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Brunei

Grundinformationen zur Geschichte, Wirtschaft und Politik

Staatsname: Negara Brunei Darussalam

Geografie:
Fläche: 5.765 km2
Hauptstadt: Bandar Seri Begawan (50.000 Mio. Einw.) (1998)

Bevölkerung:
Einwohner: 336.376 (Juli 2000)
Bevölkerungsdichte: 58,3 Einw./km2
Bevölkerungswachstum: 2,1 % (2000)
Lebenserwartung: 73,6 Jahre (1999)
Säuglingssterblichkeit: 3,4 pro Tausend (2000)
Alphabetisierung: 88,2 % (1995)
Religion: Moslemisch (67 %), buddhistisch (13 %), christlich (10 %), Stammesreligionen und andere (10 %)
Ethnische Gruppen: Malaien 62 %, Chinesen 15 %, Einheimische 6 %, andere 17 %

Politik:
Staatsform: Sultanat/ Islamische Monarchie
Staatschef: Sultan Muda Hassanal Bolkiah (seit 1967)
Regierungschef: Sultan Muda Hassanal Bolkiah (seit 1967)
Parlament: Legislativrat mit 21 vom Sultan ernannten Mitgliedern; nur beratende Funktion; das Parlament ist seit Verhängung des Ausnahmezustandes 1962 aufgelöst
Politische Parteien: Seit 1988 verboten

Wirtschaft:
Urbanisierung: 58 % (1998)
BIP: 5 Mrd. US-Dollar
BIP/Einw.: 17.400 Mrd. US-Dollar (1999)
BIP/Sektor: Landwirtschaft: 2,6 %, Industrie: 40,8 %, Dienstleistungen: 56,6 % (1997)

Geschichte, innenpolitische Entwicklung

Das Sultanat im Norden Borneos zählt zu den reichsten Ländern der Erde. Die Bürger müssen keine Steuern zahlen und Ausbildung sowie ärztliche Versorgung sind kostenlos. Eine allgemeine Wehrpflicht existiert ebensowenig wie die Lohn- und Einkommenssteuer. Arbeitnehmer können nach 30 Jahren Erwerbstätigkeit in Rente gehen. Der Reichtum des Landes basiert seit Jahrzehnten vor allem auf Erdöl, bereits vor dem Zweiten Weltkrieg gefördert und Erdgas, das seit 1977 gefördert wird.

Im 16. Jahrhundert kontrollierte der Sultan von Brunei das gesamte Nordwest-Borneo, den Archipel von Sulu und Teile der Philippinen. Im 17. Jahrhundert begann dann schrittweise der Machtverfall: Konflikte mit Spaniern (Philippinen) nahmen zu und mit dem wachsenden Interesse der Briten für Brunei geriet das Land allmählich unter die Kontrolle Großbritanniens. Von 1888 bis 1971 war Brunei britisches Protektorat (bis auf die Jahre 1941-45, als Japaner das Land besetzten). Nachdem Brunei 1959 die Teilautonomie und 1971 die volle innere Souveränität erhalten hatte, wurde das Land 1984 unabhängig.

Bruneis Staatsoberhaupt, Paduka Seri Baginda Sultan Haji Hassanal Bolkiah Mu'izzadin Waddaulah, 29. Monarch, ist nicht nur ein absoluter Herrscher, sondern gehört auch zu den reichsten Männern der Welt. Er war und ist wesentlicher Motor der nationalen Ideologie einer malaiisch-islamischen Monarchie. Islamische Werte in Vernüpfung mit lokalen Normen sollen zu einer eigenständigen kulturellen und geistigen Identität führen. Die Exekutivgewalt liegt beim Staats- und Regierungschef, der von fünf verfassungmäßigen Organen (Staatsrat, Ministerrat, Religiöser Rat, Gesetzgebender Rat, Erbfolgerat) beraten wird, wobei der Gesetzgebende Rat seit 1962 aufgelöst ist. Die Gesetzgebung erfolgt in der Regel durch Proklamation von oben. Zudem gibt es seit 1988 ein Parteienverbot - die einzige zugelassene Oppositionspartei ist die 1985 gegründete Nationaldemokratische Partei, die vergeblich auf eine Demokratisierung drängt. In jüngster Zeit scheint sich das strenge Regime des Sultans allerdings etwas zu lockern. Mit höchster Erlaubnis durfte die Nationale Vereinigte Partei 1995 eine Vollversammlung einberufen. Wie die langfristige politische Entwicklung des Landes vonstatten gehen wird, bleibt offen: Könnte sich Brunei am Ende doch mehr westlich-demokratischen Prinzipien öffnen, befindet sich Bruneis Gesellschaft doch in einer widersprüchlichen Situation, nämlich zwischen malaiisch-islamischen Vorstellungen und quasi-kapitalistischen Strukturen und Kulturelementen, oder wird es der Regierung gelingen, ihre autoritäre Struktur zu wahren?

