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Säbelrasseln um Inseln

Auseinandersetzung zwischen China und Japan spitzt sich erneut zu

Von Rainer Rupp *

Japanische Medien haben unter Berufung auf eine Erklärung der nationalen Küstenwache gemeldet, daß am Dienstag acht Schiffe der chinesischen Küstenwache in die territorialen Gewässer um die kleine Inselkette im Ostchinesischen Meer eingedrungen sind, die von den Japaner Senkaku- und von den Chinesen Diaoyu-Inseln genannt werden und unter denen Öl- und Gasvorkommen vermutet werden. Die aktuelle chinesische Flottille ist die Größte seit letztem September, als Japan sich die Inseln offiziell einverleibte.

Beide Seiten bestehen kompromißlos auf ihren Besitzansprüchen, wobei jene der Chinesen besser fundiert sind, denn Peking kann Jahrhunderte alte Seekarten vorlegen, welche die Inseln als chinesische ausweisen. Japans Ansprüche beruhen dagegen auf seinen Eroberungszügen aus der Zeit vor und während des Zweiten Weltkrieges und auf der Tatsache, daß die pazifische Siegermacht USA nach dem Krieg »vergessen« hatte, die Inseln an das vom Kommunismus »bedrohte« China zurückzugeben.

Der jüngste Aufmarsch chinesischer Schiffe vor den Diaoyu-Inselns dürfte durch Gruppen nationalistischer Japaner ausgelöst worden sein, die mit einer Flottille kleiner Boote unterwegs sind, um die Senkaku-Inseln zu besetzen, was von Peking als eine von der japanischen Regierung gesteuerte Provokation empfunden werden dürfte.

Derweil drohte der national-konservative Ministerpräsident Shinzo Abe am Dienstag vor einem Parlamentsausschuß in Tokio, daß er nicht zögern werde, Gewalt gegen die Chinesen anzuwenden: »Ich habe Anweisungen erteilt, gegen jeden Versuch, in unsere Hoheitsgewässer einzudringen, entschlossen vorzugehen. Und wenn sie versuchen sollten, an Land zu gehen, dann werden wir sie natürlich gewaltsam vertreiben«, sagte Abe. Das wird jedoch so einfach nicht sein, denn letzten Dezember hat Peking zwei Zerstörer und etliche kleiner Schiffe der Kriegsmarine modernisiert und dem Küstenschutz unterstellt. Begründet wurde das mit dem Disput um namentlich nicht genannte »territoriale Konflikte«.

Bereits Anfang des Jahres hatte sich die Lage gefährlich zugespitzt, als sich japanische und chinesische Kriegsschiffe und Jäger der Luftwaffe in der Nähe der umstrittenen Zone gegenseitig belauerten. Damals beschwerte sich Tokio in Washington, daß ein chinesischer Zerstörer sein Feuerleitradar bereits eingeschaltet und auf ein japanisches Schiff gerichtet hatte. Die Position der USA, die sich in dieser Sache gerne als neutral präsentieren, machte das japanische Verteidigungsministerium in einer Erklärung vom Mittwoch deutlich, wonach im Juni 1000 japanische Soldaten an einem Manöver in Kalifornien teilnehmen sollen, wobei »die Rückeroberung einer einsamen Insel« geübt werden soll.

* Aus: junge Welt, Donnerstag, 25. April 2013


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