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Irak: Chronik wichtiger Ereignisse

1. bis 15. Januar 2006

Sonntag, 1. Januar, bis Sonntag, 8. Januar
  • Bei einer Serie von Anschlägen und Angriffen wurden mindestens 40 Menschen verletzt. Landesweit explodierten am 1. Jan. zwölf Autobomben und zwei Sprengsätze, wobei insgesamt 29 Menschen verletzt wurden. Bei Schüssen auf eine Patrouille von US-Soldaten nach einem Autobombenanschlag im Norden des Irak wurden elf weitere Menschen verletzt.
  • Nach Erfüllung der Geiselnehmer-Forderungen sind fünf im Irak entführte Sudanesen freigelassen worden. Die Männer seien bei guter Gesundheit, meldete die sudanesische Nachrichtenagentur Suna am 1. Jan. unter Berufung auf einen Sprecher des Außenministeriums in Khartum. Über das Schicksal eines sechsten entführten Sudanesen wurde zunächst nichts bekannt. Das El-Kaida-Netzewerk von Osama bin Laden hatte sich am Donnerstag im Internet zu der Geiselnahme bekannt und die Regierung in Khartum aufgefordert, binnen 48 Stunden die diplomatischen Beziehungen zu Bagdad abzubrechen, die Botschaft zu schließen und alle Repräsentanten aus dem Irak abzuziehen.
  • Ein vor vier Monaten im Irak entführter Zyprer ist nach Angaben einer Angehörigen vom 1. Jan. wieder frei. Sie habe mit ihm gesprochen, es gehe ihm gut, sagte seine Tante, Rita Medzadourian, der Nachrichtenagentur AP in Nikosia. Der 41-jährige Garabet Jekerjian war im August in Bagdad von Bewaffneten verschleppt worden. Er besitzt die zyprische und die libanesische Staatsbürgerschaft. Er arbeitete für eine zyprische Firma, die die US-Truppen im Irak mit Lebensmitteln und Alkoholika beliefert. Wann er wieder freikam, war zunächst unbekannt.
  • Bei einer Demonstration gegen die Treibstoffknappheit und die Verwaltung in der nordirakischen Stadt Kirkuk ist am 1. Jan. ein Mensch getötet worden. Mehrere hundert Demonstranten wurden nach Angaben der örtlichen Polizei gewalttätig: Sie steckten zwei Tankstellen und Büroräume der irakischen Ölgesellschaft in Brand und bewarfen Polizisten mit Steinen. Bei der Niederschlagung der Proteste seien ein Mensch getötet und vier weitere verletzt worden, sagte ein Polizeisprecher.
  • Die US-Armee hat einem Zeitungsbericht zuolge auch irakische Geistliche für Propagandazwecke bezahlt. Wie die "New York Times" am 2. Jan. berichtete, suchte die US-Privatfirma Lincoln Group im Auftrag des Vrteidigungsministeriums nach geeigneten Geistlichen im Irak, um sie für die politischen Ziele der US-Regierung einzuspannen. Die Religionsgelehrten sollten dabei helfen, über Botschaften die Sunniten in der besonders renitenten Region Anbar davon zu überzeugen, "an den Wahlen teilzunehmen und sich gegen den Aufstand zu wenden", schreibt das Blatt unter Berufung auf einen ehemaligen Mitarbeiter des Pentagon-Partners. Etwa vier sunnitische Gelehrte seien unter anderem für die Aufgabe gewonnen worden, Berichte fürs Militär zu verfassen.
  • Bei mehreren Anschlägen sind im Irak am 2. Jan. mindestens acht Menschen getötet worden. Ein Selbstmordattentäter riss in Baakuba fünf Polizeianwärter in den Tod, wie aus Sicherheitskreisen verlautete. Baakuba ist die Hauptstadt der Provinz Dijala und liegt rund 60 Kilometer nördlich von Bagdad. In Iskandarijah, rund 60 Kilometer südlich der irakischen Hauptstadt, erschossen Unbekannte drei Zivilisten. Laut Augenzeugen entführten die Angreifer zudem ein Kind aus dem Auto der Opfer. Im Süden Bagdads explodierte am Morgen eine Bombe, als der Konvoi von Industrieminister Ussama el Nadschafi die Stelle passierte, wie aus Sicherheitskreisen verlautete. Die Detonation richtete demnach nur geringe Schäden an zwei der Fahrzeuge an.
  • Im abgelaufenen Jahr sind im Irak bei Gewaltakten mehr als 5.000 Menschen getötet worden. Laut einer am 2. Jan. veröffentlichten Statistik der Regierung in Bagdad starben insgesamt 5713 Menschen bei Anschlägen und Überfällen, unter ihnen 4.020 Zivilisten. Durchschnittlich starben 2005 also jeden Tag 15 Iraker bei Gewaltakten wie Autobombenanschlägen, Selbstmordattentaten und bewaffneten Überfällen. Die Statistik ist die erste ihrer Art. Die Zahl der Verletzten im Jahr 2005 wird darin auf 8.378 Menschen beziffert, darunter 6.065 Zivilisten. Darüber hinaus starben 2005 laut offizieller Statistik 1.702 Rebellen, 9.264 wurden verhaftet.
  • Der irakische Ölminister Ibrahim al Ulum hat am 2. Jan. seinen Rücktritt bekanntgegeben. Zur Begründung verwies er auf die von der Regierung angeordnete Erhöhung der Benzinpreise am 19. Dezember. Die Entscheidung belaste die Menschen, sagte der Minister. Die Regierung hatte ihn letzte Woche von seinem Amt suspendiert und durch den stellvertretenden Ministerpräsidenten Ahmad Tschalabi ersetzt.
