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Ouattara verlangt Offensive

Humanitäre Situation in Cote d'Ivoire spitzt sich zu *

Der gewählte Präsident Ouattara hat in Cote d'Ivoire eine neue Offensive gegen den bisherigen Amtsinhaber Gbagbo angekündigt. Paris plant unterdessen Evakuierungsaktionen für seine Staatsbürger in dem Land und schickt noch mehr Soldaten.

Angesichts des blutigen Machtkampfes in Cote d'Ivoire (Elfenbeinküste) hat Frankreich eine groß angelegte Evakuierungsaktion für seine Staatsbürger in dem Land vorbereitet. Auf freiwilliger Basis wurden die Franzosen am Montag (4. Apr.) an sicheren Orten in der Metropole Abidjan zusammengeführt, wie das Außenministerium.

Nach einem Spitzentreffen zu dem afrikanischen Krisenstaat entschied Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy am Sonntagabend, dass die in Abidjan lebenden Franzosen ohne Verzögerung an sicheren Orten zusammengeführt werden sollten. Auf einer Militärbasis in der Stadt versammelten sich am Morgen rund 1800 Menschen. Premierminister François Fillon erklärte, derzeit sei allerdings nicht von einer Evakuierung die Rede. Mit einem Sonderflug waren jedoch am Sonntag bereits 167 Ausländer nach Senegal ausgeflogen worden.

In Abidjan leben 11 800 Franzosen. Dort gab es zuletzt die heftigsten Kämpfe zwischen Anhängern Alassane Ouattaras und seines Rivalen Laurent Gbagbo. 2004 hatte sich die Stimmung zwischen Cote d'Ivoire und Frankreich gefährlich aufgeheizt und zur Flucht Tausender Franzosen geführt, als ivorische Kampfflugzeuge eine Einheit der »Operation Einhorn« angriffen, eine französische Truppe zum Schutz der Zivilbevölkerung. Frankreich hatte darauf die Flugzeuge zerstört.

Die französische Truppe wurde am Montag (4. Apr.) um 300 Soldaten auf 1650 Mann aufgestockt. Die Europäische Union rief die Konfliktparteien auf, die Zivilbevölkerung zu schützen und ein Abgleiten des Landes »in einen Bürgerkrieg« zu verhindern.

Der Chef der Streitkräfte Gbagbos, General Phillippe Mangou, hat nach fünf Tagen am Montag die südafrikanische Botschaft in Abidjan wieder verlassen. Dies bestätigte der Sprecher des südafrikanischen Außenministeriums, Clayson Monyela, gegenüber dpa. Er wisse allerdings nicht, wohin der General mit seiner Frau und seinen fünf Kindern gegangen sei. Mangou war am Mittwoch (30. März) in die Residenz der südafrikanischen Botschaft geflüchtet. Der Armeechef war bis zuletzt loyal zu dem im November abgewählten Präsidenten Gbagbo.

Der international anerkannte Präsident Ouattara kündigte eine neue Offensive in der Stadt an.« Die Situation ist reif für eine schnelle Offensive«, sagte Ouattaras Ministerpräsident Guillaume Soro im Fernsehsender TCI mit Blick auf Abidjan. Zugleich wies die Regierung Ouattaras eine Beteiligung an Massakern im Westen des Landes zurück.

Die UN-Mission im Lande sei während der Kampfhandlungen vergangene Woche nicht vor Ort gewesen und könne somit auch keine derartigen Vorwürfe erheben, sagte Ouattaras Botschafter in Frankreich, Ally Coulibaly. Ein UN-Gesandter war am Sonntag (3. Apr.) in Cote d'Ivoire eingetroffen, um die Vorwürfe zu untersuchen, nach denen Hilfsorganisationen zufolge bis zu 1000 Menschen getötet wurden.

Der Nothilfekoordinator der Organisation »Ärzte ohne Grenzen« in Cote d'Ivoire, Renzo Fricke, bezeichnete die Lage als »extrem beunruhigend«. Wegen der schweren Kämpfe in Abidjan seien die Menschen seit Donnerstag vergangener Woche in ihren Häusern geblieben. Inzwischen gehen der Bevölkerung die Lebensmittel aus. Doch selbst wer sich auf die Straße wagt, kann kaum noch etwas kaufen, weil die meisten Geschäfte geschlossen oder ohnehin geplündert sind.

* Aus: Neues Deutschland, 5. April 2011


Französische Soldaten nach Côte d’Ivoire **

Banges Warten kennzeichnete am Montag (4. Apr.) die Lage in der westafrikanischen Wirtschaftsmetropole Abidjan. Ein Sprecher von Alassane Ouattara, der die Präsidentschaft von Côte d’Ivoire (Elfenbeinküste) beansprucht, hatte am Morgen angekündigt, daß die Rebellentruppen zu einem »letzten Schlag« ausholen würden, um den »in die Ecke getriebenen Rivalen« Laurent Gbagbo zu besiegen. Tausende Soldaten Ouattares sammelten sich an einer Mautstation etwa 30 Kilometer vor dem Zentrum von Abidjan. Der amtierende Präsident Gbagbo hatte seine Anhänger bereits am Sonntag zu den Waffen gerufen. Zahlreiche Unterstützer kamen zu seinem Wohnsitz und bildeten einen »menschlichen Schutzschild«.

Unterdessen schloß sich der Chef der ivorischen Streitkräfte, General Philippe Mangou, der Armee wieder an. Er hatte am Sonntag den Wohnsitz des südafrikanischen Botschafters, in den er sich in der vergangenen Woche mit seiner Frau und seinen fünf Kindern geflüchtet hatte, verlassen. »Der General ist bei uns«, sagte Leutnant Jean-Marc Tago. »Unser Plan ist es, die Institutionen der Republik gegen alle Feinde zu verteidigen – gegen die Rebellen, die Söldner, die UN und alle, die die von Laurent Gbagbo geführten Institutionen der Republik angreifen.«

Die ehemalige Kolonialmacht Frankreich, die bereits vor Jahren offen für die Rebellenarmee Partei ergriffen hatte, verstärkte derweil ihre im Land befindlichen Truppen. Sie sollen demnächst 1650 Mann umfassen – noch vor wenigen Wochen gehörten der Operation »Licorne« (Einhorn) offiziellen Angaben zufolge etwa 900 Soldaten an. Zugleich sollten in Côte d’Ivoire lebende französische Staatsbürger »an sichere Orte« gebracht werden. »Es handelt sich um keine allgemeine Evakuierung«, erklärte am Montag der dortige französische Botschafter Jean-Marc Simon. Frankreichs Truppen hatten am vergangenen Donnerstag die Kontrolle über den Flughafen von Abidjan übernommen. Ihr Stützpunkt befindet sich nur wenige hundert Meter von der Landebahn entfernt. (dapd/dpa/AFP/jW)

** Aus: junge Welt, 5. April 2011


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