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Irak: Chronik wichtiger Ereignisse

Januar 2005

Samstag, 1. Januar, bis Sonntag, 2. Januar
  • Einen Monat vor den geplanten Wahlen im Irak hat die US-Armee eine neue Offensive gegen Rebellen in den Sunnitengebieten um die Hauptstadt Bagdad gestartet. "Das Areal zählt zu den letzten in der Nähe Bagdads, in denen sich die Rebellen bei ihren Operationen noch sicher fühlen", sagte US-Oberstleutnant James Hutton von der 1. Kavalleriedivision laut AFP vom 1. Januar. Die neue Offensive sei bereits vor einigen Tagen in einer Reihe von Orten rund um Bagdad angelaufen, sagte der US-Offizier. Die Rebellen müssten einsehen, dass sie ihre Ziele nicht erreichen können. "Sie müssen wissen, dass wir sie aus der Luft beobachten, ihre Kommunikation abhören, sie auf dem Boden verfolgen und Kampfeinsätze gegen sie führen werden." Der Kampfeinsatz ist der dritte seit Oktober in der Region um die Städte Iskandarijah, Mahmudijah, Latifijah und Jusifiyah. Die Region ist wegen häufiger Überfälle und Entführungen auch als "Dreieck des Todes" bekannt.
  • Bei einem Sprengstoffanschlag in der Nähe der irakischen Hauptstadt Bagdad ist am 1. Jan. eine Ölpipeline in Brand geraten. Die Rauchsäule sei über mehrere Kilometer hinweg sichtbar gewesen, teilte die Polizei mit. Die Ölleitung speist das Kraftwerk Mussajeb südlich von Bagdad.
  • Bei einem Anschlag auf eine Patrouille der Irakischen Nationalgarde bei Mahmudija, 40 Kilometer südlich von Bagdad, kam am 1. Jan. ein Soldat ums Leben, sechs wurden verletzt.
  • Auf einer Straße in Bagdad wurden am 1. Jan. zwei enthauptete Menschen gefunden, die von der Polizei zunächst nicht identifiziert werden konnten.
  • Bei einem Bombenanschlag in Bagdad sind am 1. Jan. ein US-Soldat getötet und ein weiterer verwundet worden. Der Sprengsatz explodierte im Norden der Stadt, wie das US-Militär mitteilte. Nach offiziellen US-Angaben wurden seit dem Einmarsch der multinationalen Truppen im März 2003 insgesamt 1326 US-Soldaten im Irak getötet.
  • In der zentralirakischen Stadt Bakubaa ist am 1. Jan. der Vorsitzende des Provinzrates ermordet worden. Aus einem fahrenden Auto heraus sei auf den Politiker und seinen Bruder geschossen worden, berichtete ein Augenzeuge. Nawfal Abdel Hussein war sofort tot, sein Bruder erlag im Krankenhaus seinen Verletzungen, wie ein Arzt in Bakubaa sagte. Zu den Morden bekannte sich auf einer islamistischen Website die Gruppe des jordanischen Islamisten Abu Mussab el Sarkawi. Abdel Hussein war erst seit einem Monat Vorsitzender des Rates der Provinz Dijala.
  • Die im Irak ermordete CARE-Leiterin Margaret Hassan bekommt in diesem Jahr posthum den irischen Tipperary-Friedenspreis. Die Findungskommission würdigte in ihrer am 1. Jan. veröffentlichten Erklärung das "außergewöhnliche Leben einer in Dublin geborenen Helferin". Hassan habe außergewöhnlichen Mut, Hartnäckigkeit und Einsatz in ihrer Sorge für diejenigen gezeigt, die unter den schwierigsten Bedingungen lebten, hieß es weiter. Die Preisverleihung findet im April statt; entgegennehmen werden die Auszeichnung Angehörige Hassans. Frühere Tipparary-Preisträger sind unter anderen Nelson Mandela, Michail Gorbatschow und Bill Clinton.
  • Juan Cole (Professor für Geschichte an der University of Michigan) berichtet auf seiner Homepage (www.juancole.com), dass es am 1. Januar in Falludscha zu einer Demonstration von schätzungsweise 30.000 Einwohnern gekommen sei: "Thousands of Fallujans demonstrated on Saturday in front of the main entrance to the largely abandoned city. They demanded that US military forces leave their city and that basic services be restored so that they could return. One eyewitness reporter called in from the scene an estimate of 30,000 demonstrators."
  • Bei einem Bombenanschlag im Irak sind am 2. Jan. mindestens 16 Nationalgardisten und ein Zivilist getötet worden. Der in einem Fahrzeug versteckte Sprengsatz explodierte bei Balad, etwa 70 Kilometer nördlich der irakischen Hauptstadt Bagdad, wie das US-Militär mitteilte. Sechs irakische Nationalgardisten wurden demnach verletzt. Die Zahl der Getöteten stieg später auf 21.
Montag, 3. Januar, bis Sonntag, 9. Januar
  • Bei erneuten Anschlägen im Irak sind am 3. Jan. mindestens 14 Menschen getötet worden. Ein Selbstmordattentäter sprengte sich unweit des Sitzes der Partei von Übergangs-Ministerpräsident Ijad Allawi in Bagdad in die Luft. Fünf Menschen starben, 25 wurden nach Polizeiangaben verletzt. Dem Anschlag in Bagdad fielen Nationalgardisten, Polizisten und Passanten zum Opfer, sagte ein Polizeisprecher. Im stark gesicherten Hauptquartier von Allawis Irakischem Nationalen Konsens (INA) sei jedoch niemand zu Schaden gekommen. Die Partei nimmt an den am 30. Januar geplanten Wahlen teil.
    Auf einer Landstraße bei Balad in der Nähe von Tikrit, 70 Kilometer nördlich von Bagdad, starben am 3. Jan. nach Polizeiangaben mindestens sechs irakische Nationalgardisten, als neben ihrem Konvoi eine Autobombe explodierte.
    In Bedschi, 200 Kilometer nördlich von Bagdad, überfielen Aufständische eine Polizeiwache und töteten zwei Polizisten.
    Im südirakischen Basra schossen Unbekannte in der Nacht zum 3. Jan. auf einen Polizeikonvoi. Ein Beamter wurde getötet, zwei wurden verletzt.
  • Zwei weitere Nationalgardisten starben am 3. Jan. bei einem Anschlag in der Nähe der Stadt Hilla, 75 Kilometer südlich von Bagdad. Vier weitere Soldaten wurden verletzt.
  • Drei Briten sind bei einem Selbstmordanschlag in Bagdad getötet worden. Das bestätigte das Außenministerium in London am Abend des 3. Jan. Die drei Briten hätten zusammen mit einem Amerikaner in einem Fahrzeug gesessen, das bei dem Bombenanschlag auf einen Kontrollpunkt am Rande der besonders gesicherten Grünen Zone im Zentrum Bagdads zerstört worden sei, berichtete die BBC. Die vier Opfer seien Zivilisten gewesen.