  • Die Ölausfuhren des Irak sind auf den tiefsten Stand seit dem Krieg 2003 gefallen. Im Dezember seien nur noch 1,1 Millionen Barrel pro Tag exportiert worden, sagte ein Sprecher des Ölministeriums am 2. Jan. in Bagdad. Seit dem Ende des Krieges mit den USA Ende 2003 lagen die Ausfuhren im Schnitt bei 1,6 Millionen Barrel pro Tag. Als Grund für den Rückgang nannte der Sprecher zum einen schlechtes Wetter, was die Ölverladung auf Schiffe im Golf behindert habe, sowie Schwierigkeiten bei der Stromversorgung, was den Betrieb der Ölförderpumpen eingeschränkt habe. Zudem seien Pipelines und Raffinerien Ziel von Anschlägen gewesen. Die Ölexporte machen 97 Prozent der Einnahmen im Irak aus.
  • Der schiitische Ministerpräsident des Landes, Ibrahim al Dschaafari, traf am 2. Jan. in Sulaimanija den kurdischen Präsidenten Dschalal Talabani. Bei dem Gespräch sollte es um die Bildung der nächsten irakischen Regierung gehen. Al Dschaafari ist ein führendes Mitglied der schiitischen Irakischen Allianz, die derzeit gemeinsam mit den Kurden die Regierung stellt.
  • Das sunnitische Parteienbündnis Irakische Eintracht will mit Schiiten und Kurden über die Bildung einer gemeinsamen Regierung beraten. Dies vereinbarten Vertreter der Irakischen Eintracht am 2. Jan. bei Gesprächen mit dem kurdischen Regionalpräsidenten Massud Barsani. Die wichtigste politische Gruppierung der sunnitischen Araber gab damit offenbar ihren Protest gegen die Parlamentswahl vom 15. Dezember auf. Man habe vereinbart, "eine ausgeglichene irakische Regierung durch Konsensfindung und Zusammenarbeit zu bilden, abseits von konfessionellen Angelegenheiten", sagte Adnan al Dulaimi von der Irakischen Eintracht am 2. Jan. nach Gesprächen mit Barsani in der kurdischen Stadt Erbil. Er pries die Vereinbarung als Chance für eine politische Stabilisierung des Iraks.
  • Bei einem US-Luftangriff auf mutmaßliche Bombenleger sind in Baidschi 200 Kilometer nördlich von Bagdad mindestens acht Iraker getötet worden. Rettungskräfte bargen die Leichname von drei Frauen, drei Männern und zwei Kindern, berichtete ein AFP-Reporter vor Ort. Drei Überlebende erlitten schwere Verletzungen. Drei weitere Menschen werden noch unter den Trümmern vermutet. Nach Angaben der US-Armee galt der Angriff am Abend des 2. Jan. drei verdächtigen Männern, die vermutlich einen Sprengsatz an einer Straße bei Baidschi gelegt hatten. Die Verdächtigen seien aus der Luft verfolgt worden. Als sie ein nahes Gebäude erreichten, sei Präzisionsmunition eingesetzt worden. Der Gouverneur der Provinz Salaheddin, zu der Baidschi gehört, forderte eine Untersuchung des Angriffs.
  • Die internationale Beobachtermission zur Überprüfung des Wahlergebnisses im Irak hat am 3. Jan. ihre Arbeit aufgenommen. Zwei der Delegationsmitglieder seien bereits vor Ort, sagte der Sprecher der irakischen Wahlkommission, Adel Lami, in Bagdad der Nachrichtenagentur AFP. Sie hätten mit der Prüfung von Beschwerden und Einwänden begonnen. Später solle auch die Stimmauszählung überprüft werden.
  • Bei einem Anschlag auf eine schiitische Trauerprozession im Irak sind am 4. Jan. 30 Menschen getötet worden. 36 Menschen wurden nach Angaben der Polizei verletzt. Der Anschlag ereignete sich auf einem Friedhof der irakischen Stadt Modadija, rund hundert Kilometer nördlich von Bagdad.
  • Bewaffnete Männer töteten am 4. Jan. in der irakischen Hauptstadt zudem einen ranghohen Beamten des Ölministeriums und seinen Sohn. Bei dem Anschlag auf den Wagen von Rahim Ali Sudani, einen der Generaldirektoren des Ministeriums, wurde nach Angaben von Sicherheitskräften dessen Fahrer verletzt.
  • Die Regierung gab am 4. Jan. die Festnahme von 71 Verdächtigen in der Provinz Dyala nordöstlich von Bagdad bekannt, von denen 25 auf einer Fahndungsliste standen. In der Gegend von Baakuba, der Hauptstadt der Provinz, kommt es häufig zu gewalttätigen Zusammenstößen zwischen Aufständischen und irakischen sowie US-Soldaten, aber auch zwischen Schiiten und Sunniten.
  • Die aus irakischer Geiselhaft befreite Archäologin Susanne Osthoff sieht sich als Opfer einer Hetzkampagne durch Deutschland. Sie sagte im Magazin "Stern" (laut Vorabbericht vom 4. Jan.), sie glaube, sie werde von den Deutschen gehasst: "Alle versuchen, mich als arme Irre darzustellen, die zwischen Bomben und Minen planlos durch den Irak hüpft", sagte sie. Sie bestritt, jemals erklärt zu haben, sie wolle in den Irak zurückkehren. In dem Interview gab die 43-Jährige erstmals eine umfassende Darstellung ihrer Entführung, die am 18. Dezember nach 23 Tagen zu Ende gegangen war. Zu ihrem verschleierten Auftritt im ZDF sagte sie, sie habe sich eigentlich nur für die Bemühungen um ihre Freilassung bedanken wollen: "Und jetzt bin ich der Buhmann." Sie habe noch unter dem Schlafentzug der Geiselhaft und den Nachwirkungen von Medikamenten gelitten. Zudem habe sie unter Stress gestanden, der durch den Termindruck verstärkt worden sei und sei dann völlig unvorbereitet vor laufenden Kameras gelandet. Sie habe während ihrer Geiselhaft im Irak "die Hölle erlebt" und sei nach ihrer Freilassung schlecht beraten worden, berichtete Osthoff weiter. Kritik übte sie an der deutschen Botschaft in Bagdad: "Die hätten mich auch von der Botschaft doch einmal in Schutz nehmen können, sagen, ich sei erschöpft und krank. Stattdessen erlebe ich jetzt eine Hetzkampagne, als hätte ich Deutschland etwas angetan."
