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Indien, Pakistan und der indisch-pakistanische Konflikt

August/September 2005

Montag, 1. August, bis Sonntag, 14. August
  • Die Allianz der islamistischen Parteien kündigte am 1. August an, dass sie die Ankündigung von Präsident Musharraf von letzter Woche anfechten werde, wonach alle Ausländer, welche die Koranschulen besuchen, das Land verlassen müssten.
  • Indien und Pakistan haben am 5. August eine neue Runde von Friedensgesprächen begonnen. Dabei geht es um vertrauensbildende Maßnahmen, mit denen die Gefahr eines Atomkriegs gemindert werden soll. Die letzten Gespräche dieser Art hatten im Dezember 2004 stattgefunden.
    Bei den Gesprächen am Wochenende (6./7. August) kamen Indien und Pakistan überein, das Risiko eines Atomkriegs zu senken. So soll eine direkte Telefonverbindung zwischen ihren Außenministerien eingerichtet werden, womit vorab über Tests gegenseitig informiert werden soll.
  • Indien und Pakistan haben am 8. August ihre seit zwei Jahren geltende Waffenruhe in Kaschmir verlängert. Ferner vereinbarten beide, entlang der Demarkationslinie keine neuen Wachposten zu installieren. Über eine Verringerung der massiven beiderseitigen Militärpräsenz wurde indessen nicht gesprochen.
  • Berlin, Frankfurt und Bonn sind auf sichergestellten Landkarten eines in Pakistan festgenommenen Terrorverdächtigen besonders eingezeichnet. Das wurde aus Kreisen des US-Auslandsgeheimdienstes CIA am 10. August in Washington bestätigt. Der Pakistaner, dessen Name mit Osama Bin Yousaf angegeben wird, war am Abend des 7. August von pakistanischen Sicherheitskräften im ostpakistanischen Faisalabad festgenommen worden. Ein Sprecher des Bundesnachrichtendienstes (BND) sagte auf ddp-Anfrage in Berlin, dass der deutsche Dienst bisher weder über die Festnahme noch über die Person noch über die Städtenamen Erkenntnisse habe. Ein Vertreter des CIA gab auf die Frage, was es zu bedeuten habe, dass auch Bonn "markiert" worden sei, den Hinweis, möglicherweise werde von den Terroristen die Stadt am Rhein "eben noch mit als Bundeshauptstadt betrachtet". Schließlich gebe es in der Bundesstadt Bonn eine erhebliche Anzahl von Ministerien und "hochkarätigen Institutionen".
  • Pakistan hat am 11. August erstmals einen atomwaffenfähigen Marschflugkörper getestet. Nach Angaben der Streitkräfte hat die Rakete vom Typ "Babur" eine Reichweite von 500 Kilometern. Wo sie startete, wurde nicht mitgeteilt. Das Außenministerium erklärte, das Nachbarland Indien sei nicht vorab informiert worden. Ein am Wochenende geschlossenes Abkommen zur gegenseitigen Vorab-Information über Raketentests beziehe sich nicht auf Marschflugkörper, hieß es zur Begründung. Indien reagierte zunächst nicht auf den Test. Der pakistanische Informationsminister Sheikh Rashid Ahmed erklärte, ungeachtet der Aktion solle der Friedensprozess der beiden Atommächte fortgesetzt werden.
  • Bei einem Überfall von Moslemextremisten auf ein Dorf in Kaschmir sind mindestens fünf Menschen ums Leben gekommen. Neun weitere Menschen wurden bei dem Angriff in der Nacht zum 13. August verletzt, wie die Polizei mitteilte. Unbekannte griffen demnach ein Verteidigungskomitee in dem Ort Shajroo im indischen Teil der Region an. Die Komitees werden von indischen Sicherheitskräften ausgebildet, um Angriffe von Moslemextremisten abzuwehren. Unter den Verletzten seien vier Kinder im Alter zwischen zwei und 14 Jahren.
Montag, 15. August, bis Sonntag, 21. August
  • Während der Feierlichkeiten zum indischen Unabhängigkeitstag sind in der umstrittenen Kaschmir-Region zwei Bomben explodiert. Dabei wurden am 15. August drei Soldaten verletzt, wie die Polizei mitteilte. Zu dem Anschlag bekannte sich die militante Organisation Hezb-ul Mujahedeen, die für die Unabhängigkeit Kaschmirs kämpft. Die Sprengsätze detonierten kurz nacheinander vor dem Sportstadion der Stadt Srinagar. Zum Zeitpunkt der Explosion hielten sich in dem Stadion mehrere Tausend Menschen auf, um den 58. Jahrestag der Unabhängigkeit zu feiern.
  • Im südindischen Bundesstaat Andra Pradesh haben mutmaßliche maoistische Kämpfer am 15. August neun Menschen getötet, darunter einen einflussreichen Provinzabgeordneten. Nach Polizeiangaben kehrten der Politiker Narsi Reddy von der regierenden Kongresspartei und die anderen Opfer von einer Feier zum indischen Unabhängigkeitstag in der Stadt Narayanpet zurück, als sie in einen Hinterhalt gerieten. "Die Maoisten durchlöcherten das Fahrzeug mit Kugeln aus AK-47-Sturmgewehren", sagte Polizeiinspektor R.P. Meena. Die meisten der Insassen seien auf der Stelle tot gewesen. (AFP)
  • In Pakistan ist ein hochrangiger Vertreter des 2001 gestürzten afghanischen Taliban-Regimes festgenommen worden. Wie am 18. August von Mitgliedern der Sicherheitskräfte in Peschawar mitgeteilt wurde, erfolgte der Zugriff bereits vor einer Woche im Norwesten Pakistans. Bei dem Festgenommenen handelt es sich demnach um Maulwi Mohammed Jasir, der vor dem Sturz des Taliban-Regimes unter anderem Chef des Kulturrates in Kabul war. Jasir war ein Weggefährte des Rebellenchefs Abdul Rab Rasul Sajjaf, der mit seiner Gruppe "Islamische Einheit" in den 80er Jahren gegen die sowjetische Besetzung Afghanistans kämpfte. Als dieser sich jedoch mit den USA verbündete, schloss Jasir sich den Taliban an.
  • Unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen hat am 18. August in Pakistan die erste Runde der Kommunalwahl begonnen. In fast allen der 53 Wahlbezirke waren Soldaten im Einsatz, mehr als 80.000 Sicherheitskräfte wurden in Bereitschaft versetzt. Schießereien zwischen rivalisierenden Parteianhängern hatten in der vergangenen Woche zwei Menschen das Leben gekostet. In einigen Regionen wurden Frauen am 18. August von der Stimmabgabe ausgeschlossen. Vor allem im Nordwesten des Landes wollten mehrere Dorfälteste Frauen den Zutritt zu den Wahllokalen verbieten. Der Dorfälteste in der Ortschaft Shaikhan nahe Peshawar drohte Familien eine Geldstrafe in Höhe von 100.000 Rupien (knapp 1.400 Euro) an, wenn eine Frau der Familie zur Wahl gehen sollte. Stimmberechtigt für die drei Abstimmungsrunden sind nach Angaben der Wahlkommission rund drei Millionen Menschen.
  • Wegen Beteiligung an einem Komplott zur Ermordung des pakistanischen Präsidenten Pervez Musharraf im Jahr 2003 ist am 20. August ein 35-jähriger Pakistaner hingerichtet worden. Der frühere Soldat Islam Siddiqui wurde am Morgen in der Haftanstalt der zentralpakistanischen Stadt Multan durch den Strang hingerichtet, wie ein Gefängnissprecher mitteilte. Ein Militärgericht hatte ihn für schuldig befunden an einer Verschwörung zur Tötung von Musharraf beteiligt gewesen zu sein.