  • Bei einem Anschlag mit einem Tanklastwagen in Bagdad sind am 4. Jan. mindestens zehn irakische Polizisten getötet worden. Nach Behördenangaben wurden mindestens 50 weitere Menschen verletzt, als der Lkw vor einem Hauptquartier von Spezialkräften des Innenministeriums detonierte. Der Anschlag ereignete sich unweit der besonders gesicherten Grünen Zone, in der sich die irakische Regierung und die US-Botschaft befinden. Nach Angaben von AFP-Reportern war die schwere Explosion in mehreren Gebäuden im Zentrum zu spüren.
  • Der Gouverneur von Bagdad ist am Morgen des 4. Jan. einem Attentat zum Opfer gefallen. Ali al Haidari wurde während einer Autofahrt durch den nördlichen Stadtteil Hurrija von bewaffneten Männern überfallen und erschossen, wie die Polizei mitteilte. Al Haidari habe am Morgen sein Haus im westlichen Stadtteil Al Dschama'a verlassen, um in den Norden der irakischen Hauptstadt zu fahren. Dort hätten die Attentäter ihn gestellt und sein Auto mit Kugeln durchlöchert, teilten die Behörden mit. Der Gouverneur von Bagdad und der umliegenden Region sei auf der Stelle tot gewesen. Auf Al Haidari war schon im vergangenen Jahr ein Attentatsversuch unternommen worden, den er jedoch überlebte. Er war der ranghöchste Beamte in Bagdad, nachdem der frühere Präsident des inzwischen aufgelösten Stadtrats, Abdel Sahraa Othman, im vergangenen Mai ermordet worden war.
  • Die USA wollen hunderte neuer Militärberater abstellen, die im Irak Seite an Seite mit irakischen Einheiten arbeiten sollen. Das schriebt die "New York Times" am 4. Jan. Andernfalls sehe das US-Militär langfristig die Chancen für seinen eigenen geordneten Rückzug schwinden. Mehrere hundert US-Offiziere sind bereits direkt in irakischen Einheiten integriert. Der Kommandeur im Irak, George Casey, prüfe aber Vorschläge, die Zahl nach dem Wahlen am 30. Januar kräftig aufzustocken.
  • Der Kommandeur der Reservetruppen der US-Armee hat vor einer dramatischen Überbelastung seiner Einheiten durch die Einsätze im Irak und in Afghanistan gewarnt. Die Reserve verwandele sich zusehends in eine "gebrochene Streitmacht", betonte Generalleutnant James Helmly in einem am 5. Jan. in Washington bekannt gewordenen Memorandum. Bei den derzeitigen Mobilisierungsverfahren bestehe die ernste Gefahr, dass die 200.000 Soldaten starken Reservetruppen nicht mehr in der Lage sein könnten, ihre Aufgaben zu erfüllen.
  • Ein Autobombenanschlag in Bagdad hat am 5. Jan. mindestens zwei Iraker das Leben gekostet. Zehn weitere Menschen seien verletzt worden, teilte die Polizei mit. Das mit Sprengstoff beladene Auto folgte im westlichen Stadtteil Amirija einem Konvoi von amerikanischen und irakischen Truppen. Der Wagen explodierte in der Nähe eines Tankstelle. Bei allen Opfern handelt es sich den Angaben zufolge um irakische Zivilpersonen.
  • In Bakuba, rund 50 Kilometer nordöstlich von Bagdad, erschossen Extremisten einen Polizeichef und seinen Fahrer auf dem Weg zur Arbeit. Das teilte ein Arzt des Krankenhauses von Bakuba am 5. Jan. mit.
  • In Ramadi, 100 Kilometer westlich von Bagdad, wurde ein Konvoi der US-Streitkräfte mit Granaten angegriffen. Die Soldaten erwiderten das Feuer. Nach Krankenhausangaben vom 5. Jan. wurden dabei vier Iraker getötet und zwei weitere verletzt.
  • Einen Tag nach dem Attentat auf den Gouverneur von Bagdad wurden am 5. Jan. bei der Explosion einer Autobombe vor einer Polizeischule mindestens 20 Menschen getötet. Der Sprengsatz detonierte, als in der Akademie in Hilla, 100 Kilometer südlich von Bagdad, gerade eine Abschlussfeier stattfand.
  • Bei einem weiteren Selbstmordanschlag sind am 5. Jan. mindestens sechs Polizisten getötet worden. Weitere 13 Beamte wurden nach Krankenhausangaben verletzt, als sich der Attentäter am Nachmittag an einer Straßensperre in Baakuba nördlich von Bagdad mit seinem Auto in die Luft sprengte.
  • Der irakische Geheimdienst schätzte die Zahl der gewalttätigen Extremisten im Land am 5. Jan. auf 20.000 bis 30.000. Die Extremisten würden von zwei Funktionären des gestürzten irakischen Regimes von Syrien aus gesteuert, sagte Geheimdienstchef Mohammed Abdullah al Schahwani der in London erscheinenden arabischen Zeitung "Asharq Al Awsat". Die Kämpfer seien ehemalige Angehörige der mittlerweile verbotenen Baath-Partei oder der nach dem Sturz Saddam Husseins aufgelösten irakischen Streitkräfte. Auch einige islamistische Gruppen seien zu ihnen gestoßen. In den sunnitischen Landesteilen verfügten sie obendrein über rund 200.000 Sympathisanten. Finanzielle Unterstützung erhalten die Extremisten nach Angaben des Geheimdienstchefs von dem früheren Baath-Funktionär Mohammed Junis al Ahmed und einem Halbbruder Saddam Husseins, Sabaawi al Hassan. Beide lebten in Syrien, reisten aber regelmäßig in den Irak. Syrien hat den Vorwurf, die Rebellen im Nachbarland zu unterstützen, wiederholt zurückgewiesen.
  • Im vergangenen Jahr sind weltweit so viele Journalisten getötet worden wie seit 1994 nicht mehr. Ingesamt seien 53 Reporter in Ausübung ihres Berufes ums Leben gekommen, erklärte die Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) am 5. Jan. in Paris. Als äußerst gefährlich erwies sich wie im Vorjahr die Berichterstattung aus dem Irak, wo 19 Journalisten und zwölf weitere Mitarbeiter von Medien getötet wurden. Im wesentlichen ging dies auf Terroranschläge zurück, in vier Fällen aber auf Einsätze der US-Armee. Das Komitee zum Schutz von Journalisten (CPJ) in New York hatte vor zwei Tagen eine Statistik veröffentlicht, wonach 2004 sogar 56 Journalisten getötet wurden, 23 davon im Irak.
