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Indien, Pakistan und der indisch-pakistanische Konflikt

Juni/Juli 2005

Mittwoch, 1. Juni, bis Sonntag, 12. Juni
  • Pakistan liefert den vor kurzem gefassten Libyer Abu Faradsch Fardsch el Libbi, der als Nummer drei des Terrornetzwerks El Kaida gilt, an die USA aus. "Es ist klar, dass wir ihn ausliefern werden", sagte Staatschef Pervez Musharraf dem US-Nachrichtensender CNN. In den Vernehmungen hätten die pakistanischen Ermittler alle Informationen erhalten, die sie benötigten.
    El Libbi war Anfang Mai von pakistanischen Sicherheitskräften im Stammesgebiet Nord-Waziristan an der Grenze zu Afghanistan festgenommen worden. Er soll nach Osama bin Laden und dessen ägyptischstämmigem Stellvertreter Aiman el Sawahiri die Nummer drei der El-Kaida-Terrororganisation sein. Von den pakistanischen Behörden wird er unter anderem beschuldigt, Drahtzieher zweier Anschlagsversuche im Dezember 2003 auf Präsident Musharraf gewesen zu sein.
  • China lehnt die Initiative von Deutschland, Japan, Brasilien und Indien zur Vergrößerung des UN-Sicherheitsrates um sechs weitere ständige Mitglieder entschieden ab. Dieser Schritt sei "gefährlich". /dpa, 3. Juni)
  • Pakistan hat das Anfang Mai gefasste Führungsmitglied des Terrornetzes El Kaida, Abu Faradsch al-Liby, an die USA ausgeliefert. Das bestätigte der pakistanische Präsident Pervez Musharraf am 6. Juni. Al-Liby wird als Nummer drei des Terrornetzwerks beschrieben. Ermittler erhoffen sich von ihm Hinweise darauf, wo sich El-Kaida-Chef Osama bin Laden und dessen Vize Ayman Al-Sawahiri verstecken. Al-Liby soll als einer der wenigen möglicherweise den Aufenthaltsort der zwei meistgesuchten Männer der Welt kennen.
  • Australien hat sich für eine Erweiterung der ständigen Mitglieder im Weltsicherheitsrat ausgesprochen und dabei Unterstützung für Indien, Japan und Brasilien bekundet. Außenminister Alexander Downer begründete dies am 8. Juni bei einem Besuch in Neu-Delhi mit den neuen Realitäten in der Welt. Zum Anspruch Deutschlands auf einen ständigen Ratssitz äußerte er sich nicht. Indien könne schon auf Grund seiner hohen Einwohnerzahl von mehr als einer Milliarde Menschen nicht ignoriert werden, sagte Downer. Auch seine wachsende Wirtschaft sei ein Ausschlag gebendes Kriterium. Dies gelte auch für Japan, die zweitgrößte Wirtschaftsmacht der Welt. Brasilien wiederum sollte nach Ansicht Downers wegen seiner Größe und seines Einflussbereichs für einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat berücksichtigt werden.
  • Im Bemühen um einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat sehen Deutschland und Indien sich auf einem guten Weg. Sie seien zuversichtlich, die erforderliche Zweidrittel-Mehrheit in der UN-Generalsversammlung für eine Erweiterung des Rats zu erhalten, bemühten sich aber weiter um eine noch breitere Unterstützung, sagte Berlins UN-Botschafter Gunter Pleuger am 10. Juni nach einem Gespräch mit UN-Generalsekretär Kofi Annan, an dem auch der indische UN-Botschafter Nirupam Sen beteiligt war. Wie geplant solle Ende Juni ein Resolutionsentwurf über die Erweiterung des Sicherheitsrats von 15 auf 25 Mitglieder zur Abstimmung vorgelegt werden.
