Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Chronik 2006

Haiti: Wichtige Ereignisse

Januar
  • UN-Soldaten haben den haitianischen Präsidentschaftskandidaten Dany Toussaint wegen illegalen Waffenbesitzes festgenommen. Der Politiker sei am 2. Jan. an einem Kontrollposten in Cap Haitien festgehalten worden und erst nach einigen Stunden wieder freigelassen worden, sagte ein Sprecher der UN-Mission. Der Chef der Partei Haitianische Bewegung für Demokratie und Reformen habe zwei Gewehre bei sich gehabt, für die er keine Genehmigung besitze. Toussaint gehört zu den 34 Kandidaten der geplanten Präsidentschaftswahl in Haiti, die von der Regierung wegen der instabilen Lage am Wochende bereits zum vierten Mal verschoben worden ist. Als neuer Termin ist zurzeit der 7. Februar im Gespräch.
  • Nach wenigen Stunden in Polizeigewahrsam ist der haitianische Präsidentschaftskandidat Dany Toussaint am 3. Jan. wieder freigelassen worden. Das sagte sein Sprecher in der Hauptstadt Port-au-Prince.
  • Mehrere Kandidaten für die Parlamentswahlen in Haiti wollen ihre Kampagne nach Informationen der Vereinten Nationen mit Lösegeldern aus Geiselnahmen finanzieren. Die auffällige Entführungsserie im Dezember stehe vermutlich mit dem Wahlkampf für den bereits mehrfach verschobenen Urnengang in Zusammenhang, sagte der UN-Sondergesandte in Haiti, Juan Gabriel Valdes, am 5. Jan. der chilenischen Zeitung "La Segunda". Die UNO und die haitianische Interimsregierung würden es nicht zulassen, dass "Drogenhändler oder politische Gruppen" Geiseln zur Einflussnahme auf den Wahlprozess missbrauchten. In einigen Entführungsfällen seien Lösegelder in Höhe von einer halben Million Dollar (413.000 Euro) gefordert worden; nach Verhandlungen seien schließlich nur 5.000 Dollar gezahlt worden, sagte Valdes.
  • Der UN-Sicherheitsrat hat die Übergangsregierung in Haiti aufgefordert, im Februar die erste Runde der bereits mehrfach verschobenen Parlamentswahl abzuhalten. Der erste Wahlgang sollte spätestens am 7. Februar stattfinden, hieß es in der Erklärung, die vom derzeitigen Präsidenten des Sicherheitsrates, dem UN-Botschafter Tansanias, Augustine Mahiga, nach einer Sondersitzung am 6. Jan. in New York verlesen wurde. Die Regierung in Port-au-Prince solle dazu rasch einen Zeitplan vorlegen. Die Abhaltung von Wahlen sei ein "grundlegender Schritt zur Wiederherstellung der Demokratie", erklärte das UN-Gremium.
  • Der Kommandeur der UN-Schutztruppe in Haiti, der Brasilianer Urano Teixeira Da Matta Bacellar, ist am 7. Jan. tot in seinem Zimmer aufgefunden worden. Das sagte ein Mitarbeiter der UN-Mission in der Hauptstadt Port-au-Prince der Nachrichtenagentur AFP.
    Ein Armeevertreter in Port-au-Prince, der anonym bleiben wollte, sagte, Bacellar habe sich eine Kugel in den Mund geschossen. Ein Sprecher von UN-Generalsekretär Kofi Annan erklärte, die Ermittlungen liefen auf Hochtouren. Annan sei "schockiert und traurig". Bacellar habe seinem Land "ehrenhaft und vornehm" gedient. Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva äußerte "tiefe Trauer" um den 58-jährigen General, der sein Amt in Haiti erst am 31. August vergangenen Jahres angetreten hatte. (Siehe: "Tod eines Generals".)
  • Der Kommandeur der UN-Schutztruppe in Haiti, der Brasilianer Urano Teixeira Da Matta Bacellar, hat Selbstmord begangen. Das sei das Ergebnis der offiziellen Untersuchung, sagte ein Sprecher der UNO am 12. Jan. in New York. Bacellar war am Samstagmorgen in seinem Hotelzimmer in der haitianischen Hauptstadt Port-au-Prince mit einer Schussverletzung am Kopf tot aufgefunden worden. Die UN-Truppe stand wegen der jüngsten Zunahme der Gewalttaten in dem krisengeschüttelten Karibikstaat in der Kritik.
