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Zyanidlauge für die Mayas

In Guatemala wird ein neues Gesetz zum Bergbau verabschiedet. Die Interessen ausländischer Profiteure haben Vorrang

Von Danilo Valladares/IPS *

In Guatemala warnen Umwelt- und Sozialverbände vor der Verabschiedung eines Gesetzes zum Bergbau, das so, wie es konzipiert sei, ausschließlich den Unternehmen diene und zu Lasten von Umwelt und Entwicklung gehe. »Wir lehnen den Entwurf des parlamentarischen Ausschusses für Energie und Bergbau aus verschiedenen Gründen kategorisch ab«, sagt Gabriel Valle, Leiter der Umweltschutz-Stiftung Fundaeco. Klare Richtlinien zum Umgang mit der Natur fehlten in der Vorlage. Darüberhinaus enthalte sie keinen Hinweis auf die Konvention 169 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) über die Rechte von Ureinwohnern. Guatemala hat diese Konvention 1996 ratifiziert. Sie ist das bisher einzige rechtsverbindliche Instrument zum Schutz indigener Völker. Die Vertragsstaaten sind zu Beratungen mit autochthonen Völkern verpflichtet, für deren Gebiete Entwicklungsvorhaben geplant sind. Der Staat soll sich in diesen Konsultationen die Zustimmung der Ureinwohner sichern.

Problematisch ist der Gesetzentwurf zudem wegen der niedrigen Lizenzgebühren, die die Bergbaufirmen zahlen sollen. Von einem bis sieben Prozent der Produktionseinnahmen ist die Rede. Die Umwelt- und Sozialverbände fordern mindestens zehn Prozent. Und mobilisieren die Bevölkerung. Die Proteste gegen die staatliche Bergbaupolitik des zentralamerikanischen Staates werden heftiger. Mitte Juli blockierten Tausende bei einer Kundgebung den Highway Interamericana.

Bis Anfang 2008 hat das Bergbauministerium 164 Lizenzen für Explorationsarbeiten vergeben. In sechs weiteren Fällen ist die Produktion bereits angelaufen, oder die Unternehmen sitzen in den Startlöchern. Weitere Genehmigungen darf es erst nach der Verabschiedung des neuen Gesetzes geben. Dem Bergbauministerium zufolge beliefen sich die staatlichen Einnahmen aus der Förderung im Jahre 2007 auf 223 Millionen US-Dollar. Das entsprach einem Anstieg um 67 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Menschen in den Fördergebieten haben von diesen Einnahmen nichts, aber müssen die Folgen des Bergbaus tragen, erläutert Uriel Miranda, Rechtsberater der Kommission Friedens- und Umweltpastorale Copae. Die Kommission hat ihren Sitz im nordwestlichen Departement San Marcos, in dem unter anderem die Firma »Montana Exploradora« mit kanadischen Geldern operiert. Dort reißen die Proteste der Maya gegen Gold- und Silberminen nicht ab. Obwohl in den Gemeinden Sipakapa und San Miguel Ixtahuacan im Jahr 2005 elf von 13 Weilern im Rahmen einer Befragung gegen den Tagebau gestimmt hatten, gab es zwei Jahre später vom Verfassungsgericht grünes Licht.

Inzwischen haben 36 Gemeinden in den Departements San Marcos, Huehuetenango, Quiché, Zacapa und Sacatepéquez gegen den Bergbau gestimmt. Irreversible Umweltschäden werden befürchtet. Die Sorge ist begründet. »Der Bergbau findet in der Nähe von Flüssen statt«, erklärt Julio Gonzalez von der NGO »Madreselva«. »Die Verschmutzung, die der Einsatz von Zyanidlauge hier mit sich bringt, ist nicht wettzumachen.«

Organisationen wie Madreselva, Copae oder Fundaeco haben sich zusammengetan und fordern strikte Regeln für den Umgang mit den Wasser- und Umweltressourcen. Bergbauunternehmen sollen für das von ihnen genutzte Wasser zahlen und verpflichtet werden, ihre Abwässer zu klären. Verbindliche Richtlinien für den Transport und Umgang mit giftigen Substanzen sollen formuliert, Umweltstudien gemacht, Böden und Gewässer regelmäßig kontrolliert werden. Nicht zuletzt sollen die Fördermengen veröffentlicht werden.

Einige dieser Vorschläge hat die Oppositionspolitikerin Rosa María de Frade, die dem parlamentarischen Energie- und Bergbauaussschuß angehört, durchzusetzen versucht -- ohne Erfolg. Sie beklagt, daß der fehlende politische Wille der Mitglieder des Ausschusses jede Verschärfung des Umweltrechts zunichte gemacht habe. In der kommenden Woche wollen die NGOs ihren Forderungen auf einer internationalen Bergbaukonferenz Nachdruck verleihen. Wie groß die Probleme im ausgebeuteten Land tatsächlich sind, macht Gabriel Valle von der Fundaeco-Stiftung deutlich, wenn er sagt: »Es sind weder Kapazitäten vorhanden, um den Bergbau zu kontrollieren, noch gibt es ein Wasserschutzgesetz oder die nötigen Mittel, ein Umweltministerium zu finanzieren.«

* Aus: junge Welt, 30. Juli 2009


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