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Krisenland Georgien

Daten und Informationen zur Geografie, Geschichte, Wirtschaft und Politik

Im Folgenden wollen wir einen ersten Überblick über die Topografie eines Landes geben, das in den Novembertagen 2003 im Mittelpunkt des internationalen Interesses steht: Georgien.
Aus verschiedenen Quellen haben wir eine Zusammenstellung grundlegender Informationen über die Geografie, Wirtschaft, Geschichte und Politik der ehemaligen Sowjetrepublik vorgenommen.


Geografie

Fläche: 69.700 qkm. Dies entspricht der Größe eines Deutschen Bundeslandes wie Bayern. Geograpisch kann man Georgien als eine Landbrücke zwischen dem Schwarzen und dem Kaspischen Meer bezeichnen, was auch die wichtige strategische Bedeutung des Landes hervorhebt. Zu dieser Landbrücke gehören zudem noch Aserbaidschan und Armenien. Die geograpische Breite Georgiens liegt zwischen dem 40. und dem 45. Breitengrad. Dies entspricht etwa der Breite von Mittelitalien. Tiflis liegt etwa auf der Breitenlage von Rom, etwas nördlicher als Madrid. Die östliche Lage, die etwa der der Türkei und das Iran entspricht, bringt einen Zeitunterschied von 3 Stunden gegenüber der Mitteleuropäischen Standardzeit mit sich. Gebirge und landschaftliche Gliederung Neben des beiden Meeren bilden zwei Gebirge die natürliche Grenze Georgiens. Der Große Kaukasus im Norden erreicht Höhen von über 3000 Metern, höchster Gipfel ist der Kasbek mit 5047 Metern. Dieser Teil des Kaukasus erstreckt sich in Ost-West-Ausdehnung über eine Länge von 1100 km und erreicht in Süd-West-Richtung eine Breite von 180 km. Seine Gipfel sind auch im Sommer von Schnee bedeckt. Im Süden bildet der Kleine Kaukasus die Grenze Georgiens. Dieser Gebirgszug ist niedriger als der Große Kaukasus und Ergebnis einer bedeutend älteren Gebirgsfaltung. Näheres dazu finden sie in der Geologie Georgiens. Das hohe Gebirge bedeutet für die Landbrücke einen klimatischen Gunstfaktor, denn es schirmt das Land klimatisch nach Norden hin ab. Daher können die Winterstürme nicht weit in den Süden vordringen, wie es z. B. bei den Blizzards in den USA der Fall ist. Auch die sibirische Kälte wird vom Großen Kaukasus abgeschirmt. Dies hat entsprechend positive Folgen für die georgische Landwirtschaft. Als natürliche Grenze bildet der große Kaukasus heute die Grenze zu Rußland, der Kleine Kaukasus zur Türkei und zum Iran. Ein weiteres System von Gebirgszügen unterteilt Georgien in einen westlichen und einen östlichen Teil. Das Suramo- und das Adscharo-Imeretische Gebirge verbinden die beiden Züge des Kaukasus in nordsüdlicher Richtung und bilden die Wasserscheide zwischen Schwarzem Meer nach Westen und Kaspischem Meer nach Osten hin. Neben den Gebirgen ist ein Drittel der Fläche Georgiens von Hügeln bedeckt. Nur rund 13 der Fläche des Landes sind Ebenen. Dieses Fläche teilen sich neben Flußniederungen und Gebirgstälern einige Hochplateaus. Rund 20% des Landes liegen über 2000 Metern, die durchschnittliche Höhe über dem Meer liegt bei 1230 Metern. In Westgeorgien ist die Flußniederung des Kolchis mit einer Länge von etwa 100 km die einzige bedeutende Tiefebene. Dagegen sind Tiefebenen des Unteren und Inneren Kartli von größerer Fläche, ebenso das Kachetische und Alsaner Hochplateau. Diese laufen in der Bergsteppe von Schirak aus, die nach Osten hin vom Mingetschaurischen Stausee begrenzt wird, der die Grenze zu Aserbaidschan bildet. Die vielgestaltige Landschaft Georgiens mit ihrem Wechsel von Gebirgen, Hügelländern und Tiefländern bringt auch eine entsprechend abwechslungsreiche Gliederung des Klimas mit sich. Wichtige Einflüsse sind die unterschiedlichen Höhenstufen der Gebirgszüge und die von Westen nach Osten hin abnehmende Niederschlagsneigung. Grob gesehen läßt sich Georgien in ein mediterranes Klima einordnen. Aber eben durch die Vielgestalt des Landes bildet sich auch eine entsprechende klimatische Vielfalt heraus. Der Große Kaukasus trennt Georgien klimatisch nach Norden hin von den anderen Staaten der GUS ab. Er schützt Georgien vor den klimatischen Einfüssen der trockenen Steppen an Wolga und Don ebenso wie vor den winterlichen Kälteeinbrüchen aus dem mittelasiatischen Raum. Ebenso schützt der Kleine Kaukasus das Land vor der sommerlichen Hitze aus dem Raum des Iran und Irak. Schließlich wirken sich noch das Schwarze und das Kaspische Meer als klimatische Puffer aus. Durch ihre Wassermassen sind sie in der Lage, heiße und eiskalte Stürme in gewissem Rahmen zu neutralisieren und ausgleichend zu wirken. Die klimatische Gliederung Das Sioni-Becken ist von subtropischem Klima geprägt. Die Niederschäge liegen zwischen 1200 mm und 2500 mm im Jahr, wobei sie von Norden nach Süden hin zunehmen. Durch den Einfluß des Föns im Rückstau der umgebenden Gebirge sind die Winter in der Regel