Zwangsexil für Dauerrivalinnen
Bangladeschs Übergangsregierung will sich wichtiger Widersacherinnen entledigen
Von Hilmar König, Delhi *
In Bangladesch hat ein Gericht am Sonntag (22. April) Haftbefehl gegen Sheikh Hasina Wajed wegen
Mordverdachts erlassen. Die Oppositionsführerin hatte angekündigt, sie wolle trotz eines
Einreiseverbots nach Dhaka zurückkehren. Die Übergangsregierung will sie und Khaleda Zia,
ebenfalls Ex-Regierungschefin, ins Exil zwingen.
Fakhruddin Ahmed, der seit dem 12. Januar als Regierungschef fungiert, scheint sich aller wichtigen
politischen Widersacher entledigen zu wollen. Rund 160 Politiker ließ er im Zuge seiner
Antikorruptionskampagne bereits hinter Schloss und Riegel bringen. Zuletzt nahm er auch die
beiden Dauerkontrahentinnen Sheikh Hasina Wajed, Chefin der größten politischen Partei Awami-
Liga, und Khaleda Zia, Vorsitzende der Nationalistischen Partei BNP, ins Visier. Während Hasina
Wajed die Rückkehr aus den USA untersagt wurde, wollen die Behörden auch ihre Rivalin Zia ins
Zwangsexil schicken. Beide Frauen regierten seit 1991 abwechselnd das Land und werden von der
jetzigen Verwaltung gleichermaßen für die politische und soziale Misere verantwortlich gemacht. Ihre
blutigen Rivalitäten führten dazu, dass Staatspräsident Iajuddin Ahmed sich Ende 2006 selbst zum
Regierungschef erhob, im Januar auf Druck des Militärs den Ausnahmezustand erklärte und danach
»Chefberater« Fakhruddin Ahmed ans Ruder brachte.
Ziel der vom Militär initiierten Aktion war es angeblich, Bedingungen für faire Wahlen zu schaffen, die am 22. Januar stattfinden sollten. Doch Fakhruddin Ahmed will erst die politische Szene säubern, die Wählerlisten überarbeiten, die Wahlkommission umbilden und das Wahlsystem reformieren. Inzwischen heißt es, ein neues Parlament könne frühestens Ende 2008 gewählt werden.
Hasina Wajed, Tochter Sheikh Mujibur Rahmans, des 1975 ermordeten »Vaters der Nation«, will es darauf ankommen lassen und trotz der Sperre nach Dhaka zurückkehren. Das Innenministerium bezeichnete die Politikerin wegen »provokativer Äußerungen« gegen die Regierung und die Sicherheitsagenturen als Gefahr für Ruhe und Ordnung. Zudem ist gegen Wajed Anklage wegen Mordes erhoben worden. Ihr wird vorgeworfen, für den Tod von Demonstranten während der Unruhen in der Hauptstadt im Herbst letzten Jahres verantwortlich zu sein. Die Politikerin wurde von der größten islamischen Partei des Landes, der Jamaat Islami, angezeigt. Die gehörte bis Oktober der Vier-Parteien-Koalition von Khaleda Zia an.
Khaleda Zia selbst war zuvor bereits in die Schlagzeilen geraten, als zwei ihrer Söhne wegen
Korruptionsverdachts verhaftet worden waren. Einer kam wieder frei, angeblich gegen die
Zusicherung Zias, »freiwillig« ins Exil nach Saudi-Arabien zu gehen. Sie ist die Witwe des 1981
ermordeten Präsidenten Ziaur Rahman, der die BNP gegründet hatte. Die Regierung glaubt wohl,
durch die Exilierung der beiden prominenten Politikerinnen ihren Kurs ohne Kritik fortsetzen zu
können.
* Aus: Neues Deutschland, 23. April 2007
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