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Präsidentenpartei als Favorit

Am Donnerstag wählen die Einwohner Indonesiens ein neues Parlament

Von Thomas Berger *

Geht es nach den letzten Umfragen, könnte die liberalkonservative Demokratische Partei (DP) das Rennen bei der am Donnerstag stattfindenden Parlamentswahl in Indonesien für sich entscheiden. Um die 25 Prozent werden der Gruppierung des amtierenden Präsidenten Susilo Bambang Yudhoyono vorausgesagt, die in der Gunst der Befragten zuletzt gegenüber der Konkurrenz deutlich zulegen konnte und zum neuen Favoriten avancierte. Den Präsidenten wird das freuen. Denn nur wenn seine Demokratische Partei mehr als ein Fünftel aller Sitze oder 25 Prozent aller Stimmen bekommt, kann er bei der Präsidentschaftswahl Anfang Juli erneut kandidieren.

Der Trend sah vor kurzem noch anders aus, als vieles darauf hingedeutet hatte, daß die konservative Golkar, einst Hausmacht des 1998 durch eine breite Volksbewegung gestürzten Diktators Suharto, erneut als Sieger dastehen würde. Mit 128 der 550 zu vergebenden Sitze hatte sie vor fünf Jahren das beste Ergebnis eingefahren, die DP kam damals nur auf 57 Mandate.

Diesmal könnte es für Golkar selbst mit dem zweiten Rang eng werden, denn laut den Umfragewerten muß sie darum mit der Demokratischen Partei des Kampfes (PDI-P) von Yudhoyonos Amtsvorgängerin Megawati Sukarnoputri ein hartes Duell austragen. Je nach Institut liegt mal die eine, mal die andere leicht vorn, jeweils im Spektrum zwischen 14 und 18 Prozent. Sechs weiteren der insgesamt 38 antretenden nationalen Parteien wird der Einzug ins neue Parlament zugetraut. Die moderaten Islamisten der Wohltätigkeits- und Gerechtigkeitspartei (PKS) werden auf alle Fälle darunter sein. Sie hatte 2004 ihr Ergebnis von sechs auf 45 Sitze vervielfacht, wird aber diesmal bestenfalls das Niveau halten können. Garantiert weiter vertreten sein wird auch die Vereinigte Entwicklungspartei (PPP), eine ebenfalls religiöse Gruppe.

Die Wirtschaftskrise hat im Wahlkampf alle anderen gesellschaftlichen Fragen an den Rand gedrängt. Die Indonesier interessiert vor allem eines: Wie kann ihr Land weitgehend ungeschoren den globalen Turbulenzen entgehen? Schon bisher lag die Arbeitslosenquote offiziell bei zehn Prozent. Inzwischen fürchten viele Leute weitere Massenentlassungen. Nahezu jede Partei beschwor mit unterschiedlichen Worten Jobsicherheit und neue Arbeitsplätze. Ein überzeugendes Konzept, wie dies zu erreichen ist, kann allerdings niemand vorweisen. Der Präsident mag einige besondere Staatsbeihilfen eingeführt haben - im grundlegend neoliberalen Kurs unterscheiden sich die einzelnen Kräfte aber nicht.

Überlagert wird diese nunmehr dritte Wahl seit dem Ende der Suharto-Ära auch von etlichen Korruptionsskandalen, von denen alle großen Parteien betroffen waren. Allerdings war es auch der friedlichste Wahlkampf. Fünf politische Morde in der ehemaligen Bürgerkriegsprovinz Aceh waren die einzige Negativbilanz, ansonsten blieben die von früher bekannten gewaltsamen Zusammenstöße konkurrierender Gruppen landesweit aus.

* Aus: junge Welt, 8. April 2009


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