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Unasur: Hilfe zur Selbsthilfe für Haiti

Staatenbündnis beschließt 300 Millionen US-Dollar Unterstützung. Achtung nationaler Souveränität gefordert

Von Johannes Schulten *

Eine neue »Süd-Süd-Kooperation« mit Haiti forderten die zwölf Mitgliedsstaaten der Union Südamerikanischer Nationen (Unasur) am Dienstag (9. Februar) bei ihrem außerordentlichen Gipfel in der ecuadorianischen Hauptstadt Quito. Insgesamt 300 Millionen US-Dollar (etwa 217 Millionen Euro) will das Integrationsbündnis dem Karibikstaat für die Bewältigung der Erdbebenkatastrophe vom 12. Januar zur Verfügung stellen.

Der vereinbarte Hilfsfonds sieht zunächst Direktzahlungen in Höhe von 100 Millionen US-Dollar (etwa 72Millionen Euro) vor. Weitere 200 Millionen US-Dollar (etwa 145 Millionen Euro), die durch einen Langzeitkredit der Unasur-Staaten bei der Interamerikanischen Entwicklungsbank (IDB) mobilisiert werden, sollen später hinzukommen.

Die Präsidenten von Ecuador, Rafael Correa, Peru, Alan García, Kolumbien, Álvaro Uribe und Paraguay, Fernando Lugo, sowie Delegationen der übrigen Mitgliedsstaaten stellten zudem klar, daß alle Hilfe in Zusammenarbeit mit der Regierung von Haiti erfolgen werde. Damit distanzierten sie sich von dem »Krisenmanagement« westlicher Staaten. Gastgeber Rafael Correa fand in seiner Eröffnungsrede wenig Lob für die »Nord-Süd-Kooperation«, die die lokale Regierung vollkommen außer acht lasse. Er kündigte eine »neue Form der Süd-Süd-Kooperation« an, welche die nationale Souveränität Hatitis respektiere und sich nicht in die inneren Angelegenheiten des Landes einmische.

Der bolivianische Vizepräsident Àlvaro García Linera verurteilte in seiner Ansprache die massive Präsenz US-amerikanischen Militärs auf der Karibikinsel als »unnötig und gefährlich«. »Das große Problem von Haiti« bestehe darin, so García Linera weiter, daß die »staatlichen Strukturen« nahezu zusammengebrochen seien. Alle dort tätigen Länder und Nichtregierungsorganisationen könnten praktisch ohne Kontrolle agieren. Die Unasur-Staaten müßten dafür sorgen, die noch vorhandenen staatlichen Institutionen in die Hilfsmaßnahmen einzubeziehen, um so auch zu ihrem Wiederaufbau beizutragen.

Das dreizehn Punkte umfassende Abschlußdokument sieht daher eine gleichberechtigte Zusammenarbeit zwischen der Unasur und den haitianischen Behörden vor, die sich auf die Bereiche Infrastruktur und Verkehrswesen, Landwirtschaft und Gesundheit konzentrieren soll. Zudem wollen die südamerikanischen Staaten die Aufnahme von Flüchtlingen aus Haiti erleichtern.

Haitis Präsident René Preval, der als Gast teilnahm, zeigte sich mit den »greifbaren Ergebnissen« des Abkommens »überaus zufrieden«. Während des Gipfels hatte er zusätzliche Soforthilfen gefordert. Die Unterstützung sei zwar gut, so Preval, »aber wenn ich nach Haiti zurückkomme, werden dort eine Million Leute warten, die keine Zelte haben, um den Winter zu überstehen«.

* Aus: junge Welt, 11. Februar 2010


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