Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Indien, Pakistan und der indisch-pakistanische Konflikt

April/Mai 2006

Samstag, 1. April, bis Sonntag, 16. April
  • Bei mehreren Explosionen in der pakistanischen Unruheprovinz Belutschistan sind am 2. April mindestens zehn Menschen getötet worden, 13 weitere wurden verletzt. Bei zwei fast zeitgleichen Bombenanschlägen in der Stadt Kohlu 300 Kilometer östlich der Metropole Quetta starben nach Behördenangaben drei Zivilisten, darunter ein kleines Mädchen.
  • In Indien ist eine erste Lieferung angereicherten Urans aus Russland eingetroffen. Die rund 20 Tonnen schwere Lieferung werde bald in das Atomkraftwek von Tarapur im westlichen Bundesstaat Maharashtra gebracht, berichtete die Nachrichtenagentur PTI am 2. April. Außerdem werde eine zweite Lieferung von rund 40 Tonnen angereicherten Urans erwartet. Mit den im März angekündigten Uranlieferungen aus Russland sei der Betrieb des Krenkraftwerks Tarapur für die nächsten fünf Jahre gesichert, sagte ein Mitarbeiter des Kraftwerkbetreibers.
  • US-Außenministerin Condoleezza Rice hat vor dem Kongress in Washington für die Unterstützung des umstrittenen Atom-Abkommens mit Indien geworben. Sollte die Vereinbarung scheitern, würde "all die Feinschaft und das Misstrauen der Vergangenheit verdoppelt werden", sagte Rice am 5. April. Zu Zeiten des Kalten Krieges seien die Beziehungen zu Indien "verhext" gewesen. Ein Nein zu der Vereinbarung würde "den Feinden der neuen Beziehung einen großen Sieg in die Hände fallen lassen", sagte Rice. Die Außenministerin sprach in bei Anhörungen vor Senat und Repräsentantenhaus.
  • Bei einem Bombenanschlag auf einen Gottesdienst sunnitischer Moslems sind am 11. April in der südpakistanischen Stadt Karachi mindestens 40 Menschen getötet worden. Das sagte der pakistanische Innenminister Aftab Sherpao der AFP. Die Bombe detonierte Augenzeugen zufolge nahe dem Podium, auf dem Geistliche predigten. Mindestens 80 Menschen wurden laut Polizei verletzt. Die Explosion löste eine Massenpanik unter den etwa 50.000 versammelten Gläubigen aus. Dutzende Rettungswagen eilten zum Ort des Anschlags, um Verletzte und Leichname abzutransportieren. Tausende wütende Jugendliche randalierten nach dem Anschlag. Sicherheitskräfte versuchten, die Ordnung wiederherzustellen. Der Gottesdienst im Nischtar-Park im Zentrum der Stadt fand nach Angaben der örtlichen Polizei zu Ehren des Geburtstages des Propheten Mohammed statt. Die Art der Verletzungen der Opfer weise auf einen Selbstmordattentäter hin, sagte ein Rettungshelfer, der ungenannt bleiben wollte. Die Sicherheitskräfte konnten zunächst nicht sagen, ob sich der Anschlag direkt gegen Geistliche der sunnitischen Bevölkerungsgruppe richtete.
    Die Zahl der Opfer nach einem Doppelanschlag auf Sunniten in der pakistanischen Hafenstadt Karachi ist am 12. April auf 57 gestiegen, wie Krankenhausmitarbeiter mitteilten. Die Zahl der Verletzten lag bei 100.
  • Einen Tag nach dem blutigen Bombenanschlag während eines sunnitischen Gottesdienstes in Karachi haben die pakistanischen Behörden die Sicherheitskräfte in Alarmbereitschaft versetzt. Sie rechneten mit gewaltsamen Racheakten während der Bestattung der Opfer, zu der rund 20.000 Teilnehmer erwartet wurden.
    Der pakistanische Präsident Pervez Musharraf und Regierungschef Shaukat Aziz verurteilten den Anschlag. Sie ordneten die Verschärfung der Sicherheitsvorkehrungen vor Moscheen an. Es handele sich um einen Destabilisierungsversuch "von anti-staatlichen und anti-islamischen Elementen", sagte Informationsminister Sheikh Rashid.
  • Die pakistanische Regierung hat am 12. April den Kauf von 77 amerikanischen F-16-Kampfflugzeugen beschlossen, teilte der pakistanische Informationsminister mit.