  • Die Hollywoodstars Brad Pitt und Angelina Jolie sind in humanitärer Mission nach Haiti gereist. Das Paar hielt sich am 13. Jan. auf Einladung des haitianischen Rap-Musikers Wyclef Jean für ein paar Stunden in Port-au-Prince auf, um für das Projekt "Saubere Straßen" zu werben. Jean hatte die Stars über seine Stiftung Yéle Haiti eingeladen, die sich für junge Haitianer einsetzt. Das Hilfsprogramm "Saubere Straßen" soll die hygienischen Verhältnisse in den besonders armen Vierteln der haitianischen Hauptstadt verbessern. Finanziell unterstützt wird das Projekt von der staatlichen US-Entwicklungshilfeagentur USAID. Jolie, die sich für das Kinderhilfswerk UNICEF engagiert, dreht in der Dominikanischen Republik derzeit gemeinsam mit US-Star Matt Damon den Film "The Good Shepherd" (Der gute Hirte). Regie führt Robert de Niro. Jolie hat bereits zwei Kinder adoptiert: den vierjährigen Maddox aus Kambodscha und die ein Jahr alte Zahara aus Äthiopien.
  • Mehrere lateinamerikanische Staaten haben eine Verstärkung der Stabilisierungstruppe der UN in Haiti gefordert. In einer Krisensitzung der Außen- und Verteidigungsminister Argentiniens, Brasiliens, Perus, Chiles, Uruguays, Guatemalas und Ecuadors am 16. Jan. in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires sprachen sich die Teilnehmer zugleich für eine Verlängerung des Mandates der UN-Mission in Haiti aus. Sie besteht inzwischen aus rund 10 000 Soldaten, Polizisten und Zivilisten.
  • Unbekannte Täter haben am 17. Jan. in Haitis Hauptstadt Port-au-Prince zwei jordanische Soldaten der UN-Stabilisierungstruppe erschossen. Wie die UN-Mission (MINUSTAH) in dem krisengeschüttelten Karibikstaat mitteilte, wurde ein dritter jordanischer Soldat bei der Schießerei in der Nähe des Elendsviertels Cité soleil verletzt, das von bewaffneten Banden kontrolliert wird.
    Damit wurden seit Stationierung der Truppe im Juni 2004 insgesamt neun UN-Soldaten getötet.
Februar
  • Vor den bereits mehrmals verschobenen Parlaments- und Präsidentenwahlen in Haiti, die jetzt auf den 7. Februar angesetzt sind, ist einer der Präsidentschaftskandidaten plötzlich verstorben, ein anderer zog seine Bewerbung zurück. Sylvain Jean Jacques, Kandidat der Partei der Arbeiter und Händler für Entwicklung, erlag einem Herzinfarkt, wie seine Familie in Port-au-Prince mitteilte. Frantz Perpignant, Kandidat der Haitianischen Partei der Christdemokraten (PDCH), hat nach Angaben des PDCH-Generalsekretariats seine Kandidatur ohne Angabe von Gründen zurückgezogen. Damit sind noch 32 Kandidaten für das Präsidentenamt, unter ihnen Frau, im Rennen. (Der Standard, 3. Februar 2006)
  • Aus Furcht vor Anschlägen hat der haitianische Präsidentschaftskandidat Rene Preval seinen letzten Wahlkampfauftritt am 4. Februar in der Hauptstadt Port-au-Prince abgesagt. Er habe Drohungen erhalten, sagte Preval gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Zudem sei sein Konvoi schon mehrfach in verschiedenen Regionen des Landes angegriffen worden. Preval war von 1996 bis 2001 haitianischer Staatschef gewesen. Er ist ein Vertrauter des gestürzten Präsidenten Jean Bertrand Aristide und gilt bei der Wahl am 7. Februar als Favorit.
    Rund drei Millionen Haitianer haben sich für die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in die Register eintragen lassen. Zur Abstimmung stehen 32 Präsidentschaftskandidaten und 1.300 Bewerber für die 130 Parlamentsmandate. Es handelt sich um die ersten Wahlen seit dem Sturz von Aristide im Februar 2004. (Der Standard, 4. Februar 2006)
  • Zwei Jahre nach dem Sturz von Präsident Bertrand Aristide haben am 7. Feb. in Haiti die Wahlen für ein neues Staatsoberhaupt begonnen. Rund 3,5 Millionen Menschen sind zudem aufgerufen, ein neues Parlament zu wählen. Nach friedlichem Auftakt wurden nach UN-Angaben mindestens zwei Menschen getötet. Bei Tumulten vor Wahllokalen wurden in Armenvierteln der Hauptstadt Port-au-Prince mehrere Menschen verletzt. Aufgebrachte Wähler protestierten, weil einige Wahllokale zu spät öffneten. Die Wahlen stehen unter dem Schutz von UN-Truppen.
