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"Jetzt ist Demokratie"

Burkina Faso nun mit Charta für politischen Übergang *

Ein Abkommen zum Übergang in die Demokratie lässt die Menschen in Burkina Faso auf geordnete politische Zustände hoffen.

Zwei Wochen nach dem Sturz von Präsident Blaise Compaoré hat sich das Militär im westafrikanischen Burkina Faso mit der Opposition und der Zivilgesellschaft auf ein Übergangsabkommen geeinigt. Die Charta sei »einstimmig« angenommen worden, sagte der Präsident der Abstimmungskommission, Henry Yé, am Donnerstagabend. Der Kommission gehörten Mitglieder der Armee und religiöse Stammesvertreter sowie die Opposition und die Zivilgesellschaft an.

Die rund 80 Delegierten applaudierten, als das Ergebnis der Abstimmung bekannt gegeben wurde, und stimmten anschließend die Nationalhymne an. Der Delegation zufolge soll nun ein spezielles Wahlgremium einen zivilen Übergangspräsidenten bestimmen, der wiederum einen Interimsregierungschef einsetzt – entweder aus zivilen Reihen oder aus der Armee. Dieser soll dann ein 25-köpfiges Interimskabinett anführen.

In ziviler Führung soll außerdem der Nationale Übergangsrat, das 90 Mandate zählende Übergangsparlament, liegen. Die Armee habe an dieser Stelle »eingelenkt«, hatte dazu der aktuelle Anführer des Landes, Oberst Isaac Zida, gesagt. Überhaupt habe die Armee eine »Reihe von Zugeständnissen gemacht« und einzig »im Interesse von Burkina Faso« gehandelt, sagte er.

Die Übergangsphase soll nun ein Jahr dauern, dann sollen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen stattfinden. Dem Entwurf der Übergangscharta zufolge dürfen die Mitglieder der Übergangsführung nicht bei diesen Wahlen antreten. Die Voten sollen spätestens im November nächsten Jahres über die politische Bühne gehen.

Präsident Compaoré war Ende Oktober unter dem Druck von Massenprotesten nach 27 Jahren an der Macht zurückgetreten und nach Côte d’Ivoire geflohen. Anschließend übernahm das Militär unter Führung von Zida die Macht und versprach, alsbald einen zivilen Übergangsprozess einzuleiten.

Der frühere Sozialminister Ablasse Ouedraogo begrüßte das Übergangsabkommen. Es werde den jungen Menschen des Landes neue Chancen eröffnen. Die Zukunft Burkina Fasos sei »gesichert«. Adama Kanazoe von der politischen Opposition sprach von einem »außergewöhnlichen« und »historischen« Tag. Das Abkommen sei ein Zeichen für die »Reife« des afrikanischen Staates.

Auch Barkissa Konate, eine Aktivistin der Zivilgesellschaft, begrüßte das Abkommen. Sie sei stolz, eine junge Bürgerin ihres Landes zu sein. »Jetzt haben wir eine richtige Demokratie.«

Auslöser der am Ende gewaltsamen Proteste gegen Compaoré war eine geplante Verfassungsänderung. Mit dieser wollte sich der Staatschef nach Jahrzehnten an der Macht eine weitere Amtszeit sichern.

* Aus: neues deutschland, Samstag, 15. November 2014


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