allesamt auf nicht schuldigt und kündigten an, jegliche Strafe zu ignorieren. Die Großmütter, die sich zur "Granny Peace Brigade" (etwa: 'Friedensbrigade der Omis') zusammengeschlossen haben, waren im vergangenen Oktober festgenommen worden. Sie hatten vor einer Rekrutierungsstelle am New Yorker Times Square gegen den Irak-Krieg demonstriert und wollten sich selbst zur Armee melden.
  • Im Irak hat die schiitische Dawa-Partei ihre Nummer zwei, Dschawad el Maliki, zum neuen Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten nominiert. Das sagte Bassem Scharif, einer der Chefs der sieben Parteien, die zusammen die Vereinigte Irakische Allianz bilden, am 21. April der Nachrichtenagentur AFP. Sechs der sieben Gruppierungen stimmten demnach für Maliki. Zuvor hatte die Dawa-Partei zwei Kandidaten vorgeschlagen, neben Maliki den weitgehend unbekannten Ali el Adib.
  • Die australischen Truppen im Irak beklagen ihren ersten Toten. Ein Soldat der Australian Defence Force sei am 21. April von einer Kugel getroffen worden und später im Krankenhaus an seinen Verletzungen gestorben, teilte das australische Verteidigungsministerium einen Tag später mit. Eine Untersuchung des Vorfalls, der keine Kampfhandlung gewesen sei, sei im Gange.
  • Die Schiiten im Irak haben am 22. April den bisherigen Chef des Sicherheitsrates, Dschawad el Maliki, als ihren Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten bestätigt. Die politische Instanz der Vereinigten Irakischen Allianz sei am 22. April zusammengekommen und habe diese Entscheidung getroffen, sagte der Chef des Obersten Revolutionsrates, Abdel Assis Hakim. Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten solle Adel Abdel Mehdi bleiben. Am 22. April sollte das Parlament in Bagdad zum zweiten Mal seit der Wahl vom 15. Dezember zusammentreten.
  • Die US-Regierung hat nach Angaben eines ehemaligen Mitarbeiters des Geheimdienstes CIA vor dem Einmarsch in den Irak gewusst, dass die Regierung von Saddam Hussein über keine Massenvernichtungswaffen verfügte. Die CIA habe verlässliche Erkenntnisse weitergeleitet, dass es im Irak solche Waffen nicht gegeben habe, sagte der ehemalige CIA-Mitarbeiter Tyler Drumheller. Die im Weißen Haus mit der Vorbereitung des Krieges befassten Mitarbeiter hätten nicht wissen wollen, dass es die Regierung Saddamn Husseins über keine Massenvernichtungswaffen verfüge, sagte Drumheller dem Fernsehsender CBS am 22. April. Sie hätten gezielt nur die Informationen ausgewertet, die in ihre Kriegsstrategie gepasst hätten.
  • Der Schiit Dschawad el Maliki ist mit der Regierungsbildung im Irak beauftragt worden. Der kurz zuvor vom Parlament als Staatspräsident im Amt bestätigte Kurde Dschalal Talabani gab Maliki am 22. April den Auftrag zur Regierungsbildung. Maliki ist die Nummer zwei der Dawa-Partei des bisherigen Regierungschefs Ibrahim Dschaafari, der über Wochen zum Amtsverzicht gedrängt wurde und schließlich aufgab. Maliki kündigte die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit an, um "gegen Terrorismus und Korruption vorzugehen".
  • In der Rebellenhochburg Tel Afar im Norden des Landes starben am Abend des 21. April sechs Polizisten, als eine ferngezündete Autobombe detonierte.
    Am 22. April wurden bei der Detonation von zwei Sprengsätzen nördlich und südlich von Bagdad insgesamt drei Iraker getötet und 22 Menschen verletzt.
    Bei einer Polizeirazzia in Ramadi westlich von Bagdad kamen ein Iraker und vier seiner Söhne ums Leben.
    In Bakuba südlich von Bagdad erschossen Bewaffnete einen Universitätsprofessor. Sie hätten den Mann, der sich mit seinem Wagen auf dem Weg zur Arbeit befand, in einen Hinterhalt gelockt und das Feuer auf ihn eröffnet, berichteten Ärzte am Samstag. Er starb noch am Tatort.
