Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Indien, Pakistan und der indisch-pakistanische Konflikt

Ab November 2003

1. - 9. November 2003

Der indische Ministerpräsident Atal Bihari Vajpayee stellt Bedingungen für die Wiederaufnahme des Dialogs mit Pakistan. Zunächst müsse Pakistan die Grenzübertritte islamischer Rebellen im geteilten Kaschmir stoppen und die Infrastruktur des Terrorismus auflösen, sagte Vajpayee nach einer Stellungnahme des Verteidigungsministeriums am 1. November. Nach einem Zeitungsbericht will Neu-Delhi Anfang Dezember erstmals Gespräche mit einer politischen Organisation der Separatisten in Kaschmir aufnehmen. Die Regierung und die kaschmirische Allparteienkonferenz Hurriyat, die größte Separatistenvereinigung der Region, hätten sich darauf formell geeinigt, keine Bedingungen an die Gespräche zu knüpfen, berichtete die Zeitung "Asian Age" am 1. November. An den Gesprächen sollten der stellvertretende indische Ministerpräsident Lal Krishna Advani und Führungsmitglieder der Hurriyat teilnehmen, berichtete die Zeitung weiter. Die Allparteienkonferenz ist eine legale politische Organisation, einigen ihrer Mitglieder wird jedoch vorgeworfen, Verbindungen zu bewaffneten Aufständischen zu unterhalten. Nachdem die Hurriyat das indische Gesprächsangebot angenommen hatte, erklärte Advani kürzlich, die Regierung sei zu einer Diskussion über mehr Autonomie für Kaschmir bereit.
Der stellvertretende indische Regierungschef Lal Krishna Advani hat sich am 2. November enttäuscht über das pakistanische Vorgehen in Kaschmir gezeigt. Das Nachbarland habe bisher keine Beweise vorgelegt, dass es gegen den grenzüberschreitenden Terrorismus in der Region vorgehe, sagte Advani vor Journalisten in Hyderabad. Der indische Ministerpräsident Atal Bihari Vajpayee hatte am Vortag Bedingungen für die Wiederaufnahme des Dialogs mit Pakistan gestellt. Zunächst müsse Pakistan die Grenzübertritte islamischer Rebellen im geteilten Kaschmir stoppen und die Infrastruktur des Terrorismus auflösen, sagte Vajpayee nach einer Stellungnahme des Verteidigungsministeriums.

Im westindischen Staat Gujarat sind laut einer dpa-Meldung vom 3. November bei religiösen Unruhen mindestens drei Menschen ums Leben gekommen. 32 weitere wurden nach Fernsehangaben verletzt. Bei den Todesopfern handelt es sich um eine muslimische Familie. Alle drei wurden von Unbekannten erschossen, so die Polizei. Die Unruhen hatten begonnen, nachdem bei einem Cricketspiel ein Ball versehentlich in einem Hindu-Tempel gelandet war.

Kurz vor einem Besuch in Indien hat der pakistanische Informationsminister Sheikh Rashid Ahmed einen Kompromiss mit Indien in der Kaschmir-Frage ausgeschlossen. Auch an seinem Atomwaffenprogramm werde Pakistan festhalten, betonte Ahmed am 7. November in Lahore. Dennoch wolle er dem indischen Ministerpräsidenten Atal Bihari Vajpayee eine Botschaft des Friedens überbringen und ihn formell nach Islamabad einladen. Ahmed wird vomn 9. November an in New Delhi an einem Treffen der Südasiatischen Vereinigung für Regionale Zusammenarbeit (SAARC) teilnehmen. Dabei soll ein Gipfeltreffen der Organisation in Islamabad vorbereitet werden, zu dem im kommenden Januar auch Vajpayee eingeladen werden soll. An dessen Weigerung, nach Pakistan zu reisen, scheiterte im vergangenen Jahr ein geplanter SAARC-Gipfel.

Bei Kämpfen zwischen mutmaßlichen Separatisten und Dorfbewohnern sind nach Polizeiangaben im Norden Indiens mindestens acht Menschen ums Leben gekommen. Eine Gruppe schwer bewaffneter Männer sei am 8. November von Dorfbewohnern im Unionsstaat Assam gestoppt worden. Daraufhin hätten die mutmaßlichen Rebellen eine Granate geworfen und zwei der Einwohner getötet, berichtete die Polizei. Einige der Angreifer seien dann in ein Nachbardorf geflohen und hätten dort einen weiteren Zivilisten getötet. Bei den Zusammenstößen mit den Dorfbewohnern seien fünf mutmaßliche Rebellen getötet worden. Im Nordosten Indiens kämpfen mehrere Gruppen für eine autonome Region.

