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Indien, Pakistan und der indisch-pakistanische Konflikt

August/September 2003

1. - 17. August 2003

Bei einer Explosion eines Sprengstofflagers in einem Dorf im Nordwesten Pakistans sind am 2. August mindestens 45 Menschen getötet worden. 80 Menschen wurden verletzt, 13 wurden noch vermisst, sodass sich die Zahl der Toten noch erhöhen kann. Die Katastrophe wurde durch einen Kurzschluss in einem Holzhaus neben den Sprengstofflager ausgelöst. Der Sprengstoff selbst wurde für Bauarbeiten an einem Kanal benötigt. Ein Regierungsbeamter aus Islamabad erklärte, es sei ein Unfall und kein Terroranschlag gewesen.
Von einem Unfall muss man auch bei der Explosion in der westindischen Stadt Surat ausgehen. Bei einer Gasexplosion wurden dort in der Nacht zum 3. August mindestens 18 Menschen getötet, 40 wurden verletzt, als drei Gebäude durch die Wucht der Explosion zusammenbrachen.

Die frühere pakistanische Premierministerin Benazir Bhutto ist in der Schweiz wegen Geldwäsche zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Das Urteil sei per Strafbefehl erfolgt, bestätige ein Anwalt des pakistanischen Staates am 6. August. Ebenfalls sechs Monate erhielt Benazirs Ehemann Asif Ali Zardari.

Bei der Explosion einer Bombe auf einem Marktplatz vor der Filiale der Indischen Staatsbank in der Ortschaft Bandipora im indischen Teil Kaschmirs ist am 13. August ein Mensch getötet worden, mindestens 30 Menschen wurden verletzt. Unter den Verletzten waren auch fünf Soldaten, die vor der Bank patrouillierten. Die Behörden machten islamistische Rebellen für das Attentat verantwortlich.
In der Ortschaft Koimoh wurde am 13. August ein Zivilist getötet und sechs weitere Menschen verletzt, als mutmaßliche Rebellen eine Granate auf ein Militärfahrzeug warfen.

Bei einem Bombenanschlag auf eine Brücke in der Nähe von Imphal, der Hauptstadt des Unionsstaates Manipur im Nordosten Indiens, sind am 14. August sechs Insassen eines Busses ums Leben gekommen. Nach Polizeiangaben waren Separatisten für die Tat verantwortlich. Armee und Polizei verstärkten ihre Sicherheitsvorkehrungen aus Furcht vor weiteren Anschlägen anlässlich des indischen Unabhängigkeitstages (15. August).
Am Nationalfeiertag (15. August) sind auf zwei Dörfer im Bundesstaat Tripura (im Nordosten Indiens) Anschläge verübt worden, in deren Verlauf 30 Menschen getötet und 28 verletzt worden sind. Die Polizei sprach von "Massakern", bei denen auch viele Frauen und Kinder unter den Opfern waren. Die Polizei vermutet die All Tripura Tiger Force (ATTF), eine der größten Rebellengruppen des Bundesstaates, hinter den Angriffen.

18. bis 31. August

Pakistan hat dem verfeindeten Nachbarland Indien am 18. August die Ausbildung von Terroristen vorgeworfen. Es gebe 55 entsprechende Ausbildungslager auf indischem Gebiet, erklärte das pakistanische Außenministerium und forderte die schnelle Auflösung der Camps. Die Terroristen verübten Anschläge auf pakistanische Einrichtungen und fachten die religiös motivierte Gewalt in Pakistan an, hieß es weiter. Hunderte schiitische Muslime werden jedes Jahr in Pakistan getötet, die meisten bei Anschlägen extremistischer Sunniten, die die Mehrheit im Land stellen. "Der Urheber der Gewalt und des Terrors im indischen Teil Kaschmirs und in der Region ist Indien", sagte Ministeriumssprecher Masood Khan.

Die indische Regierung hat am 18. August das Verbot für Mobilfunk-Anbieter in der Krisenregion Kaschmir aufgehoben. Ministerpräsident Vajpayee wertete dies am 20. August als großen Schritt auf dem Weg zur Normalisierung in Kaschmir.