  • Auf einem Platz in Bagdad detonierte am 4. Jan. laut dem TV-Sender "Al-Arabija" eine Autobombe. Dabei starben acht Menschen.
    In Kirkuk kamen bei der Detonation einer am Straßenrand versteckten Bombe drei Menschen ums Leben.
    Etwa 40 Kilometer von Bagdad griffen Rebellen einen Konvoi von 60 Tankfahrzeugen mit Granaten und Maschinengewehren an. Drei der Fahrzeuge wurden nach Polizeiangaben zerstört.
  • Bei zwei Selbstmordanschlägen sind am 5. Jan. mindestens 111 Menschen getötet und 157 weitere zum Teil schwer verletzt worden:
    In Ramadi wurden 67 Menschen getötet, als sich ein Attentäter nahe einem Rekrutierungsbüro der Polizei in die Luft sprengte; 105 Menschen wurden verletzt. Wie die US-Armee mitteilte, trug der Kamikaze-Täter eine mit explosivem Material gefüllte Jacke und sprengte sich in die Luft, während etwa tausend Interessenten vor dem Rekrutierungszentrum warteten.
    Auf einem belebten Markt in Kerbela starben nach vorläufigen Angaben der Polizei 44 Menschen bei einem Selbstmordanschlag vor einem Mausoleum des Imams Hussein. Kerbela ist ein wichtiger Wallfahrtsort der Schiiten. Die Zahl der Todesopfer in Kerbela könne noch steigen, hieß es. 52 Menschen wurden verletzt, mehrere davon schwer. Weil ein weiterer Angriff befürchtet wurde, seien die Sicherheitsmaßnahmen verstärkt wordenhieß es; vornehmlich an den Krankenhäusern, wo es große Menschenansammlungen gebe. Nach Angaben eines Polizeisprechers waren viele der Opfer Händler und zum Teil aus dem Iran stammende Pilger. Kerbela liegt rund 110 Kilometer südlich von Bagdad.
  • Vier irakische Polizisten wurden am 5. Jan. nahe Baakuba etwa 60 Kilometer nordöstlich von Bagdad getötet, als Unbekannte ihre Wagen mit leichten Waffen beschossen. Vier weitere Sicherheitskräfte wurden verletzt.
  • In Bagdad sprengte sich am 5. Jan. ein Selbstmordattentäter in einem Auto nahe einer Polizeipatrouille in die Luft. Nach Angaben aus Sicherheitskreisen gab es unter den Sicherheitskräften keine Opfer.
  • Angesichts der weiter eskalierenden Gewalt im Irak hat US-Präsident George W. Bush mit amtierenden und ehemaligen Außen- und Verteidigungsministern über die künftige Strategie in dem Land beraten. An dem nicht angekündigten Treffen im Weißen Haus nahmen am 5. Jan. mit der ehemaligen demokratischen Außenministerin Madeleine Albright und dem früheren Verteidigungsminister Robert McNamara zwei erklärte Kritiker von Bushs Irak-Politik teil. "Nicht jeder an diesem Tisch hat meiner Entscheidung, in den Irak zu gehen, zugestimmt. Aber sie alle sind gute Amerikaner, die wissen, das wir jetzt, wo wir dort sind, Erfolge brauchen", sagte Bush. Für die bei dem Treffen gemachten Vorschläge sei er dankbar und er werde sie sich zu Herzen nehmen, betonte der US-Präsident.
  • Die US-Streitkräfte im Irak haben am 5. Jan. innerhalb von 24 Stunden elf Soldaten verloren, mehr Tote an einem einzigen Tag gab es seit einem Monat nicht. Wie ein Militärsprecher am 6. Jan. mitteilte, wurden fünf Soldaten bei einem Bombenanschlag in Kerbela getötet, sechs weitere starben bei Anschlägen in Ramadi, Bagdad und Falludscha. Damit sind seit Beginn des Irak-Kriegs nach einer Zählung der Nachrichtenagentur AP mindestens 2.194 Angehörige der US-Truppen ums Leben gekommen. Die Streitkräfte hatten zuletzt am 1. Dezember binnen eines Tages ähnlich hohe Verluste erlitten, als in der Nähe von Falludscha zehn Marineinfanteristen getötet wurden.
  • Der polnische Verteidigungsminister Radek Sikorski deutete am 6. Jan. an, die polnischen Truppen könnten auch über Dezember 2006 hinaus im Irak stationiert bleiben. Alles hänge von der Entwicklung der Sicherheitslage dort ab, wurde Sikorski von der Zeitung "Rzeczpospolita" zitiert. Präsident Lech Kaczynski hatte den Irak-Einsatz in der vergangenen Woche bis zum Jahresende verlängert. Bis Mitte Februar soll die Zahl der Soldaten jedoch von derzeit 1.400 auf 900 reduziert werden.
  • Der britische Außenminister Jack Straw ist am 6. Jan. in die südirakische Stadt Basra gereist. Straw wolle dort mit örtlichen Führern über die Lage nach der Parlamentswahl im Irak sprechen, teilte das Außenamt in London mit. Bei Gesprächen mit dem Gouverneur von Basra, Mitgliedern des Stadtrats und weiteren Politikern werde Straw sich auch über die Sicherheitslage informieren. Zudem wolle der Außenminister mit den führenden britischen Militärs im Irak zusammenkommen. Auch Premierminister Tony Blair war vor zwei Wochen zu einem Besuch in Basra gewesen. Derzeit sind rund 8.000 britische Soldaten im Süden des Irak stationiert.
  • Die Bundesregierung hat für die Freilassung der Archäologin Susanne Osthoff im Irak rund fünf Millionen Dollar an die Entführer bezahlt. Das erfuhr die Nachrichtenagentur ddp am 6. Jan. aus Sicherheitskreisen in Berlin. Ein Abgesandter des Bundesnachrichtendienstes (BND) habe, wie von den Entführern verlangt, das Geld aufgeteilt in kleineren Scheinen bar aus Berlin in den Irak gebracht. Das "geschnürte Paket" habe ein "erhebliches Gewicht gehabt", war aus der Quelle zu hören. Bisher hatte die Bundesregierung jede Stellungnahme über eine Lösegeldzahlung abgelehnt.
