Streiks erschüttern Bangladesch
Opposition setzt Awami-geführte Koalitionsregierung unter Druck
Von Hilmar König *
Mit einem politisch motivierten 36-Stunden-Streik setzte die Opposition in Bangladesch am Dienstag ihre gewalttätige Kampagne gegen die von der Awami-Liga geführte Koalitionsregierung unter Premierministerin Sheikh Hasina Wajed fort. Bei Zusammenstößen mit der Polizei und Gegendemonstranten gab es Dutzende Verletzte und etliche Festnahmen.
In der Stadt Bogra wurde bei einem
Angriff auf ein Lastauto der
Fahrer getötet. Bereits in der
Nacht zum Dienstag gingen landesweit
über 50 Fahrzeuge, darunter
Busse, in Flammen auf oder
wurden demoliert. In der Landeshauptstadt
Dhaka blieben laut
Nachrichtenportal UNB am Dienstag
Schulen und andere Bildungseinrichtungen
geschlossen. Rikschas
und Motorrikschas bestimmten
den vergleichsweise
spärlichen Verkehr.
Der »Hartal«, wie ein Streik in
Bangladesch heißt, war von der
stärksten Oppositionskraft, der
Bangladesh Nationalist Party
(BNP), und ihren 17 politischen
Partnern ausgerufen worden. Die
BNP fordert die Freilassung ihrer
in der vorigen Woche inhaftierten
Führungsriege, den sofortigen
Rücktritt der Regierung sowie die
Bildung eines unparteiischen
Übergangskabinetts, das die Geschäfte
bis zu den Parlamentswahlen
im Frühjahr 2014 leiten
soll. Kurz vor seiner Festnahme
am Sonntag hatte der stellvertretende
BNP-Generalsekretär Salahuddin
Ahmed den Hartal verkündet
und der Regierung »endlose
Fehler, Misswirtschaft und Korruption
« vorgeworfen. Deren Kurs gefährde den Islam und die Unabhängigkeit
Bangladeschs, behauptete er.
Ihre Proteste stimmt die Oppositionsbewegung
ab. In der vorigen
Woche war die radikale islamische
Partei Hafajat-e-Islam, die
den Dschihad propagiert, mit einer
Massendemonstration und
Streiks federführend. Auch hier
kam es zu Ausschreitungen, denen
drei Menschen zum Opfer fielen.
Diese Partei, die ihren Hauptsitz in
der Hafenstadt Chittagong hat,
stellte der Regierung ein Ultimatum
bis Ende des Monats. Für den
5. Mai hat sie die Belagerung Dhakas
angekündigt. Sie will stärkere
Blasphemiegesetze, ein Verbot
jeglicher »ausländischer Kultur«,
kein gemeinsames Auftreten von
Frauen und Männern in der Öffentlichkeit
sowie die Todesstrafe
für »atheistische Blogger«. Die
Premierministerin hat bereits reagiert
und gegenüber BBC darauf
verwiesen, dass die bestehenden
Gesetze ausreichen, jeden zu bestrafen,
der den Islam beleidigt. Sie
betonte: »Dieses Land ist eine säkulare
Demokratie.« Jede Religion
besitze das Recht, frei und fair
ausgeübt zu werden. Die Regierung
versuche stets, alle religiösen
Gefühle zu schützen.
Am Donnerstag soll nach einem
Bericht des Internetportals
»bdnwes24« die Studentenorganisation
der fundamentalistischen
Jamaat-e-Islami (JeI) den Staffelstab
übernehmen. Sie hat zum Generalstreik
aufgerufen. Ihr Führer Delwar Hossain Sayedee war am
28. Februar von einem Tribunal
zum Tode verurteilt worden. Seit
2010 beschäftigen sich in Dhaka
solche Tribunale mit Menschenrechtsverletzungen
während des Befreiungskampfes 1971 gegen die
pakistanischen Besatzer. Vor allem
JeI-Mitglieder kollaborierten
damals mit den Pakistanern. Die
bisherigen Urteile haben meist
blutig verlaufene Demonstrationen
und Gegendemonstrationen ausgelöst
und sind einer der Gründe
für die gegenwärtige Streikkampagne.
* Aus: neues deutschland, Mittwoch, 10. April 2013
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