Montag, 22. August, bis Mittwoch, 31. August
  • Elf im Irak entführte Pakistaner sind nach Angaben eines Sprechers des Außenministeriums in Islamabad vom 22. August wieder frei. Die Männer wurden am 15. August auf dem Weg nach Bagdad verschleppt. Sie arbeiteten nach Angaben von Ministeriumssprecher Mohammed Naeem Khan für eine kuwaitische Firma. Die Männer würden binnen 24 Stunden nach Kuwait zurückkehren, sagte Khan.
  • Indien will seinen Hunger nach Öl und Gas künftig gemeinsam mit China stillen. Bei einem Treffen im November will der indische Ölminister Mani Shankar Aiyar Peking zu einer verstärkten Kooperation im Energiebereich drängen, wie er am 24. August der Landespresse sagte. Indien war zuvor China in einem Bieterwettstreit um den drittgrößten Ölproduzenten der früheren Sowjektrepublik Kasachstan, PetroKazakhstan, unterlegen. Chinas Branchenführer CNPC hatte für das in Kanada ansässige Unternehmen 4,18 Milliarden Dollar (rund 3,43 Milliarden Euro) geboten. China und Indien müssen künftig "zusammen für Öl- und Gasanlagen bieten", betonte Aiyar. Beide Länder können wegen ihres rasanten Wachstums den Energiebedarf nicht aus heimischen Ressourcen stillen.
  • Auch die zweite Runde der Kommunalwahl in Pakistan ist am 25. August von gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Parteianhängern überschattet worden. Nach offiziellen Angaben wurden bei verschiedenen Zwischenfällen mindestens 19 Menschen getötet und mehr als 100 verletzt. Während der ersten Wahlrunde eine Woche zuvor kamen mindestens 22 Menschen ums Leben, bis zu 200 wurden verletzt. Insgesamt gibt es drei Abstimmungsrunden, die unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen stattfinden.
  • Nach dem Großmanöver mit China wollen die russischen Streitkräfte im Herbst eine gemeinsame Truppenübung mit Indien abhalten. Schwerpunkt des größten je abgehaltenen indisch-russischen Manövers sei der Kampf gegen den Terrorismus, teilte das indische Verteidigungsministerium am 26. August in Neu Delhi mit. Das einwöchige Manöver soll demnach Mitte Oktober in der Wüste Tharr an der Grenze zu Pakistan stattfinden. Unter anderem sollen daran ein russisches und ein indisches Spezialkommando mit jeweils 800 Soldaten teilnehmen. Moskau ist der engste militärische Verbündete Neu Delhis und liefert mehr als 70 Prozent der Armee-Ausrüstung.
  • Bei einer Serie neuer Gewalttaten im indischen Teil von Kaschmir sind am 26. August mindestens acht Menschen getötet worden, mehr als ein Dutzend weitere wurden verletzt. Südlich von Srinagar, der Sommerhauptstadt von Kaschmir, erschossen indische Soldaten nach eigenen Angaben vier mutmaßliche Mitglieder der islamistischen Rebellengruppe Hizbul Mudjahedin.
  • Wegen Beteiligung an einem fehlgeschlagenen Attentat auf den pakistanischen Präsidenten Pervez Musharraf hat ein pakistanisches Gericht einen Soldaten und vier Zivilisten zum Tode verurteilt. Die Urteile seien bereits vor "einigen Tagen" gesprochen worden, sagte ein Militärsprecher am 26. August in Islamabad. Drei weitere Angeklagte hätten lange Haftstrafen erhalten. Wo der Prozess stattfand, ließ der Sprecher offen.
Donnerstag, 1. September, bis Sonntag, 11. September
  • Die Außenminister von Israel und Pakistan sind am 1. Sept. erstmals zu einem offiziellen Treffen zusammengekommen. Der israelische Außenminister Silvan Schalom und sein pakistanischer Kollege Khursheed Kasuri trafen sich in Istanbul zu einem Gespräch, wie ein Sprecher des Außenministeriums in Jerusalem mitteilte. Die Begegnung geht nach diesen Angaben auf die Initiative des pakistanischen Präsidenten Pervez Musharraf zurück, der den türkischen Regierungschef Recep Tayyip Erdogan um Mithilfe gebeten hat.
