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Dunkle Netzwerke

Kampf gegen Korruption in Indonesien. Ermittlungen in Regierungskreisen

Von Thomas Berger *

Nur mühsam kommt in Indonesien der Kampf gegen die ausufernde Bestechlichkeit voran. Zwar machte der Chef der nationalen Antikorruptionsbehörde (KPK), Abraham Samad, bei einer parlamentarischen Anhörung am Montag noch einmal deutlich, daß seine Kommission auch keine Hemmungen habe, Politiker aus höchsten Regierungskreisen anzuklagen, sollte es Beweise für Fehlverhalten geben. Bei einem nur einen Tag später ergangenen Urteil gegen einen korrupten Richter aus der Hauptstadt Jakarta war der Aufschrei der Entrüstung allerdings groß – er soll für lediglich vier Jahre ins Gefängnis, obwohl die Staatsanwaltschaft mit 20 Jahren Haft eine wesentlich höhere Strafe gefordert hatte.

Syarifuddin Umar soll 250 Millionen Rupiah (umgerechnet rund 28 000 Dollar) an Schmiergeldzahlungen entgegengenommen haben, als vor seiner Gerichtskammer der Fall des Bankrotts einer Textilfirma verhandelt wurde. Im Gegenzug sollte er bei dem Prozeß den Unternehmenswert als wesentlich höher darstellen, als dieser real war. Indonesia Corruption Watch (ICW) und andere Antikorruptionsverbände zeigten sich von der geringfügigen Strafe betroffen. Dies sende ein falsches Signal an die Öffentlichkeit, hieß es, und zeige, daß das spezielle Gericht für solche Fälle seiner Aufgabe nicht gerecht werde. Auch der Anklagevertreter der KPK äußerte sich kritisch. Ob seine Behörde Widerspruch einlegt, werde aber erst binnen der nächsten sieben Tage nach eingehender Prüfung der schriftlichen Urteilsbegründung entschieden. Dafür hat der Angeklagte Syarifuddin schon Revision angekündigt.

Auch wenn KPK-Chef Abraham vor einem parlamentarischen Ausschuß die Anstrengungen unterstrichen hat, eines der größten Probleme des Landes mit Nachdruck anzugehen, spricht die Realität eine andere Sprache. Ungezählte Korruptionsfälle sind entweder unbearbeitet oder deren strafrechtliche Verfolgung kommt nicht recht voran. Das betrifft auch die Vorwürfe, die gegen drei Partei- bzw. Regierungsvertreter aus dem engeren Umfeld von Präsident Susilo Bambang Yudhoyono erhoben werden. Anas Urbaningrum, Vorsitzender der regierenden Demokratischen Partei, Sportminister Andi Mandarangeng sowie sein Kabinettskollege Muhaimin Iskandar sollen gleich in mehrere dunkle Geschäfte verstrickt sein. Andi und Anas, so bisherige Erkenntnisse, haben augenscheinlich in Zusammenhang mit der Konstruktion von Sportlerunterkünften für die Südostasienspiele in Palembang Schmiergeldzahlungen erhalten, um bestimmte Firmen bei der Auftragsvergabe zu bevorteilen.

Während gegen den vormaligen Schatzmeister der Partei und eine Abgeordnete bereits durch die KPK formell Anklage im gleichen Fall erhoben wurde, ist ein solcher Schritt gegenüber den beiden vermutlich höchstrangigen Beteiligten an dem Skandal bislang ausgeblieben. Umgerechnet 2,2 Millionen Dollar sollen in die Taschen von verschiedenen Offiziellen geflossen sein. Geradezu kurios mutet in diesem Zusammenhang an, daß Minister Andi mit seinem Anteil ausgerechnet seine Kampagne für die Wahl zum Parteivorsitzenden finanzierte, die er 2010 gegen den nun mit im Visier stehenden Anas verlor.

Präsident SBY, wie ihn die meisten Indonesier verkürzt nennen, hat seit Beginn seiner zweiten Amtszeit dem Kampf gegen die Korruption zwar offiziell höchste Priorität eingeräumt. Nicht nur die aktuellen Fälle illustrieren aber, daß dieser kaum vorankommt. Selbst wenn man ihm persönlich die Bemühungen abnimmt, sind weite Kreise der eigenen Partei und Koalitionspartner in düstere Machenschaften verstrickt. Da es bei den wichtigsten Gruppierungen der Opposition aber im Grunde nicht besser aussieht, hat sich inzwischen enorme Politikverdrossenheit breitgemacht. Und selbst innerhalb der KPK, die eigentlich Speerspitze der Antikorruptionsbewegung sein soll, gab es schon einzelne Skandale und Unregelmäßigkeiten.

* Aus: junge Welt, 1. März 2012


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