Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Indien, Pakistan und der indisch-pakistanische Konflikt

Februar/März 2006

Mittwoch, 1. Februar, bis Sonntag, 19. Februar
  • In Pakistan wurden die umstrittenen dänischen Karikaturen am 3. Feb. in einer Parlamentsdebatte scharf verurteilt. Für kommenden Dienstag (7. Feb.) wurde eine Sondersitzung zur Verabschiedung einer formellen Resolution gegen die Zeichnungen einberufen. "Wir werden die Veröffentlichung solcher Gotteslästerungen nicht dulden", erklärte der Senator Khurshid Ahmed.
  • Einen Tag nach den Anschlägen und Unruhen am wichtigsten Trauertag der schiitischen Muslime ist die Zahl der Todesopfer in Pakistan auf mindestens 38 gestiegen. Am 10. Feb. forderten erneute Auseinandersetzungen zwischen Schiiten und Sunniten drei Tote, berichtete ein Beamter vor Ort. Vier Menschen starben nach Angaben des pakistanischen Innenministers Aftab Ahmed Khan Sherpao in der Nacht zum 10. Feb. an ihren Verletzungen. Im Nordwesten des Landes waren bei zwei Bombenexplosionen bei einer Prozession am Aschura-Trauertag am 9. Feb. 23 Menschen getötet worden. Bei anschließenden Unruhen starben vier Menschen. Auch im westafghanischen Herat waren bei Zusammenstößen zwischen Schiiten und Sunniten am Donnerstag vier Menschen gestorben.
  • Nach 38 Jahren im Gefängnis wird in Indien ein 70-Jähriger freigelassen, ohne dass je gegen ihn Anklage erhoben wurde. Der Mann war 1968 unter dem Verdacht verhaftet worden, seine Schwägerin getötet zu haben. Ein Prozess fand nie statt, weil den Behörden die Akten zu seinem Fall verloren gingen. (FR, 14. Feb.)
  • Bei anti-westlichen Protesten wegen der Mohammed-Karikaturen sind am 14. Feb. in Pakistan erstmals Demonstranten getötet worden. In Iran attackierten Muslime die deutsche Botschaft mit Steinen. Der pakistanische Innenminister Aftab Ahmed Khan Sherpao berichtete, bei Ausschreitungen in der ostpakistanischen Stadt Lahore seien zwei Demonstranten getötet worden. Augenzeugen sagten, ein Wachmann einer Bank habe das Feuer auf eine gewalttätige Menge eröffnet. Nach dem Vorfall hätten Randalierer ein Restaurant einer US-Imbisskette angezündet. Außerdem seien mehrere Büros in Geschäftsgebäuden, Räume im Provinzparlament und zahlreiche Fahrzeuge verwüstet oder in Brand gesteckt worden. In Lahore hatten sich etwa 15.000 Menschen versammelt. Demonstranten riefen "Nieder mit Dänemark" und "Nieder mit den USA". Auch in der Hauptstadt Islamabad, wo rund 6.000 Menschen demonstrierten, setzte die Polizei Tränengas und Schlagstöcke ein. Die Demonstranten stürmten das Diplomatenviertel, nachdem sie mehrere Polizeisperren durchbrochen hatten.
  • Bei Demonstrationen gegen Mohammed-Karikaturen sind am 15. Feb. in Pakistan US-Schnellrestaurants, Geschäfte westlicher Unternehmen, Kinos, Banken und Internet-Cafés in Brand gesteckt worden. Drei Menschen kamen bei den Ausschreitungen ums Leben, darunter ein Kind. Die Demonstration in der pakistanischen Stadt Peshawar war mit 70.000 Teilnehmern die bislang größte Kundgebung gegen die Veröffentlichung von Karikaturen des Propheten Mohammed in westlichen Zeitungen. Ein Polizeisprecher sagte, die Menge habe randaliert. In Peshawar wurden zwei Menschen getötet. Laut Polizei wurde ein achtjähriger Junge von der Kugel eines Demonstranten tödlich getroffen. Nach anderen Quellen blieb unklar, ob der Schuss von einem Polizisten oder einem Demonstranten abgefeuert wurde.