  • Unbekannte haben im Norden Iraks 18 Arbeiter aus einem schiitischen Wohnviertel von Bagdad getötet. Den Bewohnern des Viertels Chasimjah sei von einem fiktiven Arbeitgeber eine Beschäftigung auf einem US-Militärstützpunkt in der nördlichen Provinz Ninive angeboten worden, sagte am 6. Jan. ein Mitarbeiter des irakischen Innenministeriums. Am 8. Dezember 2004 seien die Arbeitsuchenden dann abgeholt worden. Ihre Leichen seien schließlich am 5. Jan. in der Region der nordirakischen Stadt Mossul gefunden worden. Die Überreste der Opfer seien in das Krankenhaus von Chasimjah überführt worden, damit ihre Familien sie dort in Empfang nehmen könnten.
  • Der Polizeichef des Bagdader Schiitenviertels Sadr City ist am 6. Jan. erschossen worden. Unbekannte hätten mit automatischen Waffen das Feuer auf General Abdel Karim eröffnet, als er in seinem Wagen im Westen der irakischen Hauptstadt unterwegs war, teilte das irakische Innenministerium mit.
  • In Jordanien ist eine Konferenz der Nachbarländer Iraks am 6. Jan. mit einem Appell zur Teilnahme an den Wahlen Ende Januar zu Ende gegangen. Sinn und Zweck des Treffens in Amman sei eine klare Botschaft an die irakische Bevölkerung, am 30. Januar zur Abstimmung zu gehen. Das erklärte der jordanische Außenminister Hani Mulki zum Abschluss des eintägigen Treffens. Die Minister strichen in ihrer Abschlusserklärung die Klausel der Nicht-Einmischung in die inneren Angelegenheiten Iraks. Syrien und Iran waren dagegen.
  • Bei einem Anschlag in der irakischen Hauptstadt Bagdad sind sieben US-Soldaten getötet worden. Die Soldaten seien in einem Schützenpanzer auf einer Straße unterwegs gewesen, als neben dem Fahrzeug ein Sprengsatz explodiert sei und die gesamte Besatzung in den Tod gerissen habe, sagte eine Sprecherin der US-Armee am 6. Jan. in Washington. Der Anschlag sei am Abend im Nordwesten der Stadt verübt worden.
  • Gut zwei Wochen nach der Freilassung von zwei Reportern aus mehrmonatiger Geiselhaft wird im Irak erneut eine französische Journalistin vermisst. Die französische Regierung zeigte sich am 6. Jan. beunruhigt über das Verschwinden der Irak-Reporterin der Pariser Zeitung "Libération". Die Journalistin Florence Aubenas und ihr Übersetzer haben kein Lebenszeichen mehr von sich gegeben, seit sie am 5. Jan. ihr Hotel in Bagdad verlassen hatten. Die Hintergründe ihres Verschwindens sind noch völlig unklar.
  • Zwei US-Marineinfanteristen wurden im Laufe des 6. Jan. bei unterschiedlichen Vorfällen in der Provinz El Anbar getötet. Die Todesumstände würden untersucht.
  • Prediger in den irakischen Moscheen haben am Freitag, den 7. Jan., einen Boykott oder eine Verschiebung der für den 30. Januar geplanten Wahlen gefordert. Der Schiitenführer Moktada Sadr sprach sich in seiner von einem Stellvertreter verlesenen Predigt in der El-Mohsen-Moschee im Bagdader Stadtteil Sadr City erneut dafür aus, nicht wählen zu gehen. Der Urnengang sei wegen der zu erwartenden Nichtteilnahme vieler Sunniten "illegal" und "undemokratisch". Sadr rief die Schiiten zugleich zur Einigkeit mit den sunnitischen Landsleuten auf. "Lasst Euch nicht von gottverdammten Grüppchen spalten", sagte er.
  • Washington überprüft seinen militärischen Kurs im Irak. Verteidigungsminister Donald Rumsfeld will laut "New York Times" vom7. Jan. kommende Woche einen hoch angesehenen pensionierten General in den Irak entsenden, um alle Bereiche des Einsatzes zu untersuchen. In den USA begann indes der Prozess gegen den mutmaßlichen Rädelsführer der Gefangenenmisshandlungen von Abu Ghoreib. Der Heeresreservist Charles Graner ist der erste von sieben US-Soldaten, denen wegen der Vorgänge in dem Gefängnis auf US-Boden der Prozess gemacht wird.
  • Vor einem texanischen Militärgericht ist der US-Offizier Tracy Perkins wegen Körperverletzung verurteilt worden. Die Geschworenen des Tribunals in dem Stützpunkt Fort Hood sahen es am 7. Jan. als erwiesen an, dass der Oberfeldwebel einen Iraker Anfang des Monats wegen Verletzung einer Ausgangssperre in der Stadt Samarra zum Sprung in den Fluss Tigris gezwungen hatte. Der Mann soll dabei ertrunken sein. Vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung wurde Perkins freigesprochen. Das Gericht folgte damit der Auffassung der Verteidigung, wonach bis heute nicht belegt ist, dass der Mann bei dem Vorfall tatsächlich getötet wurde. Dem Offizier drohen maximal sechs Monate Haft.
  • Der irakische Verteidigungsminister Hasim Schaalan hat den Nachbarländern Iran und Syrien Unterstützung für Aufständische im Irak vorgeworfen und mit Gegenmaßnahmen gedroht. "Wir verfügen über Mittel und Wege, die Schlacht von den Straßen Bagdads in die von Teheran und Damaskus zu tragen". Das sagte Schaalan nach einem Bericht des arabischen Fernsehsenders El Arabija vom 8. Jan. Gleichzeitig schränkte er ein, dass man die beiden Länder nicht als Feinde betrachte. Weder die irakische Übergangsregierung noch das US-Militär im Irak hätten die Absicht, sich in syrische oder iranische Angelegenheiten einzumischen.
  • Bei einem Selbstmordanschlag in der Nähe einer Tankstelle südlich von Bagdad sind am 8. Jan. drei Menschen getötet worden. Nach Angaben eines Sprecher der Provinzverwaltung hatte der Attentäter offenbar eine Patrouille der irakischen Armee treffen wollen, diese aber verfehlt.
    Zuvor waren zwei Spitzenpolitiker und ein hoher Geistlicher rund 50 Kilometer südlich von Bagdad von Aufständischen entführt worden. Bei den entführten hochrangigen Irakern handelt es sich um den Vorsitzenden der Provinzversammlung von Salaheddin (Hauptstadt Tikrit), Ali Ghalib, den Vize-Gouverneur Kachtan Hammada und den Vize-Dekan der Juristischen Fakultät in Tikrit, Amir Ajasch. Die drei Männer hatten sich nach Polizeiangaben am Abend des 7. Jan. auf dem Heimweg aus Nadschaf befunden, als sie in Latifija gekidnappt wurden.
  • In Latifija starben unterdessen zwei irakische Soldaten, als ihre Patrouille von Aufständischen überfallen wurde.
