Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Irak: Chronik wichtiger Ereignisse

1. bis 15. Januar 2004

1. bis 4. Januar
  • Der amerikanische Country-Star Willie Nelson protestiert mit einem neuen Song gegen den Irak-Krieg. Der 70-Jährige habe den Titel "Whatever Happened To Peace On Earth" spontan am ersten Weihnachtstag geschrieben, als er im Fernsehen Nachrichten aus dem Irak sah, hieß es in US- Medienberichten am 1. Jan. Nelson werde den Song am Wochenende (3./4. Jan.) bei einer Wahlkampfveranstaltung der Demokratischen Partei im Bundesstaat Texas erstmals öffentlich vortragen. In dem Lied fragt der Country-Sänger, der für die bevorstehende Grammy-Verleihung fünf Mal nominiert ist: "Wie viel Öl ist ein Menschenleben wert?" Im Refrain heißt es frei übersetzt: "Verdammt, die sollten mich nicht belügen, nicht in meinem eigenen verdammten Fernsehen. Wieviel ist das Wort eines Lügners wert, und was ist geschehen mit dem Frieden auf der Erde?"
  • Der britische Verteidigungsminister Geoff Hoon hat eingeräumt, dass als Folge des Irak-Kriegs Terroristen nach Irak eingeströmt seien, um das Land nach dem Sturz von Präsident Saddam Hussein zu destabilisieren. Langfristig würden die positiven Auswirkungen der Entmachtung Saddam Husseins jedoch diese kurzfristigen Probleme aufwiegen, sagte Hoon am 1. Jan. in einem BBC-Radiointerview. Zur Dauer der Stationierung britischer Truppen in Irak sagte der Minister, die Soldaten würden wohl auch noch in einem Jahr dort sein, um für Sicherheit zu sorgen.
  • Beim Absturz eines US-Militärhubschraubers im Irak sind am 2. Jan. ein Soldat getötet und ein weiterer verletzt worden. Der Absturz ereignete sich in Falludscha, 55 km westlich von Bagdad. Die Armee machte über die Absturzursache keine Angaben. Augenzeugen berichteten von einer Explosion, bevor der Hubschrauber Feuer gefangen hätte.
  • Bei einer Razzia in einer salafistischen Moschee in Bagdad entdeckte die US-Armee ein umfangreiches Waffenlager (u.a. Sprengstoff, zwei Panzerabwehrraketen, ein Mörserrohr, eine Kalaschnikow).
  • Die US-Armee hat eine nächtliche Ausgangssperre über die nordirakische Stadt Kirkuk verhängt. Mit dieser Maßnahme solle die Gewalt zwischen Arabern und Kurden eingedämmt und die Sicherheit wieder hergestellt werden, sagte Polizeichef Turhan Jussef am 2. Jan. Die Ausgangssperre gelte täglich von 23.00 Uhr bis 06.00 Uhr (0rtszeit) über einen unbestimmten Zeitraum. Seit dem 31. Dez. 2003 wurden bei gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Arabern, Kurden und Turkmenen in Kirkuk sieben Menschen getötet.
  • Nach dem Abschuss eines US-Hubschraubers westlich von Bagdad haben US-Truppen den dünn besiedelten Süden der irakischen Hauptstadt bombardiert. Die Aktion im Rahmen der Kampagne "Iron Grip" (Eiserner Griff) im Stadtteil Dura diente nach Armeeangaben dem Kampf gegen Aufständische, die von dort Mörsergranaten und Raketen abgefeuert hätten. Einwohner von Dura sagten, die Bomben seien am späten Abend des 2. Jan. auf Feldern eingeschlagen. Umgeben von Dattelpalm-Farmen liegen in der Gegend die Anwesen zahlreicher früherer Mitglieder des gestürzten irakischen Regimes. Dort befindet sich auch ein Palast des früheren Präsidenten Saddam Hussein, den die US-Streitkräfte zur Zeit als Stützpunkt nutzen.
  • UN-Generalsekretär Kofi Annan bekräftigte, dass die Vereinten Nationen erst nach einer Verbesserung der Sicherheitslage nach Irak zurückkehren werden. Die möglichen Aufgaben der UN beim Wiederaufbau des Landes wolle er bei einem Treffen mit Mitgliedern des irakischen Verwaltungsrats am 19. Januar erörtern, sagte Annan am 2. Jan. am Rande politischer Gespräche in Trinidad.
  • Nachdem in der vergangenen Woche in Irak fünf bulgarische Militärangehörige getötet worden sind, haben Dutzende Soldaten den Einsatz in einem zweiten Irak-Kontingent abgelehnt. Zwischen 25 und 30 Männer hätten darum ersucht, von der Mission abberufen zu werden, bestätigte Stabschef General Nikolai Kolew am 2. Jan. Die neue 500 Mann starke Truppe soll noch im Januar das derzeitige 485 Mann starke Kontingent ablösen.
  • Unbekannte Täter haben westlich von Bagdad einen Zug mit Raketen angegriffen und zum Entgleisen gebracht. Wie die 82. Luftlandedivision der US-Armee am 3. Jan. mitteilte, war der Zug diese Woche nach Habbanijah unterwegs, als er beschossen wurde. Bei dem Angriff sei die Lokomotive getroffen worden. Den Angaben zufolge handelte es sich bei den Angreifern um Plünderer. Sie hätten aber lediglich die Batterien der Lokomotivmotoren entwenden können.
  • Zwei US-Soldaten wurden im Süden Bagdads bei einem Anschlag mit einer am Straßenrand versteckten Bombe getötet, wie ein Militärsprecher am 3. Jan. mitteilte. Drei weitere amerikanische Soldaten seien durch die Explosion verletzt worden. Der Vorfall ereignete sich am 2. Jan.
  • Aufständische haben in Irak einen US-Militärstützpunkt mit Raketen angegriffen. Bei dem Beschuss in der Nähe der Stadt Balad wurde nach Angaben eines Armeesprechers vom 3. Jan. ein US-Soldat getötet, zwei weitere wurden verletzt.
  • US-Soldaten haben am 3. Jan. nach Behördenangaben in Irak vier Menschen getötet, unter ihnen eine Frau und ein neunjähriges Kind. Aus einem fahrenden US-Konvoi in Tikrit hätten Soldaten das Feuer auf ein Auto eröffnet, das die Kolonne überholen wollte, teilte ein Polizeisprecher mit. Ein 31-jähriger Mann sei zudem verletzt worden. Der Verletzte sagte einem Reporter der Nachrichtenagentur AFP im Krankenhaus, bei den Toten handele es sich um eine Frau und ihren Sohn sowie die Eltern der Frau. Ein US-Soldat habe in dem Moment das Feuer eröffnet, in dem der Wagen den US-Konvoi habe überholen wollen. (Vgl. dazu auch eine Meldung vom 13. Jan. weiter unten.)