Montag, 13. Juni, bis Sonntag, 26. Juni
  • Die Explosion einer Bombe hat am 13. Juni im indischen Teil Kaschmirs mindestens 15 Menschen in den Tod gerissen. Mehr als 60 Menschen wurden verletzt, als der in einem Lastwagen versteckte Sprengsatz in einem belebten Viertel der Stadt Pulwama explodierte, 50 Kilometer südlich von der Sommerhauptstadt Srinagar. Die Polizei erklärte, unter den Todesopfern sei auch der mutmaßliche Attentäter. In der Nähe des Tatorts befanden sich eine Postfiliale, eine Schule und ein Gebäude der indischen Sicherheitskräfte. Die Bombe sei etwa 500 Meter von den Häusern entfernt explodiert, sagte Polizeisprecher Imtiyaz Ahmad. In der Nähe der Leiche des mutmaßlichen Attentäters sei ein automatische Waffe gefunden worden. Zunächst bekannte sich niemand zu dem Anschlag. Nach der Explosion machten Bewohner der Stadt ihrem Ärger über die schleppende Hilfe der Behörden für die Verwundeten Luft. Die Polizei setzte Tränengas ein, vier Demonstranten erlitten Verletzungen.
  • El-Kaida-Anführer Osama bin Laden soll nach Angaben eines ranghohen Kommandeurs der afghanischen Taliban-Miliz auch nach mehr als drei Jahren Flucht bei guter Gesundheit sein. "Ihm geht es absolut gut", sagte Mullah Achtar Usmani am 15. Juni dem pakistanischen Fernsehsender GEO. "Es gibt kein Problem, aber ich sage nicht, wo er ist." Auch der ebenfalls auf der Flucht befindliche Taliban-Chef Mullah Mohammed Omar stehe noch immer an der Spitze der radikalislamischen Miliz, fügte Usmani hinzu, der als früherer Stellvertreter Mullah Omars gilt. Der Geistliche sei "am Leben und gesund" und erteile weiterhin Anweisungen.
  • Deutschland, Brasilien, Indien und Japan wollen ihre Vorschläge zur Reform des UN-Sicherheitsrats Anfang Juli den Vereinten Nationen in New York vorlegen. Darauf verständigten sich die Außenminister der als G-4 bezeichneten Staaten am 22. Juni in Brüssel bei ihren Beratungen über die Aufstockung der Zahl ständiger Mitglieder im höchsten UN-Gremium. Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) sagte nach dem Treffen, zur Frage eines Vetorechts für neue ständige Sicherheitsratsmitglieder liege eine "sehr kluge Formulierung" vor. Demnach würden neue ständige Mitglieder auf die Ausübung des Vetos bis zur nächsten Überprüfung der UN-Strukturen und damit für mehrere Jahre verzichten. "Ich denke, das wird bei der Mehrheit in New York, die Veto-kritisch ist, positiv aufgenommen", sagte Fischer.
Montag, 27. Juni, bis Donnerstag, 30. Juni
  • Frühere Häftlinge des US-Gefangenenlagers Guantanamo haben erneut schwere Vorwürfe gegen die amerikanischen Aufseher erhoben. Vernehmungsbeamten hätten Ausgaben des Korans zerrissen, mit Füßen getreten und mit Urin bespritzt, erklärten mehrere Männer, die am 27. Juni aus einem Gefängnis in Pakistan entlassen wurden. Dorthin waren sie nach ihrer Freilassung aus Guantanamo vor neun Monaten gebracht worden. Sechs der 16 Freigelassenen sagten der Nachrichtenagentur AP, aus Protest gegen die Schändung des Korans seien Häftlinge in Guantanamo in den Hungerstreik getreten und daraufhin mit Elektroschocks gequält worden.
  • Die Veröffentlichung von Geheimunterlagen aus der Ära von US-Präsident Richard Nixon hat tiefe Einblicke in das wahre Gefühlsleben von Politikern gewährt: Nach einem offensichtlich frustrierenden Treffen mit der indischen Premierministerin Indira Ghandi im Jahr 1971 bezeichnete Nixon die Staatsfrau in einem Privatgespräch als "alte Hexe". Sein Sicherheitsberater Henry Kissinger, später Außenminister, pflichtete ihm bei und sagte: "Die Inder sind sowieso Arschlöcher. Sie fangen einen Krieg an da unten." Das geht aus Geheimunterlagen hervor, die das Weiße Haus am 28. Juni in Washington zur Veröffentlichung freigab.