    Wegen mangelnder Sicherheit und organisatorischer Hindernisse war der Wahltermin viermal verschoben worden. 33 Kandidaten bewerben sich um das Präsidentenamt.
  • Einen Tag später lautete die Bilanz: Am 7. Feb. kamen mindestens vier Menschen ums Leben und rund 40 wurden bei Rangeleien verletzt. Ein älterer Wähler erlitt im Gedränge vor einem Wahllokal in der Hauptstadt Port-au-Prince einen tödlichen Herzinfarkt, ein anderer erstickte. In einem Dorf im Süden habe ein Wähler einen Polizisten erschossen, worauf der Täter von einer aufgebrachten Menge gelyncht wurde, berichtete der Radiosender Métropole.
    Die Frankfurter Rundschau schrieb am 8. Feb.: "Unter teils chaotischen Bedingungen, aber weitgehend friedlich haben Haitianer am Dienstag erstmals seit sechs Jahren ein Parlament und einen neuen Präsidenten gewählt."
  • Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) würdigte am 8. Feb. die Wahlen als wichtigen Schritt zur Demokratie. Eine große Mehrheit der Bevölkerung habe teilgenommen, sagte der OAS-Vorsitzende José Miguel Insulza. "Wir werden eine demokratische Regierung haben, für die dieses Land so lange und schwer gekämpft hat", fügte er hinzu.
  • Tausende Anhänger des 63 Jahre alten Préval gingen am 11. Feb. auf die Straßen der Hauptstadt und feierten den Sieg ihres Kandidaten, der die karibische Krisenrepublik bereits zwischen 1996 und 2001 regiert hatte. Offenbar erinnern sich viele Wähler daran, dass in seiner Amtszeit Schulen und Straßen gebaut wurden sowie das Land eine kaum gekannte politische Stabilität erlebte. Er hat sich offiziell von der Aristide-Partei Lavalas losgesagt und trat für ein Bündnis mit Namen "Hoffnung" an. Die Wahlversprechen des studierten Agraringenieurs konzentrierten sich auf Aussöhnung und Investitionen in soziale Projekte.
  • Bei der Präsidentenwahl in Haiti ist wahrscheinlich eine Stichwahl nötig. Nach Stand der Auszählung am 12. Feb. verfehlte Ex-Staatschef René Préval im ersten Wahlgang mit 49,6 Prozent der Stimmen knapp die erforderliche absolute Mehrheit. Das Endergebnis werde bis zum Wochenbeginn vorliegen, kündigte der Leiter der Wahlkommission, Jacques Bernard, an. Die Wahlbeteiligung habe bei 63 Prozent gelegen. Auf dem zweiten Platz lag nach seinen Angaben Expräsident Leslie Manigat mit 11,6 Prozent der Stimmen. So könnte Préval, einstiger Vertrauter des gestürzten Präsidenten Jean-Bertrand Aristide, mit großem Vorsprung in die Stichwahl am 19. März gehen. Auf dem dritten Platz liegt der Unternehmer und einzige weiße Kandidat, Charles Baker. Für ihn stimmten nach bisherigen Ergebnissen 8,1 Prozent.
  • Nach massiven Betrugsvorwürfen und gewaltsamen Straßenprotesten hat die haitianische Übergangsregierung eine Überprüfung der Ergebnisse der Präsidentenwahl vor einer Woche angeordnet. Ex-Staatschef René Préval warf seinen Gegnern Wahlbetrug vor. Ohne diesen Betrug hätte er bereits im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit erhalten, sagte Préval am 14. Feb. "Wir sind überzeugt, dass der Wahlgang durch massiven Betrug und grobe Fehler beeinträchtigt wurde", sagte der 63-jährige Préval in seiner ersten öffentlichen Stellungnahme zum vorläufigen Wahlergebnis. Er kündigte an, die Auszählung anzufechten, sollte das Ergebnis für offiziell erklärt werden.
    Auf einer Müllhalde in Port-au-Prince fanden Arbeiter wenige Stunden nach der Erklärung Prévals hunderte, möglicherweise tausende zum Teil verbrannte Wahlzettel. Viele davon waren Stimmen für Préval. Der Fund führte bis tief in die Nacht zu wütenden Protesten zahlreicher Anhänger des Ex-Präsidenten.