  • Nach US-Präsident George W. Bush und dem spanischen Regierungschef Jose Maria Aznar hat auch der britische Premierminister Tony Blair den Truppen in Irak einen Überraschungsbesuch abgestattet. Bei einer Rede in Basra dankte er den britischen Soldaten am 4. Jan. für ihren Einsatz und verteidigte erneut die Beteiligung seines Landes am Irak-Krieg. Der Sturz des ehemaligen Staatschefs Saddam Hussein sei von großer Bedeutung für die weltweite Stabilität gewesen.
5. bis 11. Januar
  • Drei US-Soldaten sind der Misshandlung irakischer Kriegsgefangener für schuldig befunden und aus der Armee entlassen worden. Zwei Soldaten hätten am 12. Mai im Gefangenenlager Camp Buca in Irak auf Anweisung eines weiblichen Stabsfeldwebels einen Gefangenen zu Boden geschlagen und getreten, sagte eine US-Armeesprecherin am 5. Jan. Einer der Soldaten habe zudem einen Gefangenen an dessen Armen über den Boden gezogen und dabei zugelassen, dass er von anderen Soldaten getreten werde. Ein weiterer irakischer Gefangener sei mit dem Gesicht nach unten zu Boden geworfen worden; Soldaten hätten auf dessen verletzten Arm eingetreten.
  • Ein Mitglied des irakischen Regierungsrats hat das Vorgehen der US-Soldaten bei ihren Razzien im Irak scharf kritisiert. Tausende würden an verschiedenen Orten im ganzen Land gefangen gehalten, sagte Mohsen Abdelhamid am 5. Jan. dem Fernsehsender El Dschasira. Abdelhamid vertritt die sunnitische Islamische Partei im provisorischen Rat. "Wir hören Berichte über Folter, wir hören, dass aus den Häusern Geld und Gold gestohlen wurde und dass die Frauen draußen in der Kälte stehen müssen", fügte er hinzu.
  • Erstmals seit dem Krieg sind in Irak zwei Franzosen erschossen und ein dritter französischer Bürger lebensgefährlich verletzt worden. Die drei Mitarbeiter von US-Unternehmen gerieten am Abend des 5. Jan. am Rande einer Straße in Falludscha unter Beschuss. Zwei der Männer wurden getötet. Der dritte befand sich mit schweren Verletzungen im Krankenhaus; sein Zustand wurde als lebensbedrohlich bezeichnet. Falludscha, 55 Kilometer westlich von Bagdad, ist eine Hochburg des Widerstands gegen die US-geführten Besatzungstruppen in Irak. Den Diplomaten zufolge waren die Franzosen in einem Wagenkonvoi unterwegs gewesen, als sie wegen einer Panne am Straßenrand anhalten und aussteigen mussten. Daraufhin wurden sie aus einem vorbeifahrenden Wagen unter Beschuss genommen. Nach Angaben des Pariser Außenamtssprechers Hervé Ladsous hatten die Franzosen für US-Unternehmen gearbeitet, die am Wiederaufbau der öffentlichen Infrastruktur in Irak beteiligt gewesen waren. Entgegen den amtlichen Empfehlungen waren sie nicht bei den französischen Konsularbehörden in Irak gemeldet gewesen. Frankreich habe mit Bestürzung von dem brutalen Tod erfahren, sagte Ladsous.
  • Bei Protesten ehemaliger irakischer Soldaten in der Stadt Basra ist am 6. Jan. ein Mann erschossen worden, drei wurden verletzt. Die Polizei eröffnete das Feuer auf mehrere hundert Demonstranten, die nach Berichten von Reportern versuchten, die Niederlassung der Zentralbank zu stürmen. Die ehemaligen Soldaten forderten die Überweisung der ihnen zugesagten monatlichen Ausgleichszahlung. Britische Soldaten beruhigten schließlich die Situation in der südirakischen Stadt. Über Lautsprecher sagten sie den Demonstranten die Erfüllung ihrer Forderung zu. Sie eröffneten auch dann nicht das Feuer, als einer von ihnen am Bein von einem Stein getroffen wurde. Nach der Auflösung der irakischen Streitkräfte im Mai hat die amerikanisch-britische Besatzungsverwaltung den ehemaligen Soldaten eine monatliche Zahlung von 50 Dollar zugesagt. Die Exsoldaten in Basra gaben an, dieses Geld sei ihnen seit September nicht mehr überwiesen worden.
  • US-Truppen haben bei mehreren Razzien gegen irakische Rebellen insgesamt 46 Verdächtige festgenommen. Bei einer Militäraktion nördlich von Bagdad seien allein 22 mutmaßliche Anhänger des gestürzten Machthabers Saddam Hussein gefasst worden, teilte die US-Armee am 6. Jan. mit. 20 weitere Verdächtige seien in der westlich der Hauptstadt gelegenen Provinz El Anbar festgenommen worden, die als Widerstandshochburg gilt.
  • Iran wird sich nach Einschätzung des britischen Diplomaten Jeremy Greenstock nicht in die politische Neuordnung seines Nachbarlandes Irak einmischen. Die Regierung in Teheran habe offenbar nicht vor, in Irak auf die Errichtung eines Gottesstaates nach eigenem Vorbild hinzuwirken, sagte der Irak-Beauftragte der britischen Regierung am 6. Jan. dem Rundfunksender BBC. Greenstock hatte zuvor in Teheran Gespräche mit dem iranischen Außenminister Kamal Charrasi geführt. "Es gab keinen Hinweis darauf, dass sie eine Kopie ihrer eigenen Version von Regierung wollen, und dass finde ich beruhigend", sagte Greenstock in dem Interview. Vielmehr sei Teheran offenbar der Meinung, "dass ein stabiler und sicherer Irak bedeutet, dass die Iraker ihre Angelegenheiten selbst in die Hand nehmen". Sofern die USA und Großbritannien dem iranischen Regime gewisse Zugeständnisse machten, sei Teheran bereit, in Irak eine "positive Rolle" zu übernehmen. Die iranische Regierung wünsche eine Garantie, dass Washington und London keine "geheimen Angriffspläne gegen Iran" hegten und wünsche die Aufnahme wirtschaftlicher Beziehungen zu den beiden Ländern, besonders im Öl- und Energiesektor. Zudem fordere Teheran Zugang zu den heiligen schiitischen Stätten in Irak für iranische Pilger und ein Vorgehen gegen die Volksmudschahedin, eine iranische Oppositionsgruppe, die von Irak aus operiert.
  • Bei einem Angriff mit Granaten auf einen Stützpunkt in Bagdad ist ein US-Soldat getötet worden. 34 weitere seien verletzt, sagte ein Sprecher der Armee am 8. Januar in Bagdad. Das Verteidigungsministerium in Washington hatte zuvor von 35 Verletzten, jedoch nicht von einem Getöteten berichtet. Etwa sechs Geschosse hatten die Logistik-Basis Seitz im Westen der irakischen Hauptstadt am Abend des 7. Jan. getroffen.
  • Als Geste des guten Willens lassen die USA 506 von insgesamt 12.800 irakischen Gefangenen frei. Die Besatzungsverwaltung erfüllt damit eine Forderung irakischer Stammesführer, die zur Zusammenarbeit mit den USA bereit sind. Auch solle Familienangehörigen der Kontakt zu Gefangenen erleichtert werden, versprach US-Zivilverwalter Paul Bremer am 7. Jan. in Bagdad. Freigelassen werden sollen vor allem solche Gefangenen, denen lediglich die Unterstützung von Aufständischen vorgeworfen wird. "Dies ist kein Programm für Leute mit Blut an den Händen", sagte Bremer. Auch werde niemand freigelassen, dem Folterungen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur Last gelegt würden. Die ersten 100 Gefangenen sollen am Donnerstag aus dem Abu-Ghraib- Gefängnis westlich von Bagdad entlassen werden. Zuvor müssen sie schriftlich der Gewalt abschwören und einen Stammesführer oder einen anderen Gewährsmann benennen, der für ihr Verhalten bürgt.
  • Von US-Soldaten bewacht verließen am 8. Jan. etwa 60 Gefangene die Haftanstalt Abu Gharib im Westen Bagdads, wie eine AFP-Journalistin berichtete. Die zwei Transporter mit den Häftlingen hielten etwa 500 Meter vor den Gefängnistoren, wo Familienmitglieder ihre Angehörigen begrüßten. US-Zivilverwalter Paul Bremer hatte die Freilassung von hunderten Gefangenen am Vortag angekündigt. Rund hundert sollten im Laufe des 8. Jan. freikommen, der Rest in den kommenden Wochen.
  • 400 Inspekteure der US-Waffenkontrollmission sind nach einem US-Zeitungsbericht aus Irak abgezogen worden. "Sie haben alles gesammelt, was sammelnswert war", zitierte die "New York Times" (Ausgabe vom 8. Jan.) einen US-Vertreter. Aufgabe des abgezogenen Teams von Kontrolleuren war die Suche nach Waffenlagern und Anlagen für Raketenwerfer, die zum Abschuss verbotener Waffen gedient haben könnten, sagte ein Vertreter des US-Verteidigungsministeriums dem Blatt. Der Abzug der Kontrolleure wird der Zeitung zufolge von einigen US-Militärexperten als Zeichen dafür gewertet, dass die US-Regierung nicht mehr mit dem Fund von Bio- oder Chemiewaffen rechnen könnte. Ein weiteres Team der insgesamt 1.400 Mann starken US-Kontrollmission, das mit der Suche nach Chemie- oder Biowaffen beauftragt sei, bleibe jedoch im Einsatz, sagte ein Mitglied der so genannten Survey Group der Zeitung.
  • Angriffe gegen die US-geführten Besatzungstruppen und andere kriminelle Vergehen sind in Bagdad nach irakischen Regierungsangaben stark zurückgegangen. Die Zahl der "terroristischen Angriffe" und Verbrechen sei um 70 Prozent gesunken, sagte der irakische Vize-Innenminister Ahmad Kasem Ibrahim am 8. Jan. der von der US-geführten Koalition veröffentlichten Zeitung "Sabah". Angaben zur Zahl der Angriffe und den Zeitraum des Rückgangs wurden aber nicht gemacht. Ibrahim führte die Abnahme der Gewalt auf bessere Lebensbedingungen und zahlreiche Festnahmen in Bagdad zurück. Auch würden Ausrüstung und Arbeit der irakischen Polizei ständig verbessert.
  • Bei der Notlandung eines US-Armeehubschraubers in Irak sind nach jüngsten Angaben am 8. Jan. alle neun Insassen ums Leben gekommen. Die Armee gehe davon aus, dass alle Getöteten US-Soldaten waren, sagte General Mark Kimmitt auf einer Pressekonferenz am 8. Jan. in Bagdad. Der Helikopter sei auf einem Routineflug gewesen. Über den Grund für die Notlandung wurde nichts bekannt. Augenzeugen zufolge wurde der Hubschrauber beschossen.
  • Zu Beginn der geplanten Ablösung fast aller in Irak stationierten Truppen wurden am 8. Jan. die ersten Einheiten der 82. Luftlandedivision nach Irak ausgeflogen. Etwa 700 Soldaten der 101. Luftlandedivision wurden gleichzeitig in Fort Campbell im US-Bundesstaat Kenntucky nach ihrer Rückkehr aus Irak von ihren Angehörigen begrüßt. Alles in allem sollen bis Mai etwa 250.000 Soldaten aus Irak und Afghanistan in die USA zurückkehren beziehungsweise in die Einsatzländer entsandt werden.
  • Ein amerikanisches Transportflugzeug ist in der Nähe von Bagdad unter Beschuss geraten und hat daraufhin eine Notlandung gemacht. Die Maschine mit 63 Passagieren und Besatzungsmitgliedern an Bord habe sicher auf dem internationalen Flughafen der irakischen Hauptstadt aufgesetzt, teilte die US-Luftwaffe am 8. Jan. mit. Der Beschuss wurde in dieser kurzen Erklärung nicht erwähnt. Ein ranghoher Beamter des amerikanischen Verteidigungsministeriums sagte jedoch, die Maschine sei in feindliches Feuer geraten. Verletzt wurde offenbar niemand.
  • Die Angaben der US-Regierung über Massenvernichtungswaffen im Irak waren nach einer neuen US-Studie "irreführend". US-Regierung und -Geheimdienste hätten die Bedrohung durch den Irak vor Kriegsbeginn aufgebauscht, kritisierte das angesehene Forschungsinstitut "Carnegie Endowment for International Peace" bei der Vorlage einer Studie am 8. Jan. Meinungen seien in Fakten umgewandelt worden, heißt es in der Studie.