Am 19. August hat die indische Regierung einen Misstrauensantrag im Parlament überstanden. Nach zweitägiger hitziger Debatte stimmten 312 Abgeordnete für und 186 gegen die Regierung.

Bei Kämpfen in Kaschmir sind am Wochenende (23./24. August) mindestens 14 Menschen getötet worden. Vier indische Soldaten, sechs mutmaßliche muslimische Extremisten und vier pakistanische Soldaten sind nach indischen Armeeangaben bei einem stundenlangen Feuergefecht an der Kontrollliniezwischen Indien und Pakistan gestorben.

Im pakistanischen Teil Kaschmirs ist am 24. August in der Nähe einer Islamschule eine indische Granate explodiert. Dabei wurden nach Polizeiangaben acht Mädchen von Splittern oder Gebäudetrümmern verletzt, vier davon schwer. Zum Zeitpunkt des Zwischenfalls in der Grenzregion Nakyal lieferten sich indische und pakistanische Soldaten Schusswechsel.

Bei vermutlich koordinierten Bombenanschlägen in der indischen Wirtschaftsmetropole Bombay sind am 25. August nach TV-Berichten mindestens 45 Menschen getötet worden. Einer ereignete sich nahe dem Gateway of India, dem von vielen Menschen besuchten Wahrzeichen im Zentrum der Stadt. Beinahe zeitgleich explodierte eine Bombe nahe einem Hindu- Tempel. Der Fernsehsender CNBC-TV meldete, die Zahl der Toten ergebe sich aus den Angaben von drei Krankenhäusern der Stadt. Der Gesundheitsminister des Bundesstaats Maharashtra, Digvijay Khanvilkar, gab eine Zahl von zunächst 29 Toten bekannt. Die Polizei berichtete zuvor von mindestens 60 Verletzten in mindestens vier Explosionen. Ein ranghoher Beamter der Stadt sagte vor Journalisten, die Explosionen seien von in Taxis versteckten Bomben ausgelöst worden. Bombay (Reuters)


dpa-Übersicht über schwere Anschläge in Bombay seit Dezember 2002:
  • 3.12.2002: Drei Menschen sterben und mehr als 30 werden verletzt, als eine Bombe in einem Bus explodiert. Zwei weitere Bomben konnten entdeckt werden, bevor sie detonierten.
  • 13.3.2003: Elf Tote und Dutzende von Verletzten gibt es bei der Explosion einer Bombe in einem Vorortzug von Bombay.
  • 28.7.2003: Bei der Explosion einer Bombe in Bombays Vorort Ghatkopar sterben drei Menschen und 31 weitere werden verletzt.
  • 25.8.2003: Bei einer Bombenserie werden Dutzende von Menschen getötet und 35 weitere verletzt.
Die bisher schlimmsten Bombenanschläge erlebte Bombay im Jahre 1993. Im März des Jahres wurden in einer Serie von Anschlägen mehr als 300 Menschen getötet und über 1.000 verletzt.


Pakistan hat die von Indien geforderte Auslieferung von 19 Terrorverdächtigen abgelehnt. Die Gesuchten befänden sich nicht in Pakistan, erklärte das Außenministerium am 26. August in Islamabad. Indien habe bislang die Anwesenheit indischer Extremisten in Pakistan nicht beweisen können.
Am 26. August stieg die Zahl der Todesopfer der Anschläge von Bombay auf 52. Die Anschläge führten zu neuen Spannungen zwischen Indien und Pakistan. Neu Delhi vermutet die Attentäter in einer pro-pakistanischen Gruppe aus Kaschmir. Indien hat Pakistan zur Auslieferung gewaltbereiter Moslems aufgefordert. Vize-Regierungschef Lal Krishna Advani sagte am 26. August: "Der Terror-Krieg unseres Nachbarn richtet sich nicht nur gegen Jammu und Kaschmir sowie Punjab, sondern gegen ganz Indien".
Trotz dieser Anschuldigungen reiste am 26. August eine indische Delegation nach Islamabad, um dort über die Wiederherstellung der Flugverbindungen zwischen beiden Ländern zu verhandeln.
Am 26. August ist ein indischer Soldat bei einem Anschlag in Kaschmir erschossen worden.