  • Der UN-Sicherheitsrat verabschiedete am 14. Feb. eine Resolution, worin Haiti zu erfolgreich verlaufenen Wahl gratuliert wird und die Fortschritte im politischen Prozess begrüßt werden. Außerdem wird das Mandat der MINUSTAH bis zum 15. August 2006 verlängert. (Hier geht es zum Wortlaut der Resolution 1658 (2006).
  • Gut eine Woche nach der von Manipulationsvorwürfen überschatteten Präsidentschaftswahl in Haiti haben die Behörden den führenden Kandidaten René Préval überraschend zum Sieger erklärt. Der Wahlrat CEP teilte in der Nacht zum 16. Feb. nach Auszählung von 96 Prozent der Wahlzettel mit, Préval habe 51,15 Prozent der Stimmen erhalten. "Die restlichen Voten können ihm nicht mehr die notwendige absolute Mehrheit nehmen", sagt der CEP-Vorsitzende Max Mathurin. (Siehe unseren Bericht: René Préval zum Gewinner der Wahl in Haiti erklärt".)
  • Der zweitplatzierte Kandidat bei der Präsidentschaftswahl in Haiti hat die Ausrufung des früheren Staatschefs René Préval zum Wahlsieger kritisiert. Damit sei die Gewalt belohnt worden, sagte Leslie Manigat am 16. Feb. in Port-au-Prince mit Blick auf Proteste von Anhängern Prévals. Die Entscheidung der Wahlkommission komme der "Durchsetzung" eines Siegers gleich. Die Kommission hatte Préval offiziell zum Wahlsieger erklärt, nachdem in letzter Minute der Auszählmodus geändert worden war. Damit sei ihm die Chance genommen worden, gegen Préval in der Stichwahl anzutreten, sagte Manigat.
  • Unter dem Eindruck von Drohungen ist der Generaldirektor der haitianischen Wahlkommission in die USA geflohen. Jacques Bernard habe Haiti am 19. Feb. mit einer Sondermaschine verlassen, nachdem Unbekannte sein Anwesen in der Nähe der Hauptstadt Port-au-Prince verwüsteten, teilte der Leiter der provisorischen Wahlkommission, Max Mathurin, am 20. Feb. mit. Zuvor habe es Spannungen zwischen Bernard und mindestens zwei Kommissionsmitgliedern gegeben, die dem Generaldirektor fehlende Kooperationsbereitschaft vorgeworfen hätten. Die Wahlkommssion versuche, die Stimmauszählung fortzuführen.
  • Der seit zwei Jahren im Exil lebende frühere haitianische Präsident Jean Bertrand Aristide hat seine baldige Rückkehr nach Haiti angekündigt. Er werde "so bald wie möglich" in den Karibikstaat heimkehren, sagte Aristide am 21. Feb. dem südafrikanischen Radiosender SABC. Ein genaues Datum wolle er nach Absprache mit dem gewählten haitianischen Präsidenten Réné Préval, der UNO und "anderen Ländern" festlegen. Der 52-Jährige schloss eine Rückkehr in die Politik aus: Er wolle "in die Bildung investieren".
  • Der neu gewählte haitianische Präsident René Préval hat keine Einwände gegen eine Rückkehr seines gestürzten Vorgängers Jean Bertrand Aristide. Der Ex-Präsident habe ein Recht auf die Rückkehr in seine Heimat, sagte Préval am 22. Feb. Die Verfassung sei in diesem Punkt eindeutig: Kein Haitianer benötige für die Ein- oder Ausreise ein Visum. Ob Aristide nach einer möglichen Rückkehr wieder in die Politik gehe oder im "Bildungssektor" aktiv werde, wisse er nicht.
März
  • Am 21. April wird ein Parlament gewählt, aus dem eine legitimierte Regierung hervorgehen soll. Dies gab die Übergangsverwaltung am 16. März bekannt. Die Wahl wurde mehrmals verschoben, nachdem es im Zuge der Präsidentschaftswahl am 7. Februar zu Unruhen gekommen war. Diese hatte Rene Preval gewonnen. Er kann jedoch sein Amt erst antreten, wenn das Parlament gewählt ist. Prevals Partei Lespwa gilt als Favoritin, wenngleich Beobachter damit rechnen, dass er eine Koalition wird bilden müssen. Haiti wurde seit der Flucht Aristides im Februar 2004 von einer Übergangsregierung unter Führung von Interimspräsident Boniface Alexandre geleitet.
