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Entscheidung in El Salvador

Bei den Präsidentschaftswahlen am kommenden Sonntag hat die regierende FMLN gute Chancen, ihre Position zu verteidigen

Von Lena Kreymann *

In El Salvador wird am 2. Februar ein neuer Präsident gewählt. Den Umfragen zufolge hat die regierende linke Befreiungsfront Farabundo Martí (FMLN) gute Chancen, als stärkste Partei aus den Wahlen hervorzugehen. Wie die Mitte-Rechts-Zeitung La Prensa Gráfica schrieb, führt die FMLN nach Ergebnissen der Universität UCA mit 40,8 Prozent, die rechte Republikanisch-Nationalistische Allianz ARENA bleibt mit 27,4 Prozent dahinter zurück, während das gemäßigt konservative Bündnis Unidad gerade einmal 11,6 Prozent erreicht. Die beiden anderen antretenden Parteien liegen demnach bei unter einem Prozent. Allerdings kommt es nach salvadorianischem Wahlrecht zur Stichwahl, wenn keine Partei auf Anhieb mehr als 50 Prozent auf sich vereinen kann.

Zahlreiche Organisationen, Künstler und politische Gruppen haben dem Präsidentschaftskandidaten der FMLN und bisherigen Vizepräsidenten, Salvador Sánchez Cerén, ihre Unterstützung zugesichert – trotz oder gerade aufgrund der massiven Wahlkampagne des ARENA-Kandidaten Norman Quijano, die sich vor allem gegen die FMLN richtete, statt mit eigenen Inhalten aufzuwarten. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Prensa Latina bezogen sich fast alle Spots von ARENA auf die Gewalt und die daraus resultierende Unsicherheit im Land. Die Republikanisch-Nationalistische Allianz macht den amtierenden FMLN-Präsidenten, Mauricio Funes, und sein Kabinett dafür verantwortlich.

Als Reaktion auf die ARENA-Kampagne rief der FMLN-Sekretär der Hauptstadt San Salvador, Benito Lara, dazu auf, sich nicht durch die Kampagne beunruhigen zu lassen, wie Prensa Latina am Donnerstag vergangener Woche berichtete. »Die Rechte konzentriert sich wieder einmal auf das Thema der Unsicherheit. Ich rufe die Bevölkerung dazu auf, sich nicht einschüchtern zu lassen.«

Anders als die ARENA-Werbung suggeriert, ist die Mordrate in El Salvador in der vergangenen Amtsperiode gesunken, ohne daß dazu die repressiven Pläne der vorherigen ARENA-Regierungen angewendet wurden. Die FMLN, die 2009 zum ersten Mal die Rechte besiegt hatte, setzte statt dessen auf umfassende Sozialprogramme, Bildungspläne, Infrastrukturmaßnahmen und eine Gesundheitsreform. Die »Regierung des Wandels« will in der kommenden Legislatur diesen Kurs fortsetzen. Mit Cerén kandidiert zudem ein Vertreter des linken Flügels der FMLN. Diese entstand ab 1980 als breites Bündnis gegen die damalige Militärdiktatur und führte den bewaffneten Kampf gegen das Regime. Beteiligt an ihr waren die Kommunistische Partei und verschiedene Guerrillaorganisationen. Infolgedessen ist sie bis heute sehr heterogen.

Cerén hatte bereits im Oktober auf einer Gedenkfeier für den FMLN-Gründer Schafik Handal verkündet, dem linken Staatenbündnis ALBA beitreten zu wollen. »Schließlich gehören wir bereits zur ALBA, wir sind Teil dieses Denkens, das die Ideale Martís, Sandinos und Bolívars in sich trägt«, erklärte der Kandidat. Der amtierende Präsident Funes hatte sich einem Beitritt bisher widersetzt, auch wenn sich zahlreiche Stimmen in der FMLN dafür ausgesprochen hatten. Funes, der der FMLN erst kurz vor der letzten Präsidentschaftswahl beigetreten war, pflegte statt dessen gute Kontakte zu den USA.

Währenddessen bemüht sich die rechte Opposition vor allem, Verbindungen zwischen der FMLN und den kriminellen Mara-Banden aufzuzeigen. Am Mittwoch vergangener Woche behaupteten mehrere ARENA-Abgeordnete, von einem Hacker übermittelte Aufnahmen bewiesen, daß die Regierung 2012 den Waffenstillstand zwischen den beiden Gangs MS-13 und Mara 18 betreut und diese mit Hafterleichterungen belohnt hätte.Bereits zwei Wochen zuvor hatte der ARENA-Vorsitzende Jorge Velado die FMLN verdächtigt, mit Hilfe der Banden die Bevölkerung zur Abstimmung für sich zu nötigen.

Funes forderte am Montag vergangener Woche die Staatsanwaltschaft auf, die Existenz »illegaler Geheimdienststrukturen« von ARENA zu untersuchen, wie der lateinamerikanische Fernsehsender TeleSur berichtete. Velado soll deren Existenz gegenüber einem Lokalsender zugegeben haben, indem er sie als Quelle der Informationen über die Verbindungen zwischen der FMLN und den Maras nannte. »Untersuchungen des staatlichen Geheimdienstes zufolge heißt diese Struktur Omega, und das außergerichtliche Geständnis Velados beweist, daß sie effektiv als Teil dieser politischen Partei agieren«, sagte der salvadorianische Amtsträger laut Prensa Latina.

* Aus: junge Welt, Freitag, 31. Januar 2014


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