Trotz schärfster Sicherheitsvorkehrungen ist es am 27. August beim Besuch des indischen Ministerpräsidenten Atal Behari Vajpayee in Kaschmir zu einer Anschlagserie mit mindestens einem Toten gekommen. Nach Augenzeugenberichten starb am Abend ein Grenzschutz- Polizist bei einem Handgranatenangriff mutmaßlich muslimischer Extremisten in Srinagar.
Ein weiterer Handgranatenangriff wurde auf die Telekommunikations-Zentrale der Stadt verübt. Als die Sicherheitskräfte das Feuer auf die mutmaßlich muslimischen Extremisten eröffneten, wurden drei Verkehrspolizisten verletzt. Bis zum späten Abend (Ortszeit) waren an der Zentrale Schüsse zu hören, es kam zu einer lauten Explosion. Unklar blieb zunächst, ob sich Angreifer noch in der Zentrale versteckt hielten. Sicherheitskräfte riegelten das Gelände ab.
Kurz nach Vajpayees Ankunft am Nachmittag explodierten nach Berichten von Journalisten vor Ort zwei Sprengsätze. Bereits vor Eintreffen des Ministerpräsidenten detonierte eine selbst gebaute Bombe. Bei den Explosionen wurde den Angaben zufolge niemand verletzt. Durch die Wucht der Detonationen gingen Fensterscheiben in der Umgebung zu Bruch.
Anlässlich der Konferenz kam es in Srinagar zu Protesten gegen den Besuch Vajpayees. Nach einem Streikaufruf muslimischer Separatisten schlossen alle Geschäfte. Demonstranten bewarfen Soldaten und Polizisten mit Steinen. Nach Augenzeugenberichten wurden mehrere Menschen festgenommen.

Während eines religiösen Festes von Hindus in Indien ist es am 27. August zu einer Massenpanik gekommen, bei der nach Polizeiangaben mindestens 29 Menschen ums Leben kamen. Das Fernsehen berichtete sogar von 39 Toten. Mehr als 125 Menschen sollen verletzt worden sein. Das Unglück ereignete sich in Nasik, rund 200 Kilometer nordöstlich von Bombay, wo sich Millionen Pilger zu einem der heiligsten Feste für Hindus versammelt haben. Das Kumbh-Mela-Fest wird alle zwölf Jahre in Nasik gefeiert. Dabei treffen sich die Pilger am Godavari-Fluss, um sich mit einem Bad in dessen Fluten von ihren Sünden reinzuwaschen.

Erneut hat Gewalt den Besuch des indischen Premierministers Atal Behari Vajpayee in Kaschmir überschattet. Nach der Bombenexplosion am 27. August wurden in der Nacht zum 28.August bei einer Schießerei in Srinagar, der Sommerhauptstadt des indischen Teils von Kaschmir, vier Menschen getötet und sieben weitere verletzt, wie die Polizei mitteilte. Nach dem Gefecht zwischen Sicherheitskräften und in einem Hotel verschanzten Rebellen sei bei dem Hotel Feuer ausgebrochen. Vor dem mehrstündigen Beschuss seien rund zwanzig Zivilisten aus der Gewalt der Rebellen befreit worden. Unter den Verletzten waren den Angaben zufolge auch fünf Polizisten.

