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Weniger Soldaten und Militäreinsätze

Dänemark kürzt Verteidigungshaushalt

Von Andreas Knudsen, Kopenhagen *

Was politische Kritik oder moralisches Unbehagen zu den Folgen militärischer Einsätze nicht erreichen konnte, setzt nun die ökonomische Krise durch – Einsparungen beim dänischen Militär.

Dänemarks Mitte-Links-Regierung kürzt, unterstützt von der bürgerlichen Opposition, ab dem nächsten Jahr die Verteidigungsausgaben um jährlich rund 360 Millionen Euro. 2012 belief sich der Etat einschließlich der Kosten für eine Kampfgruppe in Afghanistan auf etwa drei Milliarden Euro. Der Einschnitt von 15 Prozent wird damit in allen Waffengattungen spürbar und kann nicht durch Sparsamkeit wettgemacht werden.

Die Heereinheiten werden in den kommenden Jahren die größten Einschränkungen hinnehmen müssen. So sollen zwei Kasernen geschlossen werden und die Anschaffungen für Material und Waffen gekürzt. Erwartet wird, dass die Kosten des Afghanistan-Einsatzes ab dem nächsten Jahr sinken werden, wenn der schrittweise Rückzug beginnt. Er soll 2014 abgeschlossen sein und damit den wesentlichsten Beitrag zur Entlastung des Verteidigungsbudgets liefern.

Politisch festgelegt ist nun, dass die dänischen Streitkräfte künftig nur noch Mannschaft und Ausrüstung wie Schiffe oder Flugzeuge für kürzere, höchstens einige Monate lange, Einsätze im Ausland zur Verfügung stellen kann. Damit sinken Personalbedarf und –kosten. In diesem Zusammenhang hatte der sozialdemokratische Verteidigungsminister Nick Hækkerup auch geplant, dass Dänemark dem Vorbild der Nachbarländer folgt, die Wehrpflicht in Friedenszeiten auszusetzen. Dieses Vorhaben scheiterte jedoch am Widerstand der bürgerlichen Parteien, die eine fortgesetzte tiefe Verankerung der Armee in der Bevölkerung anstreben. Hækkerup konnte lediglich eine Reduzierung der jährlichen Einberufungen von 5000 auf 4200 Männern durchsetzen.

Von Wehrgerechtigkeit kann aber schon seit langem keine Rede mehr sein, denn in der Praxis sind alle Wehrpflichtigen schon heute Freiwillige. Zudem soll das Besoldungs- und Beförderungssystem überdacht werden, was in der Praxis schlechtere Karrieremöglichkeiten für Offiziere und Längerdienende bedeutet. Der Armeeführung werden damit schwierige Entscheidungen aufgedrängt, die besser politisch gelöst werden sollten.

Lediglich Marine und Spezialeinheiten können sich auf Verbesserungen freuen. Die Marine wird ein neues Schiff für den Einsatz in grönländisch-arktischen Gewässern bekommen und über ein etwas größeres Budget für das Arktische Kommando verfügen. Im militärischen Geist der Zeit sollen die dänischen Spezialeinheiten leicht verstärkt werden und mehr als bisher an eventuellen Auslandseinsätzen teilnehmen.

Mit dem abgespeckten Verteidigungshaushalt wird ein Punkt hinter 15 Jahren mit Kampfeinsätzen auf dem Balkan, in Irak und Afghanistan gesetzt. Erfüllung der NATO-Verpflichtungen, kleinere humanitäre Einsätze in internationalen Krisen sowie Durchsetzung dänischer Interessen in der Arktis bilden den Schwerpunkt der nächsten Jahre.

* Aus: neues deutschland, Dienstag, 11. Dezember 2012


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