  • Der irakische Übergangsminister für Menschenrechte hat den USA vorgeworfen, mit der Inhaftierung mehrerer tausend seiner Landsleute in Irak die Menschenrechte zu verletzen. Das irakische Volk habe unter Saddam Hussein "genug gelitten", die Gefangensetzung zahlreicher Iraker durch die US-Armee sei deshalb "nicht hinnehmbar", sagte Übergangsminister Abdel Basset Turki am 8. Jan. in Kairo. "Der Übergangsrat weist die Verletzung der Rechte des irakischen Volks durch die USA zurück." Die Iraker hätten "Beleidigungen ihrer Würde nicht verdient".
  • Die US-Armee hat bei einer Großrazzia in der irakischen Stadt Tikrit mehrere mutmaßliche Gegner der Besatzungstruppen festgenommen. Rund 300 Soldaten durchkämmten in der Nacht zum 9. Jan. rund zwei Dutzend Häuser und Lager in der Heimatstadt des entmachteten Staatschefs Saddam Hussein, wie Bataillons-Kommandeur Oberstleutnant Steve Russell mitteilte. Insgesamt seien 13 Männer unter dem Verdacht festgenommen worden, Angriffe auf die Koalitionstruppen geplant, finanziert oder ausgeführt zu haben.
  • Die irakischen Kurden planen einem türkischen Zeitungsbericht zufolge die Gründung einer eigenen Fluggesellschaft. Air Kurdistan solle von März an vom nordirakischen Süleymaniye aus zunächst nach Frankfurt, Paris und Stockholm fliegen, berichtete die Zeitung "Vatan" am 9. Jan. Die in Nordirak herrschenden Kurdengruppen PUK und KDP hätten bisher zwei Flugzeuge gekauft und vier weitere angemietet.
  • Irakische Rebellen haben am 9. Jan. ein Hotel in Bagdad mit Raketen angegriffen. Die drei Angreifer feuerten die Geschosse nach Polizeiangaben von tragbaren Geschützen aus ab. Sie richteten Sachschäden im vierten und fünften Stockwerk des Hotels Burdsch el Hajat ab, in dem Firmenvertreter mit Aufträgen für den Wiederaufbau untergebracht sind. Verletzt wurde niemand.
  • Bei einem Bombenanschlag im Westen von Bagdad wurden am 9. Jan. zwei Iraker verletzt. Die Bombe explodierte kurz nachdem ein US-Militärkonvoi die Stelle passiert hatte.
    Ein weiterer Bombenanschlag wurde weiter südlich aus Kerbela gemeldet, dort riss die Explosion ein Loch in die Mauer einer Polizeiwache.
  • Bei einer Explosion vor einer schiitischen Moschee in der irakischen Stadt Bakuba sind am 9. Jan. bis zu fünf Menschen (dpa: 6 Menschen) getötet und Dutzende verletzt worden. Wenig später meldete ein Polizist, vor einer anderen schiitischen Moschee sei eine Autobombe entschärft worden. Dies lege den Verdacht auf einen koordinierten Doppelanschlag nahe. Zur Zahl der Opfer gab es unterschiedliche Angaben: Ein Krankenhausarzt meldete fünf Tote und 37 Verletzte. Eine US-Militärsprecherin gab die Zahl der Toten und Verletzten dagegen mit je zwei an.
  • US-Soldaten in Irak haben nach irakischen Angaben in Kirkuk versehentlich zwei Polizisten erschossen. Die US-Armee habe dies eingeräumt und Ermittlungen eingeleitet, sagte der Polizeichef von Kirkuk, Turhane Jussef, am 9. Jan.. Ihm zufolge eröffnete eine US-Patrouille das Feuer auf eine irakische Polizeistreife in Kirkuk und erschoss zwei Sicherheitskräfte. Ein anderer Polizist gab an, die US-Soldaten hätten auf den Wagen gefeuert, obwohl er mit "Polizei" markiert gewesen sei. Die US-Armee in Bagdad bestätigte die Angaben zunächst nicht.
  • Die USA haben keine glaubhaften Beweise dafür, dass Irak im Frühjahr 2003 vor dem Irak-Krieg Massenvernichtungswaffen in Syrien versteckt hat. Das sagte die Nationale Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice am 9. Jan. bei einem Gespräch mit Journalisten im Weißen Haus.
  • Nach einem Zeitungsbericht der Hessischen Allgemeinen (12.01.04) haben nun dänische Soldaten gefunden, wonach monatelang vergeblich gesucht wurde: irakische Massenvernichtungswaffen. In der Nähe von Basra hätten sie am 9. Jan. mehrere Dutzend vergrabene Granaten gefunden, die nach ersten Untersuchungen Giftgas enthielten. Ein US-Militärsprecher erklärte, es handle sich um 40 bis 50 120-Millimeter-Granaten, von denen einige leck waren und eine Flüssigkeit enthielten. (Am 18. Jan. wurde bekannt gegeben, dass an den Granaten keine Chemiespuren gefunden wurden.)
  • Die USA haben dem ehemaligen irakischen Machthaber Saddam Hussein den Status eines Kriegsgefangenen zugebilligt. Das verlautete am 9. Jan. aus Verteidigungskreisen in Washington. Eine formelle Erklärung dazu werde es aber nicht geben, hieß es. Sie sei auch nicht nötig.
    Der irakische Regierungsrat sei nicht konsultiert worden, sagte Dara Nureddin, der dem Rechtsausschuss des Regierungsrates vorsitzt, am 10. Jan. in Bagdad. Die Iraker fühlten sich an die Entscheidung der US-Regierung nicht gebunden. Saddam Hussein sei ein "Krimineller, der Verbrechen gegen die Iraker begangen hat und sich vor einem irakischen Gericht verantworten muss", sagte Nureddin.
    Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) hat dagegen keine grundsätzlichen Einwände gegen die Entscheidung der US-Regierung, den ehemaligen irakischen Machthaber Saddam Hussein als Kriegsgefangenen zu behandeln. Da Saddam Hussein auch Oberbefehlshaber der irakischen Streitkräfte gewesen war, sei diese Entscheidung "rechtlich akzeptabel", sagte IKRK-Sprecherin Nada Dumani am 10. Jan. in Amman. Nun müsse auch die Genfer Konvention für Kriegsgefangene für den von den USA gefangen gehaltenen Ex-Machthaber gelten.
  • Die NATO wird nach einem Bericht des "Spiegel" voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte die militärische Verantwortung für Teile Iraks übernehmen. Bei einem informellen Treffen der Verteidigungsminister der Allianz Anfang Februar sollen dafür die Weichen gestellt werden, wie das Nachrichtenmagazin am 10. Jan. berichtet. Zu dem Treffen am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz habe Bundesverteidigungsminister Peter Struck (SPD) geladen. Umstritten ist dem Bericht zufolge jedoch, welche europäischen Länder sich an einem solchen Einsatz beteiligen könnten. Die Bundesregierung lehnt den Einsatz deutscher Soldaten in Irak bislang strikt ab.