frostfrei, das Januarmittel liegt bei 4°C. Die Sommer sind feucht und warm, der August ist mit 28°C Mittel der wärmste Monat. Hier gedeiht eine üppige subtropische Vegetation mit Palmen und Zitrusfrüchten. Von Westen nach Osten hin nimmt die Niederschlagsneigung stetig ab. Im Surami-Gebirge und dem Hügelland der oberen Mtkwari ist der Niederschlag mit 400-600 mm bereits erheblich niedriger als in der Sioni-Niederung. Die Landschaft ist hier von kontinentalen Klimaeinflüssen geprägt. Heißen Sommern stehen kalte Winter gegenüber. Die natürliche Vegetation ist entsprechend von Grassteppen und Trockenwäldern geprägt. Weiter zum Kaspischen Meer hin dehnt sich das Tiefland der Mtkwari-Niederung aus. Hier fällt der Niederschlag mit 200-300 mm im Jahr noch spärlicher. Als Folge hat die Landschaft den Charakter eines Steppenlandes, das nach Osten hin stetig trockener wird. Das Klima im Großen Kaukasus schließlich kann man als alpin bezeichnen. Hier wirkt sich die Breitenlage - etwas südlicher als die Alpen und die Höhenlage - etwas höher als die Alpen - aus. Historische Entwicklung In der langen Geschichte des Landes hat die Landwirtschaft für die Ernährung der Bevölkerung gesorgt. Ein zweiter wichtiger Wirtschaftsfaktor war der Handel. Denn gerade die Lage an der Seidenstraße hatte einen regen Warenverkehr durch Georgien zur Folge. Hinzu kamen einige Bodenschätze, vor allem reiche Vorkommen an Manganerz. Öl allerdings findet sich erst weiter im Osten. Mit dem Beginn des 20. Jh. kam die Industrie nach Georgien. Mit der Eingliederung in die Sowjetunion wurde die Schwerindustrie planmäßig ausgebaut. In Kutaissi entstand ein Automobilwerk, in Rustawi ein Stahlwerk, in Tbilissi wurden elektrische Lokomotiven hergestellt. In der Folge stieg der Wert der Warenproduktion zwischen 1913 und 1986 um das 70fache. Jedoch sah die Planwirtschaft die gesamte Sowjetunion als einheitlichen Wirtschaftsaum. Daher saßen die Zulieferer für die Werke in anderen Teilen des Staates. Das Maganerz wurde in der Ukraine und Südrußland verarbeitet. Für die Zeit nach der Unabhängigkeit bedeutete dies, daß die Lieferungen aus den GUS-Staaten ausblieben und beiden Werke schließen mußten. Sie konnten keine Produkte liefern, die auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig waren. In den 70er Jahren hatte die westliche Industrie die Technologie der östlichen Staatshandelsländer endgültig überholt. Dies bedeutete auch das Fehlen von Devisen, mit denen man Investitionen hätte tätigen können. Die Lage heute Von dem Mangel an Devisen war vor allem die Energiewirtschaft Georgiens betroffen. Die Wasserkraftwerke im Kaukasus können den Eigenbedarf des Landes an Strom nicht decken. Der Brennstoff für die Erdgas- und Erdölkraftwerke muß aus Aserbaidschan gegen harte Devisen importiertwerden. Entsprechend häuften sich zu Beginn der 90er Jahre die Stromabschaltungen, die ein geregeltes wirtschaftliches unmögliche machten und gerade im Winter für die Bevölkerung eine große Härte darstellten. Zudem hatten die Bürgerkriege sowie die militärischen Konflikte mit Abchasien und Südossetien einen ruinösen Einfluß auf die Wirtschaft. Der Markt wurde mit türkischen Billigprodukten überflutet. Das Bruttoeinkommen der Bevölkerung sank von 1991 bis 1994 um 70%, der größte Teil der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze. Viele Georgier suchten ihr Auskommen im Kleinhandel. Sie erwarben im Ausland Waren wir Autos, Textilien und Kleinschränke, verkauften diese dann auf dem Schwarzmarkt. Die Lage besserte sich 1995 etwas mit der Einführung des Lari als eigener Staatswährung. In den letzten Jahren war es offizielle Politik des Landes, sich zum Westen hin zu öffnen. Wichtig ist dabei die Lage Georgiens als Bindeglied zwischen Westeuropa und den Ölvorkommen am Kaspischen Meer. Hoffnungen setzt man auch auf die Wiederbelebung der Seidenstraße, denn Georgien bietet für den Handel zwischen Europa und Asien als Durchbruch zwischen den Gebirgszügen des Kaukasus eine wichtige verkehrsgeographische Rolle. Pipeline bei Supsa In den letzten beiden Jahren zeigen sich Anzeichen einer wirtschaftlichen Normalisierung. Zwischen Deutschland und Georgien wurden mehrere Abkommen zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit unterzeichnet, hinzu kommen Fördergelder für Deutsch-Georgische Projekte in mehrfacher Millionenhöhe. Ein wichtiger Punkt ist die Unterzeichnung eines weiteren Abkommens der OSZE-Staaten Ende 1999 in Istanbul für den Bau einer Erdöl-Pipeline durch Georgien. Diese wird voraussichtlich im Jahr 2004 fertiggestellt sein. Ein Terminal zum Verladen des Öls in Supsa am Schwarzen Meer ist bereits in Teilen fertiggestellt. Weitere Informationen zu den Deutsch-Georgischen Abkommen gibt es auch beim Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Quellen: