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Der Diktator knickt ein

In Honduras wackelt das Regime der Putschisten. Internationale Vermittlung beginnt

Von André Scheer *

In Honduras wird mit Spannung auf die heute beginnende Vermittlung durch eine hochrangige Delegation mehrerer Außenminister aus Lateinamerika gewartet. Hinter den Kulissen haben die Verhandlungen zwischen Vertretern der gestürzten Regierung von Manuel Zelaya und den Putschisten aber bereits begonnen. So hat das Regime mit der Aufhebung des Ausnahmezustandes am Montag abend (5. Okt.) eine der wichtigsten Forderungen des rechtmäßigen Präsidenten für die Aufnahme von Verhandlungen erfüllt. Der von den Putschisten als Staatschef eingesetzte Roberto Micheletti schloß außerdem zum ersten Mal eine Rückkehr Zelayas in sein Amt nicht mehr aus, diese dürfe aber erst nach der für den 29.November vorgesehenen Präsidentschaftswahl erfolgen. Zelaya würde dann das Amt noch für einige Wochen übernehmen, um es im Februar 2010 an einen unter Kontrolle der Putschisten »gewählten« Nachfolger zu übergeben.

Micheletti erklärte außerdem, die Verschleppung Zelayas nach Costa Rica sei ein »Fehler« gewesen, die dafür Verantwortlichen - zu denen er sich selbst nicht zählte - müßten dafür entsprechend des Gesetzes bestraft werden. Zelaya war am 28. Juni frühmorgens aus dem Bett gezerrt und noch im Schlafanzug mit einem Flugzeug in das Nachbarland gebracht worden.

Der wichtigste Knackpunkt der Verhandlungen dürfte das Thema sein, das bereits zum Staatsstreich geführt hatte. Die Putschisten wollen mit aller Macht die Einberufung einer verfassunggebenden Versammlung verhindern, durch die eine breitere Beteiligung der Bevölkerung an den politischen Entscheidungen ermöglicht werden soll. Während in dem von Costa Ricas Präsident Óscar Arias vorgelegten und von Zelaya unterstützten Kompromißvorschlag ein Verzicht auf die »Constituyente« als Preis für die Rückkehr des Präsidenten vorgesehen ist, fordern die in der Nationalen Widerstandsfront zusammengeschlossenen Gewerkschaften und Organisationen in einer am Montag verbreiteten Erklärung nicht nur die bedingungslose Wiedereinsetzung Zelayas in sein Amt, sondern auch die Einberufung der verfassunggebenden Versammlung.

* Aus: junge Welt, 7. Oktober 2009

Indigene für Zelaya

Eine Gruppe des Indio-Volkes der Lenca ist am Dienstag (6. Okt.) in die guatemaltekische Botschaft in Honduras eingedrungen, um dort Asyl zu suchen.
Die zwölf Lenca wollen, wie die Medien in Honduras am Abend berichteten, mit der Aktion für die Rückkehr des gestürzten Präsidenten Manuel Zelaya in das Präsidentenamt demonstrieren. Einer der Demonstranten ist Salvador Zuñiga, der Häuptling aller Lenca, des größten Indio-Stammes in Honduras. Er sagte, sein Volk, das dem Widerstand angehöre, werde von der Übergangsregierung unterdrückt.
Quelle: Berliner Zeitung (online), 7. Oktober 2009




Viel Besuch in Honduras

Nach Aufhebung des Ausnahmezustandes: Widerstand an Verhandlungen beteiligt. Kritische Sender weiter abgeschaltet

Von Kerstin Sack **


Tegucigalpa. Am gestrigen Dienstag (Ortszeit) besuchten drei Europaabgeordnete den Präsidenten von Honduras, Manuel Zelaya, in der brasilianischen Botschaft in Tegucigalpa. Sie erklärten, dass sie die Wiedereinsetzung Zelayas unterstützen. Währenddessen besuchten Abgeordnete der Republikaner aus den USA den Putschistenführer Micheletti, der nach dem Staatsstreich zum Präsident gekürt wurde. Sie sicherten den Putschisten Unterstützung zu. Mittlerweile hat Micheletti zugegeben, dass es einen Putsch gegeben hat, er aber dafür nicht verantwortlich sei.

Die Internationale Presse berichtet erleichtert über die Zurücknahme des Dekrets, das die Menschenrechte eingeschränkt hatte. Laut Micheletti soll es ab nächster Woche außer Kraft gesetzt sein. Das Militär ist unterdessen weiter präsent und umzingelt auch weiterhin die brasilianische Botschaft. Eine Demonstration, die zur Botschaft wollte, wurde vom Militär verdrängt, wie der lateinamerikanische Nachrichtensender Telesur berichtet. Die Medien Radio Globo und Canal 36, die im Rahmen des Ausnahmezustands geschlossen wurden, können immer noch nicht senden. Auch der Versuch von Radio Globo, sein Signal über das Internet zu verbreiten, wird behindert. Immer wieder haben sie mit technischen Problemen zu kämpfen.

Mittlerweile steigt die Zahl der Toten weiter. Die 17. Tote wurde beerdigt. Sie starb an den Folgen eines Tränengaseinsatzes. Bei der Botschaft Guatemalas in Tegucigalpa haben 12 Indigenas um politisches Asyl gebeten. Sie gaben an, von Militärs mit dem Tod bedroht worden zu sein.

Am heutigen Mittwoch (7. Okt.) wird eine Delegation der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) erwartet, die zur Lösung des Konfliktes beitragen soll. Die acht Delegierten legen den Arias-Plan zugrunde, der eine Wiedereinsetzung Zelayas in das Präsidentenamt vorsieht. Zelaya hat acht Mitglieder für die Verhandlungen benannt, unter anderem Mitglieder der Regierung sowie Vertreter der Widerstandsbewegung. Zelaya äußerte in Telesur Zweifel daran, dass die Verhandlungen tatsächlich zu Ergebnissen führen würden. Micheletti wolle nur Zeit gewinnen.

** Aus: Portal Amerika21, 7. Oktober 2009; www.amerika21.de


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