Freitag, 1. Juli, bis Sonntag, 10. Juli
  • Der frühere US-Außenminister Henry Kissinger hat nach dem Bekanntwerden beleidigender Äußerungen über die Inder in einem Gespräch mit dem ehemaligen US-Präsidenten Richard Nixon seine Wortwahl bedauert. Die Äußerungen nach einem offensichtlich frustrierenden Treffen Nixons mit der damaligen Premierministerin Indira Ghandi seien ein "einmaliger Vorgang" gewesen, sagte Kissinger am 1. Juli dem indischen Fernsehsender NDTV. "All dies muss im Kontext der Atmosphäre des Kalten Krieges vor 35 Jahren gesehen werden", fügte Kissinger hinzu. Er schätze Gandhi "sehr"; Nixon und er seien in dem Gespräch im November 1971 allerdings "wütend" gewesen, als sie die unmittelbare Lage analysierten, in der ein Krieg zwischen Indien und Pakistan drohte. Indien war damals ein enger Verbündeter der Sowjetunion.
  • Bei einem Feuergefecht in einem zwischen Hindus und Moslems umstrittenen Heiligtum in Indien sind am 5. Juli sechs bewaffnete Angreifer erschossen worden. Die unbekannten Männer hatten sich zunächst den Weg in den Ayodya-Komplex freigeschossen und in dem weitläufigen Areal verschanzt. Die indische Regierung erhöhte nach dem Angriff die Sicherheitsvorkehrungen im gesamten Land. Radikale Hindus kämpfen um die Errichtung eines Tempels auf dem Ayodya-Areal, das beiden Religionen als heilig gilt. Im Jahr 1992 zerstörten Hindus eine Moschee auf dem Gelände. Die Angreifer fuhren nach Behördenangaben am Morgen zu der Anlage, eröffneten das Feuer und verschanzten sich in einem nahe gelegenen Gebäude. Nach dem Ende der zweistündigen Gefechte seien fünf tote Angreifer innerhalb des Tempelkomplexes, ein weiterer Toter davor gefunden worden, teilte die Polizei mit.
    Nach dem gewaltsamen Abriss der Babri-Moschee in Ayodya 1992 waren Unruhen zwischen Moslems und Hindus ausgebrochen, in deren Verlauf rund 2000 Menschen starben. Die Hindus sind überzeugt, dass auf dem Gelände der im 16. Jahrhundert erbauten Moschee der Gott Ram geboren wurde. Sie werfen den Moslems vor, für den Moschee-Bau einen Hindu-Tempel auf dem Areal zerstört zu haben. Der Streit beschäftigt zurzeit die indische Justiz.
    Führende Politiker der oppositionellen BJP-Partei der Hindu-Nationalisten warfen den indischen Behörden nach dem Angriff mangelnde Sicherheitsvorkehrungen an dem Heiligtum vor. Die Unruhen von 1992 hatten die BJP bekannt gemacht und zeitweise an die Regierung geführt.
    Radikale Hindu-Vertreter bezichtigten Pakistan, hinter dem Angriff zu stecken. Sie stellen sich erbittert gegen den im Januar 2004 begonnenen Friedensprozess mit dem Nachbarland.
  • Nach dem Angriff auf ein zwischen Hindus und Moslems umstrittenes Heiligtum ist es am 6. Juli in mehreren Städten Indiens zu Protesten gekommen. Die meisten der Demonstrationen verliefen friedlich, wie die Nachrichtenagentur Press Trust of India berichtete. In der zentralindischen Stadt Indore besetzten demnach jedoch militante Demonstranten den Flughafen und zerstörten den VIP-Bereich. Flüge seien gestrichen worden. In der Hauptstadt Neu Delhi und vielen anderen Landesteilen seien die Sicherheitsvorkehrungen verschärft worden.
  • Nach Gefechten nahe der afghanischen Grenze hat die pakistanische Armee sechs Angreifer festgenommen, darunter einen mutmaßlichen ausländischen Kämpfer der Terrornetzwerks El Kaida. Als die Soldaten am Abend des 6. Juli versucht hätten, ein Auto an einem Kontrollpunkt in der Unruheregion Nord-Waziristan zu stoppen, hätten die Insassen das Feuer eröffnet, sagte ein Armeesprecher am 7. Juli. Die Soldaten hätten die flüchtenden Männer in Richtung Grenze verfolgt. Bei einer Schießerei sei ein Soldat getötet worden. Im Grenzgebiet zwischen Afghanistan und Pakistan halten sich zahlreiche Anhänger der El Kaida und Mitglieder der entmachteten afghanischen Taliban-Miliz versteckt.
