Saakaschwili will zurück in den Krieg
Von Andrej Fedjaschin *
Als US-Vizepräsident Joe Biden im Juli nach Georgien kam, soll er bewusst
die Georg-Bush-Straße in Tiflis gemieden haben.
Die Straße hieß zuvor Melaanskaja. Der Weg vom Flughafen in die Altstadt
von Tiflis verläuft teilweise über sie. Mit Barack Obama als
US-Präsidenten ist die Straßenbezeichnung für den georgischen
Präsidenten Saakaschwili unangenehm. Obama, der französische Präsident
Sarkozy, die deutsche Kanzlerin Merkel und der größte Teil Westeuropas
sind auf Distanz zu Saakaschwili gegangen.
Je näher der erste Jahrestag des "Kaukasus-Krieges" rückt, desto öfter
ist zu hören, wie furchtbar Georgien von Russland bedroht werde. Die
Spannungen an der Grenze nähmen, wenn man Saakaschwili glaubt, von
Minute zu Minute zu und jede Stunde verlege die russische Armee Grenzpfähle.
EU-Beobachter in Georgien verkündeten am 4. August, bislang keine
Verschiebung der Grenzmarkierungen entdeckt zu haben. Wie die Briten
sagen, können Fakten ein schönes Märchen verderben.
Sowohl in Europa als auch in den USA sind nach etlichen Publikationen
und TV-Filmen die Ursachen umgedacht und die wahren Hauptschuldigen des
Kaukasus-Krieges aufgedeckt worden. Allerdings ist die Veröffentlichung
des letzten EU-Berichts über diesen Krieg bis zum September aufgeschoben
worden.
Ursprünglich sollte er am 31. Juli publik gemacht werden. In einigen
Nachrichten wurde Georgien als der Schuldige ausgemacht, weil es gegen
das Völkerrecht verstoßen hatte und Russland eine logische Reaktion
darauf geben musste.
Der Bericht ist offiziell aufgeschoben worden, weil angeblich einige
neue Fakten entdeckt worden seien. Aus Diplomatenkreisen in Brüssel
heißt es dagegen, dass man Saakaschwili nicht kurz vor dem Jahrestag des
Kriegs die letzte Hoffnung rauben wolle.
Bei Bidens Besuch in Tiflis haben die USA weder schriftlich noch
vertraglich etwas versprochen (etwa Georgien Waffen zu liefern),
vielmehr wollten sie "die militärische Hilfe auf die Ausbildung, Planung
und Organisation konzentrieren". Solche Formen der US-Hilfe bedeuten
gewöhnlich eine größere Kontrolle über die militärische Macht kleiner
Verbündeter, um gerade Ereignisse wie den Südossetien-Konflikt zu
verhindern.
Für die USA ist kein gutes Geschäft, an das zahlungsunfähige Georgien
Waffen zu liefern. Zudem verpflichtete sich Washington unter Präsidenten
George W. Bush ohnehin, die ganze georgische Bürokratie "auf sich zu
nehmen", wofür es Saakaschwili als Entschädigung für den kleinen Krieg
über eine Milliarde Dollar bereitstellte. 250 Millionen Dollar sind
schon überwiesen worden.
Glaubt man den Dokumenten des Finanzministeriums, so ist das Geld für
Altersrenten, Stipendien, Sozialleistungen und Flüchtlingshilfe
bestimmt. Aber ein bedeutender Teil davon soll "für die Entschädigungen
und Gehälter der Regierungsbeamten aller Ministerien mit Ausnahme des
Verteidigungs- und des Innenministeriums" verwendet werden. Das beweist
unter anderem, dass die USA ohnehin den gesamten georgischen
Regierungsapparat seit den Jahren der Bush-Administration offen unterhalten.
Übrigens fallen auf den August mehrere tragische Jubiläen von Kriegen,
die die georgische Regierung gegen jene führte, die das Land im Süden
des Kaukasus bevölkerten. Am 14. August vor 17 Jahren griff die
georgische Armee Abchasien an.
1992 schickte der georgische Präsident Eduard Schewardnadse Truppen nach
Suchumi: Das war ein erschreckendes Gemisch aus militärischen,
paramilitärischen Einheiten und Banditengruppen. Tausende Menschen kamen
ums Leben. 200 000 Georgier mussten Abchasien verlassen.
Im vorigen Jahr wiederholten Saakaschwili und seine Mitstreiter
lediglich den Abchasien-Feldzug. Schade, dass sich daran kaum noch
jemand erinnert. Auch damals wurde vom "Kampf gegen die Separatisten"
sowie von der "Erhaltung der territorialen Integrität und der
Souveränität Georgiens" geredet.
In der Zeitschrift "Le Monde Diplomatique" äußerte sich Goga (Georgi)
Chaindrawa, ehemaliger Mitstreiter Saakaschwilis und von 2004 bis 2006
Konfliktregelungsminister, zur Situation im Kaukasus. Im April 1993
sagte er einem Korrespondenten der Zeitschrift: "Es leben lediglich 80
000 Abchasen. Folglich können wir den gesamten genetischen Fonds ihrer
Nation mühelos und komplett vernichten, wenn wir an die 15 000 ihrer
jungen Menschen töten. Wir sind imstande, das zu tun."
Die Meinung des Verfassers muss nicht mit der von RIA Novosti
übereinstimmen.
* Aus: Russische Nachrichtenagentur RIA Novosti, 6. August 2009;
http://de.rian.ru
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