"Indonesien braucht keine Vermittler"
Mitteilung von "Watch Indonesia!" zur bedrohlichen Situation in der Provinz Aceh
Die Situation in Aceh wird zunehmend bedrohlicher. Erwartungsgemäß
brachte auch der jüngste Waffenstillstand, der letzte Woche in der
Schweiz vereinbart wurde und seit Montag in Kraft ist, kein Ende der
Gewalt mit sich. 16 Menschen kamen alleine in den ersten beiden Tagen
des neuen Waffenstillstandes ums Leben berichtete die Nachrichtenagentur
AFP. Andere Quellen berichten von mindestens drei getöteten Militärs
sowie sechs getöteten GAM-Kämpfern bis Mittwoch, dem dritten Tag
des Abkommens.
Wie zu befürchten war, sah Indonesiens Sicherheitsapparat in dem
Abkommen
kein Hindernis, von bereits zuvor angekündigten sweeping operations
(Razzien) Abstand zu nehmen, bei denen ganze Siedlungen nach illegalen
Waffen durchkämmt werden.
In einer letzte Woche verbreiteten Analyse warnte Watch Indonesia! vor
der zunehmenden Gefahr für Menschenrechtsaktivisten und andere neutrale
Kräfte in Aceh. Indonesiens Hardliner werten deren Tätigkeit als
- wissentliche oder fahrlässige - Hilfe für den bewaffneten Widerstand
der GAM. Aus jedem Hinweis auf die zahlreichen
Menschenrechtsverletzungen
seitens des Militärs und der Polizei läßt sich für die in Sachen
Menschenrechte ebenfalls nicht zimperliche GAM politisches Kapital schlagen.
In den vergangenen Monaten wurden nicht nur angesehene Menschenrechts-
aktivisten wie Jafar Siddiq Hamzah umgebracht. Indonesische Uniformierte
griffen auch freiwillige Helfer von internationalen Hilfsorganisationen
wie OXFAM (UK) oder RATA (Dänemark) tätlich an. Drei Mitarbeiter von
RATA
wurden Anfang Dezember kaltblütig erschossen. Die wenigen noch
verbliebenen
Projekte zur humanitären Hilfe in den Flüchtlingslagerb kamen dadurch
fast völlig zum Erliegen.
Neuesten Meldungen zu Folge möchte Indonesiens Regierung nun offenbar
auch die letzten vor Ort befindlichen internationalen Kräfte loswerden
- die Mitarbeiter des Henri Dunant Centre. Dieser schweizerischen
Nichtregierungsorganisation war es gelungen, die beiden Konflikt-
parteien erstmals zu Verhandlungen an einen Tisch zu bringen.
Vorläufiges
Ergebnis der Gespräche war das Abkommen über die "humanitäre Pause",
das im Juni letzten Jahres in Kraft trat und vergangenen Montag durch
ein einmonatiges Waffenstillstandsabkomen abgelöst wurde.
Obwohl die "humanitäre Pause" als gescheitert gilt und auch das neue
Waffenstillstandsabkommen kaum eine Verbesserung verspricht, leistete
das Henri Dunant Centre durch seine Vermittlungen in der Schweiz und
seine beiden (!) Mitarbeiter in Aceh selbst einen wichtigen Schritt in
Richtung der einzig möglichen Lösung des Konfliktes - einem am
Verhandlungstisch vereinbarten Frieden.
Die jüngsten Bemerkungen des Koordiationsministers für
Sicherheitsfragen,
Bambang Susilo Yudhoyono, lassen darauf schließen, dass das Militär
im internen Clinch mit den zivilen Kräften innerhalb der Regierung in
Jakarta die Oberhand gewonnen hat und nun darauf setzt, unter Ausschluss
der Öffentlichkeit in Aceh "reinen Tisch" zu machen.
Seit längerem drängte das Militär auf die Verhängung des militärischen
Ausnahmezustandes über Aceh.
Im vergangenen Jahr wurden 960 Personen Opfer der Gewalt in Aceh - der
überwiegende Teil davon Zivilisten. Mehr als 70 Menschen kamen in den
wenigen Wochen des gerade angebrochenen Jahres 2001 bereits ums Leben.
Alex Flor, Watch Indonesia! (23. Januar 2001)
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