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Mitte-Links hielt in Dänemark die Schanzen

Einheitsliste fängt Verluste der Volkssozialisten bei Kommunalwahlen auf / Großstädte bleiben sozialdemokratisch

Von Andreas Knudsen, Kopenhagen *

Die dänischen Wähler hielten nicht viel von den Prognosen der Umfrageinstitute: Der für die Kommunalwahlen am Dienstag vorausgesagte Rechtsruck blieb aus.

Das Kräfteverhältnis zwischen den in Kopenhagen seit 2011 regierenden Mitte-Links-Parteien und den bürgerlichen Rechten blieb im Wesentlichen unverändert: Beide Blöcke können auf etwa die Hälfte der Wähler zählen.

Innerhalb der Lager allerdings verschoben sich die Gewichte: Die rot-grüne Einheitsliste, nicht direkt an der Minderheitsregierung von Sozialdemokraten, Volkssozialisten und Sozialliberalen beteiligt, erzielte das beste Kommunalwahlergebnis ihrer Geschichte und kam auf fast sieben Prozent der Stimmen. Ihre stärkste Bastion ist weiterhin Kopenhagen, wo sie rund 20 Prozent erhielt und erstmals einen Bürgermeisterposten errang. Spitzenkandidat Morten Kabell wird künftig für Umwelt und Technik verantwortlich sein, also auch die Verkehrspolitik lenken.

Die Sozialdemokraten verloren dagegen drei Prozentpunkte und repräsentieren nun in der Kommunalpolitik etwa 26 Prozent der Wähler. Die vier größten Städte Dänemarks – Kopenhagen, Aarhus, Odense und Ålborg – haben weiterhin sozialdemokratische Bürgermeister. Vor der Wahl war Schlimmeres befürchtet worden: Einige sozialdemokratische Stadtoberhäupter hatten ihre Parteivorsitzende, Regierungschefin Helle Thorning-Schmidt, sogar gebeten, von Wahlkampfbesuchen in ihrer Gemeinde abzusehen. Angesichts des Wahlergebnisses hofft die Partei nun, die bis zur nächsten Parlamentswahl verbleibenden zwei Jahre nutzen zu können, um den Missmut über ihre bürgerlich geprägte Wirtschaftspolitik aufzufangen und die Verluste wettzumachen.

Die linken Volkssozialisten, Juniorpartner der Sozialdemokraten, erlitten dagegen einen eklatanten Rückschlag. Sie verloren über die Hälfte ihrer Wähler und brachten es auf wenig mehr als fünf Prozent landesweit. Offenbar sind die Anhänger der SF arg enttäuscht von der Regierungsbeteiligung ihrer Partei, verbunden mit der Zustimmung zu unpopulären Maßnahmen. Die Parteivorsitzende Annette Vilhelmsen sieht die wichtigste Aufgabe für die nächsten zwei Jahre darin, das Vertrauen der Wähler zurückzugewinnen und zu beweisen, dass die Volkssozialisten weiterhin für rote Sozial- und grüne Umweltpolitik stehen.

Auch auf der anderen Seite des politischen Spektrums gab es bemerkenswerte Verschiebungen. Die führende Oppositionspartei, die rechtsliberale Venstre, verbuchte einen leichten Stimmenzuwachs und ist nun nach den Sozialdemokraten die zweitstärkste Kraft in der Kommunalpolitik. Der rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei, landespolitisch schon lange eine wichtige Größe, gelang 15 Jahre nach ihrer Gründung mit rund zehn Prozent der Stimmen auch die kommunalpolitische Verankerung. Damit übertrumpfte sie abermals die traditionsreiche Konservative Volkspartei, die ihren Wähleranteil von rund acht Prozent hielt.