  • Bei einem Luftangriff auf ein Rebellenversteck im Nordwesten Pakistans sind sechs Menschen getötet worden (später war von neun Getöteten die Rede). Ein Hubschrauber habe den Unterschlupf am Abend des 12. April in Anghar Kalai an der Grenze zu Afghanistan beschossen, wie ein Geheimdienstoffizier am 13. April bestätigte. Bei den Opfern handelt es sich um zwei Stammesführer und vier Ausländer.
    Apäter hieß es: Der El-Kaida-Bombenexperte Muhsin Musa Matwalli Atwah alias Abdul Rahman el Muhadschir sei das Ziel eines Militärangriffs am 12. April in der Region Nord-Waziristan gewesen, erklärte ein Sprecher der Sicherheitskräfte am 13. April. Die Armee gehe davon aus, dass Muhadschir unter den elf Getöteten sei. "Zu hundert Prozent bestätigt" sei der Tod des von den USA gesuchten Terroristen allerdings noch nicht.
  • Bei zwei starken Explosionen in der größten Moschee von Neu Delhi sind am 14. April mehrere Menschen verletzt worden. Nach Angaben des Chefpredigers des Gotteshauses, Sayeed Ahmed Bukhari, waren auch Frauen und Kinder unter den Opfern. "Ich habe einen schwer verletzten Mann gesehen und Frauen, die mit ihren blutenden Kindern in den Armen rannten", sagte er. Zur Ursache der ersten Explosion machte er keine Angaben, die zweite sei von einem "Sack" im Inneren der Moschee Jama Masjid ausgegangen. Nach Angaben des Fernsehsenders NDTV gab es sechs Verletzte.
  • Über die Ostertage (15./16./17. April) werden vier Delegationen des US-Kongresses Indien besuchen, um sich ein Bild über das indisch-amerikanische Abkommen zur nukleartechnologischen Zusammenarbeit zu machen. Das von Präsident Bush bei seinem Indien-Bescuh ausgehandelte Abkommen bedarf noch der Bestätigung durch den Kongress.
Montag, 17. April, bis Sonntag, 23. April
  • Anti-Terror-Fahnder haben am 17. April in Pakistan drei mutmaßliche Mitglieder der Al Kaida verhaftet. Der Festnahme ging eine Schießerei bei einer Straßenkontrolle am Rand der Grenzstadt Peshawar voraus, wie aus Geheimdienstkreisen verlautete. Bei den verhafteten Personen handelt es sich um zwei Afghanen und einen Araber. Ein vierter Mann konnte entkommen.
  • Im Konflikt zwischen Monarchie und Opposition in Nepal gerät die Lage nach Einschätzung Indiens zunehmend außer Kontrolle. Indien wolle sich nicht in die inneren Angelegenheiten anderer Länder einmischen, doch scheine die Situation in Nepal zunehmend aus dem Ruder zu laufen, sagte der indische Sondergesandte Karan Singh am 18. April. Die Regierung in Neu Delhi forderte König Gyanendra auf, Gespräche mit den politischen Parteien seines Landes zu führen. Der indische Sondergesandte Singh soll am 19. April in Nepal eintreffen. Indien ist größter Handelspartner des Landes und hatte Gyanendras Machtergreifung im Februar 2005 scharf kritisiert. Singh will dem König eine Botschaft des indischen Premierministers Manmohan Singh übergeben.
  • Afghanistan hat das Nachbarland Pakistan am 18. April zu einem härteren Vorgehen gegen Terroristen in der Grenzregion aufgerufen. "Wir fordern mehr und bessere Zusammenarbeit von Pakistan und auch von der internationalen Gemeinschaft", sagte ein Sprecher von Präsident Hamid Karsai. Das pakistanische Außenministerium entgegnete, Pakistan unternehme mehr als genug und forderte im Gegenzug, Afghanistan müsse seinen Teil beitragen. In der Grenzregion zwischen Afghanistan und Pakistan werden ranghohe Al-Kaida- und Taliban-Mitglieder vermutet. Die US-Streitkräfte teilten unterdessen mit, bei einem groß angelegten Militäreinsatz in der Provinz Kunar im Osten Afghanistans seien "fünf Terroristen" getötet worden.
  • Bei einem Überfall auf einen Armeekonvoi sind im pakistanischen Grenzgebiet zu Afghanistan sieben Soldaten getötet und 22 weitere verletzt worden. Von einem Versteck in den Hügeln bei Miranshah in der Provinz Nord-Waziristan hätten die Angreifer die Soldaten beschossen, die auf einer Routine-Patrouille unterwegs gewesen seien, sagte Armeesprecher Shakat Sultan am 20. April der Nachrichtenagentur AFP. Bei einem anschließenden Gefecht seien vier bis sechs der Rebellen erschossen worden. Ihre Leichname seien von den Angreifern mitgenommen worden. Die Streitkräfte setzten Armeehubschrauber ein, um die Täter aufzuspüren.
  • Bei einem am 20. April von Sicherheitskräften in Pakistan erschossenen Verdächtigen handelt es sich nach Angaben des Innenministers um ein ranghohes Al-Kaida-Mitglied aus Syrien. Der getötete Marwan Hadid al Suri habe Al-Kaida-Aktionen gegen pakistanische Truppen in Nord- und Südwaziristan geleitet, sagte Innenminister Aftab Khan Sherpao am 22. April. Außerdem habe er Angriffe auf Koalitions- und afghanische Truppen im Osten Afghanistans organisiert. Der 38-Jährige war am 20. April an einer Straßensperre in Khar gestoppt worden. Bei einer anschließenden Schießerei kam er ums Leben. Auch ein pakistanischer Sicherheitsbeamter wurde getötet, zwei wurden verletzt.
  • Bundeskanzlerin Angela Merkel und der indische Ministerpräsident Manmohan Singh werden am 23. April bei ihrem Treffen in Hannover auch über eine Zusammenarbeit im Nuklearbereich sprechen. Es handele sich um ein wichtiges Thema der internationalen Politik und werde deshalb auf der Agenda stehen, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm am 21. April in Berlin. "Es wird sicher nicht im Mittelpunkt stehen", fügte er aber hinzu. Die Frage der Zusammenarbeit im Bereich der Atomenergie werde "im Rahmen unserer strategischen Partnerschaft mit Indien" beantwortet. Nach einem Bericht des "Handelsblattes" hofft Ministerpräsident Singh auf Unterstützung aus Deutschland für das zivile Atomprogramm seines Landes. Vor wenigen Wochen schloss die indische Regierung ein Abkommen mit den USA über die zivile Nutzung von Kernenergie, in dem Indien faktisch als Atommacht anerkannt wird. Außerdem wird dem Land Zugang zu Nukleartechnik für die Energiegewinnung zugesichert. So verpflichtet sich die US-Regierung, Indien moderne Technologie für Atomkraftwerke und Kernbrennstoffe zu liefern, obwohl Neu-Delhi einen Beitritt zum Atomwaffensperrvertrag weiter ablehnt.
  • Der indische Premierminister Manmohan Singh beginnt am 23. April seinen dreitägigen Deutschland-Besuch. Zum Auftakt wird Singh in Hannover mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zusammentreffen. Am Abend will er dort die Hannover-Messe eröffnen, bei der Indien in diesem Jahr offizielles Partnerland ist. Im Mittelpunkt der politischen Gespräche sollen die Zusammenarbeit bei Infrastruktur, Energiepolitik und Terrorismusbekämpfung stehen. Singh dürfte aber auch um Zustimmung für seine umstrittenen Atompläne werben.
Montag, 24. April, bis Sonntag, 30. April
  • Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die deutschen Unternehmen zu mehr Engagement in Indien aufgerufen. Der deutschen Wirtschaft stünden in dem Land alle Tore offen, "und wir sollten sie auch durchschreiten", sagte sie am 24. April auf einem deutsch-indischen Wirtschaftsforum in Hannover. Die Kanzlerin nahm eine Einladung des indischen Ministerpräsidenten Manmohan Singh an und will Indien nächstes Jahr besuchen. Merkel und und Singh hatten bereits am Vorabend (23. April) gemeinsam die Hannover Messe eröffnet, bei der Indien dieses Jahr Partnerland ist. Am Nachmittag des 24. April reiste Singh nach Berlin weiter, wo er von Bundespräsident Horst Köhler empfangen wurde.
  • Deutschland will trotz der engeren Kooperation der USA mit der Atommacht Indien und der geplanten deutsch-indischen Zusammenarbeit im Energiesektor unverändert gegen die Weiterverbreitung von Atomwaffen kämpfen. Der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (26. April) sagte der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler (SPD), es bleibe dabei, dass Deutschland dieses Engagement aufrecht erhalte. Er fügte hinzu: "Die amerikanische Politikveränderung sehen wir kritisch, gerade auch mit Blick auf die Entwicklung im Iran." (US-Präsident George W. Bush hatte der indischen Regierung vor drei Wochen zugesichert, das Atomprogramm des Landes zu unterstützen, obwohl Indien weder den Verträgen über die Nichtweiterbreitung von Atomwaffen noch dem Teststoppabkommen beigetreten ist.) Erler wies allerdings darauf hin, dass das amerikanisch-indische Abkommen noch der Bestätigung durch den Kongress in Washington bedarf. Er betonte zugleich, über Inhalte und Verabredungen in den Verträgen gebe es "noch eine Menge Aufklärungsbedarf". Insofern stelle sich die Frage einer Veränderung der deutschen Politik gegenüber Indien im Augenblick nicht.