  • In Haiti stirbt jedes achte Kind noch vor seinem fünften Geburtstag. Die Kindersterblichkeit in dem Karibikstaat ist damit die höchste in der gesamten westlichen Hemisphäre, wie das Kinderhilfswerk UNICEF am 22. März in der haitianischen Hauptstadt Port-au-Prince mitteilte. Ein wichtiger Grund dafür sei, daß nur wenige Kinder gegen Infektionskrankheiten wie Masern geimpft würden. Viele fielen aber auch der Gewalt in den von Banden beherrschten Vororten von Porte-au-Prince zum Opfer.
  • Die haitianische Polizei hat in einem Vorort der Hauptstadt Port-au-Prince einen rätselhaften und makabren Fund gemacht. Auf einem Grundstück neben einem Restaurant wurden 17 menschliche Köpfe entdeckt, wie die Polizei am 25. März mitteilte. Bisher ist unklar, woher die Schädel kommen und wie die Menschen gestorben sind. Die Funde wurden in das Universitäts-Krankenhaus von Port-au-Prince gebracht worden. Auch Soldaten der UN-Friedenstruppe in Haiti (MINUSTAH) helfen bei den Ermittlungen. Die Schädel seien in Plastiktüten eingepackt gewesen. Eine erste Untersuchung habe ergeben, dass die Menschen nicht erschossen worden seien, hieß es. Augenzeugen zufolge hatten Lastwagenfahrer Abfälle mit den Schädeln auf dem Gelände abgeladen.
  • Auf einem Müllabladeplatz von Port-au-Prince sind zehn menschliche Schädel gefunden worden. Erst vor wenigen Tagen hatten Ermittler in der haitianischen Hauptstadt 17 Köpfe auf einer Abfallhalde aufgelesen. Port-au-Prince - Wie haitianische Medien berichteten, lagen die Leichenteile offenbar seit mehreren Tagen auf der Müllhalde des Stadtteils Canapé-Vert im Osten der Hauptstadt. Sie wurden am 27. März in Plastiktüten verpackt in der Nähe einer stark befahrenen Straße entdeckt. Bereits am Wochenende waren in einem anderen Viertel von Port-au-Prince 17 Schädel gefunden worden. Zeugen berichteten, Unbekannte hätten die Leichenteile aus einem fahrenden Auto auf die wilde Müllkippe geworfen.
April
  • Die IMMHE (International Mission for Monitoring Haitian Elections) veröffentlichte am 10. April unter dem Vorsitz des Obersten Wahlleiters von Kanada, Jean-Pierre Kingsley, einen zweiten Bericht zu den Wahlen in Haiti vom 7. Februar 2006. Der Bericht behandelt insbesondere das Verfahren zur Stimmenerfassung und die Übermittlung der Ergebnisse. Die IMMHE betont in ihrem Bericht die hohe Wahlbeteiligung, anhand welcher die haitianische Bevölkerung auf klare und freie Weise ihren Willen bekräftigte, eine demokratische Zukunft für das Land aufzubauen. Hinsichtlich der zweiten Wahlrunde zu den Parlamentswahlen empfiehlt der Bericht eine Reihe von Verbesserungen, die das Verfahren der Stimmenerfassung und die Verwaltung der Wahllokale betreffen.
  • In Haiti findet am 21. April die zweite Runde der Parlamentswahl statt: Rund dreieinhalb Millionen Wähler haben sich eintragen lassen, um an der Wahl der 30 Senatoren und 98 Abgeordneten teilzunehmen. Beim ersten Durchgang Anfang Februar hatte nur ein einziger Kandidat genügend Stimmen bekommen, um eine zweite Wahlrunde zu vermeiden. Seinerzeit wurde auch der frühere Präsident René Préval erneut zum Staatschef gewählt; er muss aber vom Parlament ins Amt eingeführt werden. Die zweite Wahlrunde hätte eigentlich am 19. März stattfinden sollen, war aber wegen organisatorischer Probleme verschoben worden. Zwei Jahre nach dem Sturz und dem Zwangsexil des ehemaligen Präsidenten Jean Bertrand Aristide ist die Lage in dem armen Karibikstaat nach wie vor instabil.
  • Nach der zweiten Runde der Parlamentswahl in Haiti hat sich eine niedrige Wahlbeteiligung abgezeichnet. Schätzungen zufolge gaben am 21. April nur zwischen zehn und 30 Prozent der 3,5 Millionen Wahlberechtigten ihre Stimme ab. Die UN-Friedensmission zeigte sich dennoch zufrieden. "Insgesamt war es eine gute, friedliche und demokratische Wahl", sagte ihr Sprecher Damian Onses-Cardona. Am 22. April wurde mit der Auszählung der Stimmen begonnen.
