"Baby Doc" Duvalier ohne Portokasse
Heimlich in der Schweiz deponiertes Geld des früheren Diktators wird an Haiti zurückgezahlt
Von Hans-Ulrich Dillmann *
Der frühere haitianische Diktator Jean-Claude Duvalier verliert umgerechnet 4,7 Millionen Euro. Das
Geld gehört zu einer Summe von mehreren Hundert Millionen US-Dollar, die Duvalier 1986 bei
seiner Flucht nach einem Volksaufstand aus der Staatskasse geklaut hatte. Das in der Schweiz
heimlich deponierte Geld soll an Haiti zurückgegeben werden.
Seit Jahren schon versucht der haitianische Staat, Zugriff auf die Millionen zu bekommen, die »Baby
Doc«, wie Duvalier genannt wurde, während seiner Regentschaft von 1971 bis 1986 – als
Nachfolger seines Vaters Francois Duvalier (»Papa Doc«) – auf ausländischen Nummernkonten
deponiert oder bei seiner Flucht 1986 aus der Staatsbank hatte mitgehen lassen. Nach aufwendigen
Recherchen gelang es 2002, einen Hinweis auf das Schweizer Bankkonto zu bekommen. Aufgrund
einer Klage Haitis fror die eidgenössische Bankbehörde das Geld ein. Allerdings wurden den
Schweizer Behörden die Unterlagen über die unrechtmäßige Herkunft der Gelder auf dem Duvalier-
Konto nicht in der vorgeschriebenen Zeit vorgelegt. Nicht zuletzt wurde dies den politischen Wirren
und Unruhen unter der Herrschaft des inzwischen ebenfalls aus dem haitianischen
Präsidentenpalast vertriebenen Armenpriesters Jean-Bertrand Aristide zugeschrieben.
Im Juni 2007 hätte die Schweiz beinahe sogar die 4,7 Millionen Euro an »Baby Doc«, der im
französischen Exil seinen Wohlstand genießt, zurückgegeben. Nur juristische Finessen,
internationaler politischer Druck, vor allem aus den USA, und eine veränderte Rechtslage
verhinderten die Auszahlung.
Inzwischen können die Schweizer Behörden im Rahmen eines Rechtshilfsabkommens Gelder
beschlagnahmen und bis zur Klärung des rechtmäßigen Besitzes einfrieren. Am Donnerstag nun
teilte das Schweizer Justizministerium in Einer Erklärung mit, Duvalier habe die rechtmäßige
Herkunft seines Guthabens nicht beweisen können. Ein Großteil des geraubten Geldes aus der
Staatskasse ist allerdings nach wie vor unauffindbar.
In den Genuss des Geldes wird allerdings nicht der haitianische Staat kommen. Das Bundesamt für
Justiz hat nämlich entschieden, das Schweizer Guthaben an Nichtregierungsorganisationen in Haiti
zu übergeben. Das Geld werde Organisationen mit »Erfahrungen für humanitäre oder soziale
Projekte zugunsten der haitianischen Bevölkerung« zur Verfügung gestellt, heißt es in dem
Entscheid des Ministeriums. Das Eidgenössische Departement für Auswärtige Angelegenheiten
(EDA) habe aus diesem Grund bereits Kontakt mit interessierten Organisationen geknüpft. Die
Umsetzung und die »transparente Verwendung der Mittel« werde von der diplomatischen Vertretung
der Schweiz in Port-au-Prince verfolgt.
In haitianischen Regierungskreisen wurde die Entscheidung der Schweizer Behörden begrüßt. Den
fragwürdigen Beschluss der Schweiz, dass Geld nicht dem haitianischen Staat als Verwalter der
Staatskasse zurückzugeben, sondern selbst die Verteilungsmodalitäten zu bestimmen und zu
überwachen, übergehen die offiziellen staatlichen Stellen mit Schweigen.
Noch ist das Geld allerdings nicht ins »Land der Berge« überwiesen. »Baby Doc« Duvalier, der noch
im Vorjahr lauthals von einer Rückkehr in die Heimat schwadronierte, hat 30 Tage Zeit die
Schweizer Entscheidung anzufechten, bevor sie rechtskräftig wird.
* Aus: Neues Deutschland, 14. Februar 2009
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