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Atomkraft? Ja, bitte!

Belarussische Regierung favorisiert Nuklearenergie / Umweltinitiativen dagegen

Von Bernhard Clasen *

In Belarus bemüht sich die Regierung um die Unterstützung der Internationalen Atomenergiebehörde für ein zweites Atomkraftwerk. Umweltinitiativen wollen das verhindern.

Die Regierung von Belarus denkt über den Bau eines zweiten Atomkraftwerkes nach. Gegenüber dem japanischen Generaldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde IAEO, Yukiya Amano, der Anfang April die Hauptstadt Minsk besucht hatte, erklärte der Präsident des Landes, Alexander Lukaschenko, man sei offen für den Bau eines zweiten Atomkraftwerkes im Land. »Wenn wir auf die Unterstützung und Mitwirkung Ihrer Behörde rechnen können und die Bedingungen entsprechend sind, sind wir zum Bau eines zweiten Atomkraftwerkes bereit«, zitiert die belarussische Nachrichtenagentur »BelTA« den Präsidenten. Die Welt, so Lukaschenko laut dem Internet-Portal »Belapan«, stünde nach Fukushima und den Atomausstiegsplänen von Deutschland und einer Reihe weiterer Staaten vor neuen Herausforderungen. »Ich bin fest davon überzeugt, dass es ohne Atomenergie nicht geht und diese die sicherste und kostengünstigste Energie ist, die die Welt auch weiterhin brauchen wird« so Lukaschenko.

Überraschend kommt Lukaschenkos Vorstoß nicht. Bereits im Februar hatte er dem japanischen Botschafter in Belarus, Takahito Harada, angeboten, japanische Fachleute und Firmen könnten doch ein Atomkraftwerk in Belarus bauen. »Wenn Sie irgendwo in der Welt ein Atomkraftwerk bauen wollen, sollte Belarus ganz oben auf Ihrer Liste stehen«, sagte Lukaschenko seinen japanischen Gesprächspartnern.

Belarus, das wie kein anderes Land mit den Strahlenfolgen der Katastrophe von Tschernobyl kämpfen muss, hatte lange mit dem Bau von neuen Kraftwerken gezögert. Doch ausgerechnet vier Tage nach dem Reaktorunglück von Fukushima hatte die Regierung von Belarus den Bau eines ersten Atomkraftwerkes in Ostrowez, unweit der Stadt Grodno, vertraglich vereinbart. Noch im April soll der Bau beginnen. Russlands Premier Putin hatte der belarussischen Regierung für Ostrowez einen Kredit von zehn Milliarden Dollar zugesagt. Der erste Block des Kraftwerkes soll 2017, der zweite 2018 ans Netz gehen. Doch das gerade einmal 50 Kilometer von der litauischen Hauptstadt Vilnius entfernte AKW ist in der Bevölkerung von Belarus keinesfalls unumstritten. Vor Ort wirbt die Anti-Atom-Initiative »Das AKW von Ostrowez - ein Verbrechen« um Unterstützung; landesweit kämpft die Gruppe »Gesellschaftliches Umweltgutachten des belarussischen AKW« mit ihrer Sprecherin Tatjana Nowikowa gegen den Bau.

Nowikowa kritisierte den jüngsten Minsk-Besuch des IAEO-Generaldirektors Amano scharf. Dessen Besuch sei ein rein »politischer Besuch« gewesen, der die schlechte Reputation des belarussischen Atomkraftwerkes aufpolieren und die Interessen der internationalen Atomwirtschaft voranbringen sollte, so Nowikowa im Internet-Portal »charter97.org«. Nachdem Deutschland, Italien und die Schweiz den Atomausstieg beschlossen, China seine Atompläne eingefroren, in Japan nur noch eins von 53 AKW am Netz sei, die polnische Bevölkerung ein AKW abgelehnt und auch in Indien ein russisches Atomkraftwerk wegen des Widerstandes der Bevölkerung kaum noch durchsetzbar sei, sei es für Protagonisten der Atomenergie eng geworden. Die Tage der Atomwirtschaft, der IAEO und ihres Generaldirektors seien gezählt. Dass IAEO-Chef Amano ausgerechnet bei der Regierung von Belarus Unterstützung suche, sei bezeichnend, so die Atomkraftgegnerin.

* Aus: neues deutschland, Dienstag, 10. April 2012


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