  • Einen Tag nach der Anschlagsserie mit fast 200 Toten im Irak sind am 6. Jan. in Bagdad tausende Schiiten gegen den Terror auf die Straße gegangen. Die aufgebrachten Menschen demonstrierten gegen mehrere sunnitische Führer und den US-Botschafter, denen sie mangelndes Durchgreifen oder eine Unterstützung Aufständischer vorwarfen.
  • Der Stellvertreter von El-Kaida-Chef Osama bin Laden, Ajman el Sawahiri, hat US-Präsident George W. Bush in einer Videobotschaft aufgefordert, seine "Niederlage im Irak" zuzugeben. "Bush, Du musst zugeben, dass Du im Irak besiegt worden bist", hieß es in der Aufnahme von Sawahiri, die der arabische Fernsehsender El Dschasira am 6. Jan. ausstrahlte. Auch in Afghanistan sei der US-Präsident dabei zu verlieren, und "mit Gottes Kraft und Hilfe" werde er auch in Palästina bald besiegt sein, sagte Sawahiri weiter. Die angekündigte baldige Reduzierung der US-Truppen im Irak sei ein "Sieg" für den Islam. Nach Angaben des Senders stammt die Botschaft aus dem moslemischen Monat Sul Kwida, der in der vergangenen Woche zu Ende ging.
  • Die britische Regierung hofft nach Angaben von Außenminister Jack Straw, schon in mehreren Monaten einen Teil ihrer Soldaten aus dem Irak abziehen zu können. Großbritannien hoffe auf einen schrittweisen Abzug seiner rund 8.000 Soldaten, sobald die Iraker überzeugt seien, dass sie selbst für Sicherheit sorgen könnten, sagte Straw bei seinem Besuch in Bagdad am 7. Jan. "Das wird eine Sache von Monaten sein." Der Abzug solle nicht im südirakischen Basra beginnen, wo der Führungsstab der britischen Soldaten stationiert ist, sondern in einer oder zwei der drei übrigen Provinzen, die zum britischen Einsatzgebiet gehören. "Wir sind hier, um den Irak zu befreien", sagte Straw. "Wir sind nicht gekommen, um ihn zu kolonialisieren."
  • In der irakischen Hauptstadt Bagdad ist eine Journalistin aus den USA entführt worden. Der irakische Übersetzer der Reporterin wurde von den Kidnappern erschossen, wie von irakischen Sicherheitskräften am 7. Jan. verlautete. In der US-Botschaft in Bagdad hieß es, ein amerikanischer Journalist sei vermisst gemeldet. Unklar blieb, ob es sich um einen Mann oder um eine Frau handelt. In irakischen Sicherheitskreisen hieß es, eine US-Journalistin sei im Stadtviertel Adl im Westen von Bagdad verschleppt worden. Sie war demnach auf dem Weg zu einem Interview mit dem sunnitischen Politiker Adnan el Dulaimi; dieser sagte der Nachrichtenagentur AFP jedoch, er habe für den 7. Jan. keine Termine mit westlichen Journalisten ausgemacht. Die Geiselnehmer überfielen die Journalistin in unmittelbarer Nähe zu Dulaimis Büro.
  • US-Vertreter haben im Irak ernsthafte Gespräche mit Führern von Aufständischen aufgenommen, berichtete die "New York Times" am 7. Jan. Die USA wollten dabei die wachsenden Spannungen im sunnitischen Dreieck zwischen irakischen Aufständischen sowie radikal-islamischen Gruppen um das Terrornetzwerk El Kaida ausnutzen. Ziel sei es, die lokalen Sunniten-Führer in den politischen Prozess einzubinden. Schwierigstes Hindernis auf dem Weg zu einem Waffenstillstand sei bislang die Forderung der Rebellen-Führer nach einem Fahrplan für den Abzug der US-Truppen. Aus Sicht von US-Vertretern haben sich die Spannungen zwischen den Aufständischen und Mitgliedern von Terrorgruppen wegen der hohen Zahl von irakischen Zivilopfern bei Anschlägen verschärft. Der bewaffnete Widerstand von lokalen Sunniten-Gruppen ziele vor allem darauf ab, die US-Truppen aus dem Irak zu vertreiben, schreibt das Blatt. Dagegen wollten radikale Gruppen um El Kaida einen Gottesstaat im Irak errichten.
  • Bis zu 80 Prozent der im Irak getöteten US-Marineinfanteristen hätten einem Zeitungsbericht zufolge überleben können, wenn sie besser geschützt gewesen wären. Wie die "New York Times" unter Berufung auf einen vertraulichen Bericht des Pentagons am 7. Jan. berichtete, hätten bessere als die üblichen Schutzwesten zahlreichen Elitesoldaten das Leben retten können. Das US-Verteidigungsministerium habe sich aber bis vor kurzem trotz drängender Bitten von Kommandeuren vor Ort geweigert, die verbesserten Westen in großer Anzahl an die Truppen im Irak zu verteilen, zitiert die Zeitung Armeevertreter.
  • Der im Irak entführte Franzose Bernard Planche ist nach mehr als einem Monat Geiselhaft wieder frei. Der Ingenieur sei bereits am Nachmittag des 7. Jan. in der Nähe von Bagdad von seinen Entführern auf freien Fuß gesetzt worden, verlautete am 8. Jan. aus irakischen Sicherheitskreisen. Die Entführer hätten den 52-Jährigen am frühen Nachmittag unweit eines gemeinsamen Kontrollpostens der irakischen und US-Truppen westlich der irakischen Hauptstadt abgesetzt und seien anschließend in ihrem Auto geflohen. Der Elysée-Palast in Paris bestätigte die Freilassung Planches in einer Erklärung. Präsident Jacques Chirac sei "sehr erfreut über den glücklichen Ausgang". Planche war am 5. Dezember in Bagdad von vier bewaffneten Männern entführt worden. Der Ingenieur hatte dort für eine Hilfsorganisation als Experte für Wasserversorgung gearbeitet.