Montag, 11. Juli, bis Sonntag, 17. Juli
  • Die von Islamisten regierte pakistanische Nord-West-Provinz will ihre Bürger in Anlehnung an die frühere Taliban-Regierung im benachbarten Afghanistan gesetzlich zur stärkeren Beachtung "islamischer Werte" verpflichten. Eine Religionsbehörde solle künftig die Einhaltung der Vorschriften in der Öffentlichkeit überwachen, wie aus einem Gesetzesentwurf hervorgeht, den die regierende islamistische Vereinte Aktionsfront am 11. Juli in das Provinzparlament einbrachte. Ein islamischer "Ombudsmann" soll für die Überwachung der Medien zuständig sein. Der Chef der Vereinten Aktionsfront, Maulana Fazlur Rehman, sagte, die "Islamisierung" der Gesellschaft schreite voran.
  • Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat bei einem Treffen mit dem pakistanischen Regierungschef Shaukat Aziz unter anderem den Vorschlag einer Vierergruppe um Deutschland für eine Reform des UN-Sicherheitsrats erörtert. Schröder sagte am 12. Juli im Anschluss an das Gespräch in Berlin, es gebe Differenzen in der "Frage des Tempos dieser Reform". Er habe aber "mit Freude zur Kenntnis genommen, dass die pakistanische Position in keiner Weise gegen Deutschland" gerichtet sei. Aziz sagte während der gemeinsamen Pressekonferenz, auch Pakistan wünsche eine Reform der UNO. Diese müsse allerdings im Konsens vorgenommen werden.
  • Beim Zusammenprall von drei Personenzügen in Pakistan sind am 13. Juli rund 150 Menschen ums Leben gekommen. Hunderte Insassen wurden zum Teil schwer verletzt. Nach Angaben der nationalen Bahngesellschaft Pakistan Railways war in der südlichen Provinz Sind nahe der Stadt Ghotki ein Schnellzug in einen stehenden Zug gerast, bevor ein dritter Zug in die Unfallstelle prallte. Präsident Pervez Musharraf und Ministerpräsident Shaukat Aziz ordneten eine Dringlichkeitsuntersuchung an. Im staatlichen Fernsehen sprach Musharraf den Betroffenen des Unglücks sein Beileid aus. "Es handelte sich nicht um Sabotage, sondern anscheinend um Fahrlässigkeit", sagte der Präsident über den Unfall.
  • Der britische Außenminister Jack Straw hat sich kritisch über islamische Schulen in Pakistan geäußert. Die Regierung sei besorgt darüber, was in manchen dieser Koranschulen vorgehe, sagte Straw am 14. Juli vor Journalisten in London. Gleichwohl laufe in Pakistan ein Reformprogramm, dass säkulare Lerninhalte neben dem religiösen Unterricht stärker betonen solle.
  • Der pakistanische Geheimdienst prüft einen möglichen Zusammenhang zwischen den Attentätern von London und Extremistengruppen im eigenen Land. "Großbritannien hat bislang noch keine spezifischen Informationen über seine laufenden Ermittlungen weitergegeben, aber wir suchen auf eigene Faust nach möglichen Verbindungen", sagte ein pakistanischer Sicherheitsbeamter in Lahore der Nachrichtenagentur AFP am 14. Juli. Nach britischen Polizeiangaben wurden die Londoner Anschläge von vier Selbstmordattentätern ausgeführt; drei von ihnen wurden als Briten pakistanischer Herkunft identifiziert.
  • US-Soldaten haben von Afghanistan aus 24 Rebellen auf pakistanischem Boden erschossen. Die Leichen der Aufständischen seien in der Unruheprovinz Nordwasiristan gefunden worden, nachdem US-Soldaten auf sie gefeuert hätten, teilte das pakistanische Militär am 15. Juli mit. Pakistan werde eine Untersuchung einleiten, ob die Truppen den Luftraum oder das Staatsgebiet Pakistans verletzt hätten. Laut einem US-Armeesprecher erwiderten die Soldaten das Feuer, nachdem die Aufständischen einen US-Stützpunkt mit Raketen beschossen hatten. Zu möglichen Opfern wollte er sich nicht äußern.