    In der Ortschaft Grand Saline wurde am Wahltag nach Angaben der Wahlkommission ein Mitglied einer kleineren Partei getötet. Nähere Einzelheiten wurden zunächst nicht bekannt.
    In der Hauptstadt Port-au-Prince verlief die Wahl weitgehend friedlich. Es gab aber nach offiziellen Angaben vereinzelte Fälle von Gewalt, Einschüchterungen und Wahlbetrug.
    Um die 127 Sitze bewarben sich mehrere hundert Kandidaten von Dutzenden Gruppierungen. Die besten Chancen auf eine Mehrheit wurden der Lespwa-Partei des designierten Präsidenten Réné Préval eingeräumt. Allerdings wird er zur Bildung der ersten frei gewählten Regierung seit 2004 eine Koalition eingehen müssen.
  • Der venezolanische Staatschef Hugo Chávez hat während eines Besuchs des gewählten haitianischen Präsidenten René Préval in Caracas Haitis Beitritt zum Petrocaribe-Abkommen bekanntgegeben. Nach einem Treffen mit Préval sagte Chávez am 24. April vor der Presse, in der kommenden Woche werde eine Delegation des staatlichen venezolanischen Erdölunternehmens PDVSA nach Haiti reisen, um die Eingliederung des armen Karibikstaats in das Abkommen vorzubereiten. Das im vergangenen Jahr geschlossene Abkommen sieht vor, daß Venezuela Erdöl zu Vorzugsbedingungen an Karibikstaaten liefert.
Mai
  • Gut zwei Jahre nach dem Sturz von Präsident Jean-Bertrand Aristide ist in Haiti erstmals wieder ein Parlament zusammengetreten. Bei der konstituierenden Sitzung am 9. Mai wurden 27 von 30 Mitgliedern des Oberhauses, des Senats, vereidigt. Am Vortag hatten bereits 86 der 99 Unterhausabgeordneten ihren Amtseid abgelegt. Die noch freien Mandate sollen im Laufe dieses Jahres bei Nachwahlen vergeben werden. Damit ist der Weg frei für die formelle Amtseinführung von Präsident Rene Preval am 14. Mai. Diese muss laut der Verfassung vor dem Parlament erfolgen, das es jedoch seit Februar 2004 nicht mehr gab. Preval hat versprochen, dem immer wieder von Gewalt erschütterten und völlig verarmten Karibikstaat mehr Stabilität zu bringen.
  • Rund drei Monate nach der Präsidentenwahl in Haiti ist das neue Staatsoberhaupt René Préval am 14. Mai vereidigt worden. Bei einer Sitzung der Nationalversammlung und in Anwesenheit zahlreicher ausländischer Politiker legte der 63-Jährige in Port-au-Prince den Amtseid ab. Préval war am 7. Februar bei der ersten Runde der Präsidentschaftswahl mit 51,2 Prozent der Stimmen gewählt worden. Bereits von 1996 bis 2001 hatte er dieses Amt inne. Unter seinem Weggefährten, Expräsident Jean Bertrand Aristide, war er Ministerpräsident.
Juni
  • In Haiti ist am 9. Juni die neue Regierung unter Ministerpräsident Jacques-Edouard Alexis vereidigt worden. Sie ersetzt nun die von den USA unterstützte Interimsregierung, die das Land seit dem Sturz von Jean-Bertrand Aristide im Februar 2004 führte. Die 18 Mitglieder des Kabinetts kommen aus sechs Parteien. Staatspräsident René Preval rief die Haitianer auf, zusammenzuarbeiten und das Misstrauen zu überwinden. Preval, der im Februar zum Präsidenten gewählt wurde, stand bereits von 1996 bis 2001 an der Spitze des Karibikstaats. Zwei Jahre lang war dabei Alexis Ministerpräsident. Die Regierung soll dem in den vergangenen Jahren immer wieder von Gewalt erschütterten und völlig verarmten Land mehr Stabilität zu bringen.
  • Seit November haben sieben weitere Länder den Vertrag über das Verbot von Atomtests ratifiziert. Wie die internationale Überwachungsbehörde für das Verbotsabkommen (CTBTO) am 27. Juni in Wien mitteilte, haben damit insgesamt 132 Länder den Vertragsbedingungen zugestimmt. Zuletzt seien dies Antigua und Barbuda, Kamerun, die Kap Verden, Haiti, Surinam, Vietnam und Sambia gewesen.