  • US-Streitkräfte haben in Kirkuk zwei irakische Polizisten erschossen, die sie für bewaffnete Widerstandskämpfer hielten. Wie Militärsprecherin Josselyn Aberle am 10. Jan. mitteilte, hatten die beiden Iraker am Abend des 9. Jan. in der Dunkelheit auf ein Haus gefeuert. Die Soldaten gaben zunächst Warnschüsse ab und eröffneten anschließend das Feuer, als sich die Iraker weigerten, ihre Waffen wegzulegen. (AFP)
  • Soldaten der Besatzungsstreitkräfte haben am 10. Jan. in der südirakischen Stadt Amara einen irakischen Angreifer getötet. Während einer Demonstration am Vormittag habe der Mann begonnen, Granaten zu werfen, teilte ein Sprecher der US-Armee mit. Als der "Terrorist" eine dritte Granate habe werfen wollen, sei er von Soldaten der Koalitionstruppen erschossen worden. Die rund 360 Kilometer südlich von Bagdad gelegene Stadt gehört zum Verwaltungsbereich der britischen Besatzungstruppen.
    Wenig später dann diese Meldung (AP):
    Irakische Polizisten haben am 10. Jan. während einer Demonstration in der Stadt Amarah nach Angaben eines Arztes sechs Menschen erschossen und elf weitere verwundet. Hunderte Demonstranten hatten sich vor dem Sitz der britischen Besatzungstruppen versammelt und gefordert, die Verwaltung solle ihr Versprechen einlösen und ihnen Arbeit verschaffen. Über den weiteren Verlauf des Geschehens gab es widersprüchliche Informationen. Einige Augenzeugen sagten, aus der Menschenmenge sei als erstes auf die Polizisten geschossen worden. Andere dagegen berichteten, die Demonstranten hätten lediglich Steine auf die Sicherheitskräfte geworfen, worauf diese das Feuer eröffnet hätten. Britische Soldaten riegelten die Gegend ab und zerstreuten die Menge.
    Später wurde berichtet, fünf Demonstranten seien von irakischen Polizisten, ein Demonstrant in der beschriebenen Weise von britischen Soldaten getötet worden. (AFP)
  • Die Türkei und Iran haben vor der Errichtung eines unabhängigen kurdischen Staates im Nachbarland Irak gewarnt. Falls Irak geteilt werden sollte, würden sich "die Probleme im Nahen Osten verdoppeln", sagte der türkische Außenminister Abdullah Gül am 10. Jan. nach einem Treffen mit seinem iranischen Kollegen Kamal Charrasi in Teheran. Die türkische und die iranische Regierung befürchten, dass die Autonomiebestrebungen der irakischen Kurden auf die kurdischen Minderheiten in ihren eigenen Ländern übergreifen könnten.
  • Die USA haben nach eigenen Angaben eindeutige Belege dafür, dass Russland Irak mit verbotener Militärtechnik beliefert und damit die UN-Sanktionen gegen das Land unterlaufen hat. Der ursprüngliche Verdacht der USA habe sich "erhärtet", sagte ein hochrangiger US-Vertreter am 10. Jan. Irak habe hochwertige russische Militärtechnologie gegen US-Truppen eingesetzt. Dass Moskau dies zu Beginn des Krieges abgestritten habe, habe den Beziehungen mit den USA geschadet. Genauere Angaben zu den "erhärteten Belegen" machte der US-Vertreter nicht. Der stellvertretende US-Vize-Außenminister Charles Ries sagte, die Rede sei von Technologie, mit deren Hilfe das satellitengestützte Navigationssystem (Global Positioning System) der US-Armee gestört werden sollte.
  • US-Präsident George W. Bush hat den Angriff auf Irak nach Angaben seines ehemaligen Finanzministers bereits in den ersten drei Monaten seiner Präsidentschaft geplant. Auch der Sturz des ehemaligen irakischen Präsidenten Saddam Hussein sei lange vor den Terroranschlägen auf New York und Washington vom 11. September 2001 geplant gewesen, sagte der Ende 2002 aus dem Bush-Kabinett ausgeschiedene Finanzminister Paul O'Neill dem US-Fernsehsender CBS. "Von Anfang an gab es die Überzeugung, dass Saddam Hussein ein Bösewicht war, und dass er weg musste", sagte O'Neill in dem am 10. Jan. vorab veröffentlichten CBS-Interview. Die US-Regierung hatte den Krieg gegen Irak unter anderem als Kampf gegen den Terrorismus rechtfertigt.
  • Der britische Premierminister Tony Blair hält es für möglich, dass in Irak niemals Massenvernichtungswaffen gefunden werden. In einem Land, dass doppelt so groß wie Großbritannien sei, wäre es "nicht überraschend", wenn man "verstecktes Zeug" nicht finde, sagte Blair dem BBC-Fernsehenam 11. Jan. Es gebe keine gesicherten Erkenntnisse darüber, was mit den in Irak vermuteten Waffen passiert sei. "Zu diesem Zeitpunkt" könne nicht behauptet werden, dass er mit Warnungen vor einer Gefahr irakischer Massenvernichtungswaffen falsch gelegen habe, sagte Blair.
Seit Kriegsbeginn im März sind in Irak 504 US-Soldaten getötet worden. 342 Soldaten wurden bei Kämpfen getötet, wie das US-Verteidigungsministerium am 11. Jan. mitteilte. 152 Soldaten seien abseits von Kampfhandlungen ums Leben gekommen. Hinzu kämen neun Soldaten, die am Donnerstag beim Absturz ihres Hubschraubers nahe Falludscha getötet wurden, sowie ein in der vergangenen Woche in Bagdad von einer Granate getroffener Soldat, sagte Pentagonsprecher Megan Grafton.
Das US-Verteidigungsministerium hat seine Angaben zu den in Irak getöteten US-Soldaten wenig später korrigiert: Die Zahl der Todesfälle liege unter 500, betonte Pentagon-Sprecherin Megan Grafton am 11. Jan. in Washington. Seit Kriegsbeginn im März seien in Irak 495 US-Soldaten getötet worden. Weitere 2849 Soldaten seien verletzt worden, davon 2461 bei Kampfhandlungen. Grafton hatte zuvor von 504 Toten gesprochen.
  • Ein Iraker mit Wohnsitz in den USA und sein Bekannter sind am 10. Jan. in Basra erschossen worden, teilte die US-Zivilverwaltung mit. Der in den USA gemeldete Iraker habe als Sicherheitskraft für die Hafenbehörden der Zivilverwaltung gearbeitet.