  • Ein amerikanisches Kampfflugzeug hat am frühen Morgen des 8. Jan. irrtümlich ein Haus in der nordirakischen Ortschaft Aitha südlich von Mossul bombardiert. Das teilten die US-Streitkräfte am Abend mit. Nach amerikanischen Angaben wurden bei dem Bombenabwurf fünf Menschen getötet. Der Besitzer des Hauses, das völlig zerstört wurde, sprach dagegen von 14 Toten und fünf Verletzten. Der Zwischenfall ereignete sich laut der Erklärung der US-Streitkräfte während einer Aktion zur Suche und Gefangennahme eines Führers der Aufständischen. Dabei habe ein Kampfflugzeug vom Typ F-16 südlich von Mossul eine 250-Kilogramm-Bombe über einem Haus abgeworfen, das eigentlich hätte durchsucht werden sollen. "Das Haus war jedoch nicht das beabsichtigte Ziel des Luftangriffs. Das eigentliche Ziel war ein anderer Ort in der Nähe", hieß es in der Erklärung.
  • Großbritannien will einem Zeitungsbericht zufolge für den Schutz der Parlamentswahl im Irak zusätzlich 650 Soldaten in das Land verlegen. Der britische Premierminister Tony Blair werde dies womöglich bereits am Montag bekannt geben, berichtet der "Sunday Telegraph" am 9. Jan. unter Berufung auf einen ranghohen britischen Offizier. Wichtigste Aufgabe der Soldaten soll der Schutz der Wahllokale bei der Abstimmung am 30. Januar sein. Für den Wahltag wird mit zahlreichen Anschlägen von Aufständischen gerechnet.
  • Südlich von Tikrit sprengten Aufständische am 8. Jan. eine Schule in die Luft, die bei der Wahl am 30. Januar als Wahllokal dienen sollte. Unter dem Druck sunnitischer Geistlicher traten alle 24 Mitglieder der Wahlkommission der Stadt Samarra, 100 Kilometer nördlich von Bagdad, zurück.
  • In Muhawil, 80 Kilometer südlich von Bagdad, kamen am 8. Jan. drei Menschen ums Leben, als sich ein Selbstmordattentäter mit seinem Wagen nahe einer Tankstelle in die Luft sprengte. Rund 20 Menschen erlitten nach Behördenangaben Verletzungen.
  • Bei einer Explosion im Irak sind ein kasachischer und sieben ukrainische Soldaten getötet worden. Das Verteidigungsministerium in Kiew teilte am 9. Jan. mit, die Detonation habe sich bei Verladen von Bomben ereignet. Eine von ihnen sei explodiert. Die Ukraine stellt mit 1.650 Mann das viertstärkste Kontingent an ausländischen Truppen im Irak. Verteidigungsminister Oleksandr Kusmuk hat einen vollständigen Rückzug der Soldaten bis zum Jahresende angekündigt.
  • Ein Selbstmordattentäter hat sich am 9. Jan. in Jussufija, 50 Kilometer südlich von Bagdad, an einem Kontrollpunkt der irakischen Armee mit seinem Wagen in die Luft gesprengt. Dabei starben nach Polizeiangaben mindestens 11 Iraker, 23 weitere wurden verletzt.
  • US-Soldaten haben im Irak zwei Männer getötet, weil diese an einer Straßensperre nicht Halt gemacht hatten. Die Soldaten hätten auf das Fahrzeug geschossen, nachdem es an dem Kontrollposten in El Dulijah nördlich von Bagdad nicht anhielt, sagte ein Militärsprecher am 9. Jan. Daraufhin sei der Wagen von der Fahrbahn abgekommen und gegen einen Telefonmast geprallt. Fahrer und Beifahrer seien auf der Stelle tot gewesen, ein auf dem Rücksitz sitzender Mann erlitt einen Schock. Der Vorfall wurde nach Armeeangaben untersucht.
  • Die US-Armee hat im Irak nach eigenen Angaben seit Jahresbeginn rund 490 Gefangene freigelassen. Allein 230 Häftlinge seien aus dem Gefängnis Abu Ghraib westlich von Bagdad entlassen worden, teilte ein Armeesprecher am 9. Jan. mit. Ein Gremium aus sechs Irakern und drei Offizieren der multinationalen Streitkräfte habe deren Haft überprüft und festgestellt, "dass sie keine Bedrohung für die Sicherheit mehr darstellen". Weitere 260 Gefangene seien aus anderen Haftanstalten des Landes freigelassen worden. Den Angaben zufolge wurden im gesamten vergangenen Jahr rund 9000 Gefangene auf freien Fuß gesetzt. Derzeit würden etwa 7100 Menschen in Abu Ghraib und Camp Bucca im Süden des Irak von der US-Armee festgehalten.
Montag, 10. Januar, bis Sonntag, 16. Januar
  • Bei Einsätzen gegen irakische Rebellen sind erneut zwei US-Soldaten ums Leben gekommen, wie ein Militärsprecher am 10. Jan. mitteilte. Bei einer von den US-Streitkräften als Sicherheitsoperation bezeichneten Aktion in der Provinz Anbar wurde ein Marineinfanterist getötet. In Anbar liegt auch die Stadt Falludscha, die eine Hochburg des Aufstands sunnitischer Rebellen ist. Bei der Explosion einer Straßenbombe wurde außerdem ein Soldat der "Task Force Baghdad" getötet. Seit Beginn des Irak-Kriegs im März 2003 kamen mehr als 1.350 US-Soldaten ums Leben.
  • Unbekannte haben am 10. Jan. den stellvertretenden Polizeichef von Bagdad und dessen Sohn ermordet. Das teilte das irakische Innenministerium mit. Demnach eröffneten die Angreifer das Feuer auf das Auto des Vize-Polizeichefs in der Nähe seines Hauses. Er erlag auf dem Weg zum Krankenhaus seinen Verletzungen.
  • In der nördlich der Hauptstadt gelegenen Stadt Samarra erschossen Unbekannte am 10. Jan. den stellvertretenden Polizeidirektor in seinem Auto.
  • In der weiter südlich gelegenen Vorstadt Safranija explodierte am Morgen des 10. Jan. eine Autobombe. Laut Augenzeugen drang ein Selbstmordattentäter auf das Gelände einer Polizeistation vor. Vier Polizisten wurden getötet und zehn weitere verletzt.
  • Vor der Wahl im Irak will Großbritannien die Zahl seiner Soldaten in dem Land um 400 aufstocken. Die Soldaten würden von Zypern in den Südosten Iraks entsandt, erklärte Verteidigungsminister Geoff Hoon am 10. Jan. vor dem Unterhaus in London. Großbritannien hätte damit rund 9.000 Mann im Irak stationiert, die meisten im Großraum Basra.
  • Bei zwei Selbstmordanschlägen in der südirakischen Hafenstadt Basra und einer rund 20 Kilometer entfernten Stadt sind am Abend des 10. Jan. fünf Polizisten verletzt worden. Wie das Innenministerium mitteilte, ereigneten sich die Anschläge im Abstand von etwa fünf Minuten. Ziel waren ein Büro des Innenministeriums in Basra und eine Polizeistation in Abu al Chasib. Die beiden Selbstmordattentäter wurden den Angaben zufolge getötet.
