Berlin akzeptiert Putschwahlen in Honduras
Europäischer Rat tendiert zu Anerkennung des neuen Präsidenten Lobo Lateinamerikas "Schwergewichte" tun dies nicht
Von Harald Neuber *
Der Europäische Rat sieht in der Abstimmung in Honduras am vergangenen Sonntag (29. Nov.) einen Schritt
zur Lösung der tiefen politischen Krise des Landes. Die Bundesregierung will offenbar Elvin Lobo als
künftigen Präsidenten anerkennen, während auf dem Iberoamerika-Gipfel unterschiedliche
Positionen deutlich wurden.
Innerhalb der Europäischen Union zeichnet sich eine Anerkennung der Wahlen unter dem
Putschregime in Honduras ab. Das geht aus einer Erklärung des Europäischen Rates hervor, die am
Dienstagnachmittag (1. Dez.) im Internet veröffentlicht wurde. In dem Dokument bekräftigt die EU zwar die
Verurteilung des Staatsstreiches gegen den letzten demokratisch gewählten Präsidenten des
mittelamerikanischen Landes, Manuel Zelaya. Auch erkennt Brüssel an, dass die Präsidentschafts-,
Parlaments- und Kommunalwahlen in Honduras unter »anormalen Umständen« stattgefunden
haben. Dennoch heißt es in der Erklärung weiter, dass die international umstrittene Abstimmung
»ein wichtiger Schritt hin zur Lösung der Krise« sei.
Der gleichen Argumentation scheint die deutsche Regierung zu folgen. Auf Antrag der Linkspartei-
Abgeordneten Heike Hänsel wurde das Thema Honduras am Mittwoch (2. Dez.) im Bundestag auf die
Tagesordnung gesetzt, nachdem Nichtregierungsorganisationen und Menschenrechtsgruppen
vehement eine Nichtanerkennung der Wahlen durch die Bundesregierung gefordert hatten. So
erklärte die Menschenrechtsorganisation FIAN, die Abstimmung habe »in Angst und Schrecken«
stattgefunden. Dieser Haltung schloss sich die Antragstellerin an. Es wundere sie, so Hänsel, dass
die Bundesregierung keine eindeutige Stellung zu den Wahlen einnehme. Zugleich erinnerte sie
daran, dass den Wahlen der Bruch eines Abkommens zwischen der Regierung und den Putschisten
vorausgegangen war. Beide Seiten hatten sich Ende Oktober zunächst darauf geeinigt, Präsident
Zelaya vor der Abstimmung wieder einzusetzen. Die Vereinbarung wurde von den Putschisten
jedoch umgehend gebrochen. Werner Hoyer, Staatssekretär im Auswärtigen Amt, ging auf diese
Probleme am Mittwoch im Bundestag nicht weiter ein. Nach Auskunft des Linksabgeordneten Stefan
Liebich hatte ein hochrangiger Vertreter der Bundesregierung die Honduras-Wahl gegenüber dem
Auswärtigen Ausschuss zuvor schon als »fair und frei« bezeichnet. Eben diese Terminologie hatten
die Putschisten und auch ein Vertreter der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung, Harald Klein, am
Sonntag gewählt.
Gegenüber dem Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung erklärte die
Bundesregierung, es gehe in Honduras nun darum, eine Perspektive für ein Ende des Konfliktes
aufzuzeigen. Diese Einschätzung teilte in der folgenden Fragestunde im Bundestag auch
Staatssekretär Hoyer (FDP), ein erklärter Kritiker Zelayas.
Die von den Putschisten in Honduras ausgerichteten Wahlen waren auch Thema auf dem
Iberoamerikanischen Gipfel, der am Dienstag in Portugal zu Ende ging. Entgegen den Planungen
konnten sich die Länderdelegationen jedoch nicht auf eine gemeinsame Erklärung einigen. Nach
Darstellung der mexikanischen Tageszeitung »La Jornada« kam es im Verlauf der Debatte zu einer
heftigen Auseinandersetzung zwischen rechtsgerichteten Staaten unter Führung Costa Ricas und
Kolumbiens, die für eine Anerkennung der Wahlen in Honduras plädierten, und den Gegnern eines
solchen Schrittes, darunter die »Schwergewichte« Brasilien und Argentinien. Mexiko und Spanien
bezogen keine klare Position.
Ursprünglich sollten die iberischen und lateinamerikanischen Staaten einen gemeinsamen
Standpunkt erarbeiten.
* Aus: Neues Deutschland, 3. Dezember 2009
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