Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Streit mit Ansage

Rußland will Abchasien und Südossetien stärker unterstützen. Georgien reagiert alarmistisch. Sturm im Wasserglas oder ernsthafte Krise?

Von Knut Mellenthin *

Der Streit zwischen Georgien und seinen von Rußand unterstützten abtrünnigen Republiken Abchasien und Südossetien hat jetzt auch den US-amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf erreicht. Der republikanische Kandidat John McCain warf am Donnerstag Rußland vor, es verfolge eine Politik der »De-Facto-Annexion« und untergrabe »Sicherheit und Stabilität in der Region«. Unterdessen sind georgische Regierungsmitglieder ausgeschwärmt, um in Brüssel bei der NATO, in Washington und in den europäischen Hauptstädten um Unterstützung zu werben.

Zuvor hatte das Moskauer Außenministerium am Mittwoch Anweisungen von Präsident Wladimir Putin bekanntgegeben, die der Verbesserung der Beziehungen zwischen der Russischen Föderation und den beiden Republiken dienen sollen. Die nicht in konkreten Details beschriebenen Maßnahmen sollen »Mechanismen zur umfassenden Verteidigung der Rechte, Freiheiten und gesetzlichen Interessen der russischen Bürger in Abchasien und Südossetien« schaffen. Seit der Unabhängigkeitserklärung der international nicht anerkannten Republiken Anfang der 90er Jahre haben die meisten Bewohner die russische Staatsbürgerschaft erworben.

In der Erklärung des russischen Außenministeriums wird der georgischen Regierung vorgeworfen, »die bestehenden Mechanismen zur Herstellung normaler Wirtschaftsbeziehungen« und zur Bewältigung der sozialen Probleme in den beiden Republiken zu ignorieren. Ferner wird die Weigerung Georgiens verurteilt, mit Abchasien und Südossetien Gewaltverzichtsverträge abzuschließen.

So weit sich bisher beurteilen läßt, bleiben die jüngsten russischen Maßnahmen hinter dem zurück, was an Reaktionen auf die einseitige Unabhängigkeitserklärung des Kosovo und seiner Anerkennung durch USA und EU erwartet worden war. Daß die georgische Regierung dennoch alarmistische Töne anschlägt, hat vor allem zwei Gründe: Erstens finden am 21. Mai Parlamentswahlen statt, bei denen der alleinregierenden Nationalpartei von Präsident Michail Saakaschwili der Verlust ihrer Mehrheit droht. Antirussischer Nationalismus, der auch von fast allen Oppositionsparteien geteilt wird, ist der Joker, den Saakaschwili stets zu ziehen versucht, wenn er in Schwierigkeiten ist. Zweitens benutzt die georgische Regierung die russischen Maßnahmen, um erneut die Anfang der 90er Jahre geschlossenen Waffenstillstandsabkommen in Frage zu stellen. Sie sehen vor, daß in beiden Republiken russische Friedens­truppen -- in Abchasien ausschließlich, in Südossetien in einem internationalen Rahmen -- stationiert sind. Die georgische Regierung strebt die Ersetzung der Russen durch Soldaten aus NATO-Ländern an.

Unterdessen hat Abchasien Georgien am Donnerstag aufgefordert, die Stationierung von Truppen an der gemeinsamen Grenze rückgängig zu machen. Anderenfalls werde man »angemessene Maßnahmen« ergreifen. Aufgrund des Waffenstillstandsabkommen ist die sogenannte Konfliktzone beiderseits der Grenze entmilitarisiert und wird von einer kleinen UNO-Mission überwacht.

* Aus: junge Welt, 19. April 2008

Weitere aktuelle Meldungen

Georgien fordert von Russland Verzicht auf Beziehungen mit den Abtrünnigen

TIFLIS, 19. April (RIA Novosti). Die georgische Parlamentschefin Nino Burdschanadse hat Russland erneut aufgefordert, auf die Unterstützung der abtrünnigen georgischen Provinzen, Abchasien und Südossetien, zu verzichten.

"Wir sind zu einer Normalisierung mit Russland bereit, erwarten aber von ihm gleichberechtigte Beziehungen und Achtung unserer Souveränität", sagte Burdschanadse am Samstag (19. April) in Tiflis nach Angaben der Nachrichtenagentur Nowosti-Grusia.

Der russische Präsident Wladimir Putin hatte diese Woche eine "substantielle Unterstützung" der Bevölkerung in Abchasien und Südossetien angeordnet. Demnach erkennt Russland die Behörden in den beiden De-facto-Staaten sowie die von ihnen ausgestellten Pässe und sonstigen Dokumente an. Außerdem tritt Moskau in Konsularbeziehungen mit den beiden Territorien. Georgien warf Russland daraufhin vor, seine Souveränität zu verletzen.