  • US-Soldaten haben nördlich der irakischen Hauptstadt Bagdad ein umfangreiches Waffenarsenal entdeckt. Ein irakischer Informant habe Soldaten am 10. Jan. in dem Ort Tadschi zu einer Art Bomben-Werkstatt geführt, in der hunderte von Raketen, Mörsergranaten und andere Sprengsätze gelagert gewesen seien, sagte am 11. Jan. eine Sprecherin der US-Armee. Unter anderem seien 260 schultergestützte Panzerabwehrgranaten und 42 Abschussvorrichtungen sowie 30 Handgranaten und mehrere Sprengstoffzünder gefunden worden. Zwei Menschen seien festgenommen worden, als sie aus dem Gebäude fliehen wollten.
  • US-Soldaten haben im Süden der Stadt Samarra sieben Iraker erschossen. Die Iraker hätten vermutlich eine Ölleitung angezapft und seien bei einem Schusswechsel getötet worden, sagte am 12. Jan. ein US-Armeesprecher. Die Soldaten einer in Tikrit stationierten Einheit seien am 11. Jan. auf rund 40 bewaffnete Iraker an der Pipeline gestoßen. Als sie versucht hätten, die Iraker gefangen zu nehmen, seien sie beschossen worden.
12. bis 15. Januar
  • Der irakische Regierungsrat drängt die Vereinten Nationen zu einer Rückkehr nach Irak. Dieses Anliegen werde eine Delegation des Regierungsrates bei einem Treffen mit UN-Vertretern am 12. Jan. kommender Woche in New York vortragen, sagte Außenminister Hoschjar Sebari am 12. Jan. in Bagdad. Zwar sei die Sicherheitssituation in Irak "nicht ideal", doch habe die UNO bereits in anderen Ländern gearbeitet, die von Krisen erschüttert wurden. Die Iraker wollten, dass die UNO eine "aktive Rolle in Irak spielt."
  • Bei einem Bombenanschlag in Bagdad sind am 12. Jan. ein US-Soldat getötet und zwei weitere verletzt worden. Der Konvoi der Soldaten sei am Morgen im Zentrum der irakischen Hauptstadt angegriffen worden, teilte ein US-Militärsprecher mit. Weitere Einzelheiten waren zunächst nicht bekannt. Später hieß es: Danach schossen US-Soldaten auf ein mit Zivilpersonen besetztes Auto und töteten dabei den Fahrer und einen Zehnjährigen, wie Verwandte der Opfer am 13. Jan. erklärten. Zwei Frauen in dem Auto seien schwer verletzt worden. Das Begleitfahrzeug habe wahllos das Feuer eröffnet. Brigadegeneral Mark Hertling erklärte, der Vorfall sei nicht bestätigt, die Armee ermittle.
  • Moskau hat Berichte aus den USA bestritten, wonach russische Firmen Irak mit Militärtechnik beliefert und damit die UN-Sanktionen gegen das Land unterlaufen haben sollen. Vize-Ministerpräsident Boris Aljoschin sagte am 12. Jan. laut der Nachrichtenagentur Interfax, der russischen Regierung sei nichts derartiges bekannt. Falls den USA entsprechende Informationen vorlägen, "wäre es nicht schlecht, sie mit uns zu teilen", fügte er hinzu.
  • Starke Explosionen haben am späten Abend des 12. Jan. die irakische Hauptstadt Bagdad erschüttert. Nach Angaben eines amerikanischen Sicherheitsbeamten detonierten mindestens zwei Mörsergeschosse in der Nähe des Hotels "Bagdad". Dieses sei aber nicht getroffen worden, auch habe es keine Verletzten gegeben.
  • Ein amerikanischer Methodistenpfarrer ist in den Hungerstreik getreten, um auf die Menschenrechtsverletzungen irakischer Zivilpersonen durch US-Truppen aufmerksam zu machen. Reverend Frederick Boyle aus Titusville hatte schon vor Kriegsbeginn für Furore gesorgt, als er wenige Tage vor der Bombardierung Bagdads aus Solidarität mit den Einwohnern in die irakische Hauptstadt gereist war. Er wirft den US-Truppen in Irak nun vor, unschuldige Iraker mitten in der Nacht zu durchsuchen und ohne Anklage zu verhaften. Ihre Häuser würden zerstört, die Menschen verletzt und getötet, sagte er am 12. Jan. im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AP. "Es kommt darauf an, ob die Besetzung Iraks unsere Werte als eine Nation unter Gott widerspiegelt. Wir sind ein mitfühlendes Land. Die Angst vor Terror darf uns nicht in etwas verwandeln, was wir selbst verabscheuen." Begonnen hat er seinen Hungerstreik am 10. Jan.
  • Das US-Finanzministerium will gegen seinen früheren Chef Paul O'Neill ermitteln. Nach Angaben aus Washington vom 12. Jan. will die Behörde klären, ob der Ex-Minister Geheimdokumente weitergegeben hat. O'Neill enthüllt in einem Buch, Präsident George W. Bush habe schon zu Beginn seiner Amtszeit mit der Planung des Irakkriegs begonnen.
  • Unbekannte Täter haben in der nordirakischen Stadt Mossul in der Nacht zum 13. Jan. zwei Polizisten erschossen. Ein Polizeioffizier sagte der Nachrichtenagentur AFP, die beiden Ordnungshüter seien von einem Taxi aus beschossen worden. Die Täter hätten unerkannt fliehen können.
  • Soldaten der US-geführten Truppen haben am 13. Jan. in der südirakischen Stadt Kut das Feuer auf protestierende Arbeitslose eröffnet und dabei sieben Menschen verletzt. Nach Polizeiangaben waren aus der Menge der etwa hundert Demonstranten Granaten auf die Soldaten geworfen worden. Ein AFP-Korrespondent berichtete, ukrainische Soldaten hätten zunächst mit Warnschüssen in die Luft reagiert. Nach gewaltsamen Protesten am Vortag mit mehreren verletzten Polizisten und Soldaten hatten die ukrainischen Truppen in Kut Verstärkung angefordert. Kut ist eine Hochburg der Schiiten.
  • Westlich der irakischen Hauptstadt Bagdad ist am 13. Jan. ein US-Militärhubschrauber vom Typ "Apache" abgestürzt. Die beiden Insassen wurden nach Armeeangaben nicht verletzt. Militärsprecher Oberst William Darley erklärte, der Kampfhubschrauber des Heeres vom Typ Apache AH-64 sei vermutlich von feindlichem Feuer zum Absturz gebracht worden. Der Hubschrauberabsturz ereignete sich nach Angaben des US-Armeesprechers im Operationsgebiet der 82. Luftlandedivision. Dazu gehört auch die aufständische Provinz El Anbar, wo seit dem 2. Januar zwei US-Militärhubschrauber abgeschossen worden waren.