  • Nach der Erteilung des Auftrags zur Regierungsbildung im Irak will der schiitische Politiker Dschawad el Maliki die Integration der zersplitterten Milizen in die Armee des Landes erreichen. Es gebe insgesamt elf verschiedene Milizen, die mit den politischen Parteien verknüpft seien, sagte Maliki am 22. April vor dem Parlament in Bagdad. Ein Gesetz sehe jedoch vor, dass die Streitkräfte "ausschließlich" von der Regierung befehligt würden.
  • US-Außenministerin Condoleezza Rice hat die jüngsten Beschlüsse des irakischen Parlaments als einen "Meilenstein" auf dem Weg zur Bildung einer dauerhaften Regierung bezeichnet. "Die Iraker sind jetzt auf dem richtigen Weg zur Bildung dieser Regierung der nationalen Einheit", sagte Rice am 22. April bei einer Konferenzschaltung mit Journalisten.
  • Die jüngsten Beschlüsse des irakischen Parlaments auf dem Weg zu einer Regierungsbildung "werden Amerika sicherer machen", sagte US-Präsident Bush. Der britische Außenminister Jack Straw sagte, er hoffe, dass nun der "Weg zu einer neuen Regierung geebnet" sei, die sich der vielen schwierigen Aufgaben im Irak annehmen werde.
  • Wer sind die wichtigsten irakischen Führungspolitiker? AP gibt am 23. April eine Übersicht:
    Staatspräsident Dschalal Talabani: Der erstmals im April 2005 zum Staatsoberhaupt gewählte Kurde wurde am Samstag vom Parlament für eine zweite Amtszeit bestätigt. Er gründete 1975 die Patriotische Union Kurdistans, eine der zwei größten kurdischen Parteien, die seit 1990 gemeinsam die weitgehend autonomen Kurdengebiete im Nordirak regieren. Talabani wurde 1933 geboren.
    Designierter Ministerpräsident Dschawad al Maliki: Der 55-Jährige ist ein langjähriges Führungsmitglied der schiitischen Dawa-Partei. Unter dem Regime von Saddam Hussein wurde er zum Tode verurteilt und floh 1980 ins Exil, zunächst in den Iran, später nach Syrien. Nach dem Sturz von Saddam Hussein 2003 kehrte Al Maliki in den Irak zurück. Bei der ersten Wahl im Januar 2005 wurde er als Vertreter der schiitischen Allianz ins Parlament geschickt. Er gehörte außerdem der Kommission zur Entbaathifizierung an, die für den Ausschluss ehemaliger Gefolgsleute Saddam Husseins aus allen öffentlichen Ämtern zuständig war. Der vierfache Vater wurde am 1. Juli 1950 in einem Dorf bei Kerbela geboren.
    Parlamentspräsident Mahmud al Maschhadani: Der Sunnit gehörte in den 80er und 90er Jahren einer der islamistischen Gruppen an, die gegen die säkulare Regierung Saddam Husseins opponierten. Er wurde deswegen zwei Mal festgenommen, zuletzt im Jahr 2000. Heute gehört er dem sunnitischen Parteienbündnis Irakische Eintracht an, auf dessen Liste er bei der Wahl im Dezember ins Parlament einzog. Der gelernte Arzt kam 1948 in Bagdad zur Welt.
  • Am 23. April wurde das Verteidigungsministerium in Bagdad mit Mörsergranaten angegriffen. Nach Angaben des Innenministeriums wurden sechs Menschen getötet und drei weitere Menschen verletzt. Die Granate sei in unmittelbarer Nähe des Eingangsbereiches des Ministeriums eingeschlagen. Bei den Opfern handele es sich um Zivilisten. - Das Verteidigungsministerium liegt in der so genannten Grünen Zone in Bagdad, die stark abgesichert ist. Dort befinden sich unter anderem das irakische Parlament sowie die Botschaft der USA.
  • Die US-Armee soll einem Zeitungsbericht zufolge künftig die Schlüsselrolle im weltweiten Anti-Terror-Kampf der USA erhalten. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld habe insgesamt drei entsprechenden Plänen zugestimmt, berichtete die "Washington Post" am 23. April unter Berufung auf Pentagon-Vertreter. Die in drei Jahren entwickelte Strategie gibt der US-Armee demnach auch außerhalb der Kriegsgebiete in Afghanistan und im Irak Anti-Terror-Kompetenzen, die bisher bei Außenministerium und dem Geheimdienst CIA lagen. Spezialeinheiten der US-Armee seien dafür bereits an rund 20 Botschaften im Nahen Osten, Asien, Afrika und Südamerika stationiert.
