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Zögerlicher "Chefberater"

Bangladesch: Geberländer drängen auf Aufhebung des Parteienverbots

Von Hilmar König, Neu-Delhi *

Bislang sind 268 Menschen Opfer der ausgedehnten Überschwemmungen nach schweren Niederschlägen in Bangladesch geworden. Seit einigen Tagen sinkt der Pegel der Flüsse zwar, aber es wird noch Wochen dauern, bis Dörfer und Häuser wieder bewohnbar sind. Über 40000 Flüchtlinge sind erkrankt und nahezu 3000 medizinische Teams im Einsatz, um Epidemien zu verhindern.

In dieser dramatischen Situation arbeitet die im Januar installierte Interimsregierung von »Chefberater« Fakhruddin Ahmed daran, einen Nationalen Sicherheitsrat aus der Taufe zu heben – nicht um bei künftigen Naturkatastrophen effektiver reagieren zu können, sondern um dem Militär eine legale Mitwirkung an Regierungs­angelegenheiten zu ermöglichen. Bislang ziehen die Generäle die Fäden im Hintergrund. Sie verweisen darauf, daß ihre Sicherheitsmaßnahmen dazu geführt haben, den Einfluß islamistischer Extremisten einzudämmen. Im März wurden sechs Führer der Jamaat-ul-Mujahideen und der Jagrata Muslim Janata Bangladesh hingerichtet, die für eine Bombenserie im Jahre 2005 verantwortlich waren. Dabei waren mehr als 30 Menschen ums Leben gekommen. Seit der Hinrichtung ließen die Aktivitäten der militanten Extremisten spürbar nach.

Die Wahlkommission gab bekannt, im September den Dialog mit den politischen Parteien über den »Wahlfahrplan« zu beginnen. Hauptwahlkommissar Shamsul Huda hatte kürzlich versichert, die vom Januar 2007 verschobenen Wahlen würden »definitiv« vor dem Dezember 2008 stattfinden. Gegenwärtig arbeitet die Kommission an den Wählerlisten und an der Ausstellung von persönlichen Identitätskarten. Laut »Fahrplan« sollen dem bis November dauernden Dialog mit den Parteien ab Januar 2008 lokale Wahlen in Städten und Gemeinden und bis zum Juni nächsten Jahres die Registrierung aller politischen Parteien folgen, die sich an den Wahlen beteiligen wollen.

Weitere wichtige Punkte sind die Neufestlegung von Wahlbezirken, Reformen der Wahlkommission sowie Reformen in den politischen Parteien. Noch sind die Parteien verboten. Doch Ahmed befürchtet, daß bei einer Aufhebung der Restriktionen sofort das bekannte Machtgerangel zwischen der Bangladesh Nationalist Party und der Awami-Liga, den beiden wichtigsten Parteien, wieder einsetzt und erneut Gewalt in die politische Szene kommt. Die westlichen Geberländer, von deren Hilfe Bangladesch abhängt, üben aber Druck auf Dhaka aus, das Parteienverbot schnellstens aufzuheben und damit eine Grundvoraussetzung für freie und faire Parlamentswahlen zu schaffen.

* Aus: junge Welt, 14. August 2007


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