    Pakistan hat sich überraschend zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit Israel bereit erklärt. Der pakistanische Außenminister Khurshid Kasuri erklärte dies nach Angaben des israelischen Rundfunks während einer Pressekonferenz in Istanbul am 1. Sept.
  • Die Polizei in Pakistan hat einen Mann und seine Frau wegen Schändung des Korans verhaftet. Die beiden Hinduisten wurden nach Angaben der Behörden vom 3. Sept. beschuldigt, in der nordwestpakistanischen Stadt Sawabi Seiten aus dem Koran auf einem Feld verstreut zu haben. Bei einem Schuldspruch droht ihnen die Todesstrafe. Die Allianz der Minderheiten in Pakistan wies die Vorwürfe gegen das Paar zurück und forderte die Regierung zur Intervention auf.
  • Bei einer Minenexplosion im Osten Indiens sind am 4. Sept. mindestens 23 Soldaten getötet worden. Die Explosion ereignete sich im Bundesstaat Chhattisgarh, als ein Militärtransporter im Bezirk Bijapur auf den Sprengsatz fuhr, wie Behördenvertreter sagten. Die Mine sei vermutlich von maoistischen Rebellen gelegt worden. Zwei weitere Soldaten seien lebensgefährlich verletzt worden. Hochburgen maoistischer Rebellen gibt es in mindestens fünf der 29 indischen Bundesstaaten. Die Rebellen kämpfen nach eigenem Verständnis für mehr soziale und wirtschaftliche Gerechtigkeit.
  • Der indische Premierminister Manmohan Singh hat sich am 5. Sept. in Neu Delhi erstmals mit Vertretern der moslemischen Rebellen aus der Krisenprovinz Kaschmir getroffen. Singh ist der erste indische Regierungschef, der seit dem Ausbruch der blutigen Rebellion in der von Indien und Pakistan beanspruchten Himalaya-Provinz 1989 offiziell mit den Aufständischen zusammenkommt. An der Spitze der fünfköpfigen Delegation stand der gemäßigte moslemische Religionsgelehrte Mirwaiz Umar Farooq. Die Gespräche sind Teil des im Januar 2004 begonnenen Friedensprozesses zwischen Indien und Pakistan.
  • Zu ihrem sechsten Gipfel treffen sich am 7. Sept. Vertreter der Europäischen Union und der indischen Regierung in Neu Delhi. Ziel der Gespräche ist es, die Zusammenarbeit auf allen Ebenen auszubauen. Dazu gehören die Einwanderungspolitik und Visafragen ebenso wie Handel und Investitionen, die Kooperation bei den laufenden Verhandlungen in der Welthandelsorganisation WTO oder bei Biotechnologie und Landwirtschaft. Besprochen werden soll auch die geplante Beteiligung Indiens an zwei technologischen Großprojekten der EU, dem Satellitenortungssystem Galileo und dem Kernfusionsreaktor ITER.
    Im Rahmen ihrer strategischen Partnerschaft haben die EU und Indien den Ausbau ihrer Handelsbeziehungen und eine stärkere Zusammenarbeit beim Anti-Terror-Kampf vereinbart. Der indische Premierminister Manmohan Singh und sein britischer Amtskollege, der amtierende EU-Ratspräsident Tony Blair, verabschiedeten am 7. Sept. in Neu Delhi einen Gemeinsamen Aktionsplan. Beim sechsten EU-Indien-Gipfel vereinbarten beide Seiten außerdem eine Beteiligung Indiens am europäischen Satellitennavigationssystem Galileo. Die EU lud Indien ein, sich an der internationalen Fusionsforschungsanlage ITER zu beteiligen.
    EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner bezeichnete den Gipfel als historisch. Die 2004 vereinbarte strategische Partnerschaft, die Indien auf eine Stufe mit EU-Partnern wie den USA, China und Russland stellt, werde nun mit Leben gefüllt, sagte sie der Deutschen Presse- Agentur (dpa) am Rande des Treffens. "Wir meinen es ernst." Der Gemeinsame Aktionsplan sei sehr ambitioniert.