10. - 23. November 2003

Bei neuen Unruhen zwischen Hindus und Moslems im indischen Bundesstaat Gujarat ist mindestens ein Mensch ums Leben gekommen. Aufgebrachte moslemische Demonstranten hätten in der Millionenstadt Ahmedabad einen hinduistischen Passanten von seinem Motorrad gezerrt und bei lebendigem Leibe verbrannt, teilte die Polizei mit. Sein Beifahrer habe sich verletzt retten können. Insgesamt seien sechs Menschen verletzt worden, drei von ihnen schwer. Zuvor hatten Unbekannte bei einer Messerstecherei zwei moslemische Jugendliche verletzt, meldete die Nachrichtenagentur AFP am 10. November. Nach Polizeiangaben geriet die Lage zeitweise außer Kontrolle. Über Teile von Ahmedabad sei eine Ausgangssperre verhängt worden.

Die pakistanische Regierung hat den indischen Premier Atal Behari Vajpayee offiziell nach Islamabad eingeladen. Informationsminister Sheikh Rashid Ahmed sagte bei einem Besuch in Neu Delhi am 1. November, er habe die Einladung zur südasiatischen Regionalkonferenz im kommenden Januar übermittelt. Vajpayee habe geantwortet: "Wir werden uns treffen." Das berichtet die indische Nachrichtenagentur UNI.

Der indische Ministerpräsident Atal Bihari Vajpayee und der russische Verteidigungsminister Sergej Iwanow haben am 13. November über einen Ausbau ihrer militärischen Zusammenarbeit beraten. Die Kooperation sei in der Vergangenheit bereits verstärkt worden, und es bestünden gute Aussichten für eine weitere Ausdehnung, sagte Iwanow vor dem Treffen in Moskau. Er verwies auf kürzliche gemeinsame Marinemanöver. Er hoffe, dass sein geplanter Besuch in Neu-Delhi Ende November "zur Unterzeichnung wichtiger Dokumente" führen werde, sagte Iwanow weiter. Nähere Einzelheiten nannte er nicht. Der russische Außenminister Igor Iwanow erklärte während eines Treffens mit Vajpayee am selben Tag, die strategische Partnerschaft zwischen Indien und Russland trage zu einer Stärkung der regionalen und der globalen Stabilität bei.

Die afghanische Regierung hat Pakistan aufgefordert, wirkungsvoller gegen die Taliban vorzugehen. "Die Taliban können nicht außerhalb Afghanistans operieren, ohne von dort Unterstützung zu erhalten", sagte Außenminister Abdullah Abdullah am 13. November während eines Besuchs in Washington. Auf die Frage, auf welches Land er seine Kritik beziehe, sagte Abdullah: "Wir befassen uns mit allen Nachbarländern, besonders mit unserem Nachbarland Pakistan."
Die US-Botschafterin in Pakistan, Nancy Powell, warnte vor einer Neugruppierung islamistischer Bewegungen in dem Land. Viele verbotene Gruppierungen würden mittlerweile von den selben Führern unter anderem Namen weiter geführt, sagte Powell vor dem Rat für Internationale Beziehungen in Karachi. Powell verwies auf die Gruppen Lashkar-e-Taiba und Jaish-e-Mohammad, die von Militärmachthaber Pervez Musharraf im Januar 2002 verboten worden waren. "Diese Gruppen stellen eine ernste Bedrohung für Pakistan, die Region und die Vereinigten Staaten dar."

Einen Monat nach einem gemeinsamen Seemanöver mit Pakistan hat die chinesische Marine erstmals eine solche Übung auch mit Indien abgehalten. Das teilte am 14. November die Küstenwache in Schanghai mit. Chinesische Experten sehen in der Übung einen Schritt zur Vertrauensbildung zwischen Indien und China. Ungeachtet der traditionell guten Beziehungen zu Pakistan bemüht sich China auch um ein besseres Verhältnis zum großen indischen Nachbarn.

Bei landesweiten Razzien gegen Extremisten haben die pakistanischen Behörden knapp 140 Vertretungen verbotener Gruppen geschlossen. Bei dem Einsatz am Wochenende (15./16. November) sei jedoch niemand festgenommen worden, sagte der Chef des Krisenstabs im Innenministerium, Javed Cheema, am 18. November. Präsident Pervez Musharraf hatte am 15. November drei Gruppen geächtet, die gegen im Januar vergangenen Jahres verhängte Verbote verstoßen hatten. Seit dem Verbot waren die Nachfolgeorganisationen nur unter anderen Namen, aber mit denselben Anführern wieder in Erscheinung getreten.