* Aus: neues deutschland, Donnerstag, 21. November 2013


Dänemark: Wahlerfolg für Rot-Grüne Allianz - Einheitsliste **

21.11.2013: Die Rot-Grüne Allianz-Einheitsliste, die seit 2010 der Partei der Europäischen Linken angehört, konnte bei den Kommunal- und Regionalwahlen in Dänemark einen beachtlichen Stimmzuwachs erreichen und ist nun in der Hauptstadt Kopenhagen zweitstärkste Partei. Die Sozialdemokraten sind nach wie vor größte Kommunalpartei mit 29,5 Prozent, gefolgt von den Liberalen mit 26,6 Prozent. Die rechtspopulistische Dansk Folkeparti wurde mit 10,1 Prozent der Stimmen zur drittgrößten Partei auf kommunaler Ebene.

Von 2,3% im Jahr 2009 auf 6,9% hat die Rot-Grüne Allianz - Einheitsliste (RGA) ihren Stimmenanteil bei der am 19. November 2013 stattgefundenen Kommunal- und Regionalwahlen erhöht. Damit hat sie das beste Ergebnis seit ihrer Gründung im Jahr 1989 erzielt. Bisher war die RGA in 10 kommunalen und in einem Regionalparlament vertreten. Jetzt gibt es Abgeordnete der RGA in 79 Kommunen und in allen Regionen Dänemarks. Insgesamt ist die Zahl der Stadträte von 14 auf 119 und die Zahl der regionalen Mandate von einem auf 15 angewachsen. In Kopenhagen wurde die RGA mit 19,5% zur zweitstärksten Partei - nach den Sozialdemokraten mit 27,8% -, errang einen Bürgermeister und wird den Bereich Bau- und Technische Angelegenheiten übernehmen. Damit können wir „eine grüne und arbeitsplatzschaffende Entwicklung der dänischen Hauptstadt voranbringen“, erklärte Nikolaj Villumsen für die RGA. In den zweit- bzw. drittgrößten Städten, Aarhus und Aalborg, kam die RGA auf den dritten Platz hinter den Sozialdemokraten und der Liberalen Partei.

Mit diesem Wahlergebnis hat die RGA auch einen Sitz in der Nationalen Organisation der Kommunen erobert. Diese Körperschaft verhandelt den Haushalt der Kommunen mit der Regierung und hat bisher die Sparpolitik einmütig mitgetragen. Jetzt gibt es die Chance, diesen Austeritätskonsens zu brechen, kündigte Nikolaj Villumsen an. Er meint, dass mit diesem Wahlergebnis die Position der RGA bei der Verteidigung der Gesundheits- und sozialen Sicherungssysteme und der Förderung einer grünen, arbeitsplatzschaffenden Politik gestärkt wurde. „Außerdem ist es eine Möglichkeit, unsere Position als eine der führenden Parteien in der dänischen Arbeiterbewegung zu festigen“, ergänzt er.

Für die regierenden Sozialdemokraten und Volkssozialisten stellt das Wahlergebnis eine herbe Niederlage dar. Es widerspiegelt den Vertrauensverlust in diese Parteien, weil sie die vorherige neoliberale Politik der Rechtsregierung nach ihrer Regierungsübernahme fortgeführt haben. Die Sozialistische Volkspartei wurden mit einem Absturz von 14,5% auf 5,6% bestraft. Mit dem kleinen Rückgang um 1,1 Prozent könnten die Sozialdemokraten leben, analysierte der politische Sprecher Magnus Heunicke, zumal in den vier großen Städten Kopenhagen, Aarhus, Odense und Aalborg die Bürgermeistersessel gehalten werden konnten.

Die rechtspopulistische Dänische Volkspartei wurde mit 10,1 Prozent der Stimmen zur drittgrößten kommunalen Partei. Sie erlangte erstmals einen der sieben Bürgermeisterposten in Kopenhagen.

Ergebnisse der Kommunalwahlen:

Partei/ListeWahlergebnis 2013 in % Gewinn-/Verlust
in Prozentpunkten
Sozialdemokraten 29,5% -1,1
Liberale 26,6% +1,8
Dänische Volkspartei 10,1% +2
Konservative 8,6% -2,4
Rot-Grüne Allianz-Einheitsliste 6,9% +4,6
Sozialistische Volkspartei 5,6% -8,9
Sozialliberale 4,8% +1,1
Liberale Allianz 2,9% +2,6
Andere 5% +0,4


** Aus: http://www.kommunisten.eu


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