  • Die im Irak vorübergehend entführte Archäologin Susanne Osthoff war nach Informationen der "Welt" früher gelegentlich für den Bundesnachrichtendienst (BND) tätig. Die unregelmäßige Zusammenarbeit sei im Mai 2005 seitens des BND gestoppt worden, als es Hinweise auf eine Bedrohung der Deutschen durch Anhänger des Terroristen Zarkawi gab, berichet die Zeitung am 8. Jan. unter Berufung auf "gut informierte Kreise". Zuvor habe Osthoff BND- Mitarbeitern im Irak gelegentlich über ihre Einschätzung der Situation berichtet. Die 43jährige soll aber zu keinem Zeitpunkt "systematische" Mitarbeiterin des BND gewesen sein, hieß es in dem Blatt weiter. Sie habe jedoch den nachrichtendienstlichen Hintergrund ihrer Gesprächspartner gekannt. Osthoff soll für ihre Informationen mitunter kleine Geldbeträge bekommen haben. Nachdem der BND die Zusammenarbeit beendete, hielt die Wissenschaftlerin lediglich noch privaten Kontakt zu einem BND-Mitarbeiter. Bei ihm soll sie manchmal übernachtet haben.
  • Beim Absturz eines US-Militärhubschraubers im Irak sind alle zwölf Insassen getötet worden. Wie ein Sprecher der US-Armee im Irak am 8. Jan. mitteilte, stürzte der Hubschrauber am Samstag kurz vor Mitternacht östlich der Stadt Tall Afar im Westen des Landes ab. Die Ermittlungen zur Absturzursache liefen, sagte der Sprecher weiter. Er verwies auf schlechte Wetterbedingungen. Zur Identität der Toten konnte der Sprecher zunächst keine genauen Angaben machen.
  • Die US-Armee hat am 8. Jan. im Nordirak nach Angaben der Polizei einen bekannten kurdischen Religionsgelehrten erschossen. Der Polizeichef der Stadt Erbil, Farhad Salim, sagte der dpa, die Soldaten hätten auf der Landstraße zwischen Erbil und Mossul Scheich Mohammed Mosawari in seinem Auto getötet. Mosawari ist der stellvertretende Vorsitzende der islamischen Religionsgelehrten im kurdischen Autonomiegebiet des Irak. Die Polizei erklärte, der Vorfall müsse untersucht werden.
Montag, 9. Januar, bis Sonntag, 15. Januar
  • Bei zwei nahezu zeitgleichen Selbstmordanschlägen vor dem irakischen Innenministerium sind am 9. Jan. mindestens 28 Menschen getötet und 25 weitere verletzt worden. Die beiden Attentäter sprengten sich nach Angaben von Sicherheitsbeamten im Abstand von drei Minuten am Hintereingang des Ministeriums in Bagdad in die Luft. Bei den Toten handelt es sich um irakische Polizisten. Die Attentäter zündeten ihre Sprengsätze nur 400 Meter von einem Umzug zu Ehren der irakischen Polizei entfernt, bei dem irakische Regierungsvertreter und der US-Botschafter Zalmay Khalilzad anwesend waren. Das Wachpersonal des Innenministeriums hatte den Angaben zufolge das Feuer auf den ersten Attentäter eröffnet, weil dieser sich verdächtig benommen habe. Darauf sei der erste Sprengsatz explodiert. Der zweite Attentäter jagte sich inmitten der sich um die Opfer drängenden Polizisten in die Luft.
    Die Anschläge am Innenministerium seien die Rache für die Folterungen sunnitischer Moslems in den Gefängnissen des Ministeriums, hieß es in einer Erklärung der Terrorgruppe El Kaida im Irak. Die Erklärung war von dem Extremistenführer Abu Mussab el Sarkawi unterzeichnet, einem der meistgesuchten Iraker.
    Kurz vor dem Doppelanschlag explodierte vor der Polizeiakademie neben dem Innenministerium eine Mörsergranate. Verletzt wurde niemand. Zu dieser Tat bekannte sich die ebenfalls zum El-Kaida-Netzwerk gehörende "Armee der siegreichen Gemeinschaft".
  • Die Bekanntgabe des endgültigen Ergebnisses der Parlamentswahl im Irak verzögert sich weiter. Die Wahlkommission teilte am 9. Jan. in Bagdad mit, der Untersuchungsbericht zu den Beschwerden über den Ablauf der Wahl könne nicht wie angekündigt noch am selben Tag veröffentlicht werden. Einige Akten müssten noch geprüft werden. Insgesamt waren 1.800 Beschwerden eingereicht worden, darunter 50 über eine angebliche Manipulation der Wahlergebnisse. Er hoffe, dass der Bericht am Samstag, den 14. Jan., veröffentlicht werden könne, sagte ein Vertreter der Wahlkommission.
  • Der frühere US-Zivilverwalter im Irak, Paul Bremer, und die US-Regierung haben ihre Meinungsverschiedenheiten über die militärische Strategie für den Irak-Einsatz öffentlich gemacht. Das Weiße Haus und das Pentagon bestätigten am 9. Jan. die Darstellung Bremers, wonach dessen Forderung nach einer umfangreichen Truppenverstärkung zum Kampf gegen die Aufständischen im Irak von der US-Regierung zurückgewiesen wurde. Ein entsprechendes Schreiben von Bremer sei im Mai 2004 eingegangen, sagte Pentagon-Sprecher Lawrence DiRita. Die Armeeführung sei aber zu dem Schluss gekommen, dass die Zahl der US-Soldaten im Irak ausreiche. In einem Buch über seine Zeit im Irak kritisiert Bremer, dass seine Appelle für eine Truppenaufstockung in Washington auf taube Ohren gestoßen seien.