  • In Pakistan demonstrierten am 16. Feb. erneut Tausende Menschen gegen die Veröffentlichung der Karikaturen in europäischen Zeitungen. Die Kundgebung mit rund 40.000 Teilnehmern in der Hafenstadt Karatschi verlief jedoch anders als die Demonstrationen der vergangenen Tage weitgehend friedlich.
  • Indien will die Rechte von Frauen stärken. Staatspräsident Abdul Kalam kündigte am 16. Feb. im Parlament einen Gesetzentwurf gegen sexuelle Belästigung sowie gegen Frauen- und Kinderhandel an, wie die Tageszeitung Times of India in ihrer Online-Ausgabe berichtete. Laut Kalam will die Regierung auch eine Frauenquote von 33 Prozent im Parlament einführen. Das geplante Gesetz sieht schärfere Strafen für Sexualtäter und einen besseren Schutz für Frauen vor. So sollen vergewaltigte Frauen innerhalb von 24 Stunden von einem Arzt untersucht werden. Um Übergriffe von Sicherheitskräften zu vermeiden, soll die Polizei Frauen nachts nur noch bei "unvermeidbaren Umständen" festhalten dürfen.
  • Dänemark hat wegen der anhaltenden Proteste gegen die Mohammed-Karikaturen vorübergehend seine Botschaft in Pakistan geschlossen. Der dänische Botschafter soll aber an einem sicheren Ort in Pakistan bleiben. Das pakistanische Außenministerium teilte am 17. Feb. mit, es habe seinen Botschafter in Dänemark zu Beratungen einbestellt.
  • Eine seit mehr als vier Jahrzehnten unterbrochene Bahnverbindung zwischen Indien und Pakistan ist am 18. Feb. feierlich wieder eröffnet worden. Der aus der pakistanischen Hafenstadt Karachi kommende "Thar Express" traf am Morgen in der indischen Stadt Munabao an. Die etwa 300 Fahrgäste und Hunderte von Zuschauern brachen bei der Ankunft des Zuges in Jubel und zum Teil sogar in Tränen aus. Noch am gleichen Tag sollte der Zug die etwa 400 Kilometer lange Rückfahrt durch Buschland und Wüste nach Pakistan antreten. Die Strecke war 1965 nach dem Krieg um die zwischen beiden Staaten umstrittene Kaschmir-Region geschlossen worden. Künftig soll der nach der Wüste im Südosten Pakistans benannte "Thar-Express" einmal pro Woche auf der Strecke verkehren.
  • Der französische Präsident Jacques Chirac besucht am 19. Feb. Indien - es begleiten ihn nicht weniger als fünf Minister und 32 Wirtschaftsvertreter. Teil der Entourage wird ein Vertreter des Konzerns Areva sein. Der weltgrößte Hersteller von Atomreaktoren kann darauf hoffen, schon bald Geschäfte in Indien zu machen - obwohl sich die Nuklearmacht bis heute weigert, dem Atomwaffensperrvertrag (NPT) beizutreten. Während des Besuchs würden die beiden Länder "zwei bedeutende Dokumente unterzeichnen, die den militärischen Bereich und die Zusammenarbeit bei der zivilen Atomnutzung betreffen", heißt es in einer Mitteilung der französischen Botschaft in Neu Delhi am 18. Feb. (Deutsche Welle, 18. Feb.)
  • Pakistan hat am 19. Feb. erfolgreich eine atomwaffenfähige Kurzstrecken-Rakete getestet. Die Boden-Boden-Rakete vom Typ Hatf-II/Abdali mit einer Reichweite von rund 200 Kilometern könne mit "nuklearen und anderen Sprengköpfen ausgerüstet werden", teilte das pakistanische Militär mit, ohne weitere Details zu nennen. Offenbar mit Blick auf die Nachbarländer hieß es weiter, der Test sei angekündigt worden.