  • Die beiden rivalisierenden Atommächte Indien und Pakistan wollen einen Vertrag zur Vermeidung eines unbeabsichtigt ausgelösten Atomkonflikts ausarbeiten. In der vierten Runde ihrer Friedensgespräche hätten die beiden Nachbarstaaten an einem Abkommen gearbeitet, das "das Risiko für Unfälle mit Atomwaffen verringern" solle, hieß es am 26. April in einer gemeinsamen Erklärung.
  • Pakistan hat am 29. April erneut eine atomwaffentaugliche Mittelstreckenrakete getestet. Der Test der Rakete vom Typ Shaheen II oder Hataf VI sei erfolgreich verlaufen und habe "hervorragende Ergebnisse" erbracht, teilte ein Militärsprecher mit. Der Flugkörper mit einer Reichweite von 2.000 Kilometern könne jede Art von Sprengkopf tragen. In einer weiter modernisierten Version könne die zweistufige Feststoffrakete sogar 2.500 Kilometer weit entfernte Ziele mit «hoher Präzision» treffen. Premierminister Shaukat Aziz, der den Versuch an einem geheim gehaltenen Ort beobachtete, sagte, Pakistan verfolge eine Strategie der "glaubwürdigen Minimalabschreckung", um den Frieden in der Region zu sichern. Er kritisierte zugleich indirekt das Abkommen zwischen Indien und den USA über die Kooperation bei der zivilen Nutzung der Atomkraft. Pakistan werde niemals irgendeine Art von Diskriminierung akzeptieren. Islamabad ist traditionell, aber besonders seit den Anschlägen vom 11. September 2001 ein enger Verbündeter Washingtons.
  • Taliban-Kämpfer haben in Afghanistan einen indischen Ingenieur entführt und getötet. Die enthauptete Leiche des dreifachen Familienvaters wurde nach Polizeiangaben am 30. April in der südlichen Provinz Sabul gefunden, wo der Mann am 28. April verschleppt worden war. Er sei bei einem Fluchtversuch erschossen worden, teilte ein Taliban-Sprecher mit. Am 29. April hatten die Entführer mit der Ermordung der Geisel gedroht, sollten nicht alle indischen Staatsbürger innerhalb von 24 Stunden Afghanistan verlassen. Der indische Ministerpräsident Manmohan Singh und der afghanische Präsident Hamid Karsai verurteilten die Ermordung des Ingenieurs, die zweite einer indischen Geisel im Süden Afghanistans innerhalb von sechs Monaten. "Feinde Afghanistans" seien für die Tat verantwortlich, erklärte Karsai. Der etwa 40 Jahre alte K. Suryanarayana arbeitete seit Januar für eine Telefongesellschaft in Afghanistan. Nach Behördenangaben wurde er am 28. April auf einer Schnellstraße in Sabul mit Waffengewalt zum Anhalten gezwungen und entführt.
  • Im Bezirk Udhampur im indischen Teil Kaschmirs wurden am 30. April 13 entführte Hirten tot aufgefunden.
Montag, 1. Mai, bis Sonntag, 7. Mai
  • Bei einem der schlimmsten Massaker in Kaschmir seit langem haben mutmaßliche muslimische Extremisten 22 Hindus hingerichtet. Nach Polizeiangaben überfielen Extremisten in der Nacht zum 1. Mai zwei Hindu-Dörfer im Bergbezirk Doda im indischen Teil Kaschmirs. Die Täter erschossen 22 Menschen, zehn weitere wurden verletzt, erklärte die Polizei am 1. Mai. Sicherheitskreise machen die Terrorgruppe Lashkar-e-Toiba verantwortlich, die angeblich von Pakistan aus operiert.
  • Die Niederlande wünschen sich von Pakistan mehr geheimdienstliche Hilfe für ihren Militäreinsatz in Afghanistan. Der niederländische Außenminister Ben Bot bezeichnete die sich häufenden Selbstmordanschläge in Afghanistan am 2. Mai in Islamabad als "direkte Bedrohung der Sicherheit unserer Soldaten". Deshalb sollten die pakistanischen Geheimdienste dem im Nachbarland Afghanistan stationierten Kontingent der NATO-geführte Schutztruppe (ISAF) sämtliche ihnen vorliegende Informationen über die radikalislamischen Taliban-Rebellen übermitteln. Der pakistanische Außenminister Khurshid Kasuri sagte Unterstützung zu und verwies darauf, dass sein Land bereits 80.000 Soldaten zum Kampf gegen die Taliban in das Grenzgebiet entsandt habe.