Am gestrigen Freitag (18. April) beauftragte Putin die russische Regierung, Maßnahmen für eine Normalisierung der Beziehungen mit Georgien zu ergreifen und unter anderem in Konsultationen über eine Aufhebung des 2006 verhängten Importembargos für georgische Weine sowie der Visabeschränkungen für Georgier zu treten.

"Wenn die gestrige Erklärung von Wladimir Putin tatsächlich auf eine Normalisierung abzielt, muss Russland zusätzliche Schritte unternehmen", sagte Burdschanadse. Vor allem müsse Russland auf die "Sonderbeziehungen" mit Abchasien und Südossetien verzichten. "Das georgische Volk wird nie auf seine Territorien verzichten", betonte Burdschanadse. Ein Georgien ohne Abchasien und Südossetien sei undenkbar.

Abchasien und Südossetien sind stabilisierte De-facto-Staaten im südlichen Kaukasus, die völkerrechtlich jedoch als Teil Georgiens gelten. Nach der Kosovo-Unabhängigkeit in diesem Februar appellierten die beiden abtrünnigen Republiken an die Weltgemeinschaft und vor allem an Russland, ihre Unabhängigkeit offiziell anzuerkennen. Nach der Prüfung der Appelle empfahl die Staatsduma (Unterhaus des russischen Parlaments) dem Präsidenten und der Regierung, die Anerkennung von Abchasien und Südossetien zu erwägen.


Russland gibt Postverkehr nach Georgien frei

MOSKAU, 21. April (RIA Novosti). Die Russische Post AG nimmt am Montag (21. April) den Postverkehr nach Georgien wieder auf, der im Oktober 2006 eingestellt worden war.

"In den Postabteilungen im ganzen Land beginnt die Annahme aller Arten von Postsendungen, die auf dem Luftwege und unter anderem durch die Expresspost 'EMS Post Russlands' geschickt werden und an die Georgische Republik adressiert sind", teilte das russische Postunternehmen vergangene Woche mit. Zudem wird in Georgien die Annahme von Postzahlungen wieder aufgenommen.

Am 3. Oktober 2006 waren der Postverkehr und die Verkehrsverbindungen mit Georgien ausgesetzt worden.

Das russische Ministerium für Informationen und Fernmeldewesen hatte das mit mehrmaligen Verletzungen der internationalen Abkommen und Prinzipien bei der Zusammenarbeit der Postverwaltungen beider Länder begründet.

Am 27. März wurde bereits wieder der Flugverkehr mit Georgien aufgenommen.

Moskau hatte vor dem Hintergrund der drastischen Verschlechterung der Beziehungen zwischen beiden Ländern nach der Festnahme einer Gruppe von russischen Offizieren in Georgien, denen die Spionage vorgeworfen wurde, die Flüge in die kaukasische Republik ausgesetzt.

Die Einstellung des Flugverkehrs begründete Russland damals mit den sich angehäuften Schulden in Höhe von 3, 7 Millionen Dollar seitens Georgiens für Dienstleistungen in der Flugsicherung.

Bislang wurden zwei Millionen US-Dollar zurückgezahlt. Den Rest begleichen die georgischen Fluggesellschaften bis Ende dieses Jahres.


Abchasien schießt georgische Aufklärungsdrohne ab - Tiflis dementiert

SUCHUMI, 21. April (RIA Novosti). Abchasien, eine abtrünnige Provinz Georgiens, hat nach eigenen Angaben erneut eine georgische Aufklärungsdrohne abgeschossen und ist bereit, die Trümmer der Öffentlichkeit zu zeigen.

Die Drohne sei am vergangenen Sonntag (20. April) von in der Grenzregion Gali abgeschossen worden, teilte der stellvertretende Verteidigungsminister der nicht anerkannten Republik im Kaukasus, Garri Kupalba, am Montag (21. April) mit. Der Typ und die Seriennummer des Flugkörpers konnten ihm zufolge anhand der geborgenen Bruchteile bereits identifiziert werden. Es handle sich um eine Drohne aus der Produktion des israelischen Unternehmens Elbit Systems Ltd. Georgiens Verteidigungsministerium ließ daraufhin wissen, es habe mit der Drohne nichts zu tun.

Ein ähnlicher unbemannter Flugkörper war bereits 18. März über Abchasien abgeschlossen worden. Die Regierung der abtrünnigen Region warf damals Georgien vor, ihr Territorium auszuspähen. Georgien wies die Vorwürfe ebenfalls zurück.

Die im Süden des Kaukasus an das Schwarze Meer grenzende Abchasische Republik gehört zu Georgien, hatte sich jedoch 1992 für unabhängig erklärt, was zu einem blutigen Krieg führte. Der Sezessionskrieg dauerte etwas länger als ein Jahr, führte zu Kriegsverbrechen, vielen tausend Toten und zur Vertreibung von vielen Georgiern, die in Abchasien gelebt hatten. Im Mai 1994 wurde ein Waffenstillstand vereinbart.