  • In Pakistan stellte die Polizei am 19. Feb. radikale Muslimführer unter Hausarrest und nahm mehrere hundert Menschen fest, um eine Grosskundgebung in der Hauptstadt Islamabad zu verhindern. Rund 600 Demonstranten drangen dennoch auf einen zentralen Platz vor und lieferten sich mit der Polizei eine dreistündige Strassenschlacht. Die Polizei setzte Tränengas ein, auch Schüsse waren zu hören. Mehrere Personen wurden verletzt.
  • Bei einer Explosion im Bahnhof der indischen Stadt Ahmedabad sind am 19. Feb. 13 Menschen verletzt worden, zwei von ihnen schwer. Nach der Detonation, bei der ein Bahnsteig fast vollständig zerstört wurde, verhängten die Behörden für die ganze Stadt die höchste Alarmstufe. Die Wirtschaftsmetropole im Bundesstaat Gujarat wurde für den Zugverkehr gesperrt, in verschiedenen Stadtteilen wurden erhöhte Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Über die Ursache der Explosion ist noch nichts bekannt.
    Gujarat war im Februar 2002 der Schauplatz blutiger Auseinandersetzungen zwischen Hindus und Moslems. Die Hindus beschuldigten die Moslems, einen mit Hindus besetzten Zugwaggon in Brand gesetzt zu haben. In den darauf folgenden Kämpfen starben mehr als 2.000 Menschen. Später stellte sich heraus, dass eine Panne das Feuer ausgelöst hatte.
Montag, 20. Februar, bis Dienstag, 28. Februar
  • Frankreich und Indien wollen bei der zivilen Nutzung der Atomenergie zusammenarbeiten. Ziel sei ein Abkommen für einen Einsatz der Nuklearenergie "zu friedlichen Zwecken", erklärten Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac und Indiens Premierminister Manmohan Singh am 20. Feb. in Neu Delhi. Dabei nannten sie die Grundlagenforschung, den Austausch von wissenschaftlichem Personal, die Atomstromerzeugung sowie die Beschäftigung mit Fragen der Atommüllbeseitigung.
  • Airbus hat einen Milliardenauftrag aus Indien unter Dach und Fach gebracht. Der Co-Vorstandsvorsitzende des Airbus-Mutterkonzerns EADS, Noël Forgeard, teilte mit, der Vertrag über den Kauf von 43 Kurz- und Mittelstreckenflugzeuge der A320-Familie werde am 20. Feb. in Neu Delhi bei einem Treffen des französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac mit dem indischen Ministerpräsidenten Manmohan Singh unterzeichnet. Der Auftrag hat ein Volumen von 2,5 Milliarden Dollar, umgerechnet 2,1 Milliarden Euro. Das Geschäft mit der staatlichen Fluggesellschaft Indian war bereits im Herbst vergangenen Jahres angekündigt worden.
  • China und Pakistan unterhalten seit 55 Jahren diplomatische Beziehungen. Aus diesem Anlass besuchte der pakistanische Präsident Pervez Musharraf am 21. Feb. den chinesischen Staatspräsidenten Hu Jintao. Beide Länder wollen in den Bereichen Energie, Verkehr, Landwirtschaft und Infrastruktur ihre Zusammenarbeit intensivieren. Internationale und regionale Angelegenheiten beider Länder sollen zukünftig enger koordiniert werden.
  • Die pakistanischen Sicherheitskräfte suchen nach Medienberichten vom 22. Feb. auf ihrem Staatsgebiet nach rund 150 mutmaßlichen Taliban. Eine Liste mit Verdächtigen habe der afghanische Präsident Hamid Karsai bei seinem Besuch in der vergangenen Woche übergeben, berichtete die Zeitung "Dawn" unter Berufung auf Innenminister Aftab Khan Sherpao. "Wir haben eine Liste von rund 150 Terroristen erhalten, von denen vermutet wird, dass sie sich in Pakistan verstecken", zitierte die Zeitung Sherpao.
  • In Pakistan haben am 22. Feb. mehr als 10.000 Menschen gegen die umstrittenen Mohammed-Karikaturen protestiert. Die Demonstranten in der Stadt Larkana riefen nach Polizeiangaben "Tod den Zeichnern" sowie "Dschihad". Ausserdem hätten sie Flaggen von Dänemark verbrannt. Bei den Protesten habe es keine grösseren Zwischenfälle gegeben, teilte die örtliche Polizei weiter mit. Demonstrationen gab es auch im Süden in den Städten Hyderabad, Sukkur und Nawabshah sowie in der Hauptstadt Islamabad.
  • Bei einem Bombenanschlag auf einen Lastwagen-Konvoi in Indien sind am 28. Feb. mindestens 23 Menschen getötet worden. Mehr als 30 Menschen wurden verletzt, teilte die Polizei mit. Für den Anschlag in der Nähe der Stadt Darphaguda im zentralindischen Bundesstaat Chhattisgarh wurden maoistische Rebellen verantwortlich gemacht. Sie hätten die vollbesetzten Lastwagen gestoppt und einen von ihnen in die Luft gesprengt. Zwei weitere Lastwagen seien angezündet worden. Der Anschlag ereignete sich einen Tag vor dem Besuch des amerikanischen Präsidenten Bush in Indien. Die Behörden haben schon die Sicherheitsvorkehrungen im gesamten Land verstärkt, weil sie befürchten, daß militante Gruppen versuchen werden, mit Anschlägen während des dreitägigen Bush-Besuchs Aufsehen zu erregen. Die Opfer kamen nach Angaben der Polizei von einem Treffen, wo sie über Maßnahmen gegen die in dem Bundesstaat aktiven Maoisten beraten hatten. Sie hätten die Polizei und die politischen Parteien in ihrem Kampf gegen die Rebellen unterstützt und seien deshalb zum Ziel der Maoisten geworden.
  • US-Präsident George W. Bush ist am 28. Feb. zur einer fünftägigen Reise nach Indien und Pakistan abgeflogen. Er wird am 1. März zunächst in der indischen Hauptstadt Neu-Delhi erwartet und am 4. März nach Islamabad in Pakistan weiterreisen. Bei den Gesprächen mit der politischen Führung beider Länder geht es darum, die bilateralen Beziehungen zu stärken - sowohl auf wirtschaftlichen Gebiet als auch im Kampf gegen den internationalen Terrorismus. Vor allem Pakistan ist hier ein wichtiger Verbündeter der USA.
  • Auf einer internationalen Konferenz im Golfemirat Katar hat Afghanistan am 28. Feb. Sicherheitsabkommen mit seinen drei größten Nachbarländern China, Iran und Pakistan unterzeichnet. Ziel der Abkommen sei es, "den Handel zu erleichtern sowie Schmuggel von Waren und illegale Grenzübertritte zu verhindern", sagte der Afghanistan-Beauftragte der UNO, Tom Koenigs, am 28. Feb. der Nachrichtenagentur AFP in Doha. Die internationale Gemeinschaft habe Afghanistan Hilfe bei der besseren Überwachung der Grenzen zugesagt. Mit den beiden anderen Nachbarstaaten, Turkmenistan und Tadschikistan, seien ähnliche Abkommen in Vorbereitung, sagte der frühere Grünen-Politiker Koenigs. Die Abkommen wurden am Rande einer internationalen Konferenz zur Stabilisierung Afghanistans unterzeichnet.
Mittwoch, 1. März, bis Sonntag, 12. März
  • Die USA wollen zivile Nukleartechnik an Indien liefern. Das verkündete US-Präsident Bush am 2. März in Neu-Delhi. George W. Bush und Indiens Regierungschef Manmohan Singh gaben in Neu-Delhi die Inhalte des Abkommens bekannt, das sie als "historisch" bezeichneten. Die USA hatten 1998 noch mit Sanktionen auf erste unterirdische Atomwaffenversuche in Indien reagiert. Das Abkommen verspricht Indien Technologie-Transfer und die Belieferung mit Kernbrennstoffen, obwohl Indien es weiter ablehnt, den Atomwaffensperrvertrag zu unterzeichnen. Zu Kritik im eigenen Land sagte Bush, die Entwicklung der Kernenergie in Indien nehme Druck von den Ölmärkten.
    Das chinesische Außenministerium forderte, dass sich die nukleare Kooperation zwischen Indien und den USA nach dem Atomwaffensperrvertrag richten müsse. Singh sagte, die Einigung sei zustande gekommen, nachdem Indien den USA eine Liste ziviler Nukleareinrichtungen vorgelegt habe.
  • Bei einem Bombenanschlag auf die US-Botschaft in Karatschi starben am 2. März fünf Menschen, darunter ein US-Diplomat; mehr als 30 wurden verletzt. Bush will dennoch am 4. März Pakistan besuchen: "Terroristen und Mörder werden mich nicht davon abhalten", erklärte er. Auch in Pakistan wird der US-Präsident zum ersten Mal sein. Der islamische Staat gilt als einer der wichtigsten Verbündeten der USA im Anti-Terror-Kampf. Allerdings gibt es dort eine wachsende anti-amerikanische Stimmung.
  • Auch am letzten Besuchstag des US-Präsidenten in Indien dauerten die Proteste an. In Hyderabad riefen am 3. März Tausende "Hände weg von Indien" und demonstrierten – zum Teil verkleidet als "Weltgendarm Bush" gegen die US-Außenpolitik.
    Das außerordentliche US-Interesse an einer Intensivierung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit hatte Bush ebenfalls am 3. März im südindischen Hyrerabad betont. In Indien habe sich eine Mittelklasse mit 300 Millionen Menschen herausgebildet. Nun müßten in den USA Produkte entwickelt werden, für die auf diesem Markt eine Nachfrage bestehe – dann sei ein gutes Geschäft zu machen.
  • Pakistans Präsident Pervez Musharraf kritisierte seinen afghanischen Kollegen Hamid Karsai für dessen Haltung im Kampf gegen den Terrorismus. Im US-Fernsehsender CNN sagte Musharraf am 5. März, dass er schwer enttäuscht vom afghanischen Geheimdienst sei. "Präsident Karsai merkt nicht einmal, was in seinem eigenen Land vor sich geht." Die Übermittlung von Geheimdiensterkenntnissen aus Afghanistan sei mangelhaft. Zu einer guten Zusammenarbeit gehöre, geheimdienstliche Informationen und Kontakte "unverzüglich zu übermitteln und nicht monatelang auf einen Präsidentenbesuch zu warten", um sie dann zu übergeben.
  • Bei einer Anschlagsserie in der heiligen nordindischen Pilgerstadt Benares sind wenige Tage vor einem hohen Hindu-Fest mindestens 21 Menschen getötet und mehr als 60 weitere verletzt worden. Eine Bombe explodierte am 7. März am Hanuman-Tempel, in dem sich hunderte Gläubige versammelt hatten. Ein weiterer Sprengsatz detonierte kurz darauf in einem Bahnhof der Stadt, ein dritter in einem Zug. Viele Verletzte befinden sich in kritischem Zustand. Am Ufer des Ganges fand die Polizei zwei weitere scharfe Sprengsätze.
    Premierminister Singh verurteilte die Anschläge und rief die Nation zur Ruhe auf. Nach Angaben des Innenministeriums wurden alle indischen Bundesstaaten in Alarmbereitschaft versetzt. In den Millionenstädten Neu Delhi und Bombay gilt höchste Alarmbereitschaft.