Indische Sicherheitskräfte haben durch mehrere Aktionen gegen Extremisten in Neu-Delhi und Kaschmir am Wochenende (30./31. August) den "spektakulären" Terroranschlag einer propakistanischen Islamistengruppe verhindert, wie die Polizei am 31. August mitteilte. Am späten Abend des 30. August waren in der indischen Hauptstadt zwei mutmaßliche Mitglieder der von Pakistan aus operierenden islamisch-militanten Gruppe Jaish-e-Mohammed erschossen worden, nachdem bei einer Razzia zuvor zwei Mitglieder der Gruppe mit einem Lastwagen voller Granaten festgenommen worden waren. Begonnen hatten die Aktionen am Morgen des 30. August im indischen Teil Kaschmirs: Dort töteten Sicherheitskräfte nach eigenen Angaben den Führer von Jaish-e-Mohammed, Ghazi Baba, sowie ein weiteres Mitglied. Bei der fast zehnstündigen Schießerei in einem Vorort Srinagars in Jammu-Kaschmir seien auch ein Soldat getötet sowie acht Personen verletzt worden, sagte ein Geheimdienstoffizier der Grenzpolizei. Ghazi Baba gilt den indischen Behörden als Drahtzieher eines Anschlags auf das indische Parlament vor zwei Jahren, bei dem 14 Menschen - darunter fünf Angreifer - getötet wurden. Die Tat hatte fast zu einem Krieg zwischen den Atommächten Indien und Pakistan geführt.
Knapp eine Woche nach den tödlichen Bombenanschlägen in der indischen Finanzmetropole Bombay hat die Polizei fünf Verdächtige gefasst. "Viele weitere" Menschen seien zu Befragungen abgeführt worden, sagte am 31. August ein Minister des Bundesstaates Maharshtra, Kripashankar Singh. Die Polizei vermutet hinter dem Doppelanschlag von vergangenem Montag mit 52 Toten die radikalislamischen Gruppen Lashkar-e-Taiba oder Jaish-e-Mohammad, die nach dem Anschlag auf das indische Parlament im Dezember 2001 verboten worden waren.

1. bis 14. September

Die indische Polizei hat am 1. September, eine Woche nach den verheerenden Bombenanschlägen von Bombay, vier Verdächtige festgenommen, darunter ein Ehepaar und seine 18-jährige Tochter. Den zwei Männern und zwei Frauen wird die Beteiligung an insgesamt drei Bombenanschlägen vorgeworfen. Sie seien Mitglieder der von Pakistan aus operierenden Islamistengruppe Laschkar-e-Tayyaba, die auch für Anschläge im indischen Teil Kaschmirs verantwortlich sei, erklärte Polizeichef Rajhit Scharma. Ein Polizeisprecher erklärte, den vier Festgenommenen werde zudem die Beteiligung an einem Anschlag auf einen Bus vorgeworfen, bei dem am 28. Juli drei Menschen getötet und 31 verletzt wurden. Ein weiterer geplanter Anschlag in einem Industriegebiet außerhalb von Bombay sei fehlgeschlagen, hieß es. Die Polizei habe 20 Zünder und zahlreiches weiteres Material zum Bombenbau sichergestellt.

Bewaffnete Männer haben am 2. September in Pakistan Gäste einer Beerdigung überfallen und fünf Menschen erschossen. Die Polizei erklärte, die Angreifer hätten das Feuer eröffnet, als die Trauernden gerade den Friedhof in Karachi verließen. Beigesetzt wurden zwei Aktivisten der Bewegung Mutahida Kami, die muslimische Einwanderer aus Indien repräsentiert. Sie waren wenige Stunden zuvor getötet worden.
Unterdessen wurde ebenfalls in Karachi ein Journalist mit einem Kopfschuss getötet. Er hatte nach Behördenangaben früher für eine Zeitung gearbeitet, die die Bewegung Mutahida Kami heftig kritisiert hatte. Die Bewegung wird für zahlreiche Überfälle auf Journalisten verantwortlich gemacht. In Pakistan kommt es immer wieder zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der Mutahida Kami und abtrünnigen Splittergruppen.