  • Im indischen Teil von Kaschmir sind am 16. Juli mindestens 17 muslimische Rebellen getötet worden, wie die indischen Streitkräfte mitteilten. Darunter seien auch 13 Kämpfer, die gerade aus Pakistan nach Indien eingedrungen seien, erklärte Armeesprecher Oberstleutnant V.K. Batra.
  • Die pakistanische Armee hat bei stundenlangen Gefechten im Grenzgebiet zu Afghanistan nach eigenen Angaben 17 zumeist ausländische Extremisten getötet. Soldaten und Extremisten hätten sich in der Nacht nahe der Stadt Miranshah in der Stammesregion Nord-Waziristan sechs Stunden lang heftige Feuergefechte gefliefert, sagte Generalmajor Shaukat Sultan am 17. Juli. Dabei sei auch ein pakistanischer Soldat ums Leben gekommen. Fünf Menschen seien festgenommen worden.
  • Bei einem Überfall auf einen Bus in einem abgelegenen Gebiet im Norden Pakistans sind vier Menschen getötet worden. Mindestens 15 Menschen wurden verletzt, als die Angreifer am 17. Juli auf den Bus feuerten, wie die Polizei am Montag mitteilte. Die Hintergründe des Angriffs waren aber noch unklar. In Karachi schossen Angreifer auf den Leiter einer Religionsschule. Der Mann wurde verwundet, sein Sohn getötet, wie die Polizei mitteilte. Die Behörden vermuteten, dass der Überfall Teil der Auseinandersetzungen zwischen Sunniten und Schiiten war.
Montag, 18. Juli, bis Sonntag, 24. Juli
  • US-Präsident George W. Bush und der indische Premierminister Manmohan Singh haben sich auf eine Vertiefung ihrer strategischen Partnerschaft verständigt. Durch die Ergänzung der bilateralen Beziehungen könne die Zusammenarbeit bei der zivilen Nuklear- und Raumfahrttechnologie sowie im Handel mit High-Tech-Gütern verbessert werden, sagte Bush am 18. Juli nach einem Treffen mit Singh im Weißen Haus in Washington. Reinere Energieressourcen einschließlich Atomkraft seien für die Zukunft beider Wirtschaftsräume lebenswichtig. Daher sei ein Energiedialog begonnen worden, der ausloten solle, wie in dem "wichtigen Gebiet" zusammengearbeitet werden könne.
  • Mit Blick auf die Anschläge von London hat sich Pakistan jede Form der Schuldzuweisung durch Großbritannien verbeten. "Es ist wichtig, das Problem nicht auf jemanden anderen abzuwälzen, wenn es intern ist", sagte der pakistanische UN-Botschafter Munir Akram am 18. Juli der BBC. "Ich denke, Sie müssen die britische Gesellschaft ansehen, was sie den Moslems antut und warum diese sich nicht in die Gesellschaft integrieren." Pakistan müsse ebenfalls viel tun und tue dies auch. Großbritannien dürfe aber nicht "mit dem Finger auf diesen oder jenen Radikalen in Pakistan zeigen", fügte Akram hinzu.
  • Der britische Premierminister Tony Blair und der afghanische Präsident Hamid Karsai haben sich nach den Terroranschlägen von London für ein Vorgehen gegen extremistisch ausgerichtete Koranschulen in Pakistan ausgesprochen. Gegen Einrichtungen, in denen extremistische Inhalte gelehrt würden, müsse vorgegangen werden, sagte Blair am Dienstag nach einem Treffen mit Karsai in London. "Wir arbeiten in dieser Frage bereits mit der pakistanischen Regierung zusammen." So manche würden an den Schulen eine extremistische Unterweisung empfangen und zu dem Schluss gelangen, ein "göttliches Gesetz" anzuwenden, indem sie Unschuldige töteten.
  • Pakistanische Sicherheitskräfte haben in mehreren Städten des Landes Koranschulen durchsucht, um Hinweise auf die mutmaßlichen Londoner Attentäter zu finden, die im vergangenen Jahr nach Pakistan gereist waren. "Wir suchen verzweifelt nach Hinweisen, was sie während ihres Aufenthaltes getan haben und wen sie trafen", sagte ein hoher Vertreter der Sicherheitskräfte am 19. Juli. Bislang gebe es aber nichts Konkretes. Polizisten hätten Koranschulen in den Städten Karachi, Lahore, Faisalabad und Multan durchsucht. Auch Hotels in städtischen Zentren seien überprüft worden.
