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Hoffnung auf Atempause zerplatzt

Waffenruhe in Gaza hielt nicht. Israel und Hamas machen sich gegenseitig verantwortlich *

Eine auf Vermittlung der Vereinten Nationen und der USA zwischen Israel und der palästinensischen Hamas vereinbarte 72stündige Waffenruhe ist am Freitag schon kurz nach ihrem Beginn gescheitert. Beide Seiten machten sich gegenseitig für den Bruch der Abmachung verantwortlich. Ein israelischer Militärsprecher erklärte, etwa 90 Minuten nach dem Inkrafttreten der Feuerpause am Freitag morgen um 7.00 Uhr seien Soldaten bei Rafah im Süden des Küstenstreifens aus einem Tunnelsystem heraus angegriffen worden. Zwei Soldaten seien getötet worden, ein weiterer sei allem Anschein nach von den Angreifern entführt worden. Bei anschließendem israelischen Granatenbeschuß des Gazastreifens wurden nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza mehr als 50 Palästinenser getötet.

Demgegenüber hieß es im Fernsehsender der Hamas, Al-Aqsa TV, Kämpfer der Al-Qassam-Brigaden seien um 6.30 Uhr, also vor Beginn der Waffenruhe, hinter die Linien der »zionistischen Armee« geschleust worden und hätten diese angegriffen. In einer Stellungnahme des Hamas-Informationsbüros und der palästinensischen Nachrichtenagentur Maan News hieß es, die israelische Armee sei in der Nacht zum Freitag etwa 2,4 Kilometer weit in Rafah eingedrungen und habe dort – offiziell auf der Suche nach Tunneln – Wohnhäuser zerstört. Hamas-Kämpfer hätten sich den Soldaten entgegengestellt, daraufhin sei es zu Kämpfen gekommen. Man sei bereit, die Waffenruhe einzuhalten, wenn dies auch der »zionistische Feind« tue, erklärte die Hamas.

In Ägypten geplante Gespräche über einen dauerhaften Waffenstillstand wurden am Freitag jedoch vorläufig abgesagt. Das meldete die staatliche ägyptische Zeitung Al-Ahram unter Berufung auf den Vizechef der Hamas-Exilorganisation, Mussa Abu Marsuk. Grund sei, daß die israelische Delegation ihre Teilnahme abgesagt habe, hieß es.

* Aus: junge Welt, Samstag, 2. August 2014


Zweierlei Maß in Sachen Hamas

Roland Etzel zum Krieg um Gaza **

Keine Friedensgespräche, nicht einmal einen Tag Waffenruhe. Relativ geringfügige Anlässe – gemessen an dem Massensterben, das dieser Krieg bereits verursacht hat – mussten am Freitag als Begründung für den Bruch der Absprachen herhalten. Die israelische Seite gibt sich empört, weil einer ihrer Armeeangehörigen in Gaza von Palästinensern gefangengenommen – sie sagt: entführt – worden ist. Die Armeeführung sagt nicht im selben Atemzug, dass sie selbst seit Beginn ihrer Bodenoffensive Dutzende Palästinenser in Gaza gefangengenommen – sie nennt es: verhaftet – und in israelische Gefängnisse irgendwo im Hinterland gebracht hat.

Es ist dieser schräge Blick von oben auf die »Extremisten«, »Islamisten«, »Terroristen«, als die Hamas-Palästinenser der israelischen Führung noch immer synonymisch und unterschiedslos gelten. Und noch immer teilt die westliche Wertegemeinschaft diese Feldherrenattitüde. Folgerichtig werden Verhandlungen mit Hamas auf Augenhöhe als nicht zumutbar eingestuft. Reden wollte man mit deren Abgesandten in Kairo allenfalls über Dritte. Das ist gar nicht neu. Schon vor mehr als 20 Jahren weigerte sich Israel sehr lange, mit dem »Terroristen« Arafat an einem Tisch zu sitzen.

Entscheidend für die Beurteilung einer Herangehensweise sollte stets sein, ob damit am Ende für beide Seiten akzeptable Lösungen gefunden werden. Das ist völlig offen, aber Kapitulation oder Unterwerfung einer Seite zählen dazu sicher nicht.

** Aus: neues deutschland, Samstag, 2. August 2014 (Kommentar)


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