Bei schweren Feuergefechten im Nordosten Indiens sind nach Polizeiangaben mindestens elf Menschen ums Leben gekommen. In dem abgelegenen Unionsstaat Manipur seien zwei rivalisierende Rebellengruppen aufeinander gestoßen, teilte der stellvertretende Polizeichef Joykumar Singh am 18. November mit. Die Opfer gehörten alle zur Revolutionären Volkspartei von Kangleipak, kurz Prepak genannt. Singh zufolge gehen die Behörden von einer Spaltung dieser Rebellengruppe aus, die dann zu den Kämpfen geführt habe. In dem Unionsstaat an der Grenze zu Birma haben in den letzten vier Jahrzehnten mindestens 17 diverse Rebellengruppen entweder für Unabhängigkeit oder für mehr Autonomie von Neu-Delhi gekämpft. (AP-Meldung)

Bei einem Bombenanschlag auf eine Moschee im westindischen Bundesstaat Maharashtra sind mindestens 35 Menschen verletzt worden. Der Anschlag führte vorübergehend zu Unruhen in der Stadt mit rund 500.000 Einwohnern. "Die Situation ist gespannt, einige setzen Geschäfte und Fahrzeuge in Brand und werfen in der Nähe des Marktplatzes mit Steinen", berichtete ein Polizist. Die Behörden hätten noch keine Erkenntnisse über den oder die Attentäter. In Bombay, der Hauptstadt des Bundesstaates, waren bei zwei Attentaten muslimischer Extremisten Ende August 52 Menschen getötet worden.

Einen Tag nach den Anschlägen gegen zwei britische Einrichtungen in Istanbul hat Pakistan seine ohnehin scharfen Sicherheitsmaßnahmen für westliche Vertretungen noch einmal verstärkt. Alle verfügbaren Kräfte zum Schutz diplomatischer Vertretungen und wichtiger Regierungsinstitutionen seien "mobilisiert" und "in Alarm" versetzt worden, sagte der Chef der zuständigen Polizei-Sonderabteilung, Ehsan Sadiq, am 21. November in Islamabad der Nachrichtenagentur AFP. Großbritanniens Botschaft und Konsulate im Land blieben geöffnet. Genauere Angaben über die zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen wollte die Polizei nicht machen.

65.000 Tote seit 1989
In den ersten zehn Monaten dieses Jahres sind bei Gefechten im indischen Teil Kaschmirs 1.980 Menschen getötet worden. Die Zahl der Toten seit Beginn der Kämpfe 1989 stieg damit nach Angaben der Regierung des Unionsstaats Jammu-Kaschmir vom 21. November auf insgesamt 65.000. Im indischen Teil Kaschmirs kämpfen mehr als ein Dutzend muslimische Gruppen für die Unabhängigkeit oder den Anschluss an Pakistan. Die Zahl der Toten liege aber um 15 Prozent unter der des Vergleichszeitraums im Vorjahr. Bei den meisten handele es sich um muslimische Zivilpersonen, hieß es. Insgesamt kamen den Angaben zufolge 1.125 Zivilpersonen, 178 indische Sicherheitskräfte und 677 mutmaßliche muslimische Extremisten ums Leben. (Quelle: AP)


Im nordostindischen Unionsstaat Assam sind 15 zugewanderte Arbeiter in der Nacht zum 22. November Überfällen zum Opfer gefallen. Sie stammten laut Medienberichten aus dem Nachbarstaat Bihar. Im Kampf um die knappen Arbeitsplätze in Assam kam es in der vergangenen Woche wiederholt zu blutigen Ausschreitungen gegen zugezogene Arbeiter. Seit Beginn der Woche sind insgesamt 42 Arbeiter getötet worden. Der Polizeichef von Assam, Khagen Sharma, machte für die Tat Rebellen der Vereinigten Befreiungsfront von Asom (ULFA) verantwortlich. In der vergangenen Woche hatte die ULFA alle hindusprechenden Menschen aufgefordert, den Staat zu verlassen. Hindu wird zwar im größten Teil Indiens gesprochen, aber kaum in Assam. Seither kam es immer wieder zu Angriffen, in den Teeanbaubezirken Dibrugarh und Tinsukia wurden rund hundert Häuser niedergebrannt. Die Regierung hat 2.000 Soldaten eingesetzt, um die Angriffe zu unterbinden.