Bei einer Reihe blutiger Auseinandersetzungen sind am 2. September in Kaschmir 13 Menschen ums Leben gekommen, 21 wurden zum Teil schwer verletzt. Erst am Wochenende waren in dem von Indien kontrollierten Unionsstaat nach dem Tod von Ghazi Baba, einem führenden Mitglied der von Pakistan aus operierenden Separatistengruppe Jaish-e-Mohammed, die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt worden.
Bei der Explosion einer Landmine auf einer Landstraße in Charsu, 35 Kilometer südlich der Hauptstadt Srinagar, wurde nach Polizeiangaben ein Passant getötet, 15 weitere Zivilpersonen und sechs Soldaten wurden zum Teil schwer verletzt. Für den Anschlag erklärte sich Medienberichten zufolge die Separatistengruppe Hezb-ul Mudjahedeen verantwortlich.
Mutmaßliche Separatisten töteten in der überwiegend von Muslimen bewohnten Stadt Chamalwas fünf Menschen, darunter eine Frau.
Bei Gefechten in Dara Sangla erschossen Sicherheitskräfte fünf mutmaßliche Extremisten, ein Soldat wurde getötet.
Eine Brücke auf einer wichtigen Straße nahe Lower Munda, 215 Kilometer nördlich von Jammu, wurde bei einem Anschlag mutmaßlicher Rebellen teilweise zerstört, wie ein Polizeisprecher mitteilte. Tausende Fahrzeuge stauten sich auf der Straße, Berichte über Verletzte gab es zunächst nicht.
Indische Soldaten haben am 2. September nach Angaben eines Sicherheitsbeamten einen moslemischen Rebellen erschossen, nachdem dieser ein paramilitärisches Lager in der größten Stadt Kaschmirs angegriffen hatte. "Kämpfer versuchten am Morgen, ein Sicherheitslager an der Grenze zu stürmen. Die Soldaten haben einen Kämpfer vor dem Tor des Lagers getötet, die Suche nach dem zweiten dauert an", sagte ein Sicherheitsbeamter Reuters. Zwei Soldaten seien bei dem Angriff in der Stadt Srinagar verletzt worden. Bislang hat sich niemand zu dem Angriff bekannt. Die indische Regierung wirft Pakistan vor, Attentate in Indien zu unterstützten.

Indische Soldaten haben am Morgen des 4. September im indischen Teil Kaschmirs einen Angriff mutmaßlicher islamischer Rebellen zurückgeschlagen und zwei der Aufständischen erschossen, wie die Polizei mitteilte. Eine 20 Jahre alte Frau wurde bei dem Feuergefecht in der Stadt Punch im Norden Kaschmirs getötet und zwei Kinder verletzt, bestätigte ein Polizeisprecher auf Nachfrage. Die Rebellen hätten sich vor Tagesanbruch einem Gasthaus der Armee genähert, daraufhin hätten die Sicherheitskräfte das Feuer eröffnet.

Bei der Explosion einer Autobombe auf dem größten Obstmarkt im indischen Teil Kaschmirs sind am 6. September mindestens sechs Menschen getötet worden. 34 Personen wurden zum Teil lebensgefährlich verletzt. Die Polizei rechnete mit einem Ansteigen der Opferzahl. Zu dem Anschlag in Srinagar bekannte sich die islamistische Gruppe Hezb-ul Mujahedeen. Ziel seien die indischen Sicherheitskräfte gewesen, erklärte ein Sprecher in einem Anruf bei einer örtlichen Nachrichtenagentur. Zum Zeitpunkt der Detonation fuhr ein Armeekonvoi am Tatort vorbei, unter den Verletzten befanden sich auch ein Offizier und drei Soldaten. Einige der Verletzten waren in kritischem Zustand. Die Hezb-ul Mujahedeen ist die größte von mehr als einem Dutzend Rebellenorganisationen, die für die Unabhängigkeit Kaschmirs oder den Anschluss der Provinz an Pakistan kämpfen.

In das Hauptquartier einer paramilitärischen Einheit in der südwestpakistanischen Stadt Quetta ist in der Nacht zum 6. September eine Rakete eingeschlagen, wie die Sicherheitskräfte mitteilten. Es habe keine Verletzten gegeben, sagte ein Polizeisprecher. Bislang bekannte sich niemand zu dem Anschlag auf die Grenzschutztruppe an der Grenze zu Afghanistan.

Ein Militärflughafen in der südwestpakistanischen Stadt Quetta ist am 7. September nach offiziellen Angaben mit drei Raketen beschossen worden. Wie Generalmajor Shaukat Sultan mitteilte, wurde niemand verletzt, weil zwei Raketen in einem leer stehenden Teil des Flughafens einschlugen und eine nicht explodierte. In der Anlage sind pakistanische Truppen stationiert, die in dem Grenzgebiet zu Afghanistan Jagd auf Taliban-Anhänger und mutmaßliche Mitglieder des Terrornetzwerks El Kaida machen. Einwohner berichten, dass die militärischen Aktivitäten in den vergangenen Tagen zugenommen hätten und auch "ausländische Truppen" - also amerikanische - gesehen worden seien. Die pakistanischen Streitkräfte sprechen von einer "Routine-Übung" in der Region,die 250 Kilometer südwestlich von Islamabad liegt.