  • Eine bisher unbekannte islamistische Gruppe hat die Verantwortung für die Anschlagsserie vom 7. März in der indischen Pilgerstadt Benares übernommen. "Wir haben die Anschläge ausgeführt", sagte ein Sprecher der Gruppe Lashkar-e-Kahar am 9. März der Nachrichtenagentur Current News Service (CNS). Er drohte mehr Attentate an, sollte Indien "seine Gewalttaten" gegen Moslems in Kaschmir nicht einstellen. Die indische Polizei erklärte, ihr sei die Gruppe nicht bekannt. Sie nehme die Drohungen aber ernst. Ermittlungen seien eingeleitet worden.
  • Pakistanische Soldaten haben rund 30 mutmaßliche ausländische Extremisten und ihre Unterstützer bei einem Luftangriff auf ihr Versteck getötet. Bei dem Angriff am Abend des 10. März nahe der der Ortschaft Miran Shah in der Rebellenregion Nord Waziristan an der Grenze zu Afghanistan wurde auch ein umfangreiches Munitionsdepot zerstört, wie der Chefmilitärsprecher, General Shauklat Sultan, der Nachrichtenagentur AFP sagte. Die Grenzregion war bereits am vergangenen Wochenende Schauplatz heftiger Kämpfe, bei denen etwa 140 mutmaßliche Aufständische und fünf Soldaten getötet wurden. In der unwegsamen Bergregion finden Talibankämpfer und Anhänger des Terrornetzwerks El Kaida von Osama bin Laden Zuflucht. Seit Oktober 2003 hat die pakistanische Armee mehr als 80.000 Soldaten entlang der Grenze stationiert.
  • Auf dem Weg zu einer Hochzeitsfeier sind am 10. März in Pakistan mindestens 27 Menschen bei der Explosion einer Landmine ums Leben gekommen. Die Hochzeitsgesellschaft sei auf dem Anhänger eines Traktors auf einem abgelegenen Bergweg in der südwestlichen Unruheprovinz Baluchistan unterwegs gewesen, als sie auf die Mine fuhr, sagte ein Sprecher der Provinzregierung. Innenminister Aftab Sherpao machte "terroristische Elemente" verantwortlich. In Baluchistan gibt es immer wieder Angriffe von Stammesgruppen, die mehr Autonomie für die Provinz fordern. Die Mine war den Angaben zufolge in einem Flussbett deponiert. 27 Menschen waren sofort tot, darunter offenbar 20 Frauen und Kinder. Es sei schwierig, die genaue Zahl der Toten zu bestimmen, weil viele Leichen zerfetzt worden seien, sagte der Sprecher. Auf dem Anhänger hatten sich mindestens 35 Menschen befunden. Der Weg wird häufig von der Armee und von paramilitärischen Gruppen benutzt. Die Explosion ereignete sich in der Nähe von Rakhni, das rund 300 Kilometer östlich der Provinzhauptstadt Quetta liegt.
    In Baluchistan kommt es immer wieder zu Aufständen von Stammesgruppen, die mehr Autonomie für die Provinz fordern. Außerdem wollen sie finanziell stärker an der Ausbeutung der reichen Naturressourcen der Region beteiligt werden.
  • Der Atomkonflikt mit dem Iran darf nach Ansicht des indischen Premierministers Manmohan Singh nur mit friedlichen, diplomatischen Mitteln gelöst werden. Allerdings müsse der Iran auch seine Verpflichtungen aus dem Atomwaffensperrvertrag erfüllen, den das Land freiwillig unterzeichnet habe, sagte Singh im Interview mit dem Nachrichtenmagazin "Focus" (12. März). Den Sperrvertrag selber bezeichnete Singh als diskriminierend, weil er von fünf Ländern bestimmt werde, für die exklusive Regeln gälten. Deshalb habe Indien sich ihm bisher nicht angeschlossen.
