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Umweltschutz statt Gold und Silber

El Salvador treibt Ausstieg aus dem Bergbau voran

Von Benjamin Beutler *

Die Regierung El Salvadors legte gerade ein Gesetz zum baldigen Ende des Bergbaus vor. Der Umwelt dürfte das gefallen, den Multis weniger.

El Salvador könnte ein Bergbau- Ausstiegsgesetz bekommen. Am Dienstag wurde Parlamentspräsident Sigfrido Reyes von der regierenden Linkspartei »Nationale Befreiungsfront Farabundo Martí« (FMLN) ein Gesetzesvorhaben überreicht. Das »Sondergesetz zur Aufhebung von Verwaltungsakten für Erkundung und Ausbeutung im metallischen Bergbau« soll eine bestehende Rechtslücke schließen, hieß es zu Wochenbeginn aus dem Wirtschafts- und Umweltministerium in El Salvador. »Die Zeit der Ungewissheit, in der das Land gelebt hat, ist vorbei«, freute sich Reyes über den »genauen und klaren Rechtsrahmen«. Dieser »erlaubt in El Salvador keine Ausbeutung mineralischer Bergwerke«, räumt der Politiker Zweifel über die Folgen der Norm vom Tisch.

Alle bei den zuständigen Behörden »bisher und künftig« vorliegenden Anträge von Bergbauunternehmen für den Abbau metallischer Rohstoffe können weiter auf Eis gelegt werden, erklärte Umweltminister Herman Rosa Chávez. Beide Ministerien, rechtfertigte Wirtschaftsminister Armando Flores den Stopp für den Abbau von Gold und Silber, seien sich einig, dass »unser Land in diesem Moment nicht über die notwendigen Bedingungen verfügt um diese Art von Arbeiten zu genehmigen«. Zu groß seien Schäden für Mensch, Tier und Umwelt, so Flores. Vor allem das im Tagebau verwendete Zyanid ist hochgiftig.

Die seit Mai größte Fraktion im Parlament, die rechtskonservative »Alianza Republicana Nacionalista de El Salvador« (ARENA), blieb der Gesetzesankündigung fern. Mit ihrer Mehrheit könnte sie die Verabschiedung der Novelle blockieren.

Dabei ist ein Ende aller Bergbauaktivitäten im mittelamerikanischen Kleinstaat schon lange im Gespräch: Nach massiven Protesten von Anti-Bergbauinitiativen, zusammengeschlossen im »Arbeitskreis gegen Metallbergbau« (Mesa Nacional Frente a la Minería Metálica) und mit Unterstützung der Katholischen Kirche, hatte der rechtskonservative Ex-Präsident Elías Antonio Saca González die Vergabe von Bergbaulizenzen 2009 per Moratorium gestoppt.

Mitten im Wahlkampf kassierte der neoliberale US-Schützling auch bereits vergebene Rechte. Beobachter hatten dem Präsidentschaftskandidaten der damaligen ARENA-Regierungspartei jedoch Wahlkampfmanöver vorgeworfen. Nach seiner Wiederwahl würde er auf seine unternehmerfreundliche Linie zurückschwenken und den Bergbaustopp im Interesse der großen Bergbaukonzerne aus den USA und Kanada kippen. So habe er der »Pacific Rim« hinter vorgehaltener Hand eine Lizenzerteilung für die Megagoldmine »El Dorado« versprochen. Nachdem bei den Wahlen im März 2009 überraschend FMLNKonkurrent Mauricio Funes das Präsidentschaftsrennen machte, stellte sich ARENA im Parlament auch folgerichtig quer und verhindert seitdem die rechtliche Verankerung des Bergbauausstiegs.

Großflächiger Bergbau trifft das kleine Land zwischen Honduras und Guatemala besonders schwer. Mit sieben Millionen Einwohnern auf einem Gebiet von der Größe Hessens ist El Salvador das am dichtesten besiedelte Land in Mittelamerika. Der Abbau von Gold durch »Pacific Rim« würde »nie dagewesene Auswirkungen« zeitigen, warnt eine Umweltstudie. Die Bergbaumultis aber lassen nicht locker. Vor dem »Internationalen Schiedsgericht für Investitionsstreitigkeiten « (CIADI) der Weltbank haben sie El Salvador auf Schadensersatz verklagt. Präsident Funes scheint dem gelassen entgegen zu sehen: »Bisher hat noch keiner bewiesen, dass Bergbau keine ernsthafte Verschmutzung verursacht«.

* Aus: neues deutschland, Donnerstag, 9. August 2012


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