  • Bei Mörserangriffen nahe der stark gesicherten Grünen Zone in Bagdad sind am 23. April mindestens fünf Menschen getötet und zwölf weitere verletzt worden. Die Granaten schlugen unmittelbar neben einem Tor des Verteidigungsministeriums nur wenige Meter vor der Einfahrt zur Sicherheitszone ein.
  • Der arabische Nachrichtensender Al-Dschasira hat am 23. April eine Tonbandbotschaft ausgestrahlt, die von Terroristenführer Osama bin Laden stammen soll. Darin wird der westlichen Welt vorgeworfen, einen "Kreuzzug gegen den Islam" zu führen. Als Beispiele werden unter anderen die Konflikte im Irak, Pakistan, dem Sudan und Tschetschenien genannt. Außerdem bezog sich der männliche Sprecher der Botschaft auf die Entwicklung im Nahen Osten. Zuletzt war im Januar eine angeblich von Osama bin Laden stammenden Tonbandbotschaft aufgetaucht.
  • Der Einmarsch in den Irak wird sich nach Ansicht der ehemaligen US-Außenministerin Madeleine Albright vermutlich als "eine der schlimmsten Katastrophen" in der Geschichte der Vereinigten Staaten herausstellen. Der gestürzte irakische Staatschef Saddam Hussein sei zwar "schrecklich", aber nach ihrer Einschätzung keine Bedrohung für die USA gewesen, sagte Albright der "New York Times" (Ausgabe vom 23. April). "Man kann nicht gegen jeden in den Krieg ziehen, den man nicht mag", fügte Albright hinzu.
  • US-Präsident George W. Bush hat die neue Staatsführung im Irak aufgefordert, sich verstärkt für die Einigung ihres gespaltenen Landes einzusetzen. In Telefonaten mit dem designierten Ministerpräsidenten Dschawad el Maliki, Präsident Dschalal Talabani und Parlamentspräsident Mahmud Maschhadani habe er auf ihre große Verantwortung gegenüber ihrem Volk hingewiesen, sagte Bush am 23. April auf dem US-Marinestützpunkt im kalifornischen Twentynine Palms. In ihren Händen liege es nun, den Alltag von Männern und Frauen "ungeachtet ihres Glaubens" zu verbessern, die "Terroristen zu besiegen" sowie das Land zu einen, sagte der US-Präsident weiter. Er fügte hinzu: "Ich glaube, das werden sie auch tun."
Montag, 24. April, bis Sonntag, 30. April
  • Bei der Explosion von sechs Autobomben in Bagdad kamen am 24. April acht irakische Zivilisten ums Leben, mehr als 70 erlitten Verletzungen.
    In dem Unruheviertel El Dura im Süden Bagdads erschossen unbekannte Angreifer mindestens sechs Menschen; in einem nahegelegenen Stadtteil wurde darüber hinaus die Leiche eines offenbar Gehenkten gefunden.
    Bei weiteren Angriffen und Anschlägen in Bagdad und Mahmudija etwa 30 Kilometer südlich der Hauptstadt wurden mindestens 12 Menschen verletzt, unter ihnen zwei Polizisten und sechs irakische Soldaten.
  • Die türkische Armee will bei ihrer Offensive gegen die kurdische Guerilla-Gruppe PKK im Südosten des Landes auch die Grenze zum Nachbarland Irak überschreiten, wenn sie es für nötig hält. Die Armee hatte vergangene Woche mit einer Offensive gegen die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) in Südostanatolien begonnen. Nach Presseberichten vom 24. April wurden seitdem mehr als 30 Menschen getötet. Allein bei einem Gefecht in Sirnak starben am 23. April offiziellen Angaben zufolge drei PKK-Kämpfer und ein Soldat.
  • Inspektoren aus den USA und dem Irak haben nach Informationen der "Washington Post" in mindestens sechs irakischen Gefängnissen erneut Misshandlungen von Häftlingen aufgedeckt. Sie hätten im Februar in den vom irakischen Innenministerium betriebenen Haftanstalten unter anderem Gefangene gesehen, deren Rücken Spuren von Riemenschlägen aufwies, berichtete die Zeitung am 24. April unter Berufung auf einen führenden US-Inspektor. Auch von "zahlreichen Prellungen an Armen, Beinen und Füßen" war demnach in einer E-Mail des Inspektors die Rede. Doch nur einige der am schwersten misshandelten Häftlinge seien für eine medizinische Behandlung weggebracht worden. US-Militärbehörden bestätigten der Zeitung zufolge, dass in zwei Gefängnissen Anzeichen für schwere Misshandlungen festgestellt worden seien.
