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Drachenkönig

Jigme Khesar Namgyal Wangchuck wurde jetzt zum Monarchen von Bhutan gekrönt

Hilmar König *

Der seit Dezember 2006 amtierende Monarch von Bhutan, Jigme Khesar Namgyal Wangchuck, wurde am Donnerstag zum 5. Druk Gyalpo, dem »Drachenkönig«, und Herrscher über seine nahezu 700 000 Landsleute gekrönt. Er hatte vor fast zwei Jahren von seinem Vater das Zepter übernommen, musste aber mit der Krönung auf den Glück verheißenden Tag warten, den die Hofastrologen festlegten. Zum Klang riesiger Gongs und unter buddhistischen Priestergesängen setzte sein Vater und Vorgänger auf dem Thron, Sigme Singye Wangchuck, dem 28-Jährigen in der Hauptstadt Thimpu die rot-schwarze Seidenkrone auf.

Der buddhistische Chefpriester wünschte dem König Weisheit, Mitgefühl und Weitsicht. Die werden nötig sein, denn die Bevölkerung des 46 500 Quadratkilometer großen Landes erwartet vom »Drachenkönig«, als behutsamer Modernisierer und zugleich Bewahrer der buddhistischen Traditionen zu fungieren.

Jigme Khesar Namgyal Wangchuck, der in den USA, Indien und England studierte, ist der jüngste Monarch der Welt in der jüngsten Demokratie der Welt. Erst im Frühjahr 2008 wählten die rund 400 000 Stimmberechtigten in freier Entscheidung ein Parlament.

Das Votum markierte die letzte Etappe Bhutans auf dem Weg von der absoluten zur konstitutionellen Monarchie mit einem Mehrparteiensystem. Den Wandel hatte König Sigme Singye Wangchuck, jetzt 52 Jahre alt, eingeleitet. Er ließ 2001 eine Verfassung ausarbeiten, laut der der König als Staatsoberhaupt vom Parlament abgesetzt werden könnte, und gab das nationale Motto der »Gross National Happiness« aus. Es beinhaltet das Streben nach Zufriedenheit für alle, nach einer Ausgewogenheit zwischen bescheidenem materiellem Wohlstand und spirituellem Wohlsein. Allerdings scheint das für die nepalesisch-stämmige Minderheit, von der Anfang der 1990er Jahre rund 100 000 Angehörige wegen Repressalien nach Nepal flüchteten und dort noch immer in Lagern hausen, nicht zu gelten.

Premier Jigme Thinley bezeichnete den König als »Garanten der Demokratie« und lobte die Monarchie, die weiterhin eine Schlüsselrolle spielt, mit der Bemerkung: »Wir haben Demokratie, weil die Könige sie uns gegeben haben.«

* Aus: Neues Deutschland, 8. November 2008


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