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Massaker in Conakry

Guineas Militärjunta lässt in Oppositionskundgebung schießen

Bei der brutalen Niederschlagung einer Demonstration Oppositioneller in Guinea sind über 150 Personen getötet worden. Führende Politiker wurden verhaftet. Conakry/Brüssel (AFP/ND). Im westafrikanischen Staat Guinea sind bei der gewaltsamen Auflösung einer Oppositionskundgebung mindestens 157 Menschen getötet worden. 128 Leichen seien allein in den Krankenhäusern der Hauptstadt Conakry gezählt worden, teilte die Union Republikanischer Kräfte am Dienstag (29. Sept.) mit.

Zehntausende Oppositionsanhänger seien in einem Stadion in der Hauptstadt Conakry versammelt gewesen, als Sicherheitskräfte die Veranstaltung stürmten, berichtete ein AFP-Reporter am Montag. Bei der Auflösung der Kundgebung seien Schüsse gefallen. Anschließend habe er im Stadion mindestens zehn blutüberströmte Leichen mit Schussverletzungen gesehen. Ein Polizeivertreter sagte, in dem Stadion und in dessen Umfeld seien 87 Tote eingesammelt worden.

Von mehreren Seiten wurde die Vermutung geäußert, die Junta wolle das Ausmaß des Blutbades offenbar vertuschen. Ein Arzt im Universitätskrankenhaus sagte AFP, es seien 58 Tote in das Leichenschauhaus der Klinik gebracht worden. Es habe sich um ein »Gemetzel« gehandelt. Ein Arzt eines anderen Krankenhauses sagte, Soldaten hätten mit einem Militärlastwagen Dutzende Leichen abgeholt und an einen unbekannten Ort gebracht. Einem Rot-Kreuz-Mitarbeiter zufolge ordneten Kommandeure an, alle Leichen in das Militärlager Alpha Yaya Diallo, den Sitz der Junta, zu bringen und nicht in Leichenschauhäuser.

Zwei der wichtigsten Oppositionsführer, die früheren Premierminister Cellou Dalein Diallo und Sidya Touré, wurden nach Angaben der Ehefrau Diallos bei dem gewaltsamen Vorgehen der Sicherheitskräfte verletzt und anschließend festgenommen. Die beiden seien zunächst in ein Krankenhaus gebracht worden. Dort hätten Soldaten sie festgenommen und dann nach Alpha Yaya Diallo gebracht. Regierungskreise bestätigten beide Festnahmen. Die Häuser der beiden Politiker wurden nach Angaben von Nachbarn von Soldaten geplündert.

Die Demonstranten hatten gegen die Pläne von Junta-Chef Moussa Dadis Camara protestiert, bei den für Januar geplanten Präsidentenwahlen selbst anzutreten. Auch die internationale Staatengemeinschaft übt derzeit auf die Junta Druck aus, bei den Wahlen die Macht wie zuvor versprochen wieder an Zivilisten abzugeben. Das Militär hatte am 23. Dezember nach dem Tod des langjährigen Präsidenten Lansana Conté die Macht ergriffen.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilte die »exzessive Gewaltanwendung«. Ban erklärte, er sei »schockiert« angesichts der vielen Toten und Verletzten. Auch die US-Regierung war nach den Worten eines ranghohen US-Diplomaten »tief besorgt«. Washington fordere die Regierung in Conakry zur Zurückhaltung auf. Die Machthaber in Guinea müssten die Sicherheit der einheimischen Bevölkerung und der Ausländer im Land gewährleisten und die Hintergründe der gewaltsamen Auflösung der Kundgebung untersuchen lassen. Das französische Außenministerium verurteilte die »gewaltsame Niederschlagung« der Kundgebung scharf.

EU-Chefdiplomat Javier Solana rief die Regierung zur Zurückhaltung und zur sofortigen Freilassung der festgenommenen Oppositionellen auf, wie es in einer am Dienstag in Brüssel veröffentlichten Erklärung hieß. Die Führung des Landes müsse nun für einen »friedlichen und demokratischen Übergang« sorgen. EU-Entwicklungskommissar Karel de Gucht zeigte sich »geschockt und zutiefst betrübt«. Er sprach den Angehörigen der 80 Todesopfer sein Beileid aus.

Wie de Gucht forderte auch die Kommission der Afrikanischen Union, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. In einer AFP übermittelten Stellungnahme verurteilte die Organisation die Gewalt »gegen unbewaffnete Zivilisten« und »weitere schwere Verletzungen der Menschenrechte«. Die Behörden müssten die Meinungs- und die Versammlungsfreiheit respektieren und politische Parteien zulassen.

* Aus: Neues Deutschland, 30. September 2009

Weitere aktuelle Meldungen

Guineas Juntachef von Bundeswehr ausgebildet

Auch nach der blutigen Niederschlagung einer Demonstration Oppositioneller wollen die Gegner der Militärjunta im westafrikanischen Guinea ihre Proteste fortsetzen.

