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Sternmarsch gegen die Integration

Rechtspopulisten kündigen antimuslimischen Sternmarsch gegen Duisburger Moschee an

Von Markus Bernhardt, Duisburg *

Ausgelöst von der Schweizer Volksabstimmung zum Bau von Minaretten kommt es aktuell auch in der Bundesrepublik zu Diskussionen über die Rechte von Muslimen. Vor allem neofaschistische und rechtsextreme Gruppen verspüren anlässlich des Neins der Schweizer Bevölkerung zum Bau weiterer Minarette Oberwasser und planen bereits antiislamische Kampagnen und Proteste.

So kündigt die selbst ernannte nordrhein-westfälische »Bürgerbewegung pro NRW« im Internet an, erneut gegen »Islamisierung« und »für ein europaweites Minarettverbot« auf die Straße gehen zu wollen. Gemeinsam mit anderen europäischen Rechtspopulisten will die rechtspopulistische Gruppierung im Frühjahr 2010 eine Konferenz im Ruhegebiet veranstalten, in dessen Rahmen sie zudem einen Sternmarsch gegen eine im Duisburger Stadtteil Marxloh gelegene Moschee durchführen will. Dieser soll in den umliegenden Ruhrgebietsstädten starten.

»pro NRW« hatte bereits im September 2008 bundesweit für Aufsehen gesorgt. Damals mobilisierten die Rechten ihre Anhängerschaft zu einem sogenannten Antiislamisierungskongress nach Köln, der jedoch aufgrund mannigfaltiger Proteste von antifaschistischen und zivilgesellschaftlichen Gruppen erfolgreich verhindert werden konnte. Nahezu die gesamte Kölner Altstadt war damals von mehreren tausend Menschen blockiert. Auch eine Neuauflage der rassistischen Konferenz am 9. Mai dieses Jahres wurde von massiven antifaschistischen Protesten begleitet.

Dass die Rechten ausgerechnet gegen die Moschee in Duisburg-Marxloh aufmarschieren wollen, ist indes kein Zufall. In der Vergangenheit hatten sie oftmals ausgerechnet dort Auseinandersetzungen provoziert, wo Muslime gesellschaftlich vollkommen integriert sind und es zu keinerlei Problemen in Sachen Integration kommt.

Offenbar hegt »pro NRW« Hoffnungen, mittels einer neuen antimuslimischen Kampagne den Sprung in den nordrhein-westfälischen Landtag zu meistern, der am 9. Mai 2010 gewählt wird. Bereits aktuell versuchen die rechten Funktionäre, sich als Kenner der dortigen Landespolitik zu inszenieren. »Das Ruhrgebiet erlebt einen dramatischen demografischen und kulturellen Wandel. In manch einem Stadtteil fühlt man sich als Bürger ohne Migrationshintergrund regelrecht verlassen«, so der pro-NRW-Vorsitzende Markus Beisicht, der zudem ein »immer selbstbewussteres Auftreten der islamischen Bevölkerungsgruppe« herbeifabuliert, das sich »nach außen hin durch protzige Großmoscheebauten, riesige Minarette und Muezzinruf« darstelle.

Dass die neuerlichen rassistischen Aktionen der Rechten tatsächlich von Erfolg gekrönt werden, darf indes bezweifelt werden. So formiert sich im Ruhrgebiet bereits jetzt antifaschistischer Widerstand gegen den angekündigten antimuslimischen Sternmarsch. »Wir werden alles in unser Macht Stehende tun, um einen rassistischen Aufmarsch politisch zu verhindern«, so Henning von Stolzenberg, Sprecher des Duisbuger »Netzwerkes gegen Rechts« auf ND-Anfrage.

Schwierigkeiten dürfte den Volksverhetzern zudem bereiten, dass es ihnen mittlerweile kaum mehr gelingt, sich in der Öffentlichkeit ein bürgerliches Antlitz zu verpassen. Berichteten die Medien doch bereits häufiger über die politische Vergangenheit einiger führender »pro«-Funktionäre. So waren Manfred Rouhs, früherer rechtsextremer Multifunktionär und aktuell stellvertretender Fraktionsvorsitzender von »pro Köln«, sowie der heutige »pro NRW«- Landesvorsitzende Markus Beisicht, früher in der »Deutschen Liga für Volk und Heimat« aktiv. Judith Wolter, Fraktionschefin von »pro Köln«, hielt noch 2002 ein Grußwort auf dem Bundeskongress der NPD-Jugendorganisation »Junge Nationaldemokraten« (JN).

Die Ankündigung eines in den umliegenden Städten startenden Sternmarsches Richtung Duisburg dürfte indes allemal dem Reich der Träume mancher »pro-Funktionäre« entsprungen sein.

* Aus: Neues Deutschland, 15. Dezember 2009


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