Indien errichtet in Kaschmir einen Stacheldrahtzaun an der Grenze zum pakistanischen Teil der Region. Fast ein Fünftel des elektrisch geladenen Zauns sei bereits fertig gestellt, teilte Armeechef N.C Vij am 22. November mit. Bis Mitte 2005 soll die gesamte 745 Kilometer lange Grenze mit der Sperranlage versehen sein, sagte Vij der Nachrichtenagentur Press Trust of India. Damit solle das Eindringen militanter Islamisten aus Pakistan unterbunden werden. Der Zaun wird laut Vij etwa zehn Kilometer von der Grenze entfernt auf indischem Gebiet errichtet. Rund 4.000 Soldaten seien an dem Bau beteiligt.

Indien hat am 23. November erneut erfolgreich eine gemeinsam mit Russland entwickelte Überschallrakete getestet. Die Rakete vom Typ "Brahmos" sei von einem Schiff in der Bucht von Bengalen vor dem ostindischen Unionsstaat Orissa gezündet worden, meldete die Nachrichtenagentur PTI. Es war der sechste Test in Folge, wie es unter Berufung auf das Verteidigungsministerium hieß. Die "Brahmos" hat eine Reichweite von knapp 300 Kilometern und könnte damit Ziele im Nachbarland Pakistan erreichen. Sie kann bis zu 300 Kilogramm schwere konventionelle Sprengköpfe tragen.

Der pakistanische Ministerpräsident Zafarullah Khan Jamali hat am 23. November einen vorläufigen Waffenstillstand an der Demarkationslinie des geteilten Kaschmirs ausgerufen. Er habe die pakistanischen Streitkräfte in dem Gebiet angewiesen, ab dem islamischen Feiertag Eid el Fitr (26. November) eine vollständige Waffenruhe einzuhalten, erklärte Jamali. Von Indien erwarte er eine entsprechende positive Reaktion, da der Schritt Pakistans ansonsten unvollständig wäre. "Pakistan wünscht sich Frieden mit Indien", sagte der Regierungschef.

Die pakistanische Regierung hat am 23. November einen einseitigen Waffenstillstand im zwischen Indien und Pakistan umstrittenen Kaschmir angekündigt. Pakistans Ministerpräsident Zafarullah Khan Jamali sagte, der Waffenstillstand an der Kontrolllinie werde am 26. November zum Ende des Fastenmonats Ramadan in Kraft treten.

24. - 30. November 2003

Die indische Regierung hat die von Pakistan angekündigte einseitige Waffenruhe an der Demarkationslinie in Kaschmir begrüßt. "Wir werden positiv auf diese Initiative reagieren", sagte Außenamtssprecher Navtej Sarna am 24. November in Neu Delhi. Zugleich forderte er das Nachbarland auf, die "Einschleusung" von Islamisten in die zwischen beiden Staaten umstrittene Krisenregion Kaschmir zu beenden.
Die befehlshabenden Generäle der indischen und pakistanischen Truppen vereinbarten am 25. November nach Angaben des Außenministerium in Neu Delhi eine Waffenruhe ab Mitternacht. Pakistan äußerte die Hoffnung, dass die Waffenruhe der Auftakt zu einem neuen Dialog mit Indien sein werde. UN-Generalsekretär Kofi Annan begrüßte den Waffenstillstand. Der indische Außenstaatssekretär Kanwal Sibal sprach von "sehr ermutigenden" Schritten Pakistans für einen Frieden zwischen beiden Ländern. In den indischen Medien war von der ersten wirklichen Friedensmaßnahme die Rede, seit Regierungschef Atal Behari Vajpayee bei einem Besuch in Kashmir im April Pakistan die "Hand zur Freundschaft" ausgestreckt hatte. Die Regierung in Islamabad hatte am 23. November zum Ende des Fastenmonats Ramadan eine einseitige Waffenruhe an der Demarkationslinie in Kaschmir verkündet und Indien aufgerufen, ebenfalls die Waffen ruhen zu lassen. - Einige politische Beobachter in Indien werteten die pakistanische Geste allerdings lediglich als "kurzfristiges taktisches Manöver". Pakistan wolle damit den "extremen Druck" vermindern, der vor dem Gipfeltreffen des Südasiatischen Verband zur Regionalen Zusammenarbeit (SAARC) Anfang Januar, insbesondere seitens der USA, auf ihm laste. Das Gipfeltreffen in Islamabad gilt zugleich als Chance für eine Annäherung zwischen den beiden Erzrivalen, zumal der pakistanische Regierungschef Zafarullah Jamali in jüngster Zeit wiederholt gegen islamistische Rebellen Stellung bezogen hatte.