Heute ist Abchasien de facto ein autonom agierender, jedoch international nicht anerkannter Staat. Bislang sichert ein Friedenskontingent der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) die Einhaltung des Waffenstillstandes zwischen Georgiern und Abchasen. Deutschland zählt neben Russland, den USA, Großbritannien und Frankreich zu den Freunden des georgisch-abchasischen Friedensprozesses.


Abchasien-Konflikt: Georgien schaltet russischen Friedenssoldaten den Strom ab

MOSKAU, 21. April (RIA Novosti). Nachdem Russland den beiden abtrünnigen georgischen Provinzen, Abchasien und Südossetien, Unterstützung zugesichert hatte, hat Georgien die Stromversorgung für das russische Friedenskontingent im Raum des georgisch-abchasischen Konfliktes eingestellt.

Die Stromversorgung sei am 17. April abgeschaltet worden, teilte der Sprecher des russischen Friedenskontingents, Alexander Diordijew, mit. Nach seinen Worten erhielt die russische Seite von Georgien bisher keine offiziellen Erklärungen.

Der Sprecher trat Medienberichten entgegen, dass die russischen Truppen seit Juni 2007 für die Stromversorgung nicht mehr bezahlt hätten und bereits mehr als 45 000 Dollar schulden sollen. Das Friedenskontingent in Abchasien sei auf Beschluss des Staatschefsrats der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) stationiert worden, dessen Mitglied Georgien sei, sagte Diordijew. Auf Beschluss des GUS-Staatschefsrats habe Georgien das Friedenskontingent unentgeltlich mit Wasser und Strom zu versorgen. Ungeachtet der Stromabschaltung erfülle das Friedenskontingent seine Aufgaben ohne Beeinträchtigung weiter, sagte der Sprecher. Sowohl auf dem Hauptstützpunkt als auch auf den einzelnen Posten gebe es Reservegeneratoren.

Ein aus russischen Soldaten bestehendes Friedenskontingent der GUS wurde 1994 nach einem blutigen Krieg zwischen Georgiern und Abchasen eingesetzt und sichert seitdem die Einhaltung des Waffenstillstandes.

Einen Tag vor der Stromabschaltung durch Georgien hatte der russische Präsident Wladimir Putin eine "substantielle Unterstützung" der Bevölkerung in den beiden abtrünnigen georgischen Provinzen, Abchasien und Südossetien, angeordnet. Demnach erkennt Russland die Behörden in den beiden De-facto-Staaten sowie die von ihnen ausgestellten Pässe und sonstigen Dokumente an. Außerdem tritt Moskau in Konsularbeziehungen mit den beiden De-facto-Staaten. Georgien warf Russland daraufhin vor, seine Souveränität zu verletzen.

Abchasien und Südossetien sind stabilisierte De-facto-Staaten im südlichen Kaukasus, die völkerrechtlich jedoch als Teil Georgiens gelten. Nach der Kosovo-Unabhängigkeit in diesem Februar appellierten die beiden abtrünnigen Republiken an die Weltgemeinschaft und vor allem an Russland, ihre Unabhängigkeit offiziell anzuerkennen. Nach der Prüfung der Appelle empfahl die Staatsduma (Unterhaus des russischen Parlaments) dem Präsidenten und der Regierung, die Anerkennung von Abchasien und Südossetien zu erwägen.


Nach Abschuss georgischer Drohne: Russischer Botschafter ins georgische Außenamt einbestellt

MOSKAU, 21. April (RIA Novosti). Der russische Botschafter in Georgien, Wjatscheslaw Kowalenko, ist am Montag (21. April) im Zusammenhang mit dem Abschuss einer georgischen Drohne durch ein russisches Flugzeug in das georgische Außenministerium einbestellt worden.

Dem Botschafter solle eine Protestnote gegen die Vernichtung einer georgischen Drohne überreicht werden, wie der georgische Fernsehsender Rustawi 2 am Montag berichtete. Die Drohne, die einen "planmäßigen Flug im westlichen Teil des Landes" absolvierte, war von einem russischen Kampfflugzeug des Typs MiG-29 abgeschossen worden.

Das georgische Außenministerium hat diese Angaben bislang nicht bestätigt. Zuvor hatten die russischen Fliegerkräfte die Behauptung der georgischen Luftwaffe als "Erfindung" zurückgewiesen, dass ein russischer Jäger eine Drohne über dem Territorium Georgiens abgeschossen hatte.

Quelle: Alle Nachrichten von der Russischen Nachrichtenagentur RIA Novosti; http://de.rian.ru




Zurück zur Georgien-Seite

Zur Russland-Seite

Zurück zur Homepage