Montag, 13. März, bis Sonntag, 19. März
  • Die indische Regierung wird zusammen mit Vertretern aus Pakistan am 14. und 15. März Beratungsgespräche über die Route der geplanten Erdgas-Pipeline vom Iran nach Indien halten. Nach Angaben des indischen Energieministers Dinsha Patel würden drei verschiedene Routen für die Pipeline diskutiert. Alle drei Routen würden über die unsichere Baluchistan-Region in Pakistan führen, was den Einsatz von Militär zum Schutze des 7 Milliarden US-Dollar schweren Projekts erfordere. Die Pipeline werde eine Länge von 2100 Kilometer haben und Erdgas vom Iran nach Indien liefern. (stock-world.de)
  • US-Präsident George W. Bush hat am 16. März dem Kongress seine umstrittene Atomvereinbarung mit Indien vorgelegt. Repräsentantenhaus und Senat müssen dem Abkommen, das Bush Anfang März bei seinem ersten Besuch in Neu Delhi ausgehandelt hatte, noch zustimmen. Es sieht die Aufhebung des seit mehr als drei Jahrzehnten geltenden US-Atomboykotts gegen Indien vor. Im Gegenzug stellt Indien einige seiner zivilen Atomkraftwerke unter internationale Aufsicht.
  • Um einer neuen Eskalation im Karikaturstreit vorzubeugen, hat der dänische Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen einen Indien-Besuch im April verschoben. "Beide Seiten kamen überein, daß der vorgeschlagene Termin für einen Besuch nicht optimal ist", teilte das indische Außenministerium am 17. März mit. Der Besuch solle aber bald nachgeholt werden.
  • Pakistan hat den USA und Indien vorgeworfen, mit ihrer Vereinbarung zur Nuklear- Kooperation den Atomwaffensperrvertrag zu zerstören. Russland liefert trotz des weltweiten Nuklear-Boykotts Uran nach Indien. Die Absicht der USA, Indien Atomtechnik zu liefern, werde auch andere Länder dazu ermutigen, diesem Beispiel zu folgen, sagte der pakistanische Außenminister Khursheed Mehmood Kasuri der Financial Times (17. März). "Der gesamte Atomwaffensperrvertrag wird sich auflösen", fügte der Minister hinzu. Dies sei nur eine Frage der Zeit. Viele Länder hätten gerne Atomwaffen, nicht nur Iran und Nordkorea.
  • Bei einem Bombenanschlag sind im Nordwesten Pakistans sieben Menschen getötet worden, unter ihnen sechs Sicherheitskräfte, berichtet Spiegel-online am 19. März. Als Täter werden Islamisten vermutet. Die an einer Straße platzierte, ferngezündete Bombe zerriss in Dera Ismail Khan ein Polizeifahrzeug, wie der lokale Polizeichef am 19. März der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Drei Polizisten, drei Paramilitärs und ein Passant seien ums Leben gekommen. Anderen Berichten zufolge wurden vier Passanten verwundet. Das Fahrzeug sei komplett zerstört worden. Dera Ismail Khan liegt 250 Kilometer nordwestlich der pakistanischen Hauptstadt Islamabad. Die Stadt grenzt an die Unruhe-Region Nord-Waziristan, wo die pakistanische Armee Mitglieder des al-Qaida-Terrornetzwerks jagt. Noch hat sich niemand zu der Tat bekannt. Doch ein Polizeisprecher bezichtigte militanten Islamisten aus benachbarten Provinzen.
Montag, 20. März, bis Freitag, 31. März
  • Mutmaßliche Islamisten haben in der Grenzregion zwischen Pakistan und Afghanistan den Funkturm eines Rundfunksenders in die Luft gejagt. Die Station in der Hauptstadt der Provinz Süd-Waziristan, Wana, habe auf unbestimmte Zeit ihre Ausstrahlungen eingestellt, sagte ein Produzent am 20. März. Ein Beamter der Sicherheitsbehörden machte Anhänger der Taliban für den Anschlag verantwortlich. Sie hätten Sprengstoff am Fuße des Turms platziert und zur Explosion gebracht. In der angrenzenden Provinz Nord-Waziristan läuft eine Offensive der pakistanischen Armee gegen Taliban und Mitglieder des El-Kaida-Terrornetzwerks.