  • Indien und Großbritannien wollen ihre Beziehungen weiter ausbauen. Das bekräftigen die Regierungschefs beider Seiten am 8. Sept. zum Abschluss eines zweitägigen Besuchs des britischen Premierministers Tony Blair in Neu-Delhi. Blair und der indische Ministerpräsident Manmohan Singh unterzeichneten unter anderem einen Vertrag über die Ausweitung des Flugverkehrs zwischen Großbritannien und der ehemaligen britischen Kolonie. Blair sicherte Indien außerdem die britische Unterstützung im Streben nach einem ständigen Sicherheitsratssitz zu. Am 7. Sept. hatte Blair als amtierender EU-Ratsvorsitzender an einem EU-Indien-Gipfel teilgenommen. Beide Seiten unterzeichneten dabei in den Bereichen Handel, Technologie und Sicherheit eine Reihe Kooperationsabkommen.
  • Indien wird wahrscheinlich sechs französische "Scorpene"-U-Boote kaufen. Nach Medienberichten vom 9. Sept. hat die Regierung in Neu Delhi entschieden, einen französischen Werftenkonzern zu beauftragen. Auch die Howaldtswerke-Deutsche Werft hatte Interesse an dem Auftrag gezeigt. Noch vor wenigen Tagen hatte sich Bundeskanzler Gerhard Schröder laut dpa-Informationen beim indischen Premier Manmohan Singh für das deutsche Unternehmen eingesetzt.
  • Bei Bombenanschlägen auf US-Fastfood-Restaurants sind in Pakistan mindestens acht Menschen verletzt worden. Nach Polizeiangaben explodierten die Sprengsätze in der Nacht zum 9. Sept. in einer McDonald's- und einer Kentucky Fried Chicken-Filiale in der Hafenstadt Karachi. Die Behörden vermuteten einen Zusammenhang mit einem geplanten landesweiten Streik von Oppositionsparteien gegen das harte Vorgehen der Regierung gegen moslemische Religionsschulen. Die Opposition wies dies zurück.
Montag, 12. September, bis Sonntag, 18. September
  • Indien will mit Hilfe Frankreichs seine zivilen Atomenergieanlagen modernisieren und weiterentwickeln. Er hoffe, dass Frankreich dabei treibende Kraft sein werde, sagte der indische Regierungschef Manmohan Singh, der am 11. Sept. zu einem Besuch in Paris eingetroffen war, dem "Figaro" vom 12. Sept. Singh forderte, die internationalen Beschränkungen für die Weitergabe von zivilem Atom-Know-how abzuschaffen. Die USA hätten Indien bereits zugesichert, die anderen Atommächte davon zu überzeugen.
  • Indien hat mit Frankreich einen Großauftrag für den Bau von sechs konventionell angetriebenen U-Booten abgeschlossen. Anlässlich eines Besuchs des indischen Regierungschefs Manmohan Singh bestätigte der französische Staatspräsident Jacques Chirac am 12. Sept. in Paris eine entsprechende Vereinbarung. Die U-Boote des Typs Scorpène sollen mit französischer Hilfe in Indien gebaut werden. Der Vertrag, zu dem auch die Lieferung von 36 Raketen vom Typ SM-39 aus der Exocet-Familie gehört, hat ein Volumen von 2,4 Milliarden Euro. Singh bestätigte Chirac zufolge auch die von Neu Delhi bereits bekannt gegebene Lieferung von 43 Airbus-Flugzeugen an Indian Airlines im Wert von 1,8 Milliarden Euro.
  • Im Zuge der Entspannung zwischen den Nachbarländern haben Indien und Pakistan am 12. Sept. mehr als 500 Gefangene freigelassen. Am Grenzübergang Wagah in der indischen Provinz Punjab wurden die ersten acht Inder, die freikamen, nach Angaben eines AFP-Korrespondenten mit Blumengirlanden begrüßt. Beide Länder hatten Ende August vereinbart, am 12. September alle gefangenen Zivilisten freizulassen, deren Nationalität geklärt ist. Indien entließ 152 Pakistaner aus der Haft, Pakistan 435 Inder.