  • In Pakistan sind bei der Durchsuchung von Koranschulen in mehreren Städten rund 40 militante Islamisten festgenommen worden. Die meisten Verdächtigen seien im zentralen Bundesstaat Pendjab festgenommen worden, sagte ein Regierungsvertreter am 19. Juli der Nachrichtenagentur AFP. Zwar stünden die Festnahmen nicht unmittelbar im Zusammenhang mit den Ermittlungen zu den Londoner Terroranschlägen, sie dienten aber der Kontrolle von Extremisten, die Hilfe oder Herberge für militante Ausländer bieten könnten.
  • US-Präsident George W. Bush will die Atom-Sanktionen gegen Indien aufheben. Er wolle den Kongress bitten, die sieben Jahre alten Handelsbeschränkungen für zivile Nukleartechnologie abzuschaffen, sagte Bush am 19. Juli nach einem Treffen mit dem indischen Premierminister Manmohan Singh in Washington. Die USA hatten die Sanktionen gegen Indien nach einer zweiten Runde indischer Atomtests im Mai 1998 verhängt, nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 jedoch deren Aufhebung in Aussicht stellt. Damit wollte Washington Neu Delhis Unterstützung für den Anti-Terror-Kampf honorieren. Die Atommacht Indien ist nicht dem Atomwaffensperrvertrag beigetreten. Die US-Gesetzgebung verbietet den Export von Nukleartechnologie an Nicht-Unterzeichner des Atomwaffensperrvertrags.
    Bei dem Treffen zwischen Bush und Singh ging es neben der Nukleartechnologie auch um eine Zusammenarbeit bei der Raumfahrttechnologie sowie um die Ausweitung des Handels mit High-Tech-Gütern im allgemeinen. Beide Seiten hatten vor vier Jahren ein Memorandum mit dem Titel "Nächste Schritte der strategischen Partnerschaft" unterzeichnet, in dem sie eine engere Kooperation vereinbarten. Singh hatte am 17. Juli einen viertägigen USA-Besuch begonnen.
  • Bei einem Bombenanschlag im indischen Teil Kaschmirs sind am 20. Juli mindestens fünf Menschen getötet und 21 weitere verletzt worden. Die Explosion ereignete sich in der Nähe einer christlichen Missionsschule in der Sommerhauptstadt Srinagar. Der Anschlag habe sich gegen zwei vorbeifahrende Fahrzeuge der Sicherheitstruppen gerichtet, sagte ein Beamter. Die in der Region aktive islamistische Gruppe Hizbul Mujahedin bekannte sich zu dem Attentat. Der Anschlag wurde in einem besonders gesicherten Viertel Srinagars verübt. Die Polizei ging Augenzeugenberichten nach, denen zufolge ein mit einer Bombe bestückter Wagen von hinten auf eines der Armeefahrzeuge aufgefahren war. Unter den Toten war auch ein Zivilist. Vermutungen, dass es sich um ein Selbstmordattentat handelte, wurden zunächst nicht bestätigt. Leichenteile eines möglichen Selbstmordattentäters seien am Tatort bislang nicht gefunden worden, sagte ein Vertreter der Polizei. Es sei allerdings möglich, dass der Attentäter vor der Explosion aus dem Auto gesprungen sei.
    Der Anschlag war bereits der zweite in Srinagar innerhalb weniger Wochen. Am 24. Juni waren ebenfalls bei einem Autobombenanschlag neun indische Soldaten getötet und Dutzende weitere verletzt worden.
  • Das Terrornetz El Kaida hat nach Ansicht des indischen Premiers Manmohan Singh immer noch eine "bedeutende Basis" in Pakistan. Singh zeigte sich am 21. Juli in Interviews zum Abschluss seines Besuchs in Washington besorgt über das pakistanische Atomwaffenarsenal. Es gebe immer die Gefahr, dass muslimische Extremisten die Macht in Islamabad und damit die Kontrolle über die Atomwaffen des Landes übernähmen. Er bete, dass das nicht passiert, sagte der indische Premierminister.