An der pakistanisch-afghanischen Grenze ist es am 7. September erneut zu einem Feuergefecht gekommen. Nach pakistanischen Medienberichten beschossen Unbekannte von afghanischem Gebiet aus einen Grenzposten mit Granaten. Pakistanische Soldaten hätten das Feuer erwidert, hieß es. Über Opfer wurde nichts bekannt.

Begleitet von Demonstrationen ist Ariel Scharon am 9. September als erster israelischer Ministerpräsident in Indien empfangen worden. Der indische Regierungschef Atal Bihari Vajpayee sprach von einem historischen Besuch, der die beiden Staaten enger zusammenbringen solle. Scharon bezeichnete Indien als "eines der wichtigsten Länder der Welt". In Neu-Delhi demonstrierten mehrere hundert Menschen gegen Scharon. Zu dem Protestmarsch aufgerufen hatten muslimische Organisationen und Geistliche.
Pakistan warnte vor einem militärischen Bündnis zwischen Indien und Israel. Eine solche Allianz sei gefährlich und müsse "unter allen Umständen vermieden werden", sagte ein Sprecher des pakistanischen Außenministeriums am 9. September. Im Mittelpunkt der Gespräche zwischen Scharon und Vajpayee und anderen führenden indischen Politikern sollten Handelsfragen stehen. Unter anderem sollte ein Geschäft über die Lieferung eines hochmodernen israelischen Radarsystems besiegelt werden. Es wurde erwartet, dass darüber hinaus die Lage im Nahen Osten sowie die Bedrohung durch islamische Extremisten zur Sprache kommt.
Nach den verheerenden Anschlägen in Israel brach Ministerpräsident Ariel Scharon seinen Besuch in Indien am 10. September ab. Das bestätigte ein Sprecher der israelischen Botschaft in Neu Delhi. Scharon wollte eigentlich bis einschließlich 11. September bleiben und noch die indische Finanzmetropole Bombay besuchen.

Indische Soldaten haben im indischen Teil Kaschmirs sechs mutmaßliche muslimische Extremisten getötet, wie die Polizei am 10. September mitteilte. Den Angaben zufolge gelangten rund ein Dutzend Rebellen während eines nächtlichen Feuergefechts mit pakistanischen Truppen über die Grenze. Sie seien am Morgen in der Gegend von Balnoi, rund 200 Kilometer nordwestlich von Jammu, aufgegriffen worden. Die Gefechte dauerten noch am Tage an, hieß es.

Bei einem Granaten-Anschlag mutmaßlicher Moslem-Separatisten auf einen Markt in Srinagar im indischen Teil von Kaschmir sind am 11. September nach Angaben der Polizei und von Augenzeugen mindestens zehn Personen verletzt worden. Die Granate habe offenbar einer indischen Patrouille gegolten. Sie habe aber ihr Ziel verfehlt und sei auf einer Straße explodiert, wo durch die Splitter neun Zivilisten und ein Grenzwächter verletzt worden seien.

Indische Polizisten haben am 12. September nach eigenen Angaben den mutmaßlichen Drahtzieher der Anschläge von Bombay getötet, bei denen vor drei Wochen mehr als 50 Menschen ums Leben kamen (siehe weiter oben: 25. August). Der Verdächtige und ein weiterer Mann seien während eines Feuergefechts in der Innenstadt von Bombay erschossen worden, teilte Polizeisprecher Ranjit Sharma mit. Der Polizeisprecher bezeichnete den Toten namens Nasir als "das Gehirn hinter den Anschlägen vom 25. August". Er war den Angaben zufolge der Gründer einer islamischen Gruppe, die für verschiedene Anschläge in Bombay verantwortlich gemacht wird.

Bei einem Anschlag militanter Islamisten im indischen Teil Kaschmirs sind am 13. September vier indische Soldaten getötet worden. Mindestens drei weitere Soldaten seien bei dem Angriff auf ein Militärlager in der Region Nowgam, 100 Kilometer nördlich der Sommerhauptstadt Srinagar, verletzt worden, teilte ein Polizeisprecher mit.