  • Bei einer Explosion und einem anschließenden Großbrand in einer Fabrik für Feuerwerkskörper in Indien sind mindestens 32 Menschen ums Leben gekommen, unter ihnen mehrere Kinder. Es sei mit noch mehr Toten zu rechnen, teilten die Behörden des Bezirks Bihar am 15. Sept. mit. Nach Medienberichten wurden bei dem Unglück in einem Dorf westlich der Bezirkshauptstadt Patna mindestens 20 weitere Menschen teilweise schwer verletzt. Bei Ausbruch des Feuers befanden sich offiziellen Angaben zufolge mehr als 100 Menschen in der Fabrik. Das Gebäude brannte bis auf die Grundmauern nieder. Nach Einschätzung der Behörden war ein Kurzschluss die Ursache für das Unglück.
  • Pakistans Präsident Pervez Musharraf hat sich auf dem UN-Gipfel in New York gegen eine Erweiterung des Sicherheitsrates ausgesprochen. "Der Rat sollte die Welt besser repräsentieren und nicht eine neue Elite heranziehen", sagte Musharraf am 15. Sept. in seiner Rede vor mehr als 170 Staats- und Regierungschefs. Pakistans Nachbar Indien bewirbt sich zusammen mit seinen G4-Partnern Deutschland, Japan und Brasilien um einen ständigen Sitz in dem wichtigen UN- Entscheidungsgremium. Zum Terrorismus äußerte Musharraf die Überzeugung, dass dieser auf dem Boden "politischer und wirtschaftlicher Ungerechtigkeit" gedeihe. Eine Verbindung zum Glauben schloss er jedoch aus: "Es gibt keine Religion, die Terrorismus gutheißt". In einem leidenschaftlichen Appell sprach sich Musharraf für Abrüstung und die Nichtverbreitung von Atomwaffen aus. Es dürfe nicht sein, dass Terroristen in den Besitz von Massenvernichtungswaffen kämen, sagte der Präsident des Nuklearstaates Pakistan.
  • Am 15. Sept. waren sich der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon und Musharraf näher gekommen. Bei einer zufälligen Begegnung auf dem UN-Gipfel habe Scharon seine Hand geschüttelt, berichtete Musharraf später vor Journalisten. Er habe die freundliche Geste erwidert. "Dann fragte er (Scharon) mich, wie es mir geht. Und ich fragte zurück, wie es ihm ginge", plauderte Musharraf aus und fügte dann kommentierend hinzu, "das war gut so". Beide Länder hatten sich kürzlich zur Aufnahme offener Kontakte bereit erklärt.
  • Das pakistanische Militär hat nach eigenen Angaben den bisher größten Stützpunkt des Terrornetzwerks El Kaida im nördlichen Grenzgebiet zu Afghanistan zerschlagen. In einer Islamschule und dem umliegenden Gelände in der Region Nord-Wasiristan seien 15 Lastwagenladungen Munition und Waffen sowie Kommunikationsgeräte zur Koordinierung von Einsätzen in Afghanistan beschlagnahmt worden, sagte ein ranghoher Militärvertreter am 16. Sept. in Peshawar. Die Bergung von Waffen gehe noch weiter. Der Besitzer der Schule sei der Sohn eines ehemaligen Ministers des radikalislamischen Taliban-Regimes in Afghanistan und ranghohes El-Kaida-Mitglied. Er sei jedoch geflohen.
  • Vor der Wahl in Afghanistan hat das Nachbarland Pakistan tausende Soldaten entlang der Grenze in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt. Aus Militärkreisen verlautete am 17. Sept., die Regierung in Kabul und die alliierten Truppen dort hätten Islamabad um Hilfe gebeten. An der Grenze zwischen Afghanistan und Pakistan sind etwa 80.000 Soldaten stationiert, die Grenzübertritte von Al-Kaida-Mitgliedern verhindern sollen. Bereits in der vergangenen Woche hatte der pakistanische Militärsprecher Shaukat Sultan erklärt, weitere 9.500 Soldaten seien in die Grenzregion geschickt worden, um Versuche von Terroristen zu vereiteln, die Wahl in Afghanistan zu stören.
