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Einigung mit "Institutionen"

Griechische Linksregierung offenbar kurz vor Übereinkommen mit Gläubigern

Von Heike Schrader, Athen *

Griechenland habe viele Schritte gemacht, aber nun sei man einer Lösung sehr nahe, erklärte Regierungschef Alexis Tsipras am Mittwoch nachmittag. Sein Wirtschaftsminister ging im privaten Fernsehsender Mega sogar von einem Abschluss der Verhandlungen noch an diesem Wochenende aus. Von den Gläubigern, insbesondere von Berlin, wurde indes die Aussage der Kabinettsmitglieder dementiert.

Einem am Mittwoch veröffentlichten »Non-Paper« (einem inoffiziellen Arbeitspapier) der Athener Regierung zufolge wird in Brüssel bereits an einer Vorlage für eine Vereinbarung zwischen »den Institutionen« und Griechenland geschrieben. Darin sei unter anderem vorgesehen, dass das Land in den kommenden Jahren nur einen geringen Haushaltsüberschuss erzielen müsse. Neue Maßnahmen sollten vor allem zur Ankurbelung der Wirtschaft beitragen und nicht zu weiterer Rezession führen. Erneute Kürzungen bei Löhnen und Renten werden ausgeschlossen. Allerdings soll die Möglichkeit zum vorzeitigen Eintritt in den Ruhestand beschränkt und die Pensionskassen sollen zusammengeschlossen werden. Auch die von den Gläubigern bisher vehement abgelehnte Diskussion um eine »langfristige Lösung mittels Schuldenerleichterung« sowie ein »Wirtschaftswachstumspaket« wurden dem Regierungspapier in die Vorlage aufgenommen.

Darüber hinaus wird eine, allerdings nicht näher bestimmte, Mehrwertsteuerreform angekündigt. Im Zuge der Austeritätspolitik der vergangenen Jahre waren die Abgabensätze bereits um vier Prozentpunkte angehoben worden. Insbesondere die Erhöhung des für Lebensmittel, Strom und Wasser geltenden Satzes von elf auf 13 Prozent ging zu Lasten der sozial benachteiligten Bevölkerung.

Die Spekulationsmärkte nahmen die Ankündigung der Syriza-Regierung trotz der Dementis aus Brüssel, Berlin und Washington zum Anlass, ausnahmsweise mal mit einem Anstieg der Kurse zu reagieren. Die Börse in Athen legte am Mittwoch um volle vier, der Deutsche Aktienindex um mehr als ein Prozent zu. Die hohen Zinsen auf griechische Staatsanleihen dagegen gingen in den Keller.

Die sicherlich nur kurz anhaltende Entwicklung wurde dabei auch von Äußerungen der IWF-Chefin angeregt. Vor dem Treffen der G-7-Finanzminister am Donnerstag in Dresden hatte Christine Lagarde verlauten lassen, sie sei zuversichtlich, dass Griechenland die Anfang Juni fällige Rate an den IWF zahlen werden.

Zunächst aber bildeten sich in dem südosteuropäischen Staat am Donnerstag morgen die am Monatsende üblichen Schlangen von Rentnern an den Schaltern der Banken. Denn entgegen der in Mode gekommenen Unkenrufe hatte die Regierung am Mittwoch pünktlich die Auszahlung der Altersbezüge angewiesen. Renten und die Löhne der Staatsbediensteten würden auch im Juni planmäßig überwiesen, hatte Tsipras darüber hinaus am Mittwoch versichert.

»Die Unsicherheit lähmt das Land weiterhin«, kommentierte der Sprecher der ehemaligen Regierungspartei Nea Dimokratia, Kostas Karagounis, den Widerspruch in den Aussagen von Regierung und »Institutionen«. Stavros Theodorakis von der wirtschaftsliberalen Partei To Potami dagegen bezeichnete es als »positiv, von einer nahen Einigung zu hören, auch wenn man über deren Inhalt nach wie vor im dunkeln gelassen wird«. Die Kommunistische Partei Griechenlands (KKE) sieht jede Einigung ohnehin nur im Rahmen der bereits seit fünf Jahren umgesetzten Austeritätspolitik. Behauptungen, es gäbe keine neuen Einschnitte bei Löhnen und Renten seien nichts als leere Worte, so die KKE, denn auch die angekündigten Maßnahmen führten zu einer Verringerung des Einkommens des Volkes.

Bei den davon Betroffenen scheint die Schonzeit für die Linksregierung vorbei zu sein. Mit einer vierstündigen Arbeitsniederlegung in der die Hauptstadt einschließenden Provinz Attika und einer Demonstration vors Arbeitsministerium forderte der Gewerkschaftsdachverband im öffentlichen Dienst, ADEDY, am Donnerstag unter anderem die Wiedereinführung der 13. und 14. Monatsrente sowie die Annullierung der Gläubigervereinbarungen und eine Schuldenstreichung. Die Bediensteten an den Flughäfen haben einen zweitägigen Streik für Sonntag und Montag ausgerufen. Sie fordern die Zahlung seit Monaten geschuldeter Löhne, mehr Mittel und die Besetzung zahlreicher offener Stellen.

* Aus: junge Welt, Freitag, 29. Mai 2015


G 7 gegen Griechenland

Finanzminister suchen Ausweg aus der Krise. Für kleine Staaten heißt dies nichts Gutes **

Aus Athen war am Mittwoch nachmittag zu hören, eine Einigung bei der Rückzahlung der griechischen Staatsschulden sei gefunden. Dem widersprachen während eines Treffens der G-7-Finanzminister in Dresden die Gläubiger. »Die griechische Lesart wird hier von niemandem geteilt«, sagte ein Verhandlungsführer am gestrigen Donnerstag. Zu Spekulationen, die Euro-Gruppe könnte sich bereits in der nächsten Woche auf einer Sondersitzung mit Griechenland befassen, hieß es, solche Pläne gebe es nicht.

Die Situation in der hellenischen Republik ist in Dresden kein offizieller Tagesordnungspunkt. Zu den zweitägigen Beratungen waren auch die IWF-Chefin Christine Lagarde, EZB-Präsident Mario Draghi, Euro-Gruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem und EU-Währungskommissar Pierre Moscovici angereist. Die ökonomische Krise sei weitgehend überwunden, die Weltwirtschaft befinde sich auf einem guten Weg, so Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU).

Eine Diskussion mit Wirtschaftswissenschaftlern wie dem Nobelpreisträger Robert Shiller gab Schäuble dennoch »wertvolle Impulse« zur Krisenüberwindung. Aus deutschen Delegationskreisen hieß es zuvor, die G-7-Länder seien sich in der Grundfrage einig, dass neben Reformen solide Haushalte ein Schlüssel für mehr Wachstum und Wohlstand seien. Die Wissenschaftler vertraten offenbar in der Veranstaltung mit den Finanz- und Geldpolitikern sehr unterschiedliche Positionen, wie man zu mehr Wachstum kommen könnte, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters. »Die haben ein sehr breites Meinungsspektrum gehabt«, sagte ein Teilnehmer. Die Diskussion sei eher akademisch als konkret gewesen.

Zur G-7-Gruppe gehören neben der BRD die USA, Japan, Großbritannien, Frankreich, Italien und Kanada. Mit dem Ministertreffen wird der G-7-Gipfel am 7. und 8. Juni auf Schloss Elmau in Bayern vorbereitet.

** Aus: junge Welt, Freitag, 29. Mai 2015


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