Juli
  • Bei gewaltsamen Ausschreitungen bewaffneter Gruppen sind in Haiti mindestens 15 Menschen getötet worden. Die Kämpfe hätten am Abend des 6. Juli in einem südlichen Viertel der Hauptstadt Port-au-Prince begonnen und in der Nacht zum 7. Juli angedauert, teilte ein Polizeisprecher am 7. Juli mit. Das US-Außenministerin gab eine Reisewarnung für den verarmten Inselstaat in der Karibik aus. Aus der UN-Friedensmission MINUSTAH wurden die Gewalttaten bestätigt. Es sei unklar, ob es sich bei den Toten um Bandenmitglieder oder Zivilisten handele, sagte ein UN-Vertreter.
  • Bei Kämpfen zwischen bewaffneten Banden sind in Haiti in den vergangenen Tagen mehr als 20 Menschen getötet worden, darunter auch mehrere Kinder. Das teilte die UN-Mission in Haiti (MINUSTAH) mit. Die Verschlechterung der Sicherheitslage in dem betroffenen Vorort der Hauptstadt Port-au-Prince gebe Anlass "zu großer Sorge", erklärten der UN-Sondergesandte Edmond Mulet und UNICEF-Repräsentant Adriano Gonzalez-Regueral am 10. Juli. An die Regierung appellierten sie, die Täter vor Gericht zu bringen. Soldaten der UN-Friedensmission seien nach Martissant, wo die Kämpfe stattfanden, entsandt worden, um die Lage zu sondieren und für Ruhe zu sorgen.
  • Mehrere tausend Haitianer haben für die Rückkehr von Ex-Präsident Jean Bertrand Aristide aus seinem südafrikanischen Exil demonstriert. Die Teilnehmer des Protestmarschs versammelten sich am 15. Juli in einem der Armenviertel der Hauptstadt Port-au-Prince und zogen zum Präsidentenpalast, wo sich die Demonstration schließlich auflöste. Die Teilnehmer forderten auch die Freilassung von politischen Gefangenen und die Rückkehr aller Haitianer im Exil. Nach Polizeiangaben gab es keine Zwischenfälle.
    Die Demonstration ist ein Warnsignal für den neuen Präsidenten Rene Preval. Dieser war vor zwei Monaten ins Amt gewählt worden unter anderem wegen seines Versprechens, offen für eine Rückkehr von Aristide zu sein. Zwei Jahre nach dem Sturz und dem Zwangsexil Aristides ist die Lage in dem armen Karibikstaat nach wie vor instabil.
September
  • In weißen Kleidern und mit schwarzen Gesichtsmasken haben am 1. Sept. in Haiti 150 Opfer von Vergewaltigungen demonstriert. Sie forderten Gerechtigkeit und ein Ende der Diskriminierung. Unter den Demonstranten waren sowohl Teenager als auch ältere Frauen. Es war die erste öffentliche Demonstration seit Jahren von Frauen gegen Vergewaltigungen. Diese werden nur selten strafrechtlich verfolgt, die Opfer sind aber stigmatisiert. „Wir wollen, dass die Regierung uns unterstützt und die Schuldigen bestraft“, erklärte eine der Frauen, Elisena Nicola. Frauenministerin Marie Laurence Jocelyn Lassegue versicherte den Demonstranten, ihr Ministerium versuche Geld zu bekommen, um Hilfsgruppen unterstützen zu können. Unter dem früheren Militärregime gab es nach Angaben von Menschenrechtsgruppen systematische Vergewaltigungen, um Anhänger des 2004 gestürzten Präsidenten Jean-Bertrand Aristide zu bestrafen.
Oktober
  • Bei einem bewaffneten Überfall in einem Armenviertel der haitianischen Hauptstadt Port-au-Prince sind nach Augenzeugenberichten mindestens sieben Menschen erschossen worden. Wie lokale Medien unter Berufung auf die Polizei berichtete, ereignete sich der Überfall am 12. Okt. Nach diesen Informationen waren zahlreiche bewaffnete Gangster in die engen Straßen des Viertels Bel-Air eingedrungen. Sie hätten wahllos auf Zivilisten geschossen, offensichtlich um Terror zu verbreiten.
  • In Haiti haben Entführer einen amerikanischen Missionar verschleppt. Nach Angaben eines Sprechers der UN-Polizei vom 17. Okt. wurde Pritchard Adams am 15. Okt. beim Verlassen seiner Kirche in Cap-Haitien von vier Männern überfallen. Auch seine Frau und ein Hausmeister gerieten in die Gewalt der Kidnapper, sie wurden aber später wieder freigelassen. Adams' Mutter erklärte, die Täter hätten zunächst 80.000 Dollar (64.000 Euro) Lösegeld gefordert, die Summe aber später auf 5.000 Dollar reduziert. Der Missionar lebt seit 24 Jahren in Haiti. (AP, 18. Okt.)
