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Zelaya baut Volksarmee auf

Honduras' Präsident arbeitet in Nicaragua weiter an seiner Rückkehr

Von Falk Diederich und Sonja Lüddecke, Las Manos *

Der ins Exil getriebene honduranische Präsident Manuel Zelaya lässt nicht locker: Für eine baldige Rückkehr in seine Heimat will Zelaya eine »friedliche Volksarmee« aufstellen.

Von einer Regierung der nationalen Versöhnung ist in Honduras nach wie vor nichts zu sehen. So lautete der Vorschlag von Oscar Arias, Präsident von Costa Rica und internationaler Vermittler für Honduras, im »Abkommen von San José«. Am Mittwoch bat er bei einem Treffen der Präsidenten der Region im Badeort Tamarindo an der costaricanischen Pazifikküste erneut die Konfliktparteien, den gestürzten Staatschef Manuel Zelaya und den Chef der Putschisten, Roberto Micheletti, seinen Plan zur Beilegung der Krise anzunehmen. Ohne Erfolg. Zelaya erklärte den Plan und die gesamte Vermittlungsaktion von Arias für gescheitert. Micheletti lässt die einzelnen Punkte des Vermittlungsvorschlags zwar angeblich vom Parlament prüfen, doch hatte er immer erklärt, eine Rückkehr Zelayas ins Präsidentenamt – und sei es nur zeitweilig – sei nicht akzeptabel. Zelaya selbst müsste dem Vorschlag zufolge auf eine Verfassungsänderung und damit auf die Möglichkeit einer Wiederwahl verzichten.

Stattdessen kündigte der Präsident am Mittwoch (29. Juli) in der nicaraguanischen Stadt Ocotal an, am Donnerstag (30. Jli) beginne mit der Ausbildung von getreuen Gefolgsleuten der Aufbau einer »friedlichen Volksarmee, die Honduras zur Verteidigung seiner Rechte braucht«. Die Ausbildung soll demnach auf Bauernhöfen in der Umgebung von Ocotal stattfinden. Mit dieser Truppe von Getreuen will Zelaya erneut versuchen, in sein Heimatland zurückzukehren.

Der Konflikt in Honduras hat sich längst auf die Grenzregion seineS südlichen Nachbarlands Nicaragua ausgewirkt. Während in Honduras Demonstrationen von Zelaya-Anhängern gewaltsam aufgelöst, Menschen gezielt ermordet, die Medien kontrolliert oder geschlossen und Ausgangssperren verhängt werden, kommen Hunderte Honduraner über die grüne Grenze illegal nach Nicaragua. Die einen aus Angst vor Repression oder dem Tod, andere als Gefolge von Zelaya, den sie auch »Mel« nennen, die Dritten als Teil der sozialen Bewegung, die sich an der Grenze versammelt, um diese zu blockieren und zu demonstrieren.

Am Dienstag (28. Juli) allerdings fand sich zusätzlich eine vierte Gruppe auf der Straße zwischen Estelí und Ocotál (jenem Ort, an dem Zelaya derzeit im Hotel »Las Fronteras« untergekommen ist) ein. Rot-schwarze Fahnen schwenkend, blockierten Anhänger der nicaraguanischen FSLN die Panamericana, um ihren parteipolitischen Gegner Eduardo Montealegre von den Liberalen durch platte Reifen an der Weiterfahrt zu hindern. Montealagre war auf dem Weg zu Zelaya, um ihn aufzufordern, Nicaragua zu verlassen. An Zelaya liegt das nicht, er würde liebend gerne in sein Land und in sein Amt zurückkehren. In Sicht ist das jedoch nicht.

Im Gegenteil: Die Bewegung verläuft von Honduras nach Nicaragua. Jede Behausung wird derzeit für die ankommenden Flüchtlinge gebraucht. »Die Menschen müssen Fußmärsche von acht bis zwölf Stunden auf sich nehmen, um die Kontrollen des honduranischen Militärs zu umgehen. Wenn sie hier ankommen, sind sie sehr erschöpft, und viele haben Verletzungen von den schlechten Wegen«, berichtet Gladys, Kooperativenmitglied der nicaraguanischen Frauenorganisation Fundación entre Mujeres (FEM), deren Finca unmittelbar an der Grenze liegt. »Gestern Nacht kam eine Gruppe alter Frauen über den Grenzort La Laguna. Das tut weh zu sehen, wie diese Menschen leiden müssen.«

Das honduranische Militär hatte ein generelles Ausreiseverbot verhängt, so dass niemand legal die Grenze passieren konnte. Alle, die es trotzdem geschafft haben, halten sich illegal in Nicaragua auf. Hector Zelaya, Chef der nicaraguanischen Nationalpolizei in der Kreisstadt Ocotál, schätzt, dass sich derzeit etwa 800 Honduraner in seinem Kreis aufhalten, die aber von der Polizei in Ruhe gelassen werden. Offensichtlich wartet auch er auf die Ankunft eines Teams des UNO-Flüchtlingskommissariats, das die Lage im Grenzgebiet einschätzen und Auffanglager außerhalb der Stadt einrichten soll. Bis Donnerstag war aber selbst das Rote Kreuz nicht darüber unterrichtet, wann mit dem Team zu rechnen sei. Welchen Status die Flüchtlinge letztendlich bekommen werden und ob ihnen allen ein Aufenthalt in Nicaragua gewährt wird, bleibt abzuwarten. Die nicaraguanische Regierung äußerte sich bis dato nicht dazu.

* Aus: Neues Deutschland, 31. Juli 2009


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