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Bankengewinne umverteilt

Ecuador führt eine Bankensteuer ein - damit sollen arme Familien unterstützt werden

Von Jürgen Vogt *

Die Gewinne aus den beschlossenen Steuererhöhungen für Banken sollen den Ärmsten zugute kommen.

»Damit werden erstmals Gewinne der Banken sozialisiert.« Ecuadors Staatspräsident Rafael Correa zeigte sich sichtlich zufrieden. Gerade beschloss das Parlament eine von ihm vorgeschlagenen Bankensteuer. Das Besondere: Die Mehreinnahmen fließen komplett in die Sozialausgaben. Correas Fazit war denn auch ein Fingerzeig in Richtung EU, die gerade damit beschäftigt ist, die Verluste ihrer Banken zu sozialisieren.

Mitte November beschloss Ecuadors Nationalversammlung die Einführung einer zweckgebundenen Bankensteuer. Von 94 Abgeordneten stimmten 79 für das »Gesetz zur Umverteilung der Einnahmen für Sozialausgaben«. Nur fünf stimmten dagegen, zehn enthielten sich. Ab 2013 werden Gewinnsteuerreduzierungen für Banken eliminiert: Wie andere Wirtschaftssektoren zahlen Banken dann 23 statt wie bisher 13 Prozent Steuern. Auch wurde eine 12-prozentige Mehrwertsteuer auf Finanzdienstleistungen eingeführt sowie eine monatliche Devisensteuer auf Anlagen im Ausland von 0,25 Prozent. Seit 1999 waren Banken mehrwertsteuerbefreit.

Mit Hilfe der geschätzten Einnahmen von rund 165 Millionen Dollar (128 Millionen Euro) jährlich wird die staatliche Unterstützung armer Familien von derzeit monatlich 35 auf 50 Dollar angehoben. Von der Aufstockung der »Gutscheine für menschliche Entwicklung « werden rund 1,9 Millionen Personen profitieren. Die Gutscheine waren 1998 als vorübergehende Maßnahme eingeführt worden, sind aber mittlerweile fester Bestandteil der Sozialpolitik.

Die höhere Mehrwertsteuer wird sicher von den Banken an ihre Kunden weitergeben werden. Da diese aber nur zu einem kleinen Teil aus dem Kreis der Sozialhilfebezieher stammen, könnte es zumindest zu einer Umverteilung aus der Mittel- und Oberklasse nach unten kommen. Ganz anders dagegen bei der neugefassten Gewinnbesteuerung. Das trifft die Banken, deren Aktionäre und Eigentümer direkt und könnte die Institute dazu verleiten, ihre Gewinne besser zu verschleiern.

Ecuadors Bankiers kritisieren die Neuregelung als Beschlagnahme. Die Banken könnten zukünftig weniger Kredite ausgeben, das wiederum könnte das Wirtschaftswachstum bremsen, warnte die Asociación de Bancos Privados del Ecuador. Zudem seien die Gewinnerwartungen der Brache für 2012 mit 300 Millionen Dollar weit unter den 2011 erzielten 395 Millionen Dollar, so die Privatbankenvereinigung. Noch in der Woche vor der Abstimmung hatten einige der größten Banken ihre Kunden vor den Folgen des Gesetzes für ihre Ersparnisse gewarnt.

Correa hielt dagegen. Das einzige was die Banker interessiere, sei Gewinne zu machen, und dazu verbreiteten sie notfalls auch Angst und Schrecken. »Dank der Politik dieser Regierung werden sie auch weiterhin Gewinne machen, vielleicht ein bisschen weniger«, lobte der Präsident sich selbst. Dass er dem beschlossenen Gesetz noch die notwendige präsidentielle Zustimmung geben wird, steht außer Zweifel.

Die Anhebung der Sozialhilfe kommt dem Amtsinhaber wenige Wochen vor der Präsidentschaftswahl im Februar 2013 ohnehin äußerst gelegen. Correa tritt zur Wiederwahl an und ihm werden gute Chancen eingeräumt. Rückhalt hat der linke Politiker gerade in den ärmeren Wählerschichten. Deren Lebenssituation hat sich durch die Sozialprogramme spürbar verbessert.

* Aus: neues deutschland, Mittwoch, 12. Dezember 2012


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