  • Zwei Bombenanschläge im Irak haben laut AP am 11. Jan. mindestens 13 Menschen das Leben gekostet. In Jussifija südlich von Bagdad explodierte ein am Straßenrand gelegter Sprengsatz, als gerade ein Kleinbus vorüberfuhr. Wie Krankenhausdirektor Dawud al Taie mitteilte, wurden sieben Iraker getötet und ein weiterer verletzt. Eigentliches Ziel des Anschlags war möglicherweise ein US-Konvoi, der ebenfalls die Stelle passierte.
    Der zweite Anschlag ereignete sich in Tikrit. Vor einer Polizeiwache zündete ein Selbstmordattentäter eine Autobombe und riss sechs Menschen mit in den Tod. Aus Polizeikreisen verlautete weiter, zwölf Menschen seien verletzt worden. Nähere Einzelheiten waren zunächst nicht bekannt.
  • Bei einem Bombenanschlag auf einen US-Militärkonvoi im Irak sind drei irakische Zivilisten getötet und drei weitere verletzt worden. Wie Augenzeugen und Krankenhaus-Ärzte mitteilten, explodierte der Sprengsatz am Morgen des 11. Jan. an einer Straße in Jussufijah, 25 Kilometer südlich von Bagdad, als vier US-Militärfahrzeuge vorbeifuhren. Statt der Militärfahrzeuge wurde ein vorbeifahrender Kleinbus getroffen, wie eines der verletzten Opfer berichtete. Nach Angaben eines irakischen Offiziers wurde keiner der US-Soldaten bei dem Anschlag verletzt; diese hätten bei der Bergung der Opfer geholfen. Der Leiter des Krankenhauses im nahe gelegenen Mahmudijah sagte, drei irakische Todesopfer sowie drei Verletzte seien eingeliefert worden.
  • In der Stadt Samarra zündete ein Selbstmordattentäter am 11. Jan. einen Sprengsatz vor einer Moschee, als ein US-Militärkonvoi passierte. Der Attentäter war das einzige Opfer, ein amerikanischer Soldat wurde verletzt.
  • Am 11. Jan. wurde wieder ein Anschlag auf die Energieindustrie des Landes verübt. Am frühen Morgen riss eine Explosion ein Loch in die Gaspipeline zwischen Kirkuk und der Raffinerie Beidschi. Die Northern Oil Company teilte mit, die Reparatur werde fünf Tage dauern.
  • Das ukrainische Parlament forderte von Präsident Leonid Kutschma, die 1.650 im Irak stationierten Truppen sofort abzuziehen. Am 10. Jan. hatte Kutschma das Verteidigungsministerium beauftragt, einen Rückzugsplan für die erste Hälfte des Jahres aufzustellen. Den Abgeordneten war dies nicht genug und sie verlangten am 11. Jan. einstimmig ein sofortiges Dekret des Präsidenten. Das Parlament reagierte damit auf den Tod von acht ukrainischen Soldaten. Diese waren am 9. Jan. bei einer Explosion in einem Munitionslager ums Leben gekommen. Nach Militärangaben handelte es sich um einen Unfall. Der Rückzug der ukrainischen Truppen aus dem Irak wäre ein weiterer Rückschlag für die von den USA geführte Koalition.
  • Die Regierung im Irak will die Truppenstärke der irakischen Streitkräfte in diesem Jahr mehr als verdoppeln und 2,2 Milliarden Dollar (1,67 Milliarden Euro) für den Verteidigungshaushalt aufbringen. Ministerpräsident Ijad Allawi sagte am 11. Jan. in Bagdad, die Streitkräfte müssten mit neuen und modernen Waffen ausgerüstet werden, um das Land befrieden zu können. Die Armee sei das "Rückgrat der Sicherheit".
  • Irakische Grenzwächter haben sich am 11. Jan. in der Wüste an der Grenze zu Saudi-Arabien ein Gefecht mit arabischen Terroristen geliefert. Die Männer wollten aus dem Nachbarland vier Sprengstoffautos in den Irak schmuggeln. Irakischen Polizeiangaben zufolge wurden vier der Eindringlinge getötet und neun weitere festgenommen. Die restlichen Terroristen flohen zurück nach Saudi- Arabien, mussten die Autobomben jedoch zurücklassen.
  • Der irakische Übergangsministerpräsident Ijad Allawi hat eingeräumt, dass wegen der andauernden Anschläge am 30. Januar nicht in allen Landesteilen gewählt werden kann. Die Sicherheitslage sei noch schlecht, sagte er in Bagdad. Er hoffe, dass amerikanische und irakische Sicherheitskräfte bis zum Wahltermin die Lage in den unruhigsten Gebieten in den Griff bekommen würden. Trotzdem könnte es dazu kommen, dass die Wahlen "stellenweise" nicht stattfinden, wurde Allawi in US-Medien am 11. Jan. zitiert.
  • Bei einem Überfall auf einen Geldtransport im Irak sind am 11. Jan. drei Menschen getötet worden. Die Angreifer stoppten südlich von Bagdad drei Lastwagen mit den neu eingeführten Geldmünzen, erschossen die Fahrer, holten die Münzsacke heraus und setzten die Fahrzeuge in Brand.
    Wie das irakische Innenministerium am 12. Jan. mitteilte, wurden in einem Lieferwagen in Bagdad vier verkohlte Leichen entdeckt. In dem Viertel Dscharf el Naddaf hatte es Schießereien zwischen Bewaffneten und Polizisten gegeben. Das Innenministerium schloss auch nicht aus, dass der Lieferwagen aus dem erwähnten Überfall auf einen Geldtransport stammt.
  • Elf Mitglieder der Wahlkommission in Saddam Husseins Geburtsstadt Tikrit haben ihr Amt niedergelegt. Das bestätigten Mitarbeiter des Büros der Wahlkommission am 12. Jan. Es handele sich um die Hälfte der Mitglieder der städtischen Wahlkommission. Sie hätten Drohungen gegen ihre Person erhalten oder Aufrufe zum Wahlboykott ernst genommen, hieß es weiter.
  • Die USA haben ihre Suche nach Massenvernichtungswaffen im Irak offenbar eingestellt. Gefunden haben sie nichts, wie die "Washington Post" am 12. Jan. unter Berufung auf Geheimdienstkreise berichtete. Danach haben die Inspektoren ihre Arbeit kurz vor Weihnachten wegen der anhaltenden Gewalt im Land und einem Mangel an neuen Informationen beendet. Die Inspektorengruppe um ihren Chef Charles Duelfer sei bereits in die USA zurückgekehrt, hiess es in dem Zeitungsbericht. Damit bleibe Duelfers Zwischenbericht an den amerikanischen Kongress vom September als Abschlussbericht der Inspektionen stehen. Darin hatte es geheissen, dass der Irak vor der Invasion der USA im März 2003 weder biologische noch chemische Waffen besessen habe und auch sein Atomwaffenprogramm nach dem Golfkrieg von 1991 nicht mehr von Bedeutung gewesen sei.