«Wir haben für einen Wandel gekämpft, jetzt können wir uns nicht zurückziehen», sagte einer der Oppositionsführer des Landes, Alpha Conde, am Mittwoch (30. Sept.) dem britischen Rundfunksender BBC.

Unterdessen bestätigte die Bundeswehr, dass Junta-Chef Oberst Moussa Camara insgesamt vier Jahre in Deutschland militärisch ausgebildet wurde. Schwerpunkt sei die Ausbildung zum Kompaniechef gewesen. Camara sei in der Zeit zwischen 1996 und 2005 an der Offiziersschule Dresden und an der Nachschubschule in Bremen gewesen. Deutsch habe er am Bundessprachenamt gelernt, sagte der Sprecher Sprecher des Verteidigungsministeriums am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur dpa in Berlin.

Quelle: dpa-Meldung vom 30. September 2009


Militärherrscher in Guinea verordnet zwei Tage Staatstrauer

Der Militärherrscher von Guinea hat eine zweitägige Staatstrauer angeordnet, nachdem seine Truppen gewaltsam gegen Demonstranten vorgegangen waren. In den Straßen der Hauptstadt Conakry wurden Fahnen auf Halbmast gesetzt. Nach Angaben von Menschenrechtlern wurden bei der Niederschlagung der Demonstration 157 Menschen getötet und mehr als 1.000 verletzt. Augenzeugen berichteten, dass Frauen auf der Straße von Soldaten vergewaltigt worden seien.

Hauptmann Moussa «Dadis» Camara trat am Dienstagabend (29. Sept.) im Staatsfernsehen auf und beschuldigte die Opposition, bei der Demonstration am Montag unverantwortlich gehandelt zu haben. Zugleich verbot er alle Versammlungen und Demonstrationen. Den Familien der Verletzten und Toten werde eine staatliche Unterstützung gezahlt, versprach Camara. Der Hauptmann hatte sich im Dezember vergangenen Jahres nach dem Tod des langjährigen Machthabers Lansana Conté an die Macht geputscht.

Quelle: AP, 30. September 2009


Guineas Junta verhängt Ausgangssperre

Nach der gewaltsamen Auflösung einer Oppositionskundgebung mit mehr als 150 Toten haben die Machthaber im westafrikanischen Guinea ein Versammlungsverbot verhängt. Junta-Führer Moussa Dadis Camara rief zwei nationale Trauertage aus, an denen jede "subversive Versammlung" verboten sei.

Nach der gewaltsamen Auflösung einer Oppositionskundgebung mit mehr als 150 Toten haben die Machthaber im westafrikanischen Guinea ein Versammlungsverbot verhängt. Junta-Führer Moussa Dadis Camara rief zwei nationale Trauertage aus, an denen jede "subversive Versammlung" verboten sei. Die Lage in der Hauptstadt Conakry und im Rest des Landes entspannte sich mittlerweile.

Der Junta-Chef besuchte zwei Krankenhäuser, in denen Menschen behandelt wurden, die bei dem brutalen Vorgehen der Sicherheitskräfte verletzt worden waren. Er zeigte sich dabei "schockiert" und kündigte eine Untersuchungskommission an, die die "Verantwortlichen finden" soll. Unruhestifter und die Hintermänner von Unruhen würden "hart bestraft", hieß es zudem in einer Erklärung Camaras. Er warf der Opposition vor, Kinder mit Geld zur Auflehnung anzustacheln. Nach Angaben der Organisation zur Verteidigung der Menschenrechte töteten Sicherheitskräfte erneut drei Jugendliche.

Zuletzt wurden keine weiteren Vorfälle berichtet. In Conakry nahm der Straßenverkehr langsam wieder zu. Einige Tankstellen waren geöffnet, während die meisten Geschäfte aus Angst vor weiteren Plünderungen noch geschlossen blieben, wie ein Journalist der Nachrichtenagentur AFP beobachtete. Die Menschenrechtsorganisation Raddho warf der Regierung vor, mit der Ausgangssperre Proteste unterdrücken zu wollen.

Nachdem bereits mehrere Länder und internationale Organisationen gegen das brutale Vorgehen der Regierung protestiert hatten, verurteilte auch die US-Regierung den "schamlosen und unangemessenen Einsatz von Gewalt". Ein Sprecher des Außenministeriums forderte zudem die Freilassung der festgenommenen Oppositionellen und ein Ende der Militärdiktatur.

Wegen der "sehr beunruhigenden" Situation in Guinea beendete Frankreich seine militärische Zusammenarbeit mit dem Land und rief den UN-Sicherheitsrat an. Auf Wunsch der ehemaligen Kolonialmacht wollte zudem auch die Europäische Union "zusätzliche Maßnahmen prüfen".

Quelle: AFP, 30. September 2009




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