Wenige Stunden vor dem Inkrafttreten eines Waffenstillstandes zwischen Pakistan und Indien sind in der umstrittenen Kaschmir-Region drei Kinder durch indischen Beschuss verletzt worden. Indische Truppen hätten mit schwerer Artillerie ein Dorf im Bezirk Kutli nahe der Demarkationslinie unter Beschuss genommen, teilte die pakistanische Polizei am 25. November mit. Dabei sei ein Mörsergeschoss im Hof eines Wohnhauses eingeschlagen und habe zwei fünf und sechs Jahre alte Brüder sowie ihre drei Jahre alte Schwester verletzt.

Nach Beginn des Waffenstillstandes zwischen Indien und Pakistan in Kaschmir hat es am 26. November keine Zwischenfälle an der Demarkationslinie gegeben. Die Lage dort sei ruhig, teilten indische Sicherheitskräfte in Srinagar mit.
Im indischen Teil Kaschmirs kam es nach Medienberichten allerdings zu Kämpfen mit muslimischen Separatisten, bei denen mindestens ein indischer Soldaten und fünf Rebellen getötet wurden.

Einen Tag nach In-Kraft-Treten des Waffenstillstandsabkommens an der umstrittenen Grenze in Kaschmir sind nach einer AP-Meldung bei bewaffneten Auseinandersetzungen im indischen Teil der Region am 27. November zwölf Menschen getötet worden (dpa sprach wenig später von 13 Toten). Zehn weitere Personen wurden bei den insgesamt fünf Zwischenfällen verletzt, wie die Polizei mitteilte.
Ein Ladenbesitzer wurde nach Polizeiangaben getötet, als mutmaßliche Extremisten eine Granate auf einen Sicherheitsposten auf einem belebten Markt in Srinagar schleuderten. Neun Passanten seien verletzt worden, zwei von ihnen schwer.
Bei einem Feuergefecht in Nowgam nördlich von Srinagar wurden vier mutmaßliche Rebellen erschossen, wie Polizeisprecher Javed Ahmed weiter mitteilte.
Unbekannte töteten in der Nachbarstadt Hundwara einen Polizisten.
Vier Extremisten kamen in der Bergregion Udhampur bei einem Gefecht mit Sicherheitskräften ums Leben.
Nordöstlich der Winterhauptstadt Jammu erschossen paramilitärische Truppen zwei weitere mutmaßliche Rebellen. Ein Soldat wurde nach Polizeiangaben verwundet.

Der indische Ministerpräsident Atal Vajpayee hat einem Zeitungsbericht zufolge ein Treffen mit dem pakistanischen Präsidenten Pervez Musharraf angedeutet. Wie "The Indian Express" am 28. November berichtete, könnte das Treffen im Januar in Islamabad während des Südasiengipfels stattfinden. Beide Politiker waren im vergangenen Jahr kurz zusammengetroffen, ein formelles Treffen gab es zuletzt im Juni 2001 in Indien.

Indische Grenzsoldaten haben am 28. November zwei mutmaßliche Moslemrebellen erschossen, die aus Pakistan in den indischen Teil Kaschmirs vordringen wollten. Nach Angaben der indischen Polizei ereignete sich der Zwischenfall an der Demarkationslinie im Bezirk Poonch.
In einem Vorort von Srinagar, der Sommerhauptstadt des indischen Bundesstaates Jammu und Kaschmir, erschoss am 28. November ein Moslemrebell nach Polizeiangaben einen abtrünnigen früheren Mitstreiter, der sich auf die Seite der Sicherheitskräfte geschlagen hatte.

Pakistan hat ein Ende des Überflugverbotes für Flugzeuge seines Erzfeindes Indien angekündigt. "Als Zeichen unseres guten Willens wird Pakistan in der bei den Gesprächen in Neu-Delhi kommende Woche einer Wiederaufnahme der Flüge mit Indien zustimmen", sagte Pakistans Präsident Pervez Musharraf am 30. November der amtlichen Nachrichtenagentur APP.

1. - 7. Dezember

Indien und Pakistan werden voraussichtlich ab Jahresanfang den beiderseitigen Flugverkehr wieder aufnahmen. Darauf einigten sich am 1. Dezember Vertreter der Zivilluftfahrt beider Länder nach Angaben indischer Regierungsvertreter bei einem Treffen in Neu Delhi. Indian Airlines und Pakistan International Airlines können demnach wieder Direktverbindungen in das Nachbarland anbieten. Die ersten Flüge sind zunächst für ersten Januar geplant. Die beiden verfeindeten Nachbarländer hatten ihre Direktflüge im Dezember 2001 nach einem Angriff von Extremisten auf das Parlament in Neu Delhi eingestellt. Indien hatte Pakistan beschuldigt, die Angreifer unterstützt zu haben.