  • Ein Sprecher der US-Armee sagte am 13. Jan. in Tikrit, einem Untersuchungsbericht zufolge hätten Koalitionstruppen wahrscheinlich Anfang Januar ein Taxi mit Zivilpersonen beschossen. Bei dem Vorfall kamen vier Iraker ums Leben, darunter ein siebenjähriger Junge. Der Untersuchungsbericht komme zu dem Schluss, dass der Beschuss am 3. Januar mit großkalibrigen Maschinengewehren erfolgt sei, erklärte Oberstleutnant Steven Russell (vgl. unsere Chronik vom 3. Jan.). Da die betreffende Straße von hunderten US-Einheiten befahren werde, sei es schwierig, den Schützen ausfindig zu machen. Gemeldet wurde der Zwischenfall entgegen den Vorschriften nicht. Ein weiterer Armeesprecher erklärte, ein Militäranwalt sei in den Fall eingeschaltet.
  • In der irakischen Stadt Falludscha protestierten am 13. Jan. hunderte Menschen gegen die vorübergehende Festnahme einer jungen Frau. Die 17-Jährige sei am Tag zuvor bei der Durchsuchung eines Hauses für fünf Stunden von US-Soldaten in Gewahrsam genommen worden, sagten Verwandte. Ein Schwager der Festgenommenen, Maher Turki, erklärte, die Sicherheitskräfte hätten nach einem seiner Brüder gesucht, von dem sie sich Aufschluss über den Aufenthaltsort eines Führers der früher regierenden Baath-Partei erhofft hätten. Der Bruder sei jedoch geflüchtet, die mit einem anderen Bruder verheiratete Frau sei alleine zu Hause gewesen. Seine Schwägerin sei aber gut behandelt worden, es hätten sich ausschließlich Soldatinnen mit ihr befasst, sagte Turki.
  • In Falludscha eröffneten im Rathaus stationierte US-Soldaten nach einem Raketenangriff am 13. Jan. das Feuer und erschossen zwei Menschen. Bei den Opfern handelte es sich um eine Frau, die im Haus ihrer Schwester von einer Kugel getroffen wurde, und um einen Mann, der in einem Wagen saß.
  • Bei weiteren gewaltsamen Auseinandersetzungen in Irak sind zwei Menschen getötet und zwei verletzt worden. Bei der Überprüfung eines Lastwagens in Tarmijah westlich von Bagdad hätten die Fahrer einen irakischen Sicherheitsbeamten mit einer Granate getötet, teilte die US-Armee am 13. Jan. mit. Auch einer der Angreifer sei getötet worden, als Sicherheitskräfte das Feuer eröffneten. Zwei Menschen seien verletzt worden. Anschließend wurden in dem Lastwagen demnach versteckte Waffen sowie Munition und Sprengstoff gefunden.
  • Die in New York ansässige Menschenrechtsgruppe erklärte am 13. Jan., US-Truppen hätten in mindestens vier Fällen Häuser von Irakern ohne ersichtlichen militärischen Grund alleine deshalb zerstört, um die Familien der Rebellen zu bestrafen. Weiter warf Human Rights Watch den US-Truppen Entführungen in zwei Fällen vor. In dem einen Fall handele es sich um die Frau und die Tochter von Issat Ibrahim el Duri, dem inzwischen meistgesuchten Vertreter des früheren Regimes von Saddam Hussein. Beide seien vor sechs Wochen festgenommen worden und weiter ohne Anklage in US-Gewahrsam. US-Militärsprecher Oberst William Darley wies die Vorwürfe zurück. Häuser würden nur zerstört, wenn sie als Waffenlager oder bei einem Angriff benutzt worden seien. "Der Vorwurf, dass Häuser als kollektive Strafmaßnahme zerstört würden, ist falsch", betonte Darley. Auch würden Personen nur festgenommen, wenn sie als Verdächtige gälten. Zum Fall der Frau und Tochter von el Duri wollte er sich aber nicht äußern. In ihrem Fall gebe es "besondere Umstände".
  • Die Bundesregierung denkt über ein humanitäres Engagement der Bundeswehr im Irak nach. "Wir haben nicht die Absicht, unsere Politik im Irak zu ändern. Aber wir haben schon die Absicht, weiterhin humanitär zu helfen, vor allen Dingen Menschen, die verletzt sind", sagte Schröder am 14. Jan. auf dem Neujahrsempfang der SPD-Bundestagsfraktion in Berlin. Dies sei eine "Selbstverständlichkeit". Er gehe davon aus, dass auch die Grünen einer solchen Hilfe zustimmen würden. Die Zeitung "Die Welt" (Ausgabe vom 15. Jan.) hatte vorab berichtet, Schröder habe am im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages ausdrücklich den Einsatz des Lazarett-Flugzeugs "Medevac" für den Irak in Aussicht gestellt. Er wage sich mit dieser Äußerung "sehr weit hervor", habe der Kanzler den Parlamentariern erklärt. Regierungssprecher Béla Anda sagte der dpa, die Position der Bundesregierung zu einem militärischen Einsatz sei unverändert. "Es wird keine militärische Präsenz der Bundeswehr in Irak geben", sagte Anda. "Sollte jedoch - gestützt auf ein Mandat der Vereinten Nationen - eine legitimierte irakische Regierung um humanitäre Hilfe bitten, wird sich niemand verweigern können."
  • Vor einer Polizeiwache in der irakischen Stadt Bakuba sprengte sich am 14. Jan. ein Selbstmordattentäter in die Luft und riss mindestens zwei Menschen mit in den Tod. 31 Personen wurden nach Angaben des irakischen Innenministeriums verletzt, darunter 19 Zivilpersonen. Nach Angaben der US-Armee wurden fünf Menschen getötet worden. Bei den Opfern handele es sich um zwei Zivilisten, zwei Polizisten und ein Mitglied der irakischen Zivilverteidigung, teilte US-General Mark Kimmitt in Bagdad mit. Der Attentäter wollte in einem Auto auf den Parkplatz der Wache fahren, woraufhin Wachleute das Feuer eröffneten, wie Polizeichef Salam Omar mitteilte. Das Auto sei daraufhin explodiert.
  • Bei einem Überfall auf einen amerikanischen Konvoi bei Tikrit wurden am 14. Jan. zwei Fahrer getötet und mehrere weitere Menschen verletzt. Nach US-Angaben waren die Wagen im Auftrag des US-Unternehmens Kellogg, Brown & Root unterwegs, das für verschiedene Wiederaufbauprojekte zuständig ist.