  • Aufständische haben in der nordirakischen Stadt Mossul einen Konvoi amerikanischer und irakischer Truppen angegriffen. Dabei wurden drei irakische Soldaten getötet und sechs weitere verwundet, wie die US-Streitkräfte am 12. Jan. mitteilten. US-Soldaten seien nicht zu Schaden gekommen.
  • Umfrage:
    Die Zustimmung der Briten zum Irak-Krieg ist auf ein Rekordtief gesunken. Nur noch 29 Prozent der Briten sind derzeit der Ansicht, dass der Irak-Krieg richtig war, wie aus einer Umfrage für die "Times" hervorgeht. 53 Prozent der Befragten erklärten den Waffengang für falsch, 18 Prozent hatten keine Meinung. Im April 2003, dem Monat des Sturzes von Saddam Hussein, hatten noch 64 Prozent der Briten den Irak-Krieg befürwortet. Seither nahm die Zustimmung stetig ab.
  • Die "New York Times" hat zu einer Verschiebung der Wahlen im Irak aufgerufen, um einen "Bürgerkrieg" in dem Land zu verhindern. "Die Wahlen, mit denen eigentlich die Ära eines demokratischen Irak beginnen sollte, ähneln mehr und mehr dem schlimmsten Szenario", heißt es in einem Leitartikel der Zeitung (Ausgabe vom 12. Jan.). Es handele sich um das Szenario eines Bürgerkrieges zwischen Schiiten und Sunniten, "der den gesamten Nahen Osten destabilisieren würde".
  • Parallel zum weiteren Aufbau der irakischen Sicherheitskräfte rechnet US-Außenminister Colin Powell in diesem Jahr mit einem Abzug eines Teils der US-Soldaten aus dem Zweistromland. "Wir stecken Geld in den Aufbau der neuen irakischen Armee, der Nationalgarde und der Polizei", sagte Powell am 12. Jan. dem Rundfunksender National Public Radio. Seiner Ansicht nach könnten die Iraker im Jahr 2005 "eine größere Last tragen". Zugleich würden die Anforderungen an die US-Soldaten sinken und "unsere Zahlen in die andere Richtung gehen".
  • US-Präsident George W. Bush hat den Krieg im Irak verteidigt. Auch ohne den Fund von Massenvernichtungswaffen sei es der Waffengang "absolut" wert gewesen, sagte Bush dem US-TV-Sender ABC am 12. Jan.
  • Im Süden der irakischen Hauptstadt Bagdad haben Unbekannte einen Stellvertreter des schiitischen Geistlichen Großayatollah Ali Sistani ermordet. Scheich Mahmud el Madahaini, sein Sohn und vier Leibwächter seien ermordet worden, als sie am Abend des 12. Jan. vom Gebet in Salman Pak zurückgekommen seien, teilte Sistanis Büro am 13. Jan. in Nadschaf mit. Madahaini habe zuvor mehrere Drohungen erhalten, außerdem hätten Unbekannte schon mehrfach versucht, ihn umzubringen. Salman Pak ist überwiegend sunnitisch besiedelt und liegt an der Straße nach Kut im Süden des Landes.
  • In der irakischen Hauptstadt Bagdad ist am 13. Jan. ein türkischer Geschäftsmann entführt worden. Dabei wurden fünf bis sieben Iraker von den Kidnappern erschossen. Die Iraker wollten den Türken offenbar aus einem Hotel in der Innenstadt abholen. Die Entführer verschleppten auch einen irakischen Geschäftspartner des Türken. Das Motiv der Entführung ist noch unklar. In der Vergangenheit sind im Irak Dutzende Ausländer verschleppt worden. Teilweise erhoben die Entführer politische Forderungen, in anderen Fällen ging es um Geld.
  • Der irakische Übergangspräsident Ghasi al Jawer hat den Irak-Krieg der US-Koalition trotz der erfolglos gebliebenen Suche nach Massenvernichtungswaffen gerechtfertigt: Die Invasion im Frühjahr 2003 habe sein Land von einer "Schurken-Dynastie" befreit, sagte Jawer am 13. Jan. bei einem Treffen mit dem französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac in Paris.
  • Georgien hat angekündigt, sein im Rahmen des US-geführten Militäreinsatzes im Irak stationiertes Truppenkontingent annähernd zu verdreifachen. Ein 550 Mann starkes Bataillon solle im Februar in die Hauptstadt Bagdad entsandt werden, teilte das georgische Verteidigungsministerium am 13. Jan. in Tiflis mit. Die bereits seit November vergangenen Jahres bei Baakuba nahe Bagdad stationierten 300 Soldaten sollten noch bis Mai im Irak bleiben.
  • Bei einer Bombenexplosion in der nordirakischen Stadt Mossul ist am 13. Jan. ein US-Soldat getötet worden. Der Mann kam ums Leben, als sein Patrouillenwagen am Straßenrand über eine Bombe fuhr, wie die US-Armee mitteilte. Der Vorfall ereignete sich an einer Straße im Südosten der Stadt. Aufständische in Mossul verüben nahezu täglich Angriffe auf die US-Armee und irakische Truppen.
  • Bei einem Bombenanschlag vor einer schiitischen Moschee im Irak sind am 13. Jan. mindestens sieben Menschen getötet worden. Mindestens 38 weitere Menschen wurden verletzt, als eine Autobombe in der Stadt Chan Beni Saad, 45 Kilometer nordöstlich von Bagdad, detonierte, wie die US-Armee und die irakische Polizei mitteilten. Die Autobombe sei explodiert, als die Gläubigen gerade aus der schiitischen Moschee kamen, teilte der örtliche Geheimdienst mit. Bei den Toten handle es sich um vier Polizisten und drei Zivilisten, bei den Verletzten um acht Polizisten und 30 Zivilisten.
  • Im Vorfeld der für den 30. Januar geplanten Wahlen im Irak hat die US-Armee ihre Truppen im Norden des Landes verstärkt. Die Zahl der Hubschrauber sei verdoppelt und eine zusätzliche Brigade entsandt worden, sagte Generalmajor John Batiste am 13. Jan. in einer Videokonferenz, die aus Bagdad nach Washington übertragen wurde. Auf diese Weise solle der Druck auf die Aufständischen aufrecht erhalten werden.
  • Die Popularität von US-Präsident George W. Bush zu Beginn seiner zweiten Amtszeit ist niedriger als bei all jenen fünf Präsidenten vor ihm, die im Amt wiedergewählt wurden. Das geht aus einer am 13. Jan. in Washington veröffentlichten Umfrage des Pew Research Center hervor. Demnach kommt Bush derzeit auf eine Zustimmungsrate von 50 Prozent. Bill Clinton, Ronald Reagan, Richard Nixon, Lyndon B. Johnson und auch Dwight Eisenhower erfuhren allesamt eine höhere Zustimmung, als sie ihre zweite Amtszeit antraten.