  • Bei neuen Angriffen im Irak sind am 25. April mindestens zwölf Menschen ums Leben gekommen. 300 Kilometer westlich der den Schiiten heiligen Stadt Kerbela wurden die Leichen von sechs irakischen Angestellten einer Mobilfunkfirma gefunden. 70 Kilometer nördlich von Bagdad erschossen Rebellen aus zwei Autos heraus zwei Polizisten, die eine Ölpipeline bewachten. In Baakuba etwas weiter südlich töteten Rebellen einen Zivilisten und seine zehnjährige Tochter. Nach Angaben des irakischen Verteidigungsministeriums wurden in der vergangenen Woche mehr als 120 Zivilisten im Irak getötet und 150 weitere verletzt.
    Weitere tödliche Zwischenfälle gab es in dem Bagdader Schiitenviertel Sadr-City und in Mahmudijah südlich der irakischen Hauptstadt. Insgesamt wurden zehn Menschen verletzt.
    Insgesamt seien in der vergangenen Woche 469 Angriffe gezählt worden, bei 173 habe es Opfer oder Schäden gegeben, sagte Ministeriumssprecher Abdel Asis Mohammed in Bagdad. 17 Attentate seien durch Autobomben verübt worden, davon seien vier Selbstmordanschläge gewesen. Den Angaben zufolge wurden über 600 Einsätze gegen Rebellen gestartet, bei denen in einer Woche dutzende Waffenverstecke entdeckt und rund 240 "Terroristen" festgenommen wurden.
  • US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hat die US-geführten Militäreinsätze in Afghanistan und im Irak als Mittel verteidigt, um den Iran in Schranken zu halten. "Ein Erfolg in Afghanistan und ein Erfolg im Irak sind entscheidend, um die extremen Anstöße im Zaum zu halten, die wir vom Iran ausgehen sehen", sagte Rumsfeld im Gespräch mit dem ministeriumseigenen Fernsehsender. Das Letzte, was die iranische Führung wolle, seien erfolgreiche Regierungen, politische Systeme mit gewählten Volksvertretern sowie freie Menschen in Afghanistan und im Irak. Wer der Ansicht sei, dass die US-Einsätze in den beiden Ländern zu teuer seien oder zu lange dauerten und dass die USA davon ablassen sollten, der solle sich überlegen, was dies für den Iran bedeuten würde. Es sei zu bedenken, wie sehr dies dem Anliegen der iranischen Führung nützen würde, "und ihr Anliegen ist eines, das für die Welt gefährlich ist", sagte Rumsfeld. (AFP, 25. April)
  • US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld strebt mit der neuen irakischen Regierung eine rasche Einigung über den Verbleib von US-Stützpunkten und die weitere militärische Zusammenarbeit an. Das sagte Rumsfeld während seines überraschenden Besuches am 26. April in Bagdad. Rumsfeld will mit der neuen irakischen Führung außerdem über die Zukunft der multilateralen Streitkräfte im Irak sprechen. Nach UN-Resolution 1637 soll die Dauer für diesen Einsatz bis zum 15. Juni überprüft werden. Sollte es keine ausdrückliche Bitte der neuen Regierung auf eine Verlängerung geben, läuft das Mandat spätestens bis zum Jahresende aus.
  • Wenige Stunden nach US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld ist auch US-Außenministerin Condoleezza Rice zu einem Überraschungsbesuch in Bagdad eingetroffen. Ziel ihrer Reise sei es, den politischen und den militärischen Prozess im Irak eng zu verzahnen, sagte die Ministerin am Mittwoch mitreisenden Journalisten. Erst vor vier Tagen war nach langem Tauziehen Dschawad el Maliki als irakischer Ministerpräsident nominiert worden. Rice, die von Ankara aus mit einer US-Militärmaschine in Bagdad eintraf, hatte den Irak zuletzt Anfang April besucht.
