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Knapper Sieg der Rechten

Bei den Parlamentswahlen in El Salvador erklärt sich die Arena-Partei zum Gewinner. FMLN spricht von Patt

Von Kerem Schamberger *

Bei den Parlamentswahlen in El Salvador vom Sonntag (11. März) liegt die rechtsgerichtete oppositionelle Arena-Partei knapp vorn. Nach Auszählung von mehr als 70 Prozent der Wahlbüros entfallen Prognosen zufolge 33 Parlamentssitze auf die Arena-Partei (Nationalistische Republikanische Allianz) und 31 auf die regierende Linkspartei FMLN (Nationale Befreiungsfront Farabundo Martí) von Präsident Mauricio Funes. Auf dem dritten Platz folgt danach mit elf Mandaten die konservative Koalition Gana (Große Allianz für die Nationale Einheit), eine Abspaltung der Arena-Partei. Sechs kleinere Parteien sowie erstmals fünf unabhängige Kandidaten waren ebenfalls angetreten, konnten aber keine größeren Erfolge verbuchen. Laut lokalen Medien lag die Wahlbeteiligung bei 60 Prozent.

Während sich Vertreter von Arena zum eindeutigen Wahlsieger erklärten, sprach die FMLN von einem Unentschieden. Berichten des lateinamerikanischen Fernsehsenders Telesur zufolge feierten Anhänger beider Parteien nach Bekanntgabe der ersten Ergebnisse auf den Straßen der Hauptstadt San Salvador.

Rund 4,5 Millionen Wahlberechtigte waren in dem mittelamerikanischen Land aufgerufen, die 84 Parlamentsabgeordneten zu wählen. Nach Angaben der obersten Wahlbehörde erhielt Arena etwa 40 Prozent der Stimmen, die FMLN kam auf knapp 37 Prozent und Gana auf rund 9,5 Prozent. Als stärkste Fraktion wird Arena künftig den Parlamentspräsidenten stellen.

Die ehemalige Guerillaorganisation FMLN hatte bisher 35 Abgeordnete im Parlament, Arena nur 19. 2009 gelang es der linken FMLN, erstmals mit Mauricio Funes bei den Präsidentschaftswahlen den Posten des Staatschef zu erringen, nachdem dieser 20 Jahre lang von Arena gestellt worden war.

Parallel zur Parlamentswahl fanden Kommunalwahlen statt, bei denen die 260 Bürgermeister des Landes gewählt wurden. In der Hauptstadt San Salvador wurde Bürgermeister Norman Quijano von der Arena-Partei wiedergewählt. Gegen ihn trat der FMLN-Kandidat Jorge Schafik Handal an, der Sohn des im Jahr 2006 verstorbenen legendären Guerillakommandeurs Schafik Handal. Dieser war Mitbegründer der FMLN und 35 Jahre lang Vorsitzender der Kommunistischen Partei El Salvadors. Das Amt des Bürgermeisters der Hauptstadt gilt als politisch äußerst bedeutsam. In San Salvador lebt fast die Hälfte der Bevölkerung des Landes.

3250 internationale und nationale Wahlbeobachter, unter anderem von der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) beobachteten den Ablauf der Wahlen Sie konnten keine besonderen Vorfälle melden, berichtete Telesur.

Im Wahlkampf versprach die FMLN Sozialprogramme sowie die Schaffung von Arbeitsplätzen. Arena, die früher Kontakte zu rechtsextremen Todesschwadronen unterhalten hatte, warb mit einer verschärften Bekämpfung von Kriminalität und Jugendbanden. El Salvador hat derzeit eine Arbeitslosenquote von rund 36 Prozent sowie mit 70 Morden auf 100000 Einwohner eine der höchsten Mordraten der Welt.

* Aus: junge Welt, 13. März 2012


Die Rechte siegt in El Salvador

Regierende FMLN lässt bei Parlamentswahlen Federn

Von Oliver Lüthi, San José **


Die regierende Nationale Befreiungsfront Farabundo Martí (FMLN) ist nach den Wahlen am Sonntag (11. März) nur noch zweitstärkste Kraft im Parlament El Salvadors.

Drei Jahre nach ihrem historischen Triumph, als die ehemalige Guerillabewegung FMLN zunächst ins Parlament einzog und anschließend zum ersten Mal das Präsidentenamt El Salvadors eroberte, hat die FMLN ihre führende Stellung in der Nationalversammlung verloren. Künftig ist sie dort nur noch zweitstärkste Partei nach der rechtskonservativen National- Republikanischen Allianz (ARENA), die laut Hochrechnungen 33 Abgeordnetenmandate gewann. Auf die FMLN entfallen 31 Sitze, die gemäßigt rechte GANAPartei stellt 11 Abgeordnete.

Die ARENA feierte in der Wahlnacht euphorisch das zweitbeste Wahlergebnis der vergangenen 15 Jahre. Nach Bekanntgabe erster Resultate trat die Parteispitze um deren Chef Alfredo Cristiani in der Hauptstadt San Salvador vor die Presse und verkündete: »Einige haben uns vor drei Jahren tot geglaubt, aber heute stehen wir hier als Sieger, wie immer bereit, das Beste für unser Land zu geben.«

Mit rund 40 Prozent der Stimmen bestätigte ARENA die letzten Umfragergebnisse. Auch bei den gleichzeitig abgehaltenen Bürgermeisterwahlen verzeichnete die Rechte Gewinne, indem sie mehrere bedeutende Provinzstädte eroberte. In San Salvador distanzierte Amtsinhaber Norman Quijano seinen linken Herausforderer Jorge Schafik Handal mit 65 Prozent der Stimmen deutlich.

ARENA ließ in der Wahlnacht auch gleich ihr eigentliches Ziel erkennen: die Rückeroberung des Präsidentenamtes im Jahre 2014. Ihr Kandidat für diesen Posten dürfte der triumphierende Hauptstadt- Bürgermeister Quijano sein. Der kritisierte in seiner Siegesrede vor allem die Abtrünnigen um den ehemaligen Präsidenten Antonio Saca, die sich von ARENA getrennt und mit der GANA-Partei eine eigene Parlamentsfraktion gebildet hatten. Allerdings scheint nach dem jüngsten Wahlergebnis ein neuerlicher Schulterschluss wahrscheinlich.

Für die FMLN endete der Wahltag in Enttäuschung. Die geplante Wahlfeier im Zentrum San Salvadors wurde kurzfristig zur Pressekonferenz umgewandelt, und auch die endete bereits nach wenigen Minuten. Neben dem Verlust der dominierenden Stellung im Parlament musste die Partei einen herben Rückschlag auch im traditionell links beherrschten Departement San Salvador hinnehmen. Sie verlor dort drei Bürgermeisterämter und wird nun nur noch in elf Städten regieren.

Die FMLN erhielt bei dieser Abstimmung die Quittung für den Streit mit Staatspräsident Mauricio Funes, der formal Parteimitglied ist, und den Mangel an Fortschritten in den Bereichen Sicherheit und Beschäftigung. Funes hatte durch zunehmende Militarisierung der Sicherheitspolitik und sein außenpolitisches Bündnis mit den USA den Konflikt mit seinen Parteikollegen laufend verschärft. Nun muss er parlamentarische Mehrheiten finden, um wenigstens die bescheidenen Fortschritte in der Sozialpolitik zu bewahren.

** Aus: neues deutschland, 13. März 2012


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