  • In der pakistanischen Hauptstadt Islamabad haben rund tausend Anhänger fundamentalistischer Parteien gegen die jüngsten Festnahmen von mutmaßlichen Extremisten protestiert. Auch in weiteren Städten des Landes versammelten sich nach dem Freitagsgebet am 22. Juli hunderte Menschen zu Protestkundgebungen. Jugendliche in Islamabad setzten ein Polizeimotorrad in Brand und griffen eine Polizeiwache mit Knüppeln an. Die Demonstranten riefen "Nieder mit Musharraf" und "Ein Freund der USA ist ein Verräter". Die Polizei durchsuchte Geschäfte nach "Hass-Material" in Papierform oder auf Datenträgern. Sie war laut Innenministerium zudem angewiesen, jede Form von Gewaltanwendung zu unterbinden und eventuelle Anstifter festzunehmen.
  • Im indischen Teil von Kaschmir sind nach Medienberichten vom 24. Juli drei Jugendliche im Alter zwischen 13 und 15 versehentlich von Soldaten erschossen worden. Die drei Schuljungen gerieten in der Nacht zum 24. Juli auf dem Heimweg von einer Hochzeitsfeier nichts ahnend in einen Hinterhalt der Armee für muslimische Separatisten. Nach Polizeiangaben hielten die Sicherheitskräfte die Jungen im Dunkeln fälschlich für Extremisten und eröffneten das Feuer. Ein weiterer Teenager sei verletzt worden.
    Der Tod von drei Jugendlichen hat im indischen Unionsstaat Kaschmir zu Unruhen geführt. Aufgebrachte Dorfbewohner griffen am 24. Juli Regierungsgebäude an und lieferten sich Straßenschlachten mit der Polizei. Ein von den Streitkräften betriebenes Computer-Schulungszentrum wurde in Brand gesteckt. Die Polizei ging mit Tränengas und Bambusknüppeln gegen die Menschen vor. Schon am 22. Juli war ebenfalls ein Jugendlicher in Kaschmir von Soldaten erschossen worden, weil sie ihn für einen Rebellen hielten.
  • Nach den beiden Anschlagsserien in London hat die pakistanische Polizei am Wochenende wieder zahlreiche mutmaßliche Extremisten festgenommen. Nach Behördenangaben vom Sonntag (24. Juli) handelte es sich hauptsächlich um Prediger. Allein in der nordöstlichen Provinz Punjab wurden am 22. und 23. Juli mindestens 210 Männer festgenommen, wie ein Beamter des örtlichen Innenministeriums sagte. 125 seien gegen Kaution wieder freigelassen worden. Mehr als 60 der Verdächtigen sollen während des Freitagsgebets "provokativ" gepredigt oder Kassetten und CDs mit aufrührerischen Reden verkauft haben.
  • Nach der blutigen Anschlagsserie im ägyptischen Badeort Scharm el Scheich in der Nacht zum 23. Juli mit mindestens 88 Toten fahndet die ägyptische Polizei nach sechs verdächtigen Pakistanern. Die Fotos der Männer seien in den Polizeiwachen der Sinai-Halbinsel verteilt worden, sagte ein Sprecher am 24. Juli. Bei einem der sechs könnte es sich um einen der Selbstmordattentäter handeln. Bei der Anschlagsserie in der Nacht zum 23. Juli waren mindestens 88 Menschen getötet und mehr als 110 verletzt worden.
Montag, 25. Juli, bis Sonntag, 31. Juli
  • Der pakistanische Präsident Pervez Musharraf hat eine Verbindung von den Terroranschlägen in Ägypten und in Großbritannien in sein Land zurückgewiesen. Ein "zersplittertes" El-Kaida-Netzwerk in Pakistan könne unmöglich die Attentäter von London und Scharm el Scheich angeleitet haben, sagte Musharraf am 25. Juli vor Journalisten in Lahore. Die Kommunikationsstruktur von El Kaida sei in seinem Land "zerstört", und Vermutungen, dass die Organisation in Pakistan ihre Basis habe, seien "absolut ohne jede Grundlage".
  • Drei Tage nach den Terroranschlägen von Scharm el Scheich tappen die ägyptischen Ermittler bei der Fahnung nach den Tätern weiter im Dunkeln. Die ägyptische Regierung zog am 26. Juli Angaben von Polizei und Sicherheitskräften zurück, wonach im Zusammenhang mit den Anschlägen nach sechs verdächtigen Pakistanern gefahndet wurde. Der ägyptische Botschafter Hussein Haridy bestätigte der pakistanischen Regierung, dass "kein pakistanischer Bürger in die Terrorakte verwickelt" sei. Die Regierung in Kairo habe auch niemals Pakistaner bezichtigt, in die Anschläge verwickelt zu sein.