  • Drei Tage nach seinem historischen Händeschütteln mit Israels Ministerpräsidenten Ariel Scharon am Rande des New Yorker UN-Weltgipfels ist der pakistanische Staatschef Pervez Musharraf erstmals mit jüdischen Vertretern zusammengekommen. Als erster Präsident eines moslemischen Staats, der keine diplomatischen Beziehungen mit Israel unterhält, traf sich Musharraf am 17. Sept. zu Gesprächen mit führenden Vertretern des Amerikanischen Jüdischen Kongresses in einem New Yorker Hotel. Diese empfingen Musharraf mit langanhaltendem Applaus. Der Vorsitzende des Jüdischen Kongresses, Jack Rosen, würdigte seinen "Mut, Führerschaft und Weitsicht". Der demokratische US-Abgeordnete und Holocaust-Überlebende Tom Lantos bezeichnete ihn als das Sinnbild eines moderaten und toleranten moslemischen Führers.
Montag, 19. September, bis Freitag, 30. September
  • Ein einflussreicher Verband pakistanischer Islamschulen hat sich zu Gesprächen über die von Präsident Pervez Musharraf geforderten Reformen infolge der Londoner Anschläge bereit erklärt. Bei der entsprechenden Ankündigung bekräftigte ein Anführer der einflussreichen Islamschulen-Förderation am 19. Sept. in Multan, dass keine religiöse Einrichtung in terroristische Aktivitäten oder Gewalt verwickelt sei. In der Föderation sind tausende Islamschulen organisiert. Der für Religionsfragen zuständige Minister Ejaz ul-Haq sprach von einem "bedeutenden Durchbruch".
  • Bei zwei Bombenanschlägen in der pakistanischen Stadt Lahore sind am 22. Sept. mindestens sechs Menschen ums Leben gekommen. Mehr als ein Dutzend Menschen seien bei den Explosionen verletzt worden, teilte die Polizei mit. Eine der Bomben sei im Ladenviertel Icchra detoniert und habe fünf Menschen getötet, sagte Polizeichef Tariq Saleem Dogar der Nachrichtenagentur AFP. Drei Menschen seien dort verletzt worden. Kurz zuvor war eine Bombe am Denkmal Minar-e-Pakistan hochgegangen. Dabei sei ein Mensch gestorben, 13 weitere seien verletzt worden.
  • In Pakistan ist der nach Behördenangaben meistgesuchte sunnitische Extremist des Landes festgenommen worden. Asif Choto, der Anführer der verbotenen Organisation Lashkar-e-Jhangvi, sei verantwortlich für eine Serie von Anschlägen, bei denen insgesamt mehr als hundert Schiiten getötet worden seien, sagte am 28. Sept. ein Vertreter des pakistanischen Geheimdienstes in Islamabad. Choto sei am Wochenende gefasst worden, als Sicherheitskräfte ein Auto auf der Straße zwischen Rawalpindi und Lahore stoppten. Die Organisation Lashkar-e-Jhangvi soll Verbindungen zum Terrornetzwerk El Kaida haben.
  • Bei zwei gewaltsamen Protestaktionen im Nordosten Indiens sind am 30. Sept. zwölf Studenten getötet worden. Mehr als 100 weitere Personen wurden verletzt, darunter 54 Polizisten, wie der Innenminister des Unionsstaates Meghalaya mitteilte. Die Demonstranten hätten Steine auf die Sicherheitskräfte geworfen, die daraufhin das Feuer eröffneten, sagte Minister Mukul Sangma. Die Demonstrationen in zwei Städten richteten sich gegen eine Entscheidung der Regierung. Weitere Einzelheiten teilte Sangma nicht mit.



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