  • Bei Militäreinsätzen im Irak sind erneut drei US-Soldaten ums Leben gekommen. Wie die US-Streitkräfte am 14. Jan. mitteilten, wurden zwei der Soldaten am 13. Jan. bei einer Operation in der umkämpften Provinz Anbar westlich von Bagdad getötet, ein dritter kam bei einem Einsatz nahe Mossul im Nordirak ums Leben. Die Zahl der US-Soldaten, die seit Beginn des Golfkriegs im März 2003 im Irak ihr Leben ließen, stieg damit auf 1.359.
    Ebenfalls am 13., Jan. wurden in Mossul drei kurdische Politiker erschossen. Bewaffnete hätten das Feuer auf ihr Auto eröffnet, sagte ein Sprecher der Kurdischen Demokratischen Partei am Freitag. In Mossul kommt es immer wieder zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen der kurdischen Minderheit und der arabischen Mehrheit.
  • Ein amerikanischer Panzer hat am 14. Jan. bei Bagdad einen Kleinbus überrollt und dabei zehn irakische Zivilisten getötet. Wie die Polizei mitteilte, wurde ein weiterer Iraker bei dem Unfall nordöstlich von Bakuba verletzt.
  • Der ägyptische Präsident Husni Mubarak warnte vor einem raschen Abzug der US-Armee aus dem Irak. "Ein Rückzug zum jetzigen Zeitpunkt wäre gefährlich", sagte er dem amerikanischen Fernsehsender PBS am 14. Jan.
  • Die US-Armee hat sieben Iraker getötet, die eine Mörsergranate nahe einer Moschee im Norden Bagdads abfeuern wollten. Die sieben Männer seien einer US-Patrouille aufgefallen, als sie am Donnerstagabend offenbar einen Anschlag nahe der sunnitischen Moschee Abu Hanifa im Viertel El Adhamija planten, teilte das irakische Innenministerium am 14. Jan. mit. Die US-Soldaten eröffneten daraufhin das Feuer, wie die US-Armee bestätigte.
  • UN-Generalsekretär Kofi Annan hat die irakische Bevölkerung aufgefordert, sich an der Wahl am 30. Januar zu beteiligen. "Ich ermuntere alle Iraker, ihr demokratisches Recht wahrzunehmen", sagte Annan am 14. Jan. bei einer Pressekonferenz am Rande einer UN-Konferenz auf der Insel Mauritius. Der Irak brauche eine möglichst breite Grundlage für einen erfolgreichen politischen Übergang. Deshalb sei es "unerlässlich", auch die Sunniten in den Wahlvorgang miteinzubeziehen, betonte der Generalsekretär der Vereinten Nationen. "Ich rufe die (irakische) Regierung auf, ihre Bemühungen in dieser Hinsicht zu verstärken, und ich weiß, dass sie sich bereits darum bemüht."
  • Die Belastungen im deutsch-amerikanischen Verhältnis wegen des Irak-Krieges sind aus Sicht der Bundesregierung inzwischen ausgeräumt. Dies zeige sich unter anderem daran, dass US-Präsident George W. Bush gleich zu Beginn seiner zweiten Amtszeit am 23. Februar Deutschland besuche und nach Mainz komme, hieß es laut AFP am 14. Jan. aus Regierungskreisen in Berlin. Umgekehrt sei aus deutscher Sicht der Ausbau der Beziehungen zu den USA ein Schwerpunkt der Außenpolitik im neuen Jahr, in der Priorität gleich nach weiteren Fortschritten bei der europäischen Integration.
  • Die Niederlande halten an dem für März geplanten Abzug ihrer Truppen aus dem Irak fest. Die Haltung seiner Regierung in dieser Frage sei "unverändert", sagte Ministerpräsident Jan-Peter Balkenende am 14. Jan. in Den Haag. Die internationale Entwicklung und die Debatte im niederländischen Parlament würden aber weiter beachtet. Die 1.350 Soldaten würden abgezogen, ausgenommen es geschähe ein "unerwartetes Ereignis", sagte Außenminister Ben Bot der Nachrichtenagentur ANP. Er erwarte jedoch keine solche Entwicklung.
  • Im Irak sind 38 Straftäter aus einem Bus geflohen, der sie von einem Gefängnis in ein anderes bringen sollte. Die unter irakischer Aufsicht stehenden Gefangenen sollten am 13. Jan. von der Haftanstalt Abu Ghraib westlich von Bagdad zu einem anderen Gefängnis gefahren werden, wie ein Sprecher der US-Armee am 14. Jan. mitteilte. Zehn von ihnen seien nach der Flucht wieder gefasst worden. Die US-Armee sei an dem Transport nicht beteiligt gewesen, betonte der Sprecher.
  • Bewaffnete haben am 14. Jan. 15 irakische Soldaten aus einem Bus entführt. Die Soldaten seien wie jeden Tag von dem US-Stützpunkt El Assad 150 Kilometer westlich der Hauptstadt Bagdad gekommen, als sie in einen Hinterhalt gerieten, wie die irakische Polizei mitteilte. Die Bewaffneten hätten Raketen abgefeuert und mit automatischen Waffen geschossen. Die Soldaten hätten Zivilkleidung getragen; ihre Waffen seien unter den Sitzbänken versteckt gewesen. Die Angreifer hätten die Soldaten gezwungen, aus dem Bus auszusteigen und hätten sie mitgenommen.
  • Die Geschworenen eines US-Militärgerichts in Ford Hood haben am 14. Jan. den Unteroffizier Charles Graner wegen der Misshandlung von Gefangenen im Militärgefängnis Abu-Ghraib im Irak schuldig gesprochen. Der 36-jährige Reservist der 372. Militärpolizeikompanie war wegen Körperverletzung, unzüchtigen Handlungen und Pflichtversäumnis angeklagt. Graner gilt als Rädelsführer einer Gruppe von Wachleuten, die ihre Misshandlungen zum Teil auf Video und Fotos dokumentiert hatten. Die Foltervorwürfe hatten weltweit für Aufsehen gesorgt.
  • Im Süden Bagdads sind die Leichen von vier Irakern gefunden worden, die für ein ausländisches Unternehmen arbeiteten. Die Leichen des irakischen Unternehmers und drei seiner Angestellten seien am 14. Jan. auf einer Straße bei Kut, rund 60 Kilometer südlich der irakischen Hauptstadt, entdeckt worden, teilte die Polizei am 15. Jan. mit. Laut einem Polizeisprecher hatten die Opfer zuvor Morddrohungen erhalten, weil sie für Ausländer arbeiteten.
  • Unbekannte haben im Irak erneut 13 Menschen ermordet. Die Leichen der Opfer, darunter eine junge Frau, wurden am Morgen des 15. Jan. in der Nähe von Latifijah südlich von Bagdad gefunden, wie Augenzeugen der Nachrichtenagentur AFP berichteten. Die Toten waren aus nächster Nähe erschossen worden, berichtete der Anwohner Abdel Rahman el Dschanabi. Die Leichen lagen in der Nähe einer Autobahn.
