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Klima macht mehr Ärger als die Chefs

Gewerkschafter Richard Beccles über die Arbeitsbedingungen im neuen Bananensektor in Ghana *


Richard Beccles (29) ist Organizer für die General Agricultural Workers’ Union in Ghana (GAWU). Er ist seit dem Jahr 2008 für die GAWU im Einsatz. Nach seinem sozialen Jahr wurde er 2009 als Sekretär fest angestellt. Für »nd« sprach mit ihm Knut Henkel.


nd: Ghana ist nicht unbedingt als Bananenexporteur bekannt. Welchen Stellenwert hat die Banane für die Landwirtschaft in Ihrem Land?

Beccles: Die Banane ist eine neue Agrarpflanze in Ghana, traditionell wird viel Kakao in Ghana angebaut, aber derzeit gibt es einen Diversifizierungsprozess im Anbausektor. Bananen und auch Ananas werden angebaut und mehr und mehr exportiert.

Wie viele Menschen arbeiten denn in den Bananenplantagen und in der Verpackung der gelben Früchte?

Es sind um die 3000 Arbeiter und Arbeiterinnen, die im Bananensektor arbeiten. Dabei sind es zwei große Farmen, die nahezu alle Leute beschäftigen. Bei der Goldmann Exotic LTD sind rund 2500 Arbeiter im konventionellen Anbau angestellt und im organischen Anbau arbeiten derzeit 548 feste Arbeitnehmer. Insgesamt ist der Bananensektor in Ghana noch recht klein.

Wie sind die Arbeitsbedingungen auf den beiden Farmen? Haben Sie als Gewerkschaftsvertreter Zugang?

Ja, ich habe Zugang zu beiden Farmen, und der grundsätzliche Unterschied ist, dass auf der einen Farm keine Chemikalien eingesetzt werden. Aus gewerkschaftlicher Perspektive ist positiv, dass es auf beiden Farmen einen Tarifvertrag gibt und dass die Löhne prompt bezahlt werden.

Das ist nicht typisch im Vergleich mit den Arbeitsbedingungen in Mittel- und Südamerika ...

Wir können uns in Ghana glücklich schätzen, gute Verhältnisse zur Regierung und den Arbeitgebern zu haben. Wir treffen uns alljährlich, um einen Tarifvertrag auszuhandeln und unser Ziel ist es, für die Arbeiter im Bio-Anbau etwas mehr Lohn herauszuholen. Schließlich wird dort auch für das Endprodukt mehr bezahlt.

Wie beurteilen Sie die Umsetzung der Arbeitsrechte im Bananensektor?

Wir sind nach wie vor dabei unsere Mitglieder zu schulen, auf ihre Rechte aufmerksam zu machen, aber wir haben beileibe nicht die Probleme, die unsere Kollegen in Mittelamerika haben. Bei uns werde Konflikte sofort verhandelt und geschlichtet – dafür gibt es die Arbeitskommission, die dann ein Hearing veranstaltet und den Beschwerden auf den Grund geht.

Wie viele Mitglieder hat dieAgrargewerkschaft (GAWU) in Ghana und wie viele der noch kleine Bananensektor?

Wir vertreten insgesamt 50 000 Arbeiter – Menschen aus dem Kakaobereich, dem Ananasanbau, dem Reisanbau, aber auch dem Anbau von Nüssen und Bananen. Wir haben klare Strukturen für Festangestellte wie zeitweise Angestellte. Wir sind aber auch Ansprechpartner für Kleinbauern, geben Infos weiter, machen Schulungen, und wir haben eben auch eine umfassende Rechtsabteilung, die in direkten Kontakt mit der Regierung und dem Arbeitsministerium stehen. Das verschafft uns auch einen gewissen Einfluss.

Wo sehen Sie denn die gravierendsten Probleme?

Es sind weniger die Arbeitsrechte, die uns Sorgen machen, sondern eher die klimatischen Bedingungen für den Ackerbau. Wir haben mit mehr Stürmen, mehr Dürre und mehr klimatischen Unregelmäßigkeiten zu tun als mit Managern und Unternehmensleitungen, die unseren Mitgliedern das Leben schwer machen. Ein anderes Problem sind die steigenden Kosten für alles und jedes. Das ist eine Herausforderung für die Unternehmen aber auch die Arbeiter, die im Schnitt rund zwei Euro pro Tag verdienen. Das ist zu wenig und daran versuchen wir etwas zu ändern.

* Aus: neues deutschland, Freitag, 05. Oktober 2012


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