Ein ehemaliger Rebellenführer, der später als Abgeordneter auf der Seite der Regierung gegen die Separatisten kämpfte, fiel am 13. September einem Attentat zum Opfer. Mit ihm kamen vier weitere Personen ums Leben, 20 wurden verletzt. Der frühere Rebellenführer Kuka Parrey wurde in seinem Heimatort Hajin nordöstlich von Srinagar auf dem Heimweg von einem Cricketspiel mit Granaten angegriffen. Zu dem Anschlag bekannte sich die Separatistengruppe Jaish-e-Mohammad. Der neue Führer der Organisation, Sehrai Baba, kündigte in einem Interview des Fernsehsenders Zee News am 14. September weitere Anschläge an, um den Tod seines Vorgängers zu rächen. Dieser war Ende August in einem Feuergefecht mit Soldaten ums Leben gekommen. Kuka Parrey sei das erste Ziel gewesen, sagte Baba. Weitere Personen, die sich der Unabhängigkeit Kaschmirs von Indien widersetzten, würden ebenfalls ins Visier genommen.
An einer dicht befahrenen Bundesstraße bei Bijbehara, 50 Kilometer südlich von Srinagar, explodierte am 13. September ein Sprengsatz. Drei Personen kamen ums Leben und elf weitere wurden verletzt, wie die Polizei mitteilte.
Im pakistanischen Teil Kaschmirs wurden am 14. September laut Polizeiangaben nahe der Waffenstillstandslinie mindestens zwei Dorfbewohner von Schüssen indischer Soldaten getötet. Mehrere Menschen seien bei den Schusswechseln zwischen Truppen beider Seiten verletzt worden.

15. bis 30. September

Ein indisches Gericht hat am 19. September Vizeministerpräsident Lal Krishna Advani im Zusammenhang mit der Zerstörung der Moschee von Ayodhya vor elf Jahren vom Vorwurf der Hetze freigesprochen. Der zweite Vorsitzende der regierenden Hindu-Partei BJP war angeklagt, militante Hindus zu dem Übergriff auf das muslimische Gotteshaus angestachelt zu haben. Nach der Zerstörung der gut 400 Jahre alten Babri-Moschee im Dezember 1992 kam es zu Unruhen zwischen Hindus und Muslimen, die rund 2.000 Menschen das Leben kosteten. Das Gericht in Rae Bareli im nordindischen Unionsstaat Uttar Pradesh entschied zugleich, dass sich sieben weitere Regierungsmitglieder und -beamte wegen des Vorfalls verantworten müssen. Einer von ihnen, Entwicklungsminister Murli Manohar Joshi, reichte daraufhin seinen Rücktritt ein. Ministerpräsident Atal Bihari Vajpayee nahm das Demissionsgesuch zunächst jedoch nicht an. Militante Hindus machen geltend, die Babri-Moschee sei über der Geburtsstätte des Hindu-Gottes Rama errichtet worden. Muslime halten entgegen, dass es dafür keine Beweise gebe.

In der pakistanischen Hafenstadt Karachi ist ein Gebäude mit den Büros ausländischer Firmen am 19. September von einer Explosion erschüttert worden. Die obersten Stockwerke stünden in Flammen, teilten Polizei und Augenzeugen mit. Angaben über Opfer lagen zunächst nicht vor.

Bei einem Sprengstoffanschlag auf einem belebten Markt im indischen Teil Kaschmirs sind am 21. September drei Menschen getötet worden. 28 weitere wurden nach Polizeiangaben verletzt. Der Sprengsatz war offenbar in einem Videorekorder verborgen, der in einem Geschäft in der Stadt Rajauri zur Reparatur abgegeben worden war, wie ein Polizeisprecher erklärte. Der Ladenbesitzer, sein Gehilfe und eine weitere Person wurden von der Explosion getötet.

Die pakistanischen Behörden haben bei einer Razzia in Karachi Medienberichten zufolge einen Bruder des mutmaßliche Extremistenführers Hambali gefasst. Laut den Berichten vom 22. September handelt es sich bei einem der 15 am Wochenende in der südpakistanischen Metropole festgenommenen Terror-Verdächtigen um den jüngeren Bruder Hambalis. Sein Name sei Gun Gun Rusman Gunawan.

Indische Soldaten haben am 23. September im indischen Teil Kaschmirs in einem Gefecht drei mutmaßliche militante Islamisten getötet. Die Soldaten stürmten nach Polizeiangaben ein vermutetes Versteck der Rebellen im Dorf Khor, rund 55 Kilometer nördlich von Srinagar.