    Unterdessen bekannte sich eine dritte bislang unbekannte Islamisten-Gruppe zu den Attentaten, bei denen bis zu 88 Menschen getötet wurden. Die bisher unbekannte "Gruppe der Einmaligkeit und des Dschihad in Ägypten" teilte in einer am Dienstag veröffentlichten Internet-Erklärung mit, die Attentate seien "eine Rache für unsere Brüder im Irak und in Afghanistan sowie eine Antwort auf den Krieg gegen den Terrorismus". Außerdem seien sie ein Treueeid gegenüber El-Kaida-Anführer Osama bin Laden und Aiman el Sawahiri, der als Nummer zwei des Terror-Netzwerks gilt. Zuvor hatten sich die Gruppe Mudschahedin Ägypten und die Organisation der El Kaida im Morgenland und Ägypten zu den Anschlägen in Scharm el Scheich bekannt.
  • In einer landesweiten Verhaftungswelle nach den Terroranschlägen von London hat die pakistanische Polizei binnen einer Woche fast 600 mußmaßliche Islamisten und radikale Prediger festgenommen. Die Razzien nach weiteren Verdächtigen im ganzen Land dauerten an, sagten Sicherheitsbeamte am 27. Juli der Nachrichtenagentur AFP. Von den bisher festgenommenen gehörten 295 zu verbotenen militanten Gruppen. Sie seien auf Grundlage des Antiterrorgesetzes in Gewahrsam genommen worden und könnten damit bis zu ein Jahr ohne Anklage festgehalten werden. Bei den übrigen 300 Festgenommenen handele es sich um moslemische Geistliche, Vorbeter und andere, die der Verbreitung anti-westlicher Propaganda in Predigten und Schriften beschuldigt würden.
  • Den pakistanischen Sicherheitskräften ist zufällig ein Islamist ins Netz gegangen, nach dem sie im Zusammenhang mit der Ermordung des US-Journalisten Daniel Pearl gefahndet hatten. Hashim Qadeer sei am 27. Juli in der ostpakistanischen Stadt Gujranwala bei einem Einsatz gegen radikale Islamisten festgenommen worden, als er an einer Haltestelle in einen Bus einsteigen wollte, sagte ein Polizist am 28. Juli. Der Mann soll Pearl mit Sheikh Omar bekannt gemacht haben, der sich wegen des Mordes an dem US-Korrespondenten vor Gericht verantworten muss.
  • Bei einem Bombenanschlag auf einen Passagierzug in Indien sind mindestens zwölf Menschen getötet und 41 weitere verletzt worden. Die Explosion am 28. Juli, die zunächst auf eine Gasflasche zurückgeführt worden war, sei durch eine Bombe ausgelöst worden, sagte der Innenminister des Bundesstaats Uttar Pradesh, Alok Sinha, am 29. Juli. Nach TV-Informationen wurden Spuren eines Sprengstoffs festgestellt, der in der Vergangenheit von Moslemextremisten in Kaschmir und Untergrundkämpfern in den unruhigen Nordoststaaten Indiens verwendet wurde.
  • Vom 29. bis 31. Juli fand in Srinagar ein erster innerkaschmirischer Friedensdialog statt. Er wurde organisiert vom Rat für Dialog und Versöhnung, der Delhi Policy Group und dem Forum regionaler Stimmen. Die Teilnehmer sprachen sich trotz großer Meinungsunterschiede hinsichtlich des Weges zum Frieden für vertrauensbildende Maßnahmen und für die Zusammenarbeit in Kultur, Politik und Bildung aus. Auch müsse der indisch-pakistanische Friedensprozess fortgesetzt werden.
  • Zur gleichen Zeit kam es wenige Kilometer entfernt - im Zentrum von Srinagar - zu einem Gefecht zwischen kaschmirischen Rebellen und indischen Sicherheitskräften. Zwei Bewaffnete hatten 24 Stunden mit Polizeikräften gekämpft und 2 Polizisten getötet und 24 Personen verletzt.



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