Wirtschaft

Die ökonomische Struktur Bruneis wird bestimmt von seinen Erdöl- und Erdgasreserven, auf die mehr als 90 Prozent der Exporterlöse entfallen und mehr als 90 Prozent des Staatshaushaltes bestimmen. Haupthandelspartner sind Japan und die ASEAN-Staaten sowie die USA. Die Bedeutung der Landwirtschaft ist in Brunei gering und der Anbau von Kautschuk, Pfeffer und Reis seit Jahren rückläufig, so dass etwa 80 Prozent des Reisbedarfs von Thailand importiert werden muss. Erst seit kurzem werden die Forst- und Fischereiwirtschaft sowie der Agrarbereich wieder mehr gefördert mit dem Ziel, die Wirtschaft zu diversifizieren, um Bruneis Anfälligkeit gegen Konjunkturschwankungen in seinen Abnehmerländern zu reduzieren und für die "Post-Öl-Zeit" vorzusorgen (angeblich reichen die Ölreserven nur noch rund zwanzig bis dreißig Jahre). Das Wirtschaftswachstum lag 1999 bei 2,5 Prozent.

Die mittel- bis langfristige Entwicklung Bruneis ist schwer einzuschätzen, es könnte aber mittelfristig zu einer bedeutenden Handels- und Dienstleistungszentrale in der Region werden. Zumindest ist dies das bis 2003 zu erreichende Ziel der nationalen Entwicklungsstrategie.

Außenpolitk

Brunei wird betrachtet als Teil des Darul Islam, der islamischen Welt, in der es als "östlicher Eckpfeiler" gilt und ein Gegenstück zum fernen Marokko bildet. Erst in zweiter Instanz kommt die Einbettung in weltliche Strukturen, wie dem ASEAN-Verbund oder der APEC-Länder, zuteil. Aufgrund der Ölexporte besitzt das Land große Geldreserven, die es ermöglichen, fremde Länder, besonders islamische, großzügig zu unterstützen und so politisch als auch religiös geleitete "Entwicklungshilfe" zu leisten. Als Geberland wird Brunei insofern von seinen islamischen Freunden, aber auch von den meisten ASEAN-Staaten hoch geschätzt.

Nationale Verteidigung und Sicherheit stehen von jeher auf der politischen Agenda. 1997 wurde ein Verteidigungsabkommen mit Großbritannien geschlossen. Aber nicht nur innerhalb der Region war Brunei bei aufkommenden Problemen Schlichter und Friedensstifter und wurde so 1997 vom amerikanischen Botschafter als "a singular contributor to the peace process such as in Bosnia, the Korean Peninsular and in the Middle East" bezeichnet. Bruneis politische sowie ökonomische Annäherungen zu anderen Ländern waren dabei immer vorsichtig und zurückhaltend, wobei geschlossene bilaterale Freundschaften durch diplomatische Besuche gestärkt wurden. Im Falle der asiatischen Wirtschaftskrise, die Thailand, Malaysia und Indonesiens Wirtschaft schwächten, half Brunei mit finanzieller Unterstützung für den Wiederaufbau.

Die Beziehungen zu ostasiatischen Ländern sind stark ökonomisch geprägt. Bilaterale Abkommen mit China wurden im Laufe der Jahre gestärkt, mit Japan wird über Öl und Gas verhandelt und Südkorea gewinnt zunehmend an Bedeutung.

Es existiert ein internationaler Disput um die Spratly Islands, und zwar mit China, Malaysia, den Philippinen, Taiwan und Vietnam. All diese Länder als auch Brunei beanspruchen Hoheitsrechte zur Ressourcenausbeutung auf diesen Inseln, die bis heute nicht geklärt sind. Und in naher Zukunft ist wohl auch keine Einigung oder ein Kompromiss in Sicht.

Quellenangabe
  • Baratta, Mario von (Hrsg.) (1999): Der Fischer Weltalmanach 2000; Frankfurt a.M.
  • CIA (2000): The World Factbook 2000 (http://www.cia.gov)
  • Dahm, B.; Ptak, R. (Hrsg.) (1999): Südostasien-Handbuch; München
  • Institute of Southeast Asien Studies (Ed.) (1998): Southeast Asian Affairs; Singapore
  • Nohlen, Dieter (Hrsg.) (1998): Lexikon Dritte Welt; Hamburg
  • Spiegel-Almanach (1999): Alle Länder der Welt - Zahlen, Daten, Analysen; Hamburg

Christiane Potzner

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