    Der entführte Missionar ist nach zwei Tagen in der Gewalt von Entführern wieder freigelassen worden. Sein Vater erklärte, er wisse nicht, ob Lösegeld für seinen Sohn bezahlt worden sei. (AP, 18. Okt.)
  • Bei Auseinandersetzungen mit Friedenssoldaten der UNO in Haiti sind am 21. Okt. nach Angaben von Einheimischen drei Menschen ums Leben gekommen. Zwei Schüler und eine Verkäuferin seien bei einem Schusswechsel mit UNO-Blauhelmen im Elendsviertel Cité Soleil gestorben. Anwohner berichteten am 22. Okt. weiter, mehrere Menschen seien bei den Unruhen am 21. Okt. auch verletzt worden. Eine Sprecherin der UNO-Friedenstruppe MINUSTAH sagte, sie könne die Zahlen nicht bestätigen; es sei schwierig, Informationen aus Cité Soleil zu bekommen. Von den Friedenssoldaten sei niemand verletzt worden. (UNRIC, 23. Okt.)
November
  • Haiti, Birma und der Irak zählen zu den korruptesten Ländern der Welt. Auf der von der Organisation Transparency International (TI) am 6. Nov. vorgestellten Liste mit 163 Staaten bilden die drei Länder gemeinsam mit Guinea das Schlusslicht, während in Finnland, Island und Neuseeland am wenigsten Bestechlichkeit zu beobachten ist. Auf der Skala von Null (sehr korrupt) bis Zehn (sehr sauber) erhielt Deutschland nach Beobachtung von Geschäftsleuten und Länderexperten 8,0 Punkte und belegte damit unverändert Rang 16.
  • Unbekannte Angreifer haben in Haiti zwei jordanische Soldaten der UN-Friedenstruppe MINUSTAH getötet. Die beiden Jordanier seien am 11. Nov. auf dem Rückweg zu ihrer Militärbasis erschossen worden, sagte ein Sprecher der UN-Mission in Port-au-Prince. In Haiti sind seit Juni 2004 mehr als 7500 Soldaten stationiert, die in dem verarmten Karibikstaat für Sicherheit sorgen sollen. Die Lage ist auch mehr als zweieinhalb Jahre nach dem Sturz des früheren Präsidenten Jean Bertrand Aristide unsicher. Im vergangenen Monat hatten bei einer Demonstration in Port-au-Prince mehrere tausend Haitianer den Abzug der UN-Soldaten gefordert.
Dezember
  • Bei gewaltsamen Auseinandersetzungen während der Kommunalwahlen in Haiti sind am 3. Dez. mindestens vier Menschen getötet worden. Bewaffnete Gruppen hätten Wahllokale in der Hauptstadt Port-au-Prince und in dem nördlich gelegenen Ort Limonade angegriffen, hieß es nach übereinstimmenden Presseberichten. Unter den Toten sei auch ein Polizist. In Port-au-Prince setzten UN-Friedenstruppen Tränengas ein. Die Wahlbeteiligung war zunächst eher gering.
  • Der US-Kongress hat in der Nacht zum 9. Dez. zum letzten Mal unter Führung der Republikaner noch eine ganze Reihe von Gesetzen beschlossen. So wurden Steuererleichterungen verlängert, Kürzungen für Ärzte verhindert, aber auch Handelserleichterungen für einige Entwicklungsländer und die Aufnahme von normalen Handelsbeziehungen zum ehemaligen Kriegsgegner Vietnam beschlossen. Handelserleichterungen wurden für das Gebiet südlich der Sahara, Haiti und die Andenstaaten beschlossen.
  • Bei einem Einsatz von UN-Blauhelmtruppen und haitianischer Polizei in einem Elendsviertel von Haitis Hauptstadt Port-au-Prince sind am 22. Dez. mindestens zehn Menschen ums Leben gekommen. Zudem seien bei den Kämpfen am frühen Morgen mehrere Menschen verletzt worden, berichteten übereinstimmende Quellen. Eine Sprecherin der UN-Mission bestätigte der Nachrichtenagentur AFP, dass um 04.30 Uhr ein bedeutender Einsatz gegen die zunehmende Gewalt und Kriminalität im Viertel Cité Soleil begonnen habe. Das Stadtviertel mit rund 300.000 Einwohnern wird teilweise von bewaffneten Banden kontrolliert.


Zurück zur Chronik-Übersicht

Zu weiteren Beiträgen über Haiti

Zurück zur Homepage