  • Mit krebserregenden Chemikalien verseuchtes Trinkwasser gefährdet Millionen Landbewohner im Norden von Indien. Der Entwicklungsminister des Bundesstaates Uttar Pradesh, Mohammed Azam Khan, nannte die Messwerte in 42 von 70 Bezirken am 5. Mai "erschreckend". Das ungefilterte Grundwasser sei mit Stoffen wie Blei, Arsen und Kadmium belastet und für den Konsum nicht geeignet, hieß es in einem in dieser Woche veröffentlichten Bericht der Behörden. Es sei sehr aufwändig, das Wasser zu reinigen. Der Minister kündigte an, die Weltbank um Hilfe bei der Aufbereitung des Trinkwassers zu bitten.
  • Ein ranghoher ehemaliger Taliban-Führer ist am 6. Mai in Pakistan von Unbekannten erschossen worden. Die Angreifer eröffneten in der Stadt Quetta von einem fahrenden Motorrad aus das Feuer auf Mullah Samad Baraksai, wie die Polizei mitteilte. Baraksai, der auch unter den Namen Maulwi Jar Mohammed bekannt war, lebte seit dem Sturz des Taliban-Regimes Ende 2001 in Pakistan. Nach Angaben eines Polizeisprechers hatte er sich von den Taliban distanziert und die Regierung des afghanischen Präsidenten Hamid Karsai unterstützt.
  • Die Schweiz hat die Visa-Stelle ihrer Botschaft in Pakistan geschlossen, weil Mitarbeiter dort in Menschenhandel verwickelt sein sollen. Die Visa-Stelle in Islamabad werde bis auf weiteres geschlossen, sagte die Schweizer Außenministerin Micheline Calmy-Rey bei einem Besuch in der pakistanischen Hauptstadt am 6. Mai. Die Behörde sei ins Visier eines kriminellen Netzwerks geraten, das in Menschenhandel verwickelt sei.
Montag, 8. Mai, bis Sonntag, 14. Mai
  • Bei einem US-Luftangriff auf Höhlen in Afghanistan nahe der Grenze zu Pakistan sind am 8. Mai nach Angaben der amerikanischen Streitkräfte vier Taliban-Kämpfer getötet worden. Außerdem sei ein mit Raketen beladener Lastwagen zerstört worden. Zwei der von amerikanischen Hubschraubern abgefeuerten Geschosse sollen nach pakistanischen Militärangaben auch auf der pakistanischen Seite der Grenze eingeschlagen sein. Dabei seien drei Zivilpersonen verletzt worden. Ein US-Militärsprecher sagte dagegen, es seien keine US-Geschosse in Pakistan eingeschlagen.
  • Eine in einem indischen Elendsviertel lebende Familie hat das oberste Gericht des Landes um medizinische Hilfe gebeten - oder andernfalls um den Gnadentod. Zwei seiner vier Kinder litten an Muskelschwund und er könne sich die Arztrechnungen nicht leisten, schrieb Mukhtar Ahmed Shaik in einem Gesuch an den Obersten Gerichtshof, wie die "Times of India" am 9. Mai berichtete. "Ich habe keine Möglichkeit, in dieser Welt zu überleben", flehte der 58-Jährige aus dem Dharavi-Slum am Rande von Bombay die Richter an. "Deshalb gewähren Sie mir bitte medizinische Hilfe oder geben Sie uns den Gnadentod." Andernfalls werde ihm nichts anderes übrig bleiben, als sich mit seiner gesamten Familie das Leben zu nehmen. Der Arbeiter verdient nach eigenen Angaben 2000 Rupien (rund 35 Euro) im Monat. Sterbehilfe ist in Indien verboten.
  • Die Schwellenländer China und Indien sind einem Weltbank-Bericht zufolge für einen drastischen Anstieg der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Zwischen 1992 und 2002 seien die für den Treibhauseffekt verantwortlichen Gase allein durch den Ausstoß der beiden Länder um 15 Prozent angestiegen, heißt es in dem jährlichen Bericht der Weltbank, der am 9. Mai in New York vorgestellt wurde. Hauptverantwortlich für den Ausstoß der für das Klima schädlichen Gase sind weiterhin die Industriestaaten, angeführt von den USA. Weltweit habe der Ausstoß an CO2 im Jahr 2002 mehr als 24 Milliarden Tonnen betragen. Der Anteil der USA daran beträgt 24 Prozent. Die USA lehnen einen Beitritt zum Kyoto-Klimaschutzabkommen von 1997 ab und nennen neue Initiativen nutzlos, solange Länder wie China sich daran nicht beteiligen.
  • Nach dem Tod eines jungen Pakistaners in Berliner Untersuchungshaft hat die pakistanische Bundespolizei FIA am 9. Mai zwei ranghohe Beamte zu eigenen Ermittlungen nach Deutschland gesandt. Nach den Worten von FIA-Chef Tariq Parvez sollen sie Angaben der deutschen Behörden überprüfen, nach denen sich Amir Cheema am vergangenen Mittwoch in seiner Zelle erhängt hatte. Der Vater des 28-jährigen Studenten bezweifelt die Angaben; er vermutet, sein Sohn sei zu Tode gefoltert worden. Laut Parvez ist die deutsche Seite zur umfassenden Zusammenarbeit mit den pakistanischen Ermittlern bereit.
    Der junge Pakistaner, der in Berlin in Untersuchungshaft saß und Anfang des Monats tot in seiner Zelle gefunden wurde, hat sich nach dem Ergebnis der Obduktion mit einer aus seiner Kleidung gefertigten Schlinge erhängt. Es gebe "keinerlei Anhaltspunkte für ein Fremdverschulden" am Tod der 28-Jährigen, teilte die Berliner Generalstaatsanwaltschaft am 10. Mai mit. Die Obduktion fand demnach auch im Beisein von zwei hochrangigen Polizeibeamten aus Pakistan statt.
  • Bei einem Bombenanschlag auf eine Polizeischule in Pakistan sind am 11. Mai sechs Angehörige der Anti-Terror-Polizei getötet worden. Neun weitere Polizisten wurden zum Teil lebensgefährlich verletzt, wie die Behörden mitteilten. Insgesamt gingen auf dem Gelände des Ausbildungszentrums in Quetta im Südwesten des Landes fünf Sprengsätze hoch.
    In der Provinz Baluchistan, deren Hauptstadt Quetta ist, ist es in jüngster Zeit häufiger zu Anschlägen auf die Sicherheitskräfte gekommen. Sie gehen vermutlich auf das Konto von Stämmen, die für größere Autonomie von der Regierung sowie eine stärkere Beteiligung an der Ausbeutung der Bodenschätze in der Region kämpfen.
  • In der Region Nord-Waziristan an der Grenze zu Afghanistan wurde am 11. Mai ein Mann, den militante Islamisten für einen Spion hielten, geköpft. Wie die Behörden mitteilten, wurde die Leiche des Mannes in einem Dorf gefunden. Daneben habe eine Notiz gelegen, in der die Menschen vor der Unterstützung der USA gewarnt wurden.
  • In Pakistan haben am 12. Mai erneut Religionsschüler gegen Deutschland demonstriert: Die jungen Männer riefen in der Hauptstadt Islamabad antideutsche Parolen und schwenkten Fahnen. Das berichtete ein AFP-Fotograf. Anlass der Demonstrationen gegen Deutschland ist der Tod eines jungen Pakistaners in Untersuchungshaft in Berlin. Er war Anfang des Monats tot in seiner Zelle gefunden worden. Nach dem Ergebnis der Obduktion erhängte er sich mit einer aus seiner Kleidung gefertigten Schlinge. Der verstorbene Aamir C. soll versucht haben, den Chefredakteur der "Welt" wegen der Veröffentlichung der umstrittenen dänischen Mohammed-Karikaturen anzugreifen. Er soll mit einem Messer bewaffnet in die Eingangshalle des Springer-Hochhauses eingedrungen sein, wo er von Pförtnern und herbeigerufenen Polizisten überwältigt wurde. Wegen Verdachts der Nötigung und des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte saß er in Untersuchungshaft. Der Tod des jungen Mannes hat in Pakistan starke Proteste ausgelöst. Mehrere islamistische Parteien riefen zudem zum Boykott deutscher Produkte auf.
  • Nach dem Ausfall der EU- und US-Finanzhilfe für die Palästinensische Autonomiebehörde gewährt Indien der Bevölkerung in den Autonomiegebieten humanitäre Hilfe in Höhe von 2,2 Millionen Dollar (1,73 Millionen Euro). Wie das Außenministerium in Neu Delhi am 13. Mai mitteilte, wird die Unterstützung in Form von Medikamenten und medizinischen Geräten geleistet. Indien reagierte damit auf Warnungen der Vereinten Nationen, wonach sich die Palästinensergebiete wegen der Finanznot am Rande einer humanitären Krise befinden.
  • Bei einem Anschlag auf eine Kundgebung der Hindu-Partei BJP sind am 13. Mai im indischen Teil von Kaschmir zwei Menschen ums Leben gekommen und 23 verletzt worden. Die Explosion nahe des zentralen Busbahnhofs der Stadt Doda wurde nach Angaben der Polizei von einer Granate verursacht. Bei den Tätern handelt es sich den Behörden zufolge vermutlich um islamische Extremisten. Die Kundgebung der nationalistischen Bharatiya-Janata-Partei richtete sich gegen frühere Anschläge in der Region, bei denen 35 Hindus getötet wurden.
  • Zehn Tage nach seinem Selbstmord in deutscher Untersuchungshaft ist der Pakistaner Aamir C. in seine Heimat überführt und unter großer Anteilnahme der Bevölkerung beigesetzt worden. Mehr als 20.000 Menschen nahmen am 13. Mai an dem Begräbnis in Saroki östlich von Lahore statt, wie ein Sprecher der Regionalregierung sagte. Am Morgen war der Sarg aus Frankfurt am Main kommend in Lahore eingetroffen. Der 22-Jährige hatte laut Obduktion in seiner Zelle in Berlin Selbstmord begangen; vor allem Anhänger islamistischer Parteien verehren ihn jedoch als "Märtyrer".
  • Die afghanische Regierung hat dem Nachbarland Pakistan vorgeworfen, Al-Kaida-Chef Osama bin Laden nur halbherzig zu verfolgen. "Nach allem, was wir wissen, lebt er tatsächlich in Pakistan, nahe der afghanischen Grenze", sagte Außenminister Rangin Dadfar Spanta der "Bild am Sonntag" (Ausgabe vom 14. Mai). Pakistan könnte Bin Laden demnach fangen und vor Gericht stellen. "Doch die Versuche, dies zu tun, sind nach unserer Kenntnis immer halbherzig gewesen."
Montag, 15. Mai, bis Mittwoch, 31. Mai
  • Der afghanische Präsident Hamid Karsai Pakistan vorgeworfen, in den dortigen Koranschulen werde zum Heiligen Krieg in Afghanistan aufgerufen. "Mullahs und Lehrer sagen ihren Schülern: Geht nach Afghanistan für den Dschihad. Brennt Schulen und Krankenhäuser nieder", erklärte Karsai am 18. Mai bei einem Besuch in der Stadt Kunar unweit der pakistanischen Grenze. Eine Sprecherin des Außenministeriums in Islamabad wies die Vorwürfe als unbegründet zurück. Die mehr als 10.000 Koranschulen in Pakistan bilden bis zu eine Million Schüler aus.
  • Angesichts einer seit Monaten andauernden Offensive der radikalislamischen Taliban hat Afghanistan am 21. Mai schwere Vorwürfe gegen Pakistan erhoben. Außenminister Rangin Dadfar Spanta sagte vor Journalisten in Kabul, die Führer der Taliban und anderer Terrorgruppen lebten in Pakistan und koordinierten von dort die Angriffe in Afghanistan.
  • Bei einem Angriff muslimischer Extremisten auf eine Großkundgebung im indischen Teil Kaschmirs sind am 21. Mai mindestens neun Menschen getötet und 22 weitere verletzt worden. Augenzeugen berichteten, die Rebellen hätten sich als Polizisten verkleidet und das Feuer auf die Menge in der Regionalhauptstadt Srinagar eröffnet. Sicherheitskräfte hätten zurückgeschossen. Viele Menschen seien ins Kreuzfeuer geraten. Zwei muslimische Terrorgruppen bekannten sich zu der Tat.
  • Ein Anti-Terror-Gericht im pakistanischen Rawalpindi hat am 23. Mai wegen eines Selbstmordanschlags vom 30. Juli 2004 vier Todesurteile verhängt. Die vier Angeklagten wurden laut einer Meldung der Nachrichtenagentur Associated Press of Pakistan für schuldig befunden, an dem Anschlag auf den damaligen Finanzminister Shaukat Aziz beteiligt gewesen zu sein, der einen Monat später das Amt des Regierungschefs übernahm. Aziz hatte den Anschlag überlebt, während der Attentäter und neun andere Menschen getötet sowie 48 weitere Menschen verletzt wurden. Welche Rolle die vier zum Tode Verurteilten dabei nach den Erkenntnissen des Gerichts spielten, ging aus der Meldung nicht hervor.
  • Die EU, Japan, China, Russland, Südkorea, Indien und die USA haben am 24. Mai den Bau des Kernfusion-Versuchsreaktors ITER gestartet. Ein entsprechendes Abkommen wurde von den Partnern in Brüssel unterzeichnet. Gebaut wird der Reaktor in Cadarache in der südfranzösischen Region Provence. Das Projekt umfasst ein Finanzvolumen von zehn Milliarden Euro. Mit dem Bau sollen rund 10.000 neue Arbeitsplätze entstehen. Die Anlage soll bis 2014 fertig gestellt sein. Die Betreiber erhoffen sich, dass mit ITER (Internationaler Thermonuklearer Experimentalreaktor) eine saubere und unerschöpfliche Energiequelle entsteht. ITER soll nach seiner Fertigstellung Wissenschaftlern, Ingenieuren und Technikern 20 Jahre lang die Möglichkeit geben, das Potenzial der Kernfusion unter realistischen Bedingungen auszuloten. Bei der kontrollierten Kernfusion werden ähnlich wie bei der Energiegewinnung in der Sonne Atomkerne des Deuteriums (schwerer Wasserstoff) mit denen des radioaktiven Tritiums (überschwerer Wasserstoff) verschmolzen.
  • Afghanistan vermutet hinter den jüngsten massiven Taliban-Angriffen im Süden das Terrornetzwerk El Kaida und andere islamistische Drahtzieher. "El Kaida und gewisse andere Länder üben Druck auf die Taliban aus, damit sie vor allem in (der Südprovinz) Kandahar Boden gutmachen", sagte der Gouverneur von Kandahar, Asadullah Chalid, der Nachrichtenagentur AFP am 26. Mai. Die jüngste "Welle der Gewalt" gehe über einen "einfachen Aufstand" hinaus. Afghanische Regierungsvertreter werfen regelmäßig Pakistan vor, den Taliban im Grenzgebiet Unterschlupf zu gewähren und den Aufstand im Nachbarland zu lenken. Die Regierung in Islamabad widerspricht den Vorwürfen aus Kabul.
  • Am 28. Mai sind bei einem Autobombenanschlag nahe der Stadt Miranschah ein Soldat und ein Polizist getötet worden.
  • Die deutschen Sicherheitsbehörden haben angeblich drei deutsche Frauen daran gehindert, Selbstmordattentate im Irak und in Pakistan zu begehen. Die zum Islam übergetretenen Frauen aus Berlin und Süddeutschland hätten sich über Kontakte in islamistischen Chatrooms und durch den Einfluss islamistischer Lebensgefährten radikalisiert, berichtet der Berliner "Tagesspiegel" unter Berufung auf einen ranghohen Sicherheitsexperten (30. Mai). Zwei von ihnen wollten demnach ihre Kleinkinder auf ihre Reise in den Nahen Osten mitnehmen. Die Frauen seien in den Chatrooms aufgespürt und in den vergangenen Wochen an der Ausreise gehindert worden, hieß es weiter. Eine von ihnen habe Kontakte zur irakischen Terrorgruppe Ansar al Islam. Vergangenen November hatte sich in der Nähe von Bagdad eine belgische Konvertitin in die Luft gesprengt.
  • Erstmals seit der Entdeckung von Aids vor einem Vierteljahrhundert hat sich die Ausbreitung der Krankheit verlangsamt. Im vergangenen Jahr steckten sich weltweit 4,1 Millionen Menschen mit dem HI-Virus an, wie das UN-Programm UNAIDS am 30. Mai mitteilte. Im Jahr 2003 hatten sich noch 4,8 Millionen Menschen infiziert. Der Bericht wird alle zwei Jahre erstellt. Ende 2005 lebten demnach geschätzte 38,6 Millionen mit dem Aids-Virus infizierte Menschen auf der Erde. Den meisten von ihnen sei nicht bewusst, dass sie sich angesteckt haben. UNAIDS warnte vor einem Nachlassen im Kampf gegen Aids. Das südliche Afrika sei trotz eines Rückgangs in wenigen Ländern weiter die am schlimmsten betroffene Region der Welt.
    In China, wo laut UNAIDS erstmals belastbare Daten vorhanden waren, sind derzeit rund 650.000 Menschen mit dem Aids-Virus infiziert. Das entspricht einem Anteil von 0,1 Prozent an der Bevölkerung. Dagegen liegt die Zahl der Infizierten in Indien mit 0,9 Prozent weit höher. Breitet sich Aids in China vor allem unter Drogensüchtigen aus, so wird die Krankheit in Indien vor allem wegen ungeschütztem heterosexuellen Sex übertragen.



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