Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Berlin akzeptiert Putschwahlen in Honduras

Europäischer Rat tendiert zu Anerkennung des neuen Präsidenten Lobo Lateinamerikas "Schwergewichte" tun dies nicht

Von Harald Neuber *

Der Europäische Rat sieht in der Abstimmung in Honduras am vergangenen Sonntag (29. Nov.) einen Schritt zur Lösung der tiefen politischen Krise des Landes. Die Bundesregierung will offenbar Elvin Lobo als künftigen Präsidenten anerkennen, während auf dem Iberoamerika-Gipfel unterschiedliche Positionen deutlich wurden.

Innerhalb der Europäischen Union zeichnet sich eine Anerkennung der Wahlen unter dem Putschregime in Honduras ab. Das geht aus einer Erklärung des Europäischen Rates hervor, die am Dienstagnachmittag (1. Dez.) im Internet veröffentlicht wurde. In dem Dokument bekräftigt die EU zwar die Verurteilung des Staatsstreiches gegen den letzten demokratisch gewählten Präsidenten des mittelamerikanischen Landes, Manuel Zelaya. Auch erkennt Brüssel an, dass die Präsidentschafts-, Parlaments- und Kommunalwahlen in Honduras unter »anormalen Umständen« stattgefunden haben. Dennoch heißt es in der Erklärung weiter, dass die international umstrittene Abstimmung »ein wichtiger Schritt hin zur Lösung der Krise« sei.

Der gleichen Argumentation scheint die deutsche Regierung zu folgen. Auf Antrag der Linkspartei- Abgeordneten Heike Hänsel wurde das Thema Honduras am Mittwoch (2. Dez.) im Bundestag auf die Tagesordnung gesetzt, nachdem Nichtregierungsorganisationen und Menschenrechtsgruppen vehement eine Nichtanerkennung der Wahlen durch die Bundesregierung gefordert hatten. So erklärte die Menschenrechtsorganisation FIAN, die Abstimmung habe »in Angst und Schrecken« stattgefunden. Dieser Haltung schloss sich die Antragstellerin an. Es wundere sie, so Hänsel, dass die Bundesregierung keine eindeutige Stellung zu den Wahlen einnehme. Zugleich erinnerte sie daran, dass den Wahlen der Bruch eines Abkommens zwischen der Regierung und den Putschisten vorausgegangen war. Beide Seiten hatten sich Ende Oktober zunächst darauf geeinigt, Präsident Zelaya vor der Abstimmung wieder einzusetzen. Die Vereinbarung wurde von den Putschisten jedoch umgehend gebrochen. Werner Hoyer, Staatssekretär im Auswärtigen Amt, ging auf diese Probleme am Mittwoch im Bundestag nicht weiter ein. Nach Auskunft des Linksabgeordneten Stefan Liebich hatte ein hochrangiger Vertreter der Bundesregierung die Honduras-Wahl gegenüber dem Auswärtigen Ausschuss zuvor schon als »fair und frei« bezeichnet. Eben diese Terminologie hatten die Putschisten und auch ein Vertreter der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung, Harald Klein, am Sonntag gewählt.

Gegenüber dem Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung erklärte die Bundesregierung, es gehe in Honduras nun darum, eine Perspektive für ein Ende des Konfliktes aufzuzeigen. Diese Einschätzung teilte in der folgenden Fragestunde im Bundestag auch Staatssekretär Hoyer (FDP), ein erklärter Kritiker Zelayas.

Die von den Putschisten in Honduras ausgerichteten Wahlen waren auch Thema auf dem Iberoamerikanischen Gipfel, der am Dienstag in Portugal zu Ende ging. Entgegen den Planungen konnten sich die Länderdelegationen jedoch nicht auf eine gemeinsame Erklärung einigen. Nach Darstellung der mexikanischen Tageszeitung »La Jornada« kam es im Verlauf der Debatte zu einer heftigen Auseinandersetzung zwischen rechtsgerichteten Staaten unter Führung Costa Ricas und Kolumbiens, die für eine Anerkennung der Wahlen in Honduras plädierten, und den Gegnern eines solchen Schrittes, darunter die »Schwergewichte« Brasilien und Argentinien. Mexiko und Spanien bezogen keine klare Position.

Ursprünglich sollten die iberischen und lateinamerikanischen Staaten einen gemeinsamen Standpunkt erarbeiten.

* Aus: Neues Deutschland, 3. Dezember 2009


Zurück zur Honduras-Seite

Zur Seite "Deutsche Außenpolitik"

Zurück zur Homepage