    Die USA haben dem designierten irakischen Ministerpräsidenten Dschawad al-Maliki ihre volle Unterstützung zugesagt. Bei der Besetzung der Fachministerien sei es jetzt wichtig, Personen nach ihrer Kompetenz und nicht nach ihrer Religionszugehörigkeit zu wählen, sagte US-Außenministerin Condoleezza Rice bei ihrem Besuch in Bagdad.
  • Der Anführer der Terrororganisation El Kaida im Irak, Abu Mussab el Sarkawi, ist angeblich erstmals auf einem Video zu sehen. "Bei Gott, Amerika wird im Irak besiegt werden", sagt der als Sarkawi identifizierte Mann in dem Video, das am 26. April im Internet verbreitet wurde. Amerika werde aus dem Zweistromland verjagt und gedemütigt werden. Er drohte allen Irakern, die mit den USA und der irakischen Polizei oder Armee zusammenarbeiteten: Ihnen drohten "ein scharfes Schwert" und "Kämpfe, bei denen Kinder weiße Haare bekommen werden". Die Echtheit des Videos konnte zunächst nicht bestätigt werden.
  • Bei einem Anschlag auf ein Fahrzeug der multinationalen Truppen im Irak sind am 27. April drei Italiener und ein Rumäne getötet worden. Wie das italienische Verteidigungsministerium in Rom mitteilte, wurde ein weiterer Italiener schwer verletzt. Das rumänische Verteidigungsministerium bestätigte in Bukarest den Tod eines rumänischen Soldaten. In dem Fahrzeug, das in einem Konvoi von insgesamt vier Militärfahrzeugen bei Nassirijah im Süden des Landes unterwegs war, befanden sich vier Italiener und ein Rumäne.
  • Nach dem tödlichen Anschlag auf italienische Soldaten im Irak will die künftige Linksregierung in Rom den geplanten Truppenabzug nicht beschleunigen. Die Pläne für die Rückholung der italienischen Soldaten aus dem Irak hätten sich mit dem Tod der drei Soldaten nicht geändert, sagte der Vorsitzende des Linksbündnisses, Romano Prodi, am 27. April in Rom. Seine Regierung werde nach ihrem Amtsantritt wie angekündigt ihre Truppen in Absprache mit der irakischen Regierung so schnell wie möglich abziehen. Damit liege die Linke "nicht weit entfernt" von der derzeit noch amtierenden Regierung unter Silvio Berlusconi, die einen Truppenabzug bis Jahresende angekündigt hatte, sagte Prodi.
  • Bei den 27. April aufgeflammten Kämpfen in Bakuba erhöhte sich die Zahl der Toten auf 58, wie die irakischen Streitkräfte am 28. April mitteilten. Neben 49 Aufständischen seien sieben irakische Soldaten und zwei Zivilpersonen ums Leben gekommen. 74 Rebellen wurden den Angaben zufolge festgenommen.
  • Bei einem Bombenanschlag auf eine Polizeipatrouille in Bagdad wurde am 28. April ein Beamter getötet, ein weiterer Anschlag nördlich der irakischen Hauptstadt kostete einen US-Soldaten das Leben.
  • US-Soldaten haben am 28. April im Irak einen Führer des Terrornetzwerks Al Kaida getötet, der für zahlreiche Anschläge verantwortlich gemacht wird. Wie die Streitkräfte mitteilten, floh Hamid Al Takhi vor amerikanischen Truppen, die nach einem Hinweis des irakischen Geheimdienstes ein Haus außerhalb von Samarra knapp 100 Kilometer nördlich von Bagdad durchsuchten. Der auch als "Emir von Samarra" bekannte Terrorist sei erschossen worden. Zwei weitere Extremisten, die den Unterschlupf verteidigen wollten, wurden den Angaben zufolge ebenfalls getötet.
  • Der Irak ist nach Angaben der US-Regierung der Brennpunkt des weltweiten Terrorismus. Laut einem vom Außenministerium am 28. April in Washington veröffentlichten Bericht wurden von insgesamt 11.111 Terroranschlägen im vergangenen Jahr rund 3.500 im Irak begangen; das ist ein Anteil von 30 Prozent. Das Ministerium bezeichnete das Land als die "Schlüsselfront" im Kampf gegen den Terrorismus. Von den weltweit mehr als 14.600 Terror-Toten starb mit 8.300 mehr als die Hälfte im Irak, wie es in dem Bericht heißt. Von den insgesamt rund 40.000 Toten und Verletzten durch Terroranschläge waren zwischen 10.000 und 15.000 Moslems; die meisten moslemischen Terror-Opfer gab es im Irak. In dem Report wird auch eine deutliche Zunahme der Selbstmordanschläge in verschiedenen Ländern konstatiert. Allein durch diese Art von Angriffen seien etwa 3.000 Menschen getötet worden.
