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Geld nur mit Staatsgarantie

Finnland knüpft Euro-Hilfen an Bedingungen

Von Andreas Knudsen *

Es war ein Schock, als die rechtspopulistischen »Wahre Finnen« bei den finnischen Parlamentswahlen ein Rekordergebnis erzielten. Statt in der Regierung zu sitzen zogen sie einen Platz in der Opposition vor – und setzen von dort aus ihre EU-feindliche Politik erfolgreich durch.

Nicht oft sorgen Ergebnisse finnischer Parlamentswahlen für EU-weites Interesse. Doch bei der letzten Wahl erzielten die Wahren Finnen 19 Prozent der Wählerstimmen und es sah stark nach einer Regierungsbeteiligung aus. In letzter Sekunde machte die Partei einen Rückzieher und drückt jetzt die Oppositionsbank. Sie weiß, dass sie auch von dort aus ihre Politik durchsetzen kann – jedoch ohne dafür Verantwortung tragen zu müssen.

Dies zeigt sich jetzt im Diskurs um Euro-Hilfen. Der Wahlerfolg der Partei hatte auf ihrem vehementen Widerstand gegen Finnlands weitere Teilnahme an EU-Rettungspaketen für notleidende Mitgliedstaaten beruht. Die finnischen Staatsfinanzen sind gesund und in der Bevölkerung ist der Unwillen groß, mit Steuergeldern weniger verantwortungsvolle EU-Länder oder allzu kreditwillige Großbanken stützen zu müssen.

Die frühere finnische Regierungskoalition hatte bereits ihre Teilnahme an Portugalhilfen zugesichert. Ein Ausscheren, wie es die Wahren Finnen propagiert hatten, ist politisch nicht möglich. Doch nun haben sich auch die beiden größten kommenden Regierungsparteien, Konservative und Sozialdemokraten, auf Bedingungen geeinigt, an die ein finnischer Beitrag künftig geknüpft sein soll. Portugal muss sich demnach verpflichten, alles dafür zu tun, um private Kreditgeber im Lande zu halten. Es muss bereit sein, staatliches Eigentum zu verkaufen, so dass finnische Garantien gedeckt sind.

Bei künftigen Hilfsanträgen anderer Staaten wird zudem im Vorfeld genau geprüft werden, wie es mit dem Rückzahlungsvermögen aussieht. Staatliche Garantien, die gegenüber privaten Krediten bevorzugt behandelt werden müssen, werden notwendig sein, damit Finnland in jedem Fall seine Guthaben zurückbekommt. Auch darf der finnische Hilfeanteil nicht im gemeinsamen Haftungspool der Euro-Länder landen, wo er bei mangelndem Rückzahlungsvermögen einem kollektiven Beschnitt unterliegen könnte. Mögliche weitere Forderungen an Banken und Investoren müssen erfüllt werden, bevor Zusagen erteilt werden.

Die ersten Reaktionen aus Brüssel waren zurückhaltend-höflich – man erwarte, dass Finnland seine übernommenen Verpflichtungen gegenüber Portugal honorieren werde. Pikanterweise ist gerade der finnische EU-Kommissar für Wirtschaft und Währung, Olli Rehn, für die Hilfen zuständig. Er musste ungewollt Wortakrobatik betreiben, um die Kluft zwischen europäischen und finnischen Interessen zu überbrücken.

* Aus: Neues Deutschland, 16. Mai 2011


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