  • US-Präsident George W. Bush hat seine Landsleute auf eine schwierige Regierungsbildung im Irak eingestimmt. In den kommenden Wochen werde man im Irak viele politische Tumulte erleben, weil verschiedene Fraktionen und Politiker um Positionen und Macht stritten, sagte Bush am 10. Jan. in Washington. Es stünden Wochen der härtesten Politik ohne Bandagen bevor, die die arabische Welt je gesehen habe. Man sollte dies als "Freiheit in Aktion" begrüßen.
  • Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will den USA bei ihrem bevorstehenden Antrittsbesuch in Washington offenbar eine Ausweitung der deutschen Hilfen für den Irak anbieten. Merkel wolle US-Präsident George W. Bush vorschlagen, das deutsche Programm zur Ausbildung irakischer Polizisten auszuweiten, berichtete die "Welt" am 11. Jan. Bislang bildeten deutsche Beamte in den Vereinigten Arabischen Emiraten 450 irakische Polizisten aus.
  • Deutschland stellt zehn Millionen DollarMillionen Euro) für den Internationalen Wiederaufbaufonds für den Irak zur Verfügung. Mit dem Geld solle die UN-Organisation für Entwicklung (UNDP) dabei unterstützt werden, die Wiederherstellung und Ausstattung von Berufsschulen im Irak voranzutreiben, erklärte Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) am 11. Jan. Dazu setze die UNDP bewährte Teams irakischer Fachleute vor Ort ein.
  • Amerikanische Soldaten haben am 11. Jan. bei einem Feuergefecht in der irakischen Hauptstadt Bagdad sechs Aufständische getötet. Zwei der Getöteten trugen einen Sprengstoffgürtel am Körper, wie ein Militärsprecher mitteilte. Die Soldaten nahmen außerdem einen Mann gefangen und hoben ein umfangreiches Waffenversteck aus. Den Angaben zufolge wurden die Soldaten zuerst angegriffen und erwiderten dann das Feuer.
  • Ein britischer Offizier hat den US-Streitkräften im Irak eine "kulturelle Unsensibilität" vorgeworfen, die an Rassismus grenze. Überdies habe er bei den US-Truppen eine "Prädisposition für offensive Operationen" festgestellt, schreibt der britische Brigadegeneral Nigel Aylwin-Foster in einem Artikel, der in der jüngsten Ausgabe der von den US-Streitkräften herausgegebenen Zeitschrift "Military Review" veröffentlicht worden ist. Aylwin-Foster leitete im Jahr 2004 gemeinsam mit US-Offizieren ein Ausbildungsprogramm für irakische Soldaten in Bagdad. In seinem Artikel betont er, die US-Soldaten hätten auf ihn sehr patriotisch, pflichtbewusst und engagiert gewirkt. Gelegentlich aber sei "ihre kulturelle Unsensibilität, die sicher nicht beabsichtigt war, durchaus auf institutionellen Rassismus hinausgelaufen". Insgesamt seien die US-Streitkräfte auf die Bekämpfung der Aufständischen im Irak schlecht vorbereitet gewesen, schreibt Aylwin-Foster weiter. Ihre Fehler hätten zu der anhaltenden Instabilität des Landes beigetragen. (AP, 12. Jan.)
  • Zwischen irakischen Aufständischen und den im Land agierenden Mitgliedern des Terrornetzwerks El Kaida gibt es einem Pressebericht zufolge schwer wiegende Konflikte. Wie die "New York Times" am 12. Jan. unter Berufung auf vier irakische Rebellenvertreter berichtete, liefern sich beide Gruppen mitunter sogar blutige Kämpfe. El Kaida werde im Irak vornehmlich als "ausländische Kraft" wahrgenommen, obwohl die Gruppe inzwischen auch zahlreiche irakische Mitglieder habe. Zudem gebe es zunehmend Streit um die Strategie im Kampf gegen die irakische Regierung und die US-Truppen. Die Rebellenvertreter begannen nach eigenen Angaben bereits mit der Rekrutierung von Irakern, die zum Kampf gegen El Kaida bereit sind.
  • Trotz der offiziellen Ablehnung des Irak-Kriegs durch die Bundesregierung soll der deutsche Geheimdienst Medienberichten zufolge die US-Truppen im Irak unterstützt haben. Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" (Ausgabe vom 12. Jan.) und des ARD-Fernsehmagazins "Panorama" blieben mindestens zwei Mitarbeiter des BND während des gesamten Krieges in Bagdad und versorgten das US-Militär mit Informationen. Die Zusammenarbeit sei vom damaligen Geheimdienst-Koordinator im Kanzleramt, Ernst Uhrlau, und dem damaligen BND-Präsidenten August Hanning gebilligt worden, berichtet die "SZ".
  • Der Bundesnachrichtendienst hat Berichte über eine Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten über Bombenziele im Irak 2003 dementiert. BND-Sprecher Philip Lechtape bestätigte am 12. Jan. in Berlin jedoch die Anwesenheit zweier BND-Mitarbeiter im Irak vor und während des Krieges. Lechtape nannte die Darstellungen "falsch und verzerrt". Richtig sei, dass die beiden Mitarbeiter "im Rahmen des gesetzlichen Auftrags des Bundesnachrichtendienstes Informationen gesammelt, ausgewertet und der Bundesregierung berichtet" hätten. Ihr sei es nur auf diese Weise möglich gewesen, unabhängige Informationen über Kriegsverlauf, Auswirkungen und Folgen zu erhalten. "Entgegen anders lautenden Unterstellungen" sei festzuhalten, sagte Lechtape, "dass den Krieg führenden Parteien keinerlei Zielunterlagen oder Koordinaten für Bombenziele zur Verfügung gestellt" worden und dass auch keine Bombenziele verifiziert worden seien. Die Bundesregierung sei über alle Aktivitäten "komplett informiert" gewesen.
  • Die Medienberichte über eine angebliche Unterstützung der US-Truppen im Irak-Krieg durch den Bundesnachrichtendienst werden auch den Bundestag beschäftigen: Grüne und Linkspartei beantragen eine aktuelle Stunde zu den Vorwürfen, wie die Parlamentsgeschäftsführer Volker Beck (Grüne) und Ulrich Maurer (Linkspartei) am 12. Jan. in Berlin mitteilten. "Wir fordern eine umfassende Aufklärung", betonte Beck. Maurer forderte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) auf, im Bundestag zu den Berichten Stellung zu nehmen.
  • Die irakischen Sunniten dringen auf eine Änderung der gerade erst beschlossenen Verfassung. Die Ablehnung einer Verfassungsreform durch die Schiiten könnte zu einer Teilung des Landes führen, sagte am 12. Jan. der führende sunnitische Politiker Saleh al Mutlak. Am Vortag hatte der Vorsitzende der schiitischen Partei SCIRI, Abdul Asis al Hakim, erklärt, dass Änderungen der Verfassungssubstanz nicht in Frage kämen. Der Oberste Rat für die Islamische Revolution im Irak (SCIRI) bemüht sich zurzeit um die Bildung einer Regierungskoalition mit Kurden und sunnitischen Arabern.
  • Der Bundesnachrichtendienst (BND) war nach Angaben von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) während des Irak-Krieges mit eigenen Mitarbeitern in Bagdad vertreten. Deren Aufgabe sei es gewesen, "in deutschem Auftrag ein Mindestmaß an eigenen Erkenntnissen über die Entwicklung im Irak und den Kriegsverlauf zu erlangen", erklärte Steinmeier am 12. Jan. in Berlin. Dabei sei der BND selbstverständlich an die politische Grundentscheidung der Bundesregierung, den Irak-Krieg abzulehnen, gebunden gewesen. Deshalb sei "eine aktive Unterstützung von Kampfhandlungen" ausgeschlossen.
  • Fünf Offiziere des dänischen Kontingents im Irak sind wegen Menschenrechtsverletzungen schuldig gesprochen worden. Das Stadtgericht von Kopenhagen befand am 12. Jan., dass die Armeeoffizierin Annemette Hommel im Rang eines Hauptmanns und vier Offiziere der Militärpolizei bei Verhören die Rechte von Gefangenen missachtet hätten. Das Gericht verhängte jedoch keine Strafe und begründete dies damit, dass es für solche Situationen keine klaren Verhaltensregeln der dänischen Streitkräfte gegeben habe.
  • Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) steht Forderungen nach einer öffentlichen Klärung der Aktivitäten des Bundesnachrichtendienstes (BND) während des Irak-Krieges skeptisch gegenüber. "Man muss sich damit abfinden, dass nicht alles öffentlich sein wird", sagte sie am 12. Jan. in Washington. Es sei klar, dass die "Dienstpläne" von BND-Agenten nicht jeden Tag in der Presse veröffentlicht werden könnten. Zugleich sei eine parlamentarische Kontrolle der Geheimdienste notwendig, sagte sie in ihrer Rede vor fast 200 Politikern und Wissenschaftlern in der US-Hauptstadt.
  • BND-Präsident Ernst Uhrlau hat Vorwürfe zurückgewiesen, Beamte des Bundesnachrichtendienstes seien durch die Weitergabe von Zielinformationen mitverantwortlich für einen US-Bombenangriff in Bagdad während des Irakkrieges gewesen. "Der BND hat keine Koordinaten für Bombenziele geliefert. Damit sind auch die Behauptungen zu den Abläufen am 7. April 2003 falsch", sagte Uhrlau der "Bild"-Zeitung (13. Jan.). Ähnlich äußerte sich Uhrlau auch in der "Welt". Dort sagte er zudem, die Vorwürfe seien "innerhalb des Dienstes geprüft" worden. "Ich kann deshalb versichern: es hat keine aktive Zielsuche gegeben", fügte der BND-Chef hinzu. Bei dem US-Angriff in Bagdad waren unterschiedlichen Berichten zufolge zwischen zwölf und 14 Zivilisten getötet worden.
  • Die Grünen machen den Weg für einen Untersuchungsausschuss zu den Aktivitäten des Bundesnachrichtendienstes frei. Sie werde der Fraktion vorschlagen, die Einrichtung eines solchen Gremiums zu beantragen, sagte Grünen-Fraktionschefin Renate Künast am 13. Jan. in Berlin. Nachdem auch FDP und Linkspartei für einen Untersuchungsausschuss stimmen wollen, wird damit das erforderliche Quorum von 25 Prozent der Bundestagsabgeordneten erreicht. Künast sagte weiter, das Gremium solle sich nach dem Willen der Grünen auch mit deutschen Verstrickungen in CIA-Aktivitäten befassen. Hier geht es unter anderem um die Verschleppung des Deutsch-Libanesen Khaled el Masri.
  • Das Parlamentarische Kontrollgremium für die Geheimdienste hat keine Anhaltspunkte dafür gefunden, dass Mitarbeiter des Bundesnachrichtendiensts am Irak-Krieg beteiligt gewesen wären. Das teilte der PKG-Vorsitzende Norbert Röttgen (CDU) nach einer dreistündigen vertraulichen Sitzung am 13. Jan. mit.
  • Bei zwei Bombenanschlägen sind am 13. Jan. im Irak insgesamt 16 Menschen verletzt worden. In der Widerstandshochburg Falludscha rund 50 Kilometer westlich von Bagdad wurden neun Zivilisten verwundet, als ein Selbstmordattentäter sich in einem Auto in die Luft sprengte, wie die örtlichen Behörden mitteilten. Der Anschlag galt offenbar einer US-Patrouille, denn der Attentäter zündete den Sprengsatz neben den Soldaten. Die US-Armee konnte vorerst keine Angaben über mögliche Opfer in ihren Reihen machen. Bei einem Autobombenanschlag auf eine Polizeipatrouille in Baakuba rund 60 Kilometer nördlich von Bagdad wurden sieben irakische Polizisten verletzt, zwei von ihnen schwer, wie ein Sicherheitsbeamter mitteilte.