    Insgesamt sind die Zahlen deutlich höher als die des Vorjahresberichts, als insgesamt 651 Anschläge und 1.907 Tote im Jahr 2004 registriert wurden. Die massive Differenz ist allerdings darauf zurückzuführen, dass die Definition von "Terrorismus" erweitert wurde. Zuvor waren darunter nur grenzübergreifende Aktivitäten erfasst. Nun sind auch solche Angriffe eingeschlossen, die von Bürgern desselben Landes begangen werden, in dem die Operation stattfindet.
    Der Iran wird schon wie in den Vorjahren als der weltweit aktivste Staat in der Förderung von Terroraktivitäten gebrandmarkt. Auch die übrigen fünf Länder, die auf dieser Schwarzen Liste genannt werden, sind die selben geblieben: Dies sind Kuba, Libyen, Nordkorea, der Sudan und Syrien.
  • Bei neuen Angriffen im Irak sind am 29. April mindestens sieben Menschen getötet und 16 weitere verletzt worden. Zwei Polizisten kamen nahe Baidschi 200 Kilometer nördlich von Bagdad ums Leben, als ein selbst gebauter Sprengsatz neben dem Konvoi des örtlichen Polizeichefs explodierte, wie die Behörden mitteilten. In Dschorf el Sachr südlich von Bagdad töteten Unbekannte einen Polizisten und einen Zivilisten auf der Straße, nachdem sie die Männer aus ihren Häusern geholt hatten. Zwei Soldaten kamen ums Leben, als Bewaffnete einen Armeekonvoi in Suairah südlich von Bagdad unter Beschuss nahmen. In der irakischen Hauptstadt wurde ein Polizist durch eine Bombenexplosion im westlichen Viertel Ghasalijah getötet.
  • Im Bagdader Stadtteil Dora wurden am 29. April die Leichen von sechs gefesselten Männern gefunden, die offenbar zu Tode gefoltert wurden, wie die Polizei mitteilte.
  • Die anhaltende Gewalt im Irak hat nach Angaben der Regierung in Bagdad bereits zehntausende Menschen in die Flucht getrieben. Vizepräsident Adil Abdul Mahdi sprach von rund 100.000 Familien, die vor Anschlägen und Übergriffen geflohen seien. 90 Prozent davon seien Schiiten, sagte er. Die Schiitische Stiftung bezifferte die Zahl der Flüchtlinge auf 90.000 beziehungsweise 13.750 Familien. Allein 25.000 Iraker seien seit den Anschlägen auf die Goldene Moschee von Samarra am 22. Februar auf der Flucht, sagte Stiftungssprecher Salah Abdul Rassak am 29. April laut AP.
  • Mehrere zehntausend Menschen haben am 29. April in New York gegen den Irak-Krieg demonstriert und den sofortigen Abzug der amerikanischen Truppen gefordert. "Wir sind heute hier, weil der Krieg unrechtmäßig, unmoralisch und unethisch ist", sagte der Geistliche und Bürgerrechtler Al Sharpton. An der Protestkundgebung in Manhattan nahm auch die als «Peace Mom» bekannte Friedensaktivistin Cindy Sheehan teil, deren Sohn im Irak getötet worden war. Unter den Teilnehmern waren ferner die Schauspielerin Susan Sarandon und der Bürgerrechtler Jesse Jackson. Eine Gruppe marschierte unter dem Banner "Veteranen für Frieden". Die Organisatoren sprachen von 300.000 Teilnehmern, die Polizei gab keine Zahlen bekannt. (AP) (Anmerkung der Red.: Warum spricht AP dann von "mehreren zehntausend Menschen"? Betuht diese Angabe auf einer eigenen Zählung durch AP? dpa verkleinerte die Demonstration noch weiter, indem sie nur von "tausenden Kriegsgegnern" sprach.)