Der afghanische Präsident Hamid Karsai hat Pakistan aufgefordert, grenzüberschreitende Angriffe von Extremisten zu verhindern. Extremisten dürften pakistanisches Territorium nicht länger als Basis für ihre Angriffe auf Afghanistan nutzen, sagte Karsai am 23. September vor der UN-Vollversammlung in New York. "Terrorismus bedeutet ein Risiko für die Regierungen der Region", und so lange er andauere, seien "weder Afghanistan, noch seine Nachbarn und auch nicht der Rest der Welt in Sicherheit". Laut der Regierung in Kabul finden El-Kaida-Kämpfer und Taliban in der pakistanischen Grenzregion Zuflucht und Unterstützung für Attacken auf Afghanistan.

Der pakistanische Präsident Pervez Musharraf hat am 24.September eine islamische Friedenstruppe für Irak gefordert, die von den UN oder einer internationalen islamischen Organisation autorisiert werden sollte. In seinem Land würden die US-Soldaten in Irak als Besatzungsmacht angesehen, sagte Musharraf in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AP in New York. Truppen aus überwiegend muslimischen Nationen würden den US-geführten Koalitionsstreitkräften mehr Legitimität geben.

Die indische Polizei hat im Bahnhof der Stadt Orai im Bundesstaat Uttar Pradesh 300 Kilogramm Sprengstoff und Zündmechanismen sichergestellt. Ein Mann habe die Taschen mit dem explosiven Material als Bahnfracht aufgeben wollen, berichtete die Nachrichtenagentur UNI am 27. September. Als er um die Frachtpapiere gebeten worden sei, sei er geflohen.

Der pakistanische Oppositionsführer Nawabzada Nasrullah Khan, einer der entschiedensten Verfechter demokratischer Grundrechte, ist gestorben. Wie sein Sprecher Jamshed Khan am 27. September mitteilte, erlag der 85-Jährige am späten Abend des 26. September einem Herzanfall. Der Verstorbene leitete das Oppositionsbündnis Allianz für die Wiederherstellung der Demokratie, dem auch seine eigene Pakistanische Demokratische Partei angehört. Er hat sich stets gegen eine Beteiligung der Streitkräfte an der Regierung ausgesprochen und hat deshalb unter diversen Militärregierungen mehrere Jahre im Gefängnis verbracht. Khan war auch ein Gegner des derzeitigen Präsidenten Pervez Musharraf, der 1999 mit einem Putsch an die Macht kam, sich vor den Parlamentswahlen 2002 in einem Referendum im Amt des Präsidenten bestätigen ließ und noch immer oberster Stabschef der Streitkräfte ist. (AP-Meldung)

Im pakistanischen Karatschi ist Polizeiangaben zufolge an Bord eines Busses eine Bombe explodiert. Mindestens sieben Menschen seien verletzt worden. Die Explosion ereignete sich am 27. September im Zentrum der Hafenstadt mit 14 Millionen Einwohnern. Augenzeugen berichteten, die Verletzten seien in ein nahe gelegenes Krankenhaus gebracht worden. Ärzten zufolge war ein Verletzter in kritischem Zustand.

Bei einem Schusswechsel mit indischen Soldaten sind nach Militärangaben 15 mutmaßliche muslimische Extremisten getötet worden, die von Pakistan aus in den indischen Teil Kaschmir eingedrungen seien. Die Männer seien in der Nacht zum 29. September nahe Gurez an der Waffenstillstandslinie zwischen dem pakistanischen und dem indischen Teil der Himalaya-Region gestoppt worden, berichtete eine Militärsprecherin. Sie seien Teil einer größeren Gruppe gewesen, über den Aufenthaltsort der anderen sei jedoch nichts bekannt.

Die USA haben nach Angaben der pakistanischen Regierung Waffenlieferungen im Wert von 341 Millionen US-Dollar an Pakistan genehmigt. Das sagte ein Vertreter des Verteidigungsministeriums am 30. September in der pakistanischen Hauptstadt Islamabad. Details zu den Rüstungsgütern nannte er nicht.


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