Finnland stellt Soldaten für NATO-Truppe
Linke kritisieren Salamitaktik auf dem Weg zum vollständigen Beitritt zum Militärbündnis
Von Andreas Knudsen, Kopenhagen *
Die finnische Regierung beschloss auf ihrer Sitzung zu sicherheitspolitischen Fragen die Teilnahme
finnischer Truppen an der NATO-Einsatzgruppe (NRF). Präsidentin Tarja Halonen und die
zuständigen Minister werden dem Parlament einen Bericht vorlegen, wie und mit welchen Kräften
Finnland an der NATO-Truppe teilnehmen wird.
Das Thema war lange diskutiert worden und erst nachdem der Parteivorsitzende der
Sozialdemokraten, Eero Heinäluoma, nach Beratungen mit der schwedischen Schwesterpartei und
amerikanischen Politikern seinen Standpunkt änderte, wurde eine positive Entscheidung möglich.
Der finnische NRF-Beitrag ist noch nicht endgültig festgelegt, aber vorläufige Angaben sprechen von
etwa 200 Mann. Die geschätzten Kosten belaufen sich jährlich auf etwa 20 Millionen Euro, die im
Einsatzfall um bis zu 15 Millionen Euro steigen werden. Die Bestätigung der NRF-Teilnahme
Schwedens wird für Ende März erwartet.
Finnland nimmt bereits an der Einsatzgruppe der EU teil und hat dafür 60 Mann zur Verfügung
gestellt, die in Tschad eingesetzt werden sollen, sobald dies politisch möglich ist und es die
Sicherheitslage zulässt. Darüber hinaus hat Finnland 93 Mann, sowohl Soldaten als auch zivile
Wiederaufbauexperten, als Teil der ISAF-Gruppe in Afghanistan stationiert.
Durch die finnische Regierung wird unterstrichen, dass der Teilnahmebeschluss nichts an der
Bündnisfreiheit des Landes ändert. Doch gerade das wird von der Grünen Partei und der Linkspartei
bezweifelt. Sie sind die einzigen, die sich gegen die Teilnahme ausgesprochen haben. Der
Vorsitzende der Linkspartei, Matti Korhonen, beschuldigte die Regierung, ihre Salamitaktik zum
NATO-Beitritt fortzusetzen. Alle Meinungsumfragen zeigen, dass eine große Mehrheit der Finnen
gegen den Beitritt ist. Korhonen fürchtet außerdem, dass die Verteidigungsausgaben das
angenommene Niveau von 0,7 Prozent des Bruttonationalproduktes durch den
Regierungsbeschluss überschreiten werden. Die Linkspartei bevorzugt eine Stärkung des finnischen
Engagements zur Konfliktlösung im Rahmen der UNO.
Nicht überraschend wurde der Beschluss Finnlands durch den NATO-Sprecher James Appathurai
begrüßt. Die finnischen Streitkräfte sind seit dem Ende des Kalten Krieges zahlenmäßig verringert
worden, doch die Modernisierung des Materials hat eine Erhöhung der Kampfkraft mit sich geführt.
Ein wesentliches Kriterium bei der Beschaffung ist die Kompatibilität zu NATO-Standards.
Die kleine Zahl finnischer Soldaten ändert nichts Prinzipielles an der Einsatzbereitschaft der
Einsatzgruppe, doch die Entscheidung eines bündnisfreien Landes wird als Aufmunterung
betrachtet, die NRF-Pläne weiter zu verfolgen. Die Aufstellung der NRF-Gruppe wurde bereits 2002
mit dem Ziel beschlossen, ständig 25 000 Mann in Bereitschaft zu haben. Die notwendigen
Truppenteile sollten jeweils für sechs Monate wechselweise durch die NATO-Mitgliedsländer zur
Verfügung gestellt werden, doch Kosten und personelle Schwierigkeiten zwangen die Planer, die
Truppe zunächst auf 10 000 und gegenwärtig auf 6 000 Soldaten zu beschneiden.
Die NRF-Truppen sollen u.a. als erste Auffanggruppe für Bedrohungen oder Aggressionen gegen
NATO-Mitglieder fungieren bzw. für friedenserhaltende und friedensschaffende Einsätze außerhalb
des NATO-Gebietes eingesetzt werden.
* Aus: Neues Deutschland, 17. März 2008
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