  • Die Vorsitzende der Regierungskoalition in Indien, Sonia Gandhi, hat am 23. März wegen parlamentarischer Querelen ihr Abgeordnetenmandat zurückgegeben. Zugleich trat sie vom Amt als Vorsitzende des Nationalen Beraterrats zurück, der der Kongresspartei vorsteht. Hintergrund des Schritts war offenbar Kritik aus der Opposition, weil Gandhi eine Reihe von Organisationen leitet. Das Gesetz gestattet Abgeordneten keine Nebeneinkünfte aus bezahlter Arbeit. Dennoch kündigte Gandhi, die Witwe des früheren Ministerpräsident Rajiv Gandhi, an, erneut für das Parlamentsmandat zu kandidieren.
  • Bei einem Angriff mutmaßlicher Anhänger des Terrornetzes Al Qaeda auf einen Armeestützpunkt im pakistanischen Grenzgebiet zu Afghanistan sind bis zu 20 der Angreifer getötet worden. Die Soldaten hätten das Feuer am 24. März erwidert und "zwischen 15 und 20 Terroristen" getötet, sagte Armeesprecher Shaukat Sultan in Islamabad. Nach Angaben des Regierungsvertreters in der Region, Zaheer-ul-Islam, kam ein Soldat ums Leben, zwei weitere wurden verletzt. Sultan sagte, die Rebellen hätten das Camp im halbautonomen Stammesgebiet Nord-Wasiristan vor Sonnenaufgang mit Raketenwerfern und anderen schweren Waffen angegriffen. Am 23. März hatte der pakistanische Präsident Pervez Musharraf militante Extremisten vor die Wahl gestellt, das Land zu verlassen oder getötet zu werden.
  • Der indische Premier Manmohan Singh hat Pakistan im Zuge der Entspannungspolitik einen Friedensvertrag in Aussicht gestellt. Er sei sicher, dass es Fortschritte geben könne, wenn alle Beteiligten die bestehenden Fakten anerkennen, sagte Singh am 24. März bei der Eröffnung einer neuen Buslinie zwischen der indischen Stadt Amritsar und dem pakistanischen Nankana Sahib, einer Pilgerstätte der Sikhs.
  • Am 29. März geht in Karatschi das sechstägige Weltsozialforum zu Ende. (Erstmals war in diesem Jahr das Großereignis der sozialen Bewegungen aus aller Welt auf mehrere Kontinente aufgeteilt worden. Die ersten beiden Veranstaltungen hatten Ende Januar in den Hauptstädten Malis und Venezuelas, Bamako und Caracas, stattgefunden.) In die pakistanischen Hafenstadt waren über 20.000 Beobachter und Delegierte aus etwa 58 Ländern angereist, der größte Teil kam aus der Region. Entsprechend standen deren Probleme ganz oben auf der WSF-Agenda. Pakistan gehört nach Afghanistan und dem Irak zu den Ländern, die am meisten unter dem von US-Präsident George W. Bush ausgerufenen "Krieg gegen den Terror" zu leiden haben. Die Folgen für das südasiatische Land sind katastrophal: "In den letzten Jahren", berichtete I. A. Rehman von der pakistanischen Menschenrechtskommission, "sind zahllose Menschen einfach verschwunden". Genaue Zahlen habe er nicht, aber es seien etliche hundert, wenn nicht sogar mehrere tausend Fälle. Staatliche Organe, oft der militärische Geheimdienst, nehmen Personen fest, nicht selten vollkommen willkürlich, und inhaftieren sie über Jahre ohne Anklage an unbekanntem Ort. Die Angehörigen bleiben meist ohne jede Nachricht. Besonders häufig ist dieses Vorgehen in den nördlichen Grenzregionen, aber auch im südwestlichen Belutschistan und im südöstlichen Sindh, wo separatistische Bewegungen aktiv sind.



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