In vier indischen Bundesstaaten haben am 1. Dezember die Wahlen zu Regionalparlamenten begonnen. In Madhya Pradesh und Chhattisgarh in Zentralindien, im nordwestlichen Rajasthan und in der Hauptstadt Neu Delhi sind insgesamt mehr als 93 Millionen Wahlberechtigte zu den Urnengängen aufgerufen. Die Wahlen gelten als Test für die Wahl des Bundesparlaments im Oktober. Regierungspartei in allen vier Bundesstaaten ist die größte Oppositionspartei auf nationaler Ebene, die Kongress-Partei von Sonia Gandhi.

Der pakistanische Präsident Pervez Musharraf hat Indien einen sofortigen Truppenabzug aus der von beiden Ländern beanspruchten Krisenregion Kaschmir angeboten. "Wenn Indien zustimmt, kann der beidseitige Abzug schon morgen beginnen", sagte Musharraf in einem Interview mit der BBC am 2. Dezember. Nach Angaben des Präsidenten sind im pakistanisch kontrollierten Teil Kaschmirs nur 50.000 Soldaten stationiert, während Indien in seinem Teil mehr als 700.000 Soldaten zusammengezogen hat.

Einen Tag nach der Einigung auf die Wiederaufnahme des beiderseitigen Flugverkehrs bahnt sich zwischen Indien und Pakistan auch eine Normalisierung des grenzübergreifenden Zugverkehrs an. Das pakistanische Außenministerium reagierte am 2. Dezember positiv auf einen entsprechenden Vorschlag aus Neu Delhi. Es verwies zugleich darauf, dass Islamabad seit Beginn des Tauwetters zwischen beiden Staaten im April bereits viermal ähnliche Vorschläge unterbreitet habe. Zu dem von Indien vorgeschlagenen Termin für Gespräche am 18. und 19. Dezember wollte sich das pakistanische Ministerium zunächst nicht äußern.

Indien will den 29 Jahre alten russischen Flugzeugträger "Admiral Gorschkow" kaufen. Die Regierung in Neu-Delhi werde 652 Millionen Dollar (rund 545 Millionen Euro) bezahlen, sagte am 2. Dezember der Oberbefehlshaber der indischen Marine, Admiral Madhvendra Singh. Das Abkommen werde im März kommenden Jahres unterzeichnet. Der Flugzeugträger werde aber erst in viereinhalb Jahren unter indischer Flagge fahren. In dem Preis seien Umbauarbeiten bereits enthalten, sagte Singh. Indien besitzt bereits einen Flugzeugträger, die "INS Viraat". Sie stammt aus britischem Besitz und wurde im Falkland-Krieg eingesetzt. Indiens Rivale Pakistan besitzt keine vergleichbaren Schiffe.

Die indische Regierungspartei BJP hat bei den Regionalwahlen in vier Bundesstaaten klar gegen die oppositionelle Kongresspartei gewonnen. Die nationalistische BJP setzte sich nach dem am 4. Dez. veröffentlichten amtlichen Ergebnis in drei Bundesstaaten gegen die bislang dort regierende Kongresspartei von Sonia Gandhi durch. Lediglich in der Hauptstadt Neu Delhi lag die Kongresspartei mit 47 Abgeordneten vor der BJP. "Die Menschen haben für den Wandel gestimmt", sagte der abgewählte Regierungschef des großen Bundesstaats Madghya Pradesh, Digvijay Singh von der Kongresspartei.

8. bis 15. Dezember

Im indischen Unionsstaat Assam haben am 6. Dez. über 2.500 Separatisten ihre Waffen an die Behörden abgeliefert. Die Entwaffnung ist Teil eines im Februar geschlossenen Friedensabkommens, das größere Autonomie für die vom Stamm der Bodo bewohnte Region Assams vorsieht. Das Abkommen wurde allerdings nur von der kleinsten Rebellengruppe, den Bodo-Befreiungstigern, unterzeichnet. Die Vereinte Befreiungsfront Asom und die Nationale Demokratische Front Bodoland, kämpfen weiterhin für die Unabhängigkeit ihrer Region von Indien. - Der Konflikt kostete nach einer AP-Meldung in den vergangenen zehn Jahren mehr als 1.000 Menschen das Leben. Die Rebellen werfen der Regierung vor, den Holzreichtum und die Bodenschätze der Region auszubeuten, ohne in die Wirtschaft vor Ort zu investieren. Das Friedensabkommen sieht den Aufbau einer eigenständigen Verwaltung und finanzielle Autonomie für die Region vor. Bodos stellen rund 1,5 Millionen der 26 Millionen Einwohner Assams und sind größtenteils arme Landarbeiter.