  • Beim Absturz eines US-Hubschraubers in der nordirakischen Stadt Mossul sind nach Angaben der Streitkräfte am 13. Jan. beide Piloten getötet worden. Der Aufklärungshubschrauber vom Typ OH-58 Kiowa befand sich demnach gemeinsam mit einem weiteren Helikopter auf einem Patrouillenflug. Es gebe Hinweise, dass der Hubschrauber abgeschossen worden sei, sagte Generalleutnant John Vines. Kurz vor dem Absturz wurden nach Militärangaben in der Gegend Schüsse gemeldet.
  • Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat die Weitergabe von BND-Informationen an die USA während des Irakkriegs gegen Kritik verteidigt. "Wenn verhindert werden konnte, dass eine Botschaft oder ein Krankenhaus getroffen wird, dann hat das nichts mit Doppelmoral zu tun. Dann geht es um das Retten unschuldiger Menschenleben", sagte Steinmeier der "Bild"-Zeitung (Ausgabe vom 14. Jan.). Zu Berichten, BND-Agenten hätten der US-Luftwaffe bei der Zielerfassung in Bagdad und bei der Jagd nach Saddam Hussein geholfen, sagte Steinmeier: "Jetzt versuchen einige, die Geschichte umzuschreiben. Das werden meine Partei und ich nicht zulassen." Die rot-grüne Bundesregierung habe gegen teils heftigen Widerstand im In- und Ausland an der Entscheidung festgehalten, sich nicht am Irakkrieg zu beteiligen.
    Der Bundesnachrichtendienst (BND) hat den USA während des Irakkriegs offenbar auch militärisch relevante Daten wie Truppenbewegungen oder Verteidigungsstellungen der irakischen Armee gemeldet. Die USA sollen "zumindest in Einzelfällen" über den BND auch entsprechende Aufklärungswünsche an das deutsche Agententeam übermittelt haben, berichtet der "Spiegel" am 14. Jan. Die US-Armee habe sich unter anderem für den Zustand von angeblich mit Benzin gefüllten Gräben rund um Bagdad interessiert, berichtet der "Spiegel". Weil die Informationen des BND als wertvoll angesehen worden seien, hätten sich ranghohe US-Beamte nach dem Krieg mehrfach für die Unterstützung bedankt. Dem Magazin zufolge hatte der BND den Plan zur Entsendung eines eigenen Aufklärungstrupps im Oktober 2002 entwickelt und in enger Absprache mit Frankreich vorangetrieben. Die endgültige Entscheidung, die beiden Geheimdienstler in Bagdad zu belassen, sei drei Tage vor Kriegsbeginn von Kanzleramt und Auswärtigem Amt gefällt worden. Die deutschen Agenten seien zumindest zeitweise in der französischen Botschaft in Bagdad untergebracht gewesen.
  • Der SPD-Fraktionsvorsitzende und frühere Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) hat Berichte zurückgewiesen, nach denen Mitarbeiter des Bundesnachrichtendiensts (BND) der US-Armee Angriffsziele im Irak genannt haben sollen. "Ich gehe davon aus, dass die Amerikaner selbst wussten, welche Ziele sie angreifen wollen", sagte Struck der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", wie vorab am 14. Jan. gemeldet wurde. Die USA hätten keine Hinweise gebraucht. Nach Strucks Worten ist es aber eine "Selbstverständlichkeit, dass BND-Residenten im Irak bleiben, wenn die Botschaft geschlossen wird". Die BND-Mitarbeiter hätten nicht zuletzt auch dazu gedient, die im benachbarten Kuwait stationierten deutschen Soldaten zu schützen.
  • Der Vorsitzende Richter im Prozess gegen den irakischen Ex-Präsidenten Saddam Hussein hat seinen Rücktritt eingereicht. Riskar Amin habe sein Amt bereits kurz vor dem Beginn des islamischen Opferfestes am 10. Januar niedergelegt, verlautete am 15. Jan. aus Justizkreisen. Amin reagiere damit auf die Kritik von Politikern, die seine Prozessführung gegenüber Saddam Hussein als zu nachsichtig anprangerten, hieß es. Der Rücktritt sei bisher nicht angenommen worden. Derzeit liefen Versuche, den kurdischstämmigen Juristen vom Verbleib auf seinem Posten zu überzeugen. Vor allem am Verlauf der sechsten und siebten Sitzung des Tribunals Ende Dezember war scharfe Kritik geübt worden. Damals war es zu zahlreichen Störungen und Zwischenfällen gekommen. Unter anderem hatte Saddam Hussein den US-Präsidenten George W. Bush und dessen Vater und Ex-Präsidenten George Bush angegriffen. Außerdem lobte Saddam Hussein die Errungenschaften seiner Regierung und verurteilte die US-Besatzung des Irak. Sein mitangeklagter Halbbruder Barsan el Tikriti griff Zeugen und Anklage in scharfen Worten an. Der Entlassung Amins müssten laut den Statuten des Sondertribunals der irakische Strafgerichtshof und die Regierung zustimmen. Bei einer Ablehnung würde der Rücktritt aber nach einem Monat trotzdem in Kraft treten. Die nächste Sitzung in dem Verfahren ist für den 24. Januar angesetzt.
  • Die US-Armee hat rund 500 Häftlinge aus Gefängnissen im Irak freigelassen. Zuvor sei festgestellt worden, dass die Gefangenen nicht in Verbrechen verwickelt seien, sagte ein Sprecher des irakischen Justizministeriums am 15. Jan. Die Häftlingen wurden demnach aus den Gefängnissen Camp Bucca im Südirak, Camp Suse im Nordirak und Abu Ghraib bei Bagdad entlassen. Unter ihnen befinden sich auch zwei Iraker, die für die britische Nachrichtenagentur Reuters arbeiten, wie das Unternehmen mitteilte. Die Journalisten seien in der sunnitischen Rebellenhochburg Ramadi westlich von Bagdad stationiert gewesen. Seit dem Einmarsch im Irak im März 2003 hat die US-Armee nach eigenen Angaben rund 12.000 Iraker festgenommen.


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