  • Seit Kriegsbeginn (März 2003) kamen mindestens 2.399 US-Soldaten im Irak ums Leben. Nach Angaben der Streitkräfte wurden im April 70 US-Soldaten im Irak getötet, das ist die höchste Opferzahl seit Jahresbeginn. (AP, 30. April)
  • Die irakischen Behörden haben den Iran beschuldigt, Stellungen der verbotenenen Kurdenguerilla PKK im Nordirak bombardiert zu haben. Fünf Kilometer hinter der Grenze seien mehr als 180 Artilleriegranaten auf irakischem Territorium in der Nordprovinz Erbil eingeschlagen, hieß es in einer am 30. April veröffentlichten Erklärung des Verteidigungsministeriums in Bagdad. Die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) die für eine kurdische Autonomie kämpft, wird von der Türkei, der Europäischen Union und den USA als Terrororganisation eingestuft. Die Kurden beschuldigen Teheran, bei der Niederschlagung ihrer Bewegung mit Ankara zusammenzuarbeiten.
  • Die iranischen Streitkräfte haben nach Angaben der Regierung in Bagdad Stützpunkte von kurdischen Rebellen im Nordirak bombardiert. In der Nähe der Ortschaft Hadsch Omran, etwa fünf Kilometer jenseits der gemeinsamen Grenze, seien mehr als 180 Granaten eingeschlagen, erklärte das irakische Verteidigungsministerium am 30. April. Verletzt wurde offenbar niemand. Der Iran hat nach kurdischen Angaben in derselben Gegend schon vor gut einer Woche Stellungen der Rebellen beschossen. Die kurdischen Kämpfer haben ihr Vorgehen gegen iranische Truppen von irakischem Boden aus in jüngster Zeit verstärkt. Teheran zufolge haben sie Verbindungen zur verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK.
  • Iraks Präsident Talabani ist mit Vertretern mehrerer Rebellen-Gruppen zusammengetroffen, um über eine Waffenruhe zu sprechen. Danach äußerte er sich zuversichtlich. "Ich bin überzeugt, dass mit sieben bewaffneten Gruppen, die mich besucht haben, eine entsprechende Vereinbarung getroffen werden kann", erklärte Dschalal Talabani am 30. April. Den Angaben des Präsidentenamtes zufolge nahmen auch Vertreter der US-Regierung an dem Treffen teil, das im kurdischen Norden Iraks stattgefunden habe. Zum Zeitpunkt und zur genauen Identität der Gruppen machte der Kurde Talabani keine Angaben. Es ist das erste Mal, dass ein Vertreter der irakischen Regierung solche Gespräche zugibt.
  • Der frühere US-Außenminister Colin Powell kritisierte die Militärstrategie der USA in Nachkriegsirak. Er sagte am 30. April dem britischen Sender ITV, er habe schon während seiner Amtszeit darauf hingewiesen, dass die Truppenpräsenz nicht ausreichend sei, um für Ordnung in dem Golfstaat zu sorgen. Die Präsidentenberater hätten dies zurückgewiesen.
  • Die Amerikaner müssen sich nach Einschätzung von US-Präsident George W. Bush auf weitere Opfer im Irak einstellen. Es werde noch weitere "Tage der heftigen Kämpfe und der Opfer" geben, sagte er laut dpa vom 30. April in seiner wöchentlichen Rundfunkansprache. Die Bildung einer neuen irakischen Regierung sei zwar ein "wirklicher Rückschlag" für die Gegner im Irak. Dieser "Meilenstein" bedeute aber kein Ende der Gewalt.
  • Irakische und amerikanische Soldaten haben bei Razzien südlich von Bagdad mehr als 20 Aufständische aus dem Ausland getötet. Einige hätten Sprengstoffwesten getragen, teilten die US-Streitkräfte am 30. April mit. Die Einsätze um die Ortschaft Jussifija, rund 20 Kilometer südlich der Hauptstadt, erstreckten sich den Angaben zufolge über mehrere Wochen. Die Region gilt als Rückzugsgebiet für Aufständische, die dort Anschläge in Bagdad vorbereitet haben sollen. Allein am vergangenen Dienstag (25. April) seien zwölf Aufständische getötet worden, darunter mindestens fünf aus dem Ausland, hieß es in der Erklärung. Anfang April war in der Nähe von Jussifija ein Kampfhubschrauber der US-Streitkräfte allem Anschein nach abgeschossen worden, die beiden Insassen kamen ums Leben. (Siehe unsere Chronik vom 1. April)


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