  • Die Koalitionstruppen im Irak haben britischen Archäologen zufolge schwere Schäden an den historischen Überresten der Stadt Babylon angerichtet. Die Drachenreliefs am weltberühmten Ischtar-Tor etwa hätten tiefe Risse und Lücken, weil jemand versucht habe, Ziegel aus der Ruine herauszubrechen, berichtete die Zeitung "The Guardian" am 15. Jan. unter Berufung auf einen Bericht des Britischen Museums. Dies habe der Leiter der Nahost-Abteilung des Museums, John Curtis, bei einem Besuch in Babylon im Dezember festgestellt. Die Ausgrabungsstätte war nach der Irak-Invasion im März 2003 zunächst von US-Marineinfanteristen, später von polnischen Soldaten als Stützpunkt genutzt worden. "Das ist, als würde man ein Militärlager rund um die Große Pyramide in Ägypten oder Stonehenge in Großbritannien errichten", schreibt Curtis laut "Guardian" in seinem Bericht. Neben dem Ischtar-Tor, das als Rekonstruktion im Pergamon-Museum in Berlin zu sehen ist, habe auch das 2.600 Jahre alte Straßenpflaster Schaden genommen, schreibt der "Guardian". Die schweren Militärfahrzeuge hätten die Ziegel zerstört.
  • Ein texanisches Militärgericht hat den US-Soldaten Charles Graner wegen der Misshandlung von Häftlingen im Gefängnis Abu Ghraib bei Bagdad am 15. Jan. zu zehn Jahren Haft verurteilt. Wegen physischer, psychischer und sexueller Misshandlungen verurteilten die Geschworenen den 36-Jährigen außerdem zur unehrenhafte Entlassung aus der Armee. Graner gilt als Rädelsführer einer Gruppe von Soldaten, die ihre Misshandlungen auf Video und Fotos dokumentiert hatten. Die zehn Geschworenen hatten ihn am Vortag in neun der insgesamt zehn Anklagepunkte der schweren Körperverletzung, Verschwörung, Misshandlung von Gefangenen, sexueller Nötigung und anderer Vergehen schuldig gesprochen. Ihm hatte eine Haftstrafe von 15 Jahren gedroht. Kurz vor der Verkündung des Strafmaßes äußerte sich Graner erstmals seit Beginn des Verfahrens am 7. Jänner persönlich zu den Vorwürfen. In einem langen Plädoyer ließ er Bedauern über sein Verhalten erkennen und erklärte, er habe bei der sexuellen Demütigung und Folter der Gefangenen nur Befehle befolgt. Er habe dem Druck anfänglich noch widerstanden, doch seine Vorgesetzten hätten ihm zu verstehen gegeben, dass man von ihm erwarte, den Befehlen der militärischen und zivilen Geheimdienstmitarbeiter in dem Gefängnis zu gehorchen. Graner gilt als Rädelsführer einer Gruppe von Soldaten, die ihre Misshandlungen auf Video und Fotos dokumentiert hatten. Die Bilder von Gefangenen, die sich unter der Aufsicht ihrer grinsenden Bewacher nackt zu Pyramiden auftürmen mussten und an Hundeleinen herum geführt wurden, hatten weltweit Entsetzen ausgelöst und dem Ansehen der US-Armee schweren Schaden zugefügt. Graner war der erste Soldat, der sich wegen der Vorwürfe vor Gericht verantworten musste. Laut Anklage hatte er unter anderem persönlich einen Gefangenen bewusstlos geschlagen und einen anderen mit einem Metall-Schlagstock verprügelt. Zwei weitere Soldaten müssen sich noch wegen der gleichen Vorwürfe wie Graner vor Gericht verantworten. Darunter ist auch die Soldatin Lynndie England. (Quelle: Der Standard [Online], 16.01.2005)
  • Zwei Wochen vor den Wahlen im Irak hat US-Vize- Verteidigungsminister Paul Wolfowitz eingeräumt, dass die Abstimmung nicht völlig frei sein wird. Absolute Sicherheit werde es nicht geben, sagte Wolfowitz am 16. Jan. auf einer Pressekonferenz in der indonesischen Hauptstadt Jakarta. Nach den Worten des Vize-Ministers ist die Lage im Irak sehr viel schlimmer als die vor der Wahl in Afghanistan. Er geht davon aus, dass die Drohungen einen Teil der Iraker davon abhalten werden, an die Urnen zu gehen.
  • Bei mehreren Angriffen auf US-Streitkräfte haben Aufständische am 16. Jan. ein Kind getötet. Das Kind sei ums Leben gekommen und ein Mann verletzt worden, als Rebellen in der Stadt Mossul mit Sturmgewehren das Feuer auf US-Soldaten eröffnet hätten, teilte ein Sprecher der US-Armee mit. Fast zeitgleich hätten US-Soldaten bei einem anderen Vorfall fünf Rebellen erschossen, die gerade einen Hinterhalt gegen US-Truppen in der Stadt vorbereitet hätten. Bei der Explosion einer Autobombe nahe eines US-Konvois ebenfalls in Mossul sei niemand verletzt worden.
  • Die irakische Politikerin Salama al Chafadschi ist am 16. Jan. einem Attentat auf offener Straße unverletzt entgangen. Al Chafadschi, die dem inzwischen aufgelösten irakischen Regierungsrat angehört hatte, war gegen Mittag mit ihrem Wagen in Bagdad unterwegs, als Angreifer von einem Auto und einem Motorrad aus das Feuer auf ihr Fahrzeug eröffneten, wie einer ihrer Mitarbeiter berichtete. Al Chafadschis Leibwächter hätten das Feuer erwidert, und die Täter seien geflohen. Es war bereits der zweite Anschlag auf das Leben der schiitischen Politikerin. Bei einem Attentat im vergangenen Mai wurden ihr Sohn und ein Leibwächter getötet, sie selbst überlebte. Al Chafadschi gehört der Parteiliste Vereinigte Irakische Allianz an, die von dem schiitischen Großayatollahs Ali al Sistani unterstützt wird. Die Liste gilt als Favorit bei der Parlamentswahl am 30. Januar, zu der 220 Parteien und politische Blöcke antreten.
  • Der Sohn eines Vertrauten des irakischen Schiitenführers Ayatollah Ali Sistani ist am 16. Jan. nach Behördenangaben ermordet worden. Ein bewaffneter Mann habe in einem Internetcafé in Naamijah in der Provinz Wassit südöstlich von Bagdad auf Ali el Chatib geschossen und ihn getötet, teilte die örtliche Polizei mit. Bei dem Opfer handelt es sich um den Sohn des Sistani-Vertrauten Scheich Habib el Chatib, der selbst vor zwei Monaten einem Attentat entkam.


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