Bei gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Hindus und Moslems in der südindischen Stadt Hyderabad sind fünf Menschen getötet worden. 22 weitere Gläubige wurden verletzt, als es am elften Jahrestag der Zerstörung einer nordindischen Moschee am Abend des 6. Dez. zu dem Gewaltausbruch kam. Die Polizei schoss in die Menge und verhängte eine Ausgangssperre, um die mit Brandsätzen und Schwertern bewaffneten Streitparteien zu kontrollieren. Auslöser der Unruhen war laut Polizei ein Vorwurf von Moslems, wonach Hindus eine Fahne verbrannt haben, welche Moslems zur Erinnerung an die Zerstörung ihres historischen Gotteshauses durch Extremisten gehisst hatten. Die Babri-Moschee in Ayodhya war am 6. Dezember 1992 von Hindu-Extremisten zerstört worden, die den Ort selbst als Kultort beanspruchen. Der Vorfall zog die schwersten Kämpfe zwischen den beiden Religionsgruppen seit der Unabhängigkeit Indiens 1947 nach sich; mehr als 2000 Menschen wurden dabei getötet.

In der südpakistanischen Stadt Karachi sind zwei Polizisten während einer Patrouille in einem Randbezirk erschossen worden. Wie die Behörden am 8. Dez. mitteilten, wurden die Leichen in der Nacht unter einer im Bau befindlichen Brücke entdeckt. Die Männer waren ihrer Waffen beraubt worden. Als Täter wurden Autodiebe vermutet, ein terroristischer Hintergrund galt als unwahrscheinlich. Karachi ist die größte pakistanische Stadt und das Handelszentrum des Landes. Kämpfe zwischen religiösen Sekten oder politische Gewalt sind in Karachi keine Seltenheit.

Indien will mit Hilfe von gebrauchten Computern ein ehrgeiziges Alphabetisierungsprogramm startet. "Computer werden bis zu 400 Millionen Indern helfen, eine Zeitung zu lesen", sagte Technologieminister Arun Shourie am 12. Dez. beim ersten UN-Informationsgipfel in Genf, der sich mit der Verbreitung von Kommunikationstechnologie und dem Zugang zu Computern und anderen Medien beschäftigte. Schon ein Computer könne helfen, 300 bis 400 Menschen jährlich das Lesen beizubringen. Sein Land wolle daher die Einfuhr von rund einer Million gebrauchter Computer erlauben, sagte Shourie. Rund 35 Prozent der etwa 1,3 Milliarden Inder können nach offiziellen Angaben weder lesen noch schreiben; allerdings gelte dieser Statistik zufolge jeder, der nur seinen eigenen Namen lesen könne, schon nicht mehr als Analphabet, sagte Shourie weiter.

Der pakistanische Präsident Pervez Musharraf ist am 14. Dez. möglicherweise nur knapp einem Anschlag entgangen. Eine Brücke in der pakistanischen Garnisonsstadt Rawalpindi wurde von einer Explosion erschüttert, wenige Minuten nachdem Musharraf sie überquert hatte, wie Informationsminister Sheikh Rasheed der Nachrichtenagentur AFP sagte. Die Polizei konnte zunächst nicht sagen, wodurch die Detonation verursacht wurde. Es habe keine Verletzten gegeben und die Brücke sei nur leicht beschädigt worden, sagte der örtliche Polizeichef, Marwat Shah.

15. bis 21. Dezember

Die Streitkräfte des Himalaya-Staats Bhutan sind erstmals in ihrer modernen Geschichte zu einer Militäraktion aufgebrochen. Ziel sind Lager einer separatistischen Organisation aus dem benachbarten Indien. Die Vereinigte Befreiungsfront von Assam (ULFA) appellierte an König Jigme Singye Wangchuk, die am 15. Dez. eingeleitete Offensive auf ihre Rückzugsstellungen einzustellen. Die Regierung bekräftigte jedoch ihre Absicht, weiter gegen die Separatisten vorzugehen.
Die ULFA ist die größte von drei indischen Separatistengruppen, die den benachbarten Kleinstaat seit Jahren als Zufluchtsgebiet nutzen. Am 15. Dez. nahmen 6.000 bhutanische Soldaten ein Lager ein, das sie für den Hauptsitz der ULFA hielten. Nach vielen gescheiterten Gesprächen sei man zu diesem Offensivangriff gezwungen worden, erklärte die Regierung. Sechs Jahre habe das Land versucht, die Gruppen zu einem Rückzug aus dem Königreich zu bewegen.
In ihrem Schreiben an den König, das am 17. Dez. in Indien bekannt wurde, erklärte die ULFA, ihre Präsenz verstoße weder gegen die bhutanische Souveränität noch gegen Völkerrecht. König Wangchuk hatte in einer früheren Stellungnahme der bhutanischen Botschaft erklärt, die Rebellen seien zu einer Bedrohung der nationalen Sicherheit und Souveränität des Landes geworden.