  • Südwestlich der Stadt Samarra erschossen am 14. Jan. US-Soldaten bis zu acht irakische Angreifer, die nach Angaben einer Armeesprecherin von Fahrzeugen aus auf einen Militärkonvoi geschossen hatten. 31 Verdächtige wurden festgenommen.
  • In Ramadi westlich von Bagdad erschoss am 14. Jan. ein Autofahrer an einer Straßensperre einen Polizisten; ein Passant wurde verletzt.
  • Bei einer Razzia in Samarra nahmen Soldaten am 14. Jan. vier Neffen des ehemaligen irakischen Vizepräsidenten Issat Ibrahim El Duri fest, wie die Streitkräfte mitteilten. Zwei von ihnen sollen geholfen haben, ihren Onkel zu verstecken. Die Aktion gehe auf einen Hinweis aus der Bevölkerung zurück.
  • Die deutsche Wirtschaft hat die Kehrtwende der US-Regierung bei der Vergabe von Irak-Aufträgen begrüßt. "Die Öffnung sehen wir positiv", sagte der Referent für den Mittleren Osten beim Bundesverband der Deutschen Industrie, Peter Kreutzberger, am 14. Jan. Deutsche, französische oder kanadische Firmen hatten sich in der ersten Vergaberunde nicht als Generalunternehmer für Aufträge aus einem Paket von umgerechnet 14,6 Milliarden Euro bewerben können. Die USA hatten signalisiert, dass sich in der zweiten Runde auch Firmen aus Kanada bewerben könnten. Die Beteiligung deutscher und französischer Firmen ist noch offen.
  • Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat nach Angaben der Grünen seine Pläne für einen Einsatz des fliegenden Bundeswehrlazaretts MedEvac in Irak nicht mit dem Koalitionspartner abgesprochen. Der sicherheitspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Winfried Nachtwei, sagte am 15. Jan. der Deutschen Welle, seine Fraktion sei im Vorfeld "nicht einbezogen worden. Unsere Mitglieder haben davon erst in der Ausschuss-Sitzung erfahren." Nachtwei bezeichnete Schröders Absichtserklärung als in der Sache richtig. Entscheidend seien die politischen Voraussetzungen wie eine glaubhaft legitimierte irakische Regierung und ein entsprechender UN-Beschluss. So lange dies nicht gewährleistet sei, blieben die Grünen bei ihrer Haltung "humanitäre Hilfe ja, Bundeswehreinsatz ohne UN-Beschluss nein".
  • Bei einer Explosion nahe der irakischen Stadt Tikrit sind am 15. Jan. mindestens drei Fahrgäste eines Busses getötet worden. Ein weiterer sei verletzt worden, als ein Sprengsatz in unmittelbarer Nähe des Fahrzeugs explodierte, teilte ein Sprecher der US-Armee mit. Der Bus sei dabei beschädigt worden.
  • Zehntausende Iraker (AP sprach von 30.000) haben am 15. Jan. im südirakischen Basra für rasche freie Wahlen demonstriert. Sie folgten damit einer entsprechenden Forderung von Schiitenführer Ayatollah Ali Sistani. Die religiöse schiitische Führung sei die "wahre irakische Führung", riefen die Demonstranten in Basra. Schiitenführer Sistani ist nicht gegen die US-geführte Besatzung des Landes, setzt sich aber für schnelle Wahlen und eine rasche Machtübergabe an ein repräsentativ bestimmtes Gremium ein. Zu der Kundgebung hatte Ali Abdul Karim Safi el Mussawi, der Vertreter Sistanis in Südirak, aufgerufen.
    Unterstützt von der Kundgebung hat ein schiitischer Führer den USA mit einem Boykott der geplanten Übergangsregierung gedroht. Großayatollah Ali el Husseini el Sistani werde eine so genannte Fatwa aussprechen, sollte Washington seinen Forderungen nicht nachkommen, erklärte ein Vertreter des Klerikers in Kuwait. El Sistani könnte den gläubigen Schiiten verbieten, die Übergangsregierung zu unterstützen, die am 1. Juli ihr Amt übernehmen soll, sagte Mohammed Bakir el Mehri am 15. Jan. im Fernsehsender Abu Dhabi.
  • Der Siemens-Konzern hat beim Wiederaufbau der Infrastruktur in Irak einen ersten Auftrag erhalten. Das Unternehmen werde im Norden des Landes ein GSM-Mobilfunknetz aufbauen, sagte ein Sprecher am 15. Jan. in München. Wie Siemens-Sprecher Peter Gottal mitteilte, wurde der Vertrag mit dem Netzbetreiber, Wataniya Telecom in Kuwait, bereits vor Weihnachten unterschrieben. Außerdem sei Siemens mit dem US-Generalunternehmer Bechtel "bei zwei Kraftwerken als Zulieferer im Gespräch", sagte Gottal. Ferner bewerbe sich Siemens um einen Auftrag beim Bau eines konventionellen Kraftwerks in der nordirakischen Stadt Kirkuk. Über Umfang und Wert der beiden Aufträge wollte der Sprecher nichts sagen.
  • Der frühere UN-Beauftragte für Afghanistan, Lakhdar Brahimi, ist auf einen ranghohen Beraterposten bei den Vereinten Nationen berufen worden. Brahimi werde UN-Generalsekretär Kofi Annan "in vielen Bereichen" beraten, sagte Annans Sprecher Fred Eckhard am 15. Jan. in New York. Die genauen Aufgabengebiete stünden noch nicht fest. Unter anderem werde er aber Annan in Fragen zu Konfliktregionen beraten. Die UNO erwägt derzeit, sein aus Sicherheitsgründen stark reduziertes Personal in Irak wieder aufzustocken. Brahimi hatte vergangene Woche seine zweijährige Arbeit als UN-Beauftragter für Afghanistan beendet.
  • Die Pläne der Bundesregierung für die Ausbildung irakischer Polizisten konkretisieren sich. Bundesinnenminister Otto Schily will in den nächsten Tagen in die Vereinigten Arabischen Emirate reisen, um Einzelheiten zu klären, wie eine Ministeriumssprecherin am 15. Jan. erklärte.
  • In Bagdad wurde ein Flugzeug mit dem georgischen Verteidigungsminister Tewsadse an Bord beschossen. Wie der Minister am Freitag erklärte, endete der Angriff am Abend des 15. Jan. erst, als ein US-Hubschrauber aufstiegen. Verletzt worden sei niemand. Tewsadse hatte zwei Tage die georgischen Soldaten in Irak besucht. 70 sind unter US-Kommando in Tikrit stationiert, im Februar sollen 300 weitere folgen.


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