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Und siegt, und siegt - und siegt?

Leonel Fernández will ein drittes Mal zum Präsidenten der Dominikanischen Republik gewählt werden

Von Hans-Ulrich Dillmann, Santo Domingo *

Wenn die Wahlprognosen nicht völlig aus der Luft gegriffen sind, wird in der Dominikanischen Republik der bisherige Präsident Leonel Fernández an diesem Freitag bereits im ersten Wahlgang mit absoluter Mehrheit im Amt bestätigt werden. 5,7 Millionen Menschen sind zu den Urnen gerufen.

»El Leon«, der Löwe, wie er von seinen Anhängern gerufen wird, ließ sich auf der abschließenden Wahlkundgebung seiner Partei der Dominikanischen Befreiung (PLD) am Montag schon als der sichere Sieger feiern. In allen Umfragen erhielt der 54-jährige PLD-Chef Leonel Fernández weit über 50 Prozent der Stimmen. Sein Konkurrent von der sozialdemokratischen Revolutionären Dominikanischen Partei (PRD), Miguel Vargas Maldonado, dümpelt seit Monaten bei 35 Prozent.

Fernández, der bereits von 1996 bis 2000 Präsident war und 2004 erneut gewählt wurde, präsentiert sich als Garant für Sicherheit und Fortschritt. Und als Modernisierer hat er den knapp neun Millionen Einwohnern versprochen, mit seiner neoliberalen Politik die Dominikanische Republik ins 21. Jahrhundert zu katapultieren.

Seit Monaten sind die Werbespots geschaltet, die zu Halleluja-Klängen vom neuesten Projekt der Moderne künden: Das kleine Karibik-Eiland wird über die erste U-Bahn der Region verfügen. 14,5 Kilometer ist die erste Linie der ober- und unterirdisch geführten Bahnstrecke lang und verbindet einen der bevölkerungsreichsten Vororte Santo Domingos mit der Innenstadt der Drei-Millionen-Metropole. »Ich habe euch eine Metro versprochen«, verkündete Fernández, der in New York aufgewachsen ist, vor drei Monaten vor dem Parlament. Danach brach er mit den Parlamentariern zur ersten Probefahrt auf.

Dass der »Zug der Moderne« eine halbe Milliarde Euro gekostet hat, darüber wird natürlich nicht gerne gesprochen. Und natürlich auch nicht von der Tatsache, dass ein Viertel der Einwohner in Armut lebt. Rund die Hälfte der dominikanischen Bevölkerung hält sich mit Gelegenheitsarbeiten über Wasser. Das Mindesteinkommen liegt bei rund 135 Euro.

»Das Geld für die Metro wäre besser in die Verbesserung der Wohn- und Lebenssituation der Menschen investiert worden«, kritisiert Scarlet von der Bäuerinnenorganisation Conamuca. In den ärmeren Stadtvierteln gibt es noch immer keine regelmäßige Wasserversorgung. Und in vielen gibt es über Stunden keinen Strom.

Nur eine freie Marktwirtschaft führe aus der Armut, hält Fernández, der in jungen Jahren marxistische Positionen vertreten hatte, Kritikern entgegen. Mit 8,5 Prozent Wirtschaftswachstum befindet sich die Dominikanische Republik im Spitzenfeld Lateinamerikas. Die neuesten Geländefahrzeuge und Dutzende neuer Hochhäuser zeugen davon. Dem haben die Mitbewerber um das Präsidentenamt inhaltlich wenig entgegenzusetzen. Amable Aristy Castro von der rechtskonservativen Sozialchristlichen Reformistischen Partei (PRSC) gibt sich als »Mann der Armen«. Zwar balgen sich alle, wenn er »Papeletas« -- 500- und 1000-Peso-Scheine (etwa 10 und 20 Euro) -- regnen lässt, aber mit gerade mal acht Prozent in den Umfragen liegt er aussichtslos im Rennen.

Die Kandidatur des Sozialdemokraten Maldonado hat die Partei gespalten und damit geschwächt. Außerdem war der erfolgreiche Bauunternehmer Gefolgsmann und Bauminister des ehemaligen Präsidenten Hipólito Mejía, der als Leonels Vorgänger das Land durch Missmanagement und Vetternwirtschaft an den Rand des Bankrotts geführt hat.

Erstmals in der Geschichte des Landes präsentiert die dominikanische Linke einen gemeinsamen Kandidaten. Der ehemalige Generalstaatsanwalt Guillermo Moreno ist ein anerkannter Verfolger von Korruption, der unter Leonel Fernández berufen, aber sehr schnell wieder entlassen wurde, als er unterschiedslos gegen Durchstechereien im Staatsapparat vorging. Er hat aber in der kurzen Zeit zwischen Nominierung und Wahldatum kein Profil entwickeln können.

Allein die vage, rein rechnerische Hoffnung, dem PLD-Spitzenmann einen zweiten Wahlgang abringen zu können, beflügelt derzeit noch die Opposition. Aber bereits bei den Wahlen 1996 hatte Fernández dabei sein strategisches Geschick bewiesen. Zweitplatziert im ersten Wahlgang, schmiedete der ehemalige Marxist mit dem damals noch lebenden Langzeitpräsidenten Joaquín Balaguer und dessen rechter PRSC ein »patriotisches« Bündnis gegen die Sozialdemokratie -- und siegte.

* Aus: Neues Deutschland, 16. Mai 2008


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