Der Eisenbahnverkehr zwischen Indien und Pakistan soll am 15. Januar wieder aufgenommen werden. Dies betrifft sowohl den Personenverkehr als auch den Gütertransport, wie beide Länder am 19. Dez. mitteilten. Zuerst soll demnach der beliebte Samjhauta-Express zwischen der indischen Grenzstadt Atari und Lahore in Pakistan wieder fahren. Diese Linie wurde am 1. Januar 2002 eingestellt worden, nachdem Indien Pakistan eine Mitverantwortung für den Anschlag auf das Parlament in Neu-Delhi im Dezember 2001 gegeben hatte.

Nach zweijähriger Unterbrechung haben Indien und Pakistan wieder ihre Routinegespräche über Grenzfragen aufgenommen. Eine achtköpfige Delegation der indischen Grenzarmee traf am 20. Dez. am pakistanischen Grenzposten Wagah ein, wie ein Korrespondent der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Der pakistanische Kommandeur Sher Zaman überreichte seinem indischen Kollegen Darbar Singh zur Begrüßung einen Blumenstrauß.

22. bis 31. Dezember

Wegen des Verdachts unerlaubter Kontakte zu Iran befragen die Behörden in Pakistan hochrangige pakistanische Atomwissenschaftler, berichtete die Daily Times am 22. Dez. Unter den Beschuldigten befindet sich auch Abdul Qadeer Khan, der in den 70er Jahren ein Labor zur Entwicklung der pakistanischen Atombombe gegründet hatte.

Ein Gericht in Karachi hat die Freilassung zweier in Pakistan festgenommener französischer Journalisten angeordnet. Gegen eine Kaution von jeweils 100.000 Rupien (knapp 1.500 Euro) könnten der Reporter und der Fotograf des Magazins "L'Express" das Gefängnis verlassen, teilten Richter und Anwälte am 24. Dez. mit. Die beiden Journalisten, Marc Epstein und Jean-Paul Guilloteau, waren am 22. Dez. aus Protest gegen ihre Inhaftierung in einen Hungerstreik getreten. Den Franzosen wird vorgeworfen, ohne behördliche Genehmigung nach Quetta im Grenzgebiet zu Afghanistan gereist zu sein. Sie wurden am Dienstag vergangener Woche festgenommen.

Der pakistanische Präsident Pervez Musharraf will das Oberkommando über die Streitkräfte Ende 2004 abgeben. Bei Bekanntgabe dieser Entscheidung am 24. Dez. erklärte er sich außerdem bereit, einer gewissen Einschränkung seiner Machtbefugnisse zuzustimmen. Der Vereinbarung mit einer einflussreichen islamischen Parlamentsgruppe zufolge bleibt Musharraf auch nach 2004 Präsident, doch muss er sich binnen eines Monats nach seinem Rücktritt vom Posten des Stabschefs einem Vertrauensvotum der Abgeordneten stellen.

Am 25. Dez. wurde ein Attentat auf den pakistanischen Präsidenten Musharraf verübt. Zwei Selbstmordattentäter griffen die Wagenkolonne des Präsidenten mit Kleintransportern auf einer Hauptstraße in der Nähe Islamabads an. Die beiden Fahrzeuge explodierten und rissen 15 Menschen, darunter auch die beiden Attentäter in den Tod; 46 Menschen wurden verletzt. Der Präsident blieb unverletzt. Ein Attentat auf den Präsidenten war am 14. Dezember bereits gescheitert.
Nach Ansicht der pakistanischen Regierung sind Extremisten aus Kaschmir für den Anschlag verantwortlich. Einer der beiden Selbstmordattentäter komme aus Kaschmir, der andere aus dem Grenzgebiet zu Afghanistan. Es handle sich um ein riesiges internationales Terrornetzwerk. Am Wochenende (27./28. Dez.) nahm die Polizei drei als Drahtzieher verdächtige Personen fest, die der verbotenen Separatisten-Organisation Jaish-e-Mohammed angehört haben.

Bei der Explosion einer ferngezündeten Bombe im indischen Teil Kaschmirs sind am 30. Dez. 40 indische Soldaten und eine Zivilistin verletzt worden. Die Bombe explodierte neben einem Armeekonvoi außerhalb der Provinzhauptstadt Srinagar. Die muslimische Sparatistengruppe Hizbul Mujahidin bekannte sich zu dem Anschlag.


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