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Komplott gegen Ermittler

Indonesien: Polizei und Staatsanwaltschaft versuchen, Antikorruptionsbehörde zu diffamieren

Von Thomas Berger *

Die Liste der am wenigsten korrupten Staaten wird derzeit von Neuseeland angeführt. Das hat die Organisation Transparency International in ihrem aktuellen Jahresbericht festgestellt. Es folgen Dänemark, Singapur und Schweden. Von den 180 aufgeführten Ländern liegt Indonesien derzeit an 121. Stelle.

Dort hat der Antikorruptionskampf gerade einen absoluten Tiefpunkt erreicht. Genau die Behörde, die in vorderster Front gegen Bestechung vorgehen soll, steht im Visier. Bibit Samad Rianto und Chandra M. Hamzah, den beiden Vizedirektoren der An­tkorruptionskommission KPK, werden Amtsmißbrauch und Schmiergeldzahlungen vorgeworfen. Ob es sich um nachweisbare Vergehen handelt oder eine Konspiration von Polizei und Staatsanwaltschaft dahintersteckt, um die beiden Männer aus dem Verkehr zu ziehen, steht noch nicht endgültig fes. Aber alle Anzeichen deuten daraufhin.

Präsident Susilo Bambang Yudhoyono, im Sommer erst bei Wahlen mit einem klaren Sieg in seinem Amt bestätigt, hatte wiederholt seine Selbstverpflichtung erklärt, das Grundübel Korruption an der Wurzel packen zu wollen. Zumindest in seiner ersten Amtszeit gab es denn auch einige Fälle, bei denen den Ermittlern der KPK gelang, Verwicklungen bis in höchste politische Kreise aufzudecken. Bankdirektoren, Abgeordnete und sogar einige Minister mußten sich unangenehme Fragen stellen lassen und teilweise ihren Hut nehmen. Kurz vor den Parlamentswahlen dieses Jahr hatten die aufgedeckten Skandale sogar ein solches Ausmaß erreicht, daß so gut wie keine Partei nicht betroffen war und ein grundlegender Vertrauensverlust der Bürger in die parlamentarische Demokratie zu befürchten stand.

Die KPK hat sich mit allen angelegt, wie stark deren Position im Staatsapparat auch sein mochte. Anscheinend wollen höchste Kreise aus Polizei und Staatsanwaltschaft sich nun rächen. Unter dem Vorwurf, Schmiergelder angenommen und einen umstrittenen Geschäftsmann entkommen lassen zu haben, wurden die beiden hochrangigen Korruptionsermittler vorigen Monat festgenommen. Bereits am 3. November kamen sie auf Gerichtsbeschluß aber vorläufig auf freien Fuß. Mittlerweile verdichten sich die Hinweise, daß die Vorwürfe gegen sie ein Komplott waren. Abdul Hakim Ritonga, der stellvertretende Generalstaatsanwalt, und Susno Duadji, ein Polizeigeneral, haben bereits ihre Ämter aufgegeben.

Präsident Yudhoyono hatte eine Sonderkommission eingesetzt, um den ganzen Fall unabhängig von Strafverfolgungsbehörden und Justiz untersuchen zu lassen. Der Chef des Gremiums hat nach zweiwöchigen Ermittlungen nun einen Bericht und Empfehlungen vorgelegt, die disziplinarische Maßnahmen vorsehen. Die könnten Polizeichef Bambang Hendarso Danuri und Generalstaatsanwalt Hendarman Supandji treffen. Vertreter ihrer beiden Behörden waren abgehört worden, als sie darüber berieten, wie die KPK-Spitzenmänner in Schwierigkeiten zu bringen wären.

* Aus: junge Welt, 19. November 2009


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