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Hamburg: Linke will weiter "Dampf machen"

LINKE gewinnt mehr als zwei Prozent hinzu / Spitzenkandidatin Heyenn: Starke linke Opposition in Hamburg / Bundesvorsitzende Kipping: Wir können auch im Westen zulegen *

Der Ausgang der Hamburger Wahlen steht am Montag auch im Vorstand der Linkspartei auf der Tagesordnung. Der Landesverband hatte am Sonntag ihr Ergebnis deutlich verbessert und 8,5 Prozent erreicht - bei den Wahlen 2011 waren es noch 6,4 Prozent. In der Bürgerschaft wird die Partei mit 11 Abgeordneten vertreten sein.

»Es wird auch die nächsten fünf Jahre eine starke linke Opposition in Hamburg geben«, hieß es am Abend bei der Hamburger Linken. »Wir brauchen nach wie vor eine Partei links von der SPD, die Dampf macht«, sagte Spitzenkandidatin Dora Heyenn. »Für uns ist ganz wichtig die Armutsbekämpfung, für uns ist ganz wichtig die soziale Gleichberechtigung, die Steuergerechtigkeit und die Bildungsgerechtigkeit. Das ist das, was wir in der Opposition weiter machen wollen.« Soziale Gerechtigkeit sei für die SPD ein Fremdwort geworden.

Der Fraktionsgeschäftsführer der Linken in der Bürgerschaft, Torsten Weil, sprach ebenfalls von einem sehr guten Ergebnis. »Damit können wir weiter und kräftiger für ein soziales Hamburg streiten«, so Weil in einer ersten Reaktion. Traurig machten ihn »die gesunkene Wahlbeteiligung und das Ergebnis der AfD«.

Die Linkspartei schnitt laut Forschungsgruppe Wahlen bei den jüngeren Wählern zwischen 16 und 29 Jahren mit 14 Prozent deutlich über ihrem Landesdurchschnitt ab. Mit 10 Prozent liegt sie auch bei den 45- bis 59-Jährigen darüber; schlechtere Werte erhält sie bei den Älteren ab 60 Jahren.

Laut Infratest dimap konnte die Linkspartei unter Arbeitern auf einen Stimmenanteil von 13 Prozent kommen, bei Erwerbslosen sind es sogar 18 Prozent - sie ist damit in beiden sozialen Gruppen zweitstärkste Kraft. Laut Forschungsgruppe Wahlen hat die Linkspartei beim Thema Soziale Gerechtigkeit die Union überholt.

Die meisten neuen Wähler der Linkspartei kommen von der SPD (rund 4.000) und von den Grünen (rund 3.000); sie gewinnt zudem unter Nichtwählern und sonstigen Parteien hinzu. Abgeben musste die Linke leicht an die Rechtspartei AfD (1.000).

Bei den Kompetenzen der Parteien konnte die Linkspartei laut Infratest dimap in allen Bereichen gegenüber der Wahl von 2011 zulegen. Beim Thema »Soziale Gerechtigkeit« trauen ihr 18 Prozent der Befragten zu, die Probleme am besten zu lösen - sieben Prozent mehr bei den vorigen Bürgerschaftswahlen. Auch in der Familien- und Bildungspolitik konnte die Linke zulegen - um drei Prozent.

Bei der Frage, welcher Partei man am ehesten zutraue, für bezahlbaren Wohnraum zu sorgen, schnitt die Linkspartei mit 13 Prozent nicht nur vier Punkte besser ab als 2011, sie lag bei dem Thema auch deutlich vor CDU (7 Prozent) und Grünen (6 Prozent). Einen Wert über dem Wahlergebnis erhält die Linke auch bei der Frage der Integrations- und Flüchtlingspolitik, hier trauen ihr 11 Prozent zu, eine gute Politik zu betreiben.

Weil wies allerdings auch darauf hin, dass die Linkspartei »in Vierteln, in den überdurchschnittlich arme Menschen wohnen, kaum hinzugewonnen« habe und dort »meist hinter der AfD« liege.

Die Bundesvorsitzende Katja Kipping sah im Abschneiden ihrer Partei bei der Bürgerschaftswahl in Hamburg eine inhaltliche Anerkennung. Die Programmatik der Linkspartei sei eindeutig bestätigt worden, sagte Kipping am Sonntag. Das Ergebnis habe gezeigt: »Die Linke kann im Westen zulegen.«

Der Landesvorsitzende der Linken in Berlin, Klaus Lederer, beglückwünschte die Hamburger Genossen für »ein schönes Ergebnis«, man freue sich in der Hauptstadt mit. Sachsens Linksfraktionschef Rico Gebhardt reagierte im Kurznachrichtendienst Twitter mit den Worten: »Cool, die Linke kann auch im Westen noch Wahlen gewinnen.«

Der Europaabgeordnete Fabio De Masi bezeichnete das Abschneiden der Linken in Hamburg als großen Erfolg. Er sprach zudem von einem »Signal, dass die Linke im Westen wieder da ist«. Man habe »als einzige der in der Bürgerschaft vertretenen Parteien deutlich dazu gewonnen und sind halb so stark wie die CDU«, sagte De Masi und sprach von einem »engagierten und eigenständigen Oppositions-Wahlkampf« und »unsere Verankerung in der Stadt«. Viele Hamburger hätten mit der Wahl der Linken auch »für bezahlbare Mieten, gute Arbeit und Kinderbetreuung, Gesundheit und Pflege in öffentliche Hand, den Kampf gegen die Freihandelsabkommen TTIP und CETA sowie gegen Privatisierungen« und für eine humane Flüchtlingspolitik gestimmt.